Freitag, 26. August 2022

Hören und sich verändern lassen - oder: Zum Beginn der zweiten Phase des Synodalen Prozesses der Weltsynode 2021-2023 

Screenshot: vaticanmedia 26.8.2022
In einer Pressekonferenz zum Beginn der zweiten Phase des Synodalen Prozesses der Weltsynode 2021-2023 wurde heute mit großer Genugtuung auf die Rückmeldungen von über 100 von insgesamt 114 Bischofskonferenzen aus der vorangegangenen Phase verwiesen, aus denen nunmehr ein erstes Instrumentum laboris, ein Arbeitsdokument erstellt wird, auf dessen Grundlage „dann die sieben kontinentalen Bischofsversammlungen der katholischen Kirche – Afrika, Ozeanien, Asien, Naher Osten, Europa, Lateinamerika sowie USA/Kanada – bis März 2023 je ein eigenes Dokument erstellen. Diese sieben Abschlussdokumente wiederum fließen bis Juni 2023 in ein zweites Arbeitsdokument ein. Auf dessen Grundlage berät die Bischofsversammlung der Synode im Oktober 2023 in Rom." (katholisch.de vom 26.8.2022)

Das Herausragende bei der bisherigen Erarbeitung der Grundlagen der Arbeitsdokumentes der Synode im Herbst 2023 sei es gewesen, „nicht eine Kirche des Volkes gegen eine hierarchische Kirche auszuspielen und die Beziehungen in der Kirche dynamisch und fruchtbar zu gestalten.“ (Übersetzung aus dem Statement von Kardinal Mario Grech) Dieses gemeinsame Zusammengehen von Orts- und Weltkirche fasst der Generalrelator der Bischofssynode Kardinal Jean-Claude Hollerich in einem Zitat eines US-amerikanischen Priesters zusammen, der der die synodalen Erfahrungen in seiner Gemeinde mit den folgenden Worten beschrieb:

"Ist es nicht wunderbar, dass Papst Franziskus entschlossen ist, auf die ganze Kirche zu hören und nicht nur auf die Hierarchie? Die Idee ist revolutionär. Soweit ich weiß, hat die Kirche noch nie eine Anstrengung dieser Art und dieses Umfangs unternommen, nicht einmal in der Anfangszeit, als die Zahl der Gläubigen noch bescheiden war. Und Papst Franziskus will nicht nur der ganzen Kirche zuhören, sondern auch uns, die wir die Kirche sind, einander zuhören lassen. Und genau das ist während des Synodenprozesses in unserer Gemeinde geschehen. Und es ist klar, dass diejenigen von Ihnen, die der Einladung gefolgt sind und sich versammelt haben, um einander in einem respektvollen und betenden Dialog zuzuhören, von dem, was geschehen ist, überrascht, erfreut und verändert wurden.“ (Zitat aus dem Statement von Kardinal Jean-Claude Hollerich am 26.8.2022; eigene Übersetzung) 

Entfernt davon eine „eigene Agenda“ zu haben ist diese Erwartung über den Weg des Hörens und Unterscheidens verändert zu werden, die Hoffnung und Überzeugung von Kardinal Hollerich auch für die jetzt anstehende Phase und den synodalen Prozess insgesamt, die er „ohne Furcht betrachte. Auf die Frage, wie sich der Synodale Weg in Deutschland zu dem weltkirchlichen synodalen Prozess verhalte, antwortete der Generalsekretär der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode Kardinal Mario Grech mit einem – mündlich etwas abkürzenden – Zitat aus dem Brief von Papst Franziskus an die Kirche in Deutschland, das über die drängenden und anstehenden Fragen die Bedeutung eines verbindenden Sensus ecclesiae unterstreicht.

"Die anstehenden Herausforderungen, die verschiedenen Themen und Fragestellungen können nicht ignoriert oder verschleiert werden; man muss sich ihnen stellen, wobei darauf zu achten ist, dass wir uns nicht in ihnen verstricken und den Weitblick verlieren, der Horizont sich dabei begrenzt und die Wirklichkeit zerbröckelt. (…) In diesem Sinne schenkt uns der Sensus Ecclesiae diesen weiten Horizont der Möglichkeit, aus dem heraus versucht werden kann, auf die dringenden Fragen zu antworten.“ (Papst Franziskus in seinem Brief vom 29.6.2019)

Wie die in den Worten von Kardinal Grech „unterschiedlichen Erfahrungen“ von Synodalem Weg der Kirche in Deutschland und dem weltkirchlichen Prozess der Synode der Synodalität zueinander passen, wird spannend zu beobachten sein in der nun beginnenden zweite Phase des Weltsynode 2021-2023. Beide Wege verbinden sich in dem Grundsatz, den Papst Franziskus – ebenfalls heute – vor Kirchenvertretern aus dem italienischen Lodi, das jüngst seine 14. Diözesansynode ausgerichtet hatte, unterstrich.

"Der synodale Weg ist institutionell, weil er zum Wesen der Kirche selbst gehört." (Vaticannews vom 26.8.2022)

Samstag, 6. August 2022

„Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“. Deutsche Bischofskonferenz veröffentlicht Bericht zur Weltbischofssynode 

Knapp zwei Wochen nach der Erklärung des Heiligen Stuhls zum Synodalen Weg vom 21.07.2022 ist Bericht der Deutschen Bischofskonferenz als Ergebnis der ersten Phase auf nationaler Ebene zur Weltbischofssynode 2023 veröffentlicht worden. Und er verbindet in zwei Teilen den seit 2018 in Deutschland voranschreitenden Synodalen Weg mit dem weltkirchlichen Prozess der Synode zur Synodalität, die im Herbst 2023 in die XVI. Versammlung der Bischofssynode fließen wird.

Dabei stellt der Bericht den Synodalen Weg einerseits in den Kontext des Missbrauchskandals in Deutschland, der eine Behandlung systemischer Ursachen  notwendig macht, aber zugleich auch in eine Geschichte der Synodalität, deren Anfänge bereits im Zusammenschluss der katholischen Verbände zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken im 19. Jahrhundert grundgelegt gesehen werden kann, synodale Erfahrungen aus den Mitgliedsorganisationen in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland einschließt und nach dem II. Vatikanischen Konzil vor allem in der Würzburger Synode (1971 – 1975) eine herausragende Wegmarke fand. Nicht ohne Understatement benennt der Bericht, dass der damalige Wunsch auf nationaler Ebene in jedem Jahrzehnt eine Gemeinsame Synode auf nationaler Ebene durchzuführen unter dem damaligen und nachfolgenden Pontifikaten nie Anklang fand und aufgenommen wurde. Umso mehr sieht der Bericht selbstbewusst den Synodalen Weg in Deutschland verbunden mit dem von Papst Franziskus bereits im Jahr 2015  angekündigten Weg der Synodalität, der nachfolgend in einen weltkirchlichen Prozess der Jahre 2021 -2023 gemündet ist. Und er bestätigt zugleich, dass die Themenschwerpunkte des Synodalen Wegs auch diejenigen sind, die in die Synode auf weltkirchliche Ebene eingebracht werden sollen:

"Die Rückmeldungen aus den Diözesen wünschen, dass die Themen des Synodalen Weges in Deutschland (1. Macht und Gewaltenteilung in der Kirche, 2. Priesterliche Existenz heute, 3. Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche, 4. Leben in gelingenden Beziehungen) als wichtige ortskirchliche Anliegen in die Weltbischofssynode eingebracht werden. Die Bearbeitung der mit diesen Themenstellungen verbundenen innerkirchlichen Reformbedarfe wird als Voraussetzung für eine neue Glaubwürdigkeit der Kirche in Deutschland und ihrer Sendung in die heutige Gesellschaft hinein angesehen".

Der Bericht, der die Rückmeldungen aller 27 deutschen Diözesen zusammenfasst und damit auch rückgebunden ist an den Ständigen Rat der deutschen Bischöfe, benennt zwar selbstkritisch, dass die Resonanzen in den Diözesen "im untersten einstelligen Prozentbereich" geblieben seien. Aber er unterstreicht nicht minder, dass "alle Gruppen der engagierten Gläubigen" einbezogen wurden: "Frauen und Männer, Kleriker und Laien, Hauptamtliche und Ehrenamtliche, junge und alte Menschen". Es ist eine ebenso eindringliches wie nach vorne weisendes Votum der Kirche in Deutschland für die Weltsynode 2021-2023 und zugleich die beste Antwort und Aufnahme der römischen Note vom 21.7.2022.