Papst Franziskus mutet seiner Kirche bei der Vorbereitung der kommenden Familiensynode im Oktober dieses Jahres viel zu. Wie im Blog vom 19.1.15 beschrieben, soll in einer ‚Kultur der Begegnung‘ von den ‚existentiellen Peripherien‘ aus die Lehre von Ehe und Familie erschlossen werden. Ein abermalig an alle Ortskirchen versandter Fragebogen dekliniert diesen Spannungsbogen in 46 Einzelfragen. Was hier systematisch, Punkt für Punkt, mit großem Ernst reflektiert wird, klingt rund um den Valentinstag in aller Leichtigkeit in den verschiedensten Liebesbeziehungen an.
Ob mit Blumen, einem Schloss oder in einem Liebesgruß via Brief oder Snap-Chat ausgedrückt, wird in kleinen oder größeren Liebeszeichen spürbar, dass schon in der Liebe des Anfangs viel von dem enthalten ist, was in biblischer Zeit hinsichtlich der Liebe zwischen Mann und Frau als Analogie von göttlicher und menschlicher Liebe beschrieben wird (vgl. Eph 5,32). In der Liebe von Ehepartnern – so sagt es dann auch knapp anderthalb Jahrtausende später das Trienter Konzil – spiegelt sich die Liebe Christi zu den Menschen und seiner Kirche. Der hier zugrunde liegende Gedanke lässt sich heute noch tiefer ausloten. Denn wenn man die durch Christus möglich gewordene Gottesbeziehung (im Einklang mit einer ganz breiten und doch nicht wirklich rezipierten Traditionslinie über Augustinus, Thomas von Aquin, Teresa von Avila etc.) als Gottesfreundschaft bezeichnet, kann man die diese in unvollkommener Weise abbildende Partnerschaft zweier Eheleute ebenfalls mit der Kategorie der Freundschaft bezeichnen und sie – wie es etwa schon Thomas von Aquin tat – sogar als eine Art ‚größte Freundschaft‘ (Summa contra Gentiles III, 123 n.6) bezeichnen. Orientiert an der aristotelischen Freundschaftslehre wird dabei das Versprechen der Dauer, der Exklusivität wie der Intimität zur Qualifizierung einer besten Freundschaft von Ehepartnern angeführt. Aber auch neben dieser besonderen Art Freundschaft ehelicher Liebe vermag der Freundschaftsgedanke auch einen wertschätzenden Blick auf weitere eheähnliche Partnerschafts- und neue Familienformen zu ermöglichen, die in der gewählten Perspektive der Analogie der Liebe nun auch wahrnehmbar werden.
Valentinstag, Hohenzollernbrücke, Köln (© Holger Dörnemann)
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Die Ehe als besondere Art der Freundschaft. So mancher und manche wird fürchten, dass der religiöse Grundwasserspiegel sich mit dieser auf Facebook-Niveau beinahe zur Beliebigkeit verkommen zu sein scheinenden Kategorie noch einmal mehr senkt und verflacht. Aber tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, wenn ernst genommen wird, dass biblisch gerade Gottes Selbsthingabe am Kreuz mit dem Freundschaftsgedanken erklärt wird (…weil es keine größere Liebe gibt, wie wenn jemand sein Leben für seine Freunde hingibt; vgl. Joh 15,13) und seine Selbstmitteilung gerade darin gipfelt (insofern er uns Freunde genannt hat; vgl. Joh 15,15). Auch das II. Vatikanische Konzil erwähnte schon einmal die Bezeichnung ‚Freundschaft‘ (Gaudium et spes 49) innerhalb seines, das reine Vertragsdenken überwindenden Verständnisses der Ehe als ‚Bund‘. Diese Entwicklung, die das bis vor fünfzig Jahre allein geltende ‚Vertragsdenken‘ in Hinblick auf die Ehe vertiefte, kann heute mit dem Freundschaftsverständnis in neuer Weise erschlossen werden. Wie sehr Freundschaft an der Zeit ist, unterstreichen die verschiedensten Jugend- und Wertestudien mit dem Hinweis auf die hohe Übereinstimmung der nachwachsenden Generation in der Sehnsucht nach ‚wahrer Freundschaft‘ und der ‚Liebe des Lebens‘ (welchen Trend die Sozialen Netzwerke sensibel aufnehmen). Wenn am diesjährigen Valentinstag wieder zahllose Paare ein Schloss auf einer Brücke festschließen, den Schlüssel ‚für immer‘ hinter sich werfen und durch einen Kuss besiegeln, legen sie Zeugnis ab für die Entwicklungsrichtung ihrer Freundschaft, die auf eine ‚beste Freundschaft‘ zielt, wie es auch Kardinal Woelki in einem Wort des Bischofs zum diesjährigen Valentinstag ausdrückt.
Freundschaft ist heilig! Und dies entfaltet über den gesamten Spannungsbogen: angefangen bei den Freundschaftserfahrungen von Kindern und Jugendlichen, den Freund- und Partnerschaften Erwachsener bis hin zur ehelichen Freundschaft. Vielleicht ist das einer der Schlüsselgedanken, nach denen Papst Franziskus zur Vorbereitung der Familiensynode 2015 fragt?!
(Der Gedankengang findet sich auch in 'Christ & Welt 7/2015, 6' und ausführlich in 'Ehe und Familie. Lernorte des Glaubens, Würzburg 2014, 11-36.)