Montag, 21. Oktober 2024

 „Even if you are disappointed by the result of the Synod, God’s providence is at work in this Assembly“ – Einstimmung in die Beratungen des Abschlusstext-Entwurfs und offene Fragen nach dem Einbezug von Frauen in Ämtern und Leitungsaufgaben

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(Timothy Radcliffe OP / © Vatican Media)

P. Timothy Radcliffe OP gab – wie schon in den Besinnungstagen vor dem Beginn der Synode und zu Beginn der Beratungen des 2. Teils des Instrumentum laboris  – wiederum eine tiefgehende wie den Horizont weitende Einführung in die Bedeutung der anstehenden Beratungen des Entwurfs des Abschlusstexts und stellte dabei die Freiheit als „Doppelhelix der christlichen DNA“ heraus, nachdem der Synodentag bereits zuvor mit einem Gottesdienst im Petersdom begonnen hatte:

„Mit den Worten des heiligen Paulus aus dem Galaterbrief „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“ (Gal 5,1) ermutigte Radcliffe die Synodenväter und -mütter, sich auf die bevorstehenden Diskussionen mit einem Geist der Offenheit und des Vertrauens einzulassen. (...) Radcliffe räumte jedoch ein, dass die Teilnehmer möglicherweise enttäuscht über einige der bevorstehenden Entscheidungen sein könnten. Es bestehe immer die Gefahr, dass Beschlüsse als unklug oder gar falsch wahrgenommen würden. Dennoch sollten die Teilnehmer die tiefere, innere Freiheit derjenigen bewahren, die fest daran glauben, dass „Gott alles zum Guten für die tut, die ihn lieben“ (Röm 8,28). (Vaticannews 21.10.24)

Mit diesem gewissermaßen paradoxen Appell, eigene Positionen freimütig einzubringen in die anstehende Beratungsphase, aber auch auf die Vorsehung zu vertrauen, dass Gott alles auch dann zum Guten führen werde, wenn eigene Positionen nicht und dafür ggf. andere im Text ihren Niederschlag fänden, rief er die Synodenversammlung dazu auf sich einzubringen und „Ich“ zu sagen, aber später auch in das größere „We“ einstimmen zu können.

„Selbst wenn Sie also vom Ergebnis der Synode enttäuscht sind, ist Gottes Vorsehung in dieser Versammlung am Werk“. 

„Even if you are disappointed by the result of the Synod, God’s providence is at work in this Assembly.“ (Vaticannews 21.10.24)

In der heutigen Pressekonferenz gefragt nach den möglichen Enttäuschungen angesichts des Abschlussdokuments, verwies P. Radcliffe – ohne den Textentwurf des Abschlussdokuments zu dem Zeitpunkt schon gelesen zu haben – auf die entscheidenden Weichenstellungen, die diese Synode – auch in der heutigen geopolitischen, von Konflikten reichen Situation in den verschiedenen Regionen der Welt – vornehme und die er sich als eigentliche Schlagzeilen wünsche. Für Radcliffe zentral sind die Aussagen der Synode, „wie wir zusammen sein können auf neuen Wegen … auf neuen Wege, Kirche sein.“

„How can we be together with new ways. …new ways of being a church“.

Wie sehr die Synode jenseits dieses Metathemas der synodalen Umgestaltung der Kirche auch an ganz konkreten Entwicklungen und Schritten gemessen wird, machte das neuerliche Statement des Präfekten zur Arbeit der AG 5 zu Ämtern und Leitungsaufgaben für Frauen durch Kardinal Víctor Emanuel Fernández vor dem versammelten Synodenplenum deutlich, das auch in der Pressekonferenz vom Leiter des Sekretariats für Kommunikation Paola Ruffini verlesen wurde. Darin entschuldigte Kardinal Fernández sein eigenes Fehlen, aber insbesondere auch die Abwesenheit des eigentlichen Leiters und Sekretärs der Sektion für Glaubensfragen des Glaubensdikasteriums Armando Matteo im Austauschforum am vergangenen Freitag mit einem medizinischen Eingriff, um im Anschluss aber auch noch einmal weiter auszuholen. So kam es auch inhaltlich zu einem neuen Statement über die die Synodenversammlung enttäuschenden Aussagen zum Einbezug der Frauen in Leitungsaufgaben in der ersten Synodenwoche.

„Wir wissen, dass der Heilige Vater zum Ausdruck gebracht hat, dass die Frage des weiblichen Diakonats zum jetzigen Zeitpunkt nicht reif ist, und er hat darum gebeten, dass wir uns jetzt nicht mit dieser Möglichkeit aufhalten. Die Studienkommission zu diesem Thema hat Teilergebnisse, die wir zu gegebener Zeit veröffentlichen werden, aber sie wird weiterarbeiten“, so Ruffini, der den Text des Präfekten des Glaubensdikasteriums verlas, vor den Journalisten.

Allerdings sei die Frage der Rolle der Frauen dem Papst ein großes Anliegen, so dass er bereits vor dem Wunsch der Synode das zuständige Dikasterium gebeten habe, Möglichkeiten einer Beteiligung auszuloten, die sich nicht auf Weiheämter bezögen. Diese Richtungsweisung des Papstes – die Ermittlungen in andere Richtungen ausschließe - teile er persönlich, so Fernández, der dies damit begründete, dass „das Nachdenken über den Diakonat für einige wenige Frauen das Problem der Millionen von Frauen in der Kirche nicht löst“.

 „Immerhin gebe es bisher nicht unternommene Schritte, wie beispielsweise die umfängliche Ausgestaltung des Katechetinnen-Amtes für Frauen, die in der Abwesenheit von Priestern mit der Gemeindeleitung betraut werden könnten – ein Anliegen der Amazonas-Synode von 2019. Die erste Möglichkeit, die das Dikasterium für Glaubenslehre in Zusammenhang mit der Schaffung des neuen Amtes in einem Brief an die Bischofskonferenzen vorgeschlagen habe, sei mit der Leitung der Katechese verbunden gewesen. Die zweite aber griff auf, was der Papst in Querida Amazonia gesagt hatte: Katechetinnen, die Gemeinden in Abwesenheit von Priestern unterstützen, Frauen, die Verantwortung tragen, Gemeinden leiten und verschiedene Funktionen ausüben. Die Bischofskonferenzen konnten diesen zweiten Weg akzeptieren, aber nur sehr wenige haben es tatsächlich getan“, so Fernández.

Dieser Vorschlag sei möglich gewesen, weil der Papst klargestellt habe, dass die „mit den Sakramenten verbundene priesterliche Autorität" sich nicht notwendigerweise in Machtfunktionen übersetzen müsse, ebenso wie es „Formen der Autorität gibt, die keine Priesterweihe erfordern". Diese Texte seien jedoch „nicht aufgegriffen“ worden“.

„Um die Überlegungen zu vertiefen, habe ich darum gebeten, meinem Dikasterium Zeugnisse von Frauen zukommen zu lassen, die wirklich Gemeindeleiterinnen sind oder wichtige Autoritätsfunktionen ausüben. Nicht, weil sie den Gemeinschaften aufgezwungen wurden oder das Ergebnis einer Studie sind, sondern weil sie diese Autorität unter dem Impuls des Geistes angesichts eines Bedürfnisses des Volkes erworben haben.“ Die Realität sei in diesem Sinn „der Idee überlegen“, so Fernández, der ausdrücklich die weiblichen Mitglieder dieser Synode aufforderte, konkrete Beispiele aufzugreifen und weiterzuleiten. 
„Ungeachtet dessen sei auch die ursprüngliche Studien-Kommission zum Frauendiakonat unter der Leitung von L' Aquilas Erzbischof Kardinal Petrocchi weiter aktiv und werde in den kommenden Monaten ihre Arbeit wieder aufnehmen, kündigte Fernández an. Auch an diese Stelle könnten Interessierte ihre Überlegungen weiterleiten. Schritt für Schritt werde man vorankommen und auch „zu sehr konkreten Dingen“ gelangen, um zu verstehen, „dass es nichts in der Natur der Frauen gibt, was sie daran hindert, sehr wichtige Positionen in der Leitung der Kirchen einzunehmen“, so Fernández in seiner von Ruffini verlesenen Erklärung abschließend: 
„Was wirklich vom Heiligen Geist kommt, wird nicht aufgehalten werden“. (Vaticannews 21.10.24)

Ob dieses – im Synodenplenum mit Beifall bedachte – Statement zusammen mit dem Entwurf des Abschlussdokumentes die Gemüter beruhigen und auch die von P. Radcliffe erhoffte Einmütigkeit der Synodalversammlung bei der Schluss-Abstimmung herstellen kann, werden die nächsten Tage zeigen. Alle Synodenteilnehmenden sind aufgerufen sich in den nächsten Tagen bis zum Mittwochmittag in Plenum wie den Sprachgruppen einzubringen. Am Mittwoch sollen nach der fünfzehnten Sitzung der Sprachgruppen („Circuli Minores“) die Stellungnahmen und Änderungswünsche („modi“) zum Entwurf des Schlussberichts eingebracht werden, der am Samstag als Ergebnisdokument zur Abstimmung gestellt werden wird.


Samstag, 19. Oktober 2024

Eklat mit „zahlreichen Unmutsäußerungen“ aufgrund einer „schlimmen Enttäuschung“ und einem „skandalösen Verhalten“ - oder: Reaktionen auf ein misslungenes Treffen mit der 5. Arbeitsgruppe und ein Ausblick auf die letzte Synodenwoche

(Screenshot katholisch.de 19.10.2024)

Bereits gestern Abend war via Social Media und im abendlichen Synodenbericht von Thomas Söding zu lesen, dass das mit 100 Synodalinnen und Synodalen im größten Versammlungsraum der 10 Arbeitsgruppen (in der bis zur Amazonassynode 2019 genutzten Synodenaula) verortete Treffen mit Mitarbeitenden der 5. Arbeitsgruppe weit hinter den Erwartungen zurückblieb. In Anwesenheit von nur zwei Theologen, deren einzige Funktion war, Fragen und Hinweise entgegenzunehmen, unterlief das Setting den eigentlich für heute in Aussicht gestellten bilateralen Austausch, wie er aus anderen gleichzeitig stattfindenden Treffen mit Leitungen der anderen neun Arbeitsgruppen berichtet wurde.

"Die Namen der Studiengruppenmitglieder waren, entgegen der Praxis anderer Gruppen, nicht bekanntgegeben worden. Sie blieben auch jetzt geheim. Es wurden viele kritische Fragen gestellt – ohne Antwort. Der Präfekt war nicht da. Warum fehlten auch andere Mitglieder aus der Leitung? Warum hat man sich nicht an die zugesagten Regeln gehalten, dass die Studiengruppen synodal zusammengesetzt werden und arbeiten?" (zdk.de/sms 18.10.24)

„Enttäuschte Gesichter nach einem verfehlten Austausch zum Thema Frauenweihe bei der im Vatikan tagenden Weltsynode“  gab es  und führten zu „zahlreichen Unmutsäußerungen“.  „Ein asiatischer Bischof habe von 'skandalösem Verhalten' gesprochen, deutschsprachige Teilnehmende von einer "schlimmen Enttäuschung". Während einige Synodenmitglieder bereits kurz danach ankündigten, „mit einer schriftlichen Eingabe an die Synodenleitung gegen das Verhalten der Arbeitsgruppe zum Frauenthema protestieren zu wollen“ (katholisch.de 19.10.24), wurde auch bereits schon eine Reaktion des Präfekten des Glaubensdikasteriums und Leiters der Arbeitsgruppe veröffentlicht, in dem er seine Abwesenheit entschuldigt und auch ein neues Gesprächsformat in der letzten Synodenwoche anbietet.

„Der für die Studiengruppe zum Frauenthema zuständige Leiter der Glaubensbehörde, Kardinal Victor Fernandez, hat am Freitagabend ein weiteres Treffen dazu angekündigt. (...) Er sei gerne bereit, sich am kommenden Donnerstag mit interessierten Synodalen zu treffen, um ihre Überlegungen zu dem Thema zu hören und ihre schriftlichen Unterlagen entgegenzunehmen, schreibt er darin.“(katholisch.de 19.10.24)

Wenn man bedenkt, dass „die Begegnungen mit Experten aus den insgesamt zehn Studiengruppen ja erst vor zwei Wochen von der Synodenleitung eingeräumt worden (waren), nachdem zahlreiche Teilnehmer eine Möglichkeit zum Austausch über strittige Fragen gefordert hatten“ (Ebd.), kann man den Faux-pas des misslungenen Treffens am gestrigen Freitagnachmittag nur als ein Vermeiden der Auseinandersetzung mit dem in der Synode sehr präsenten Thema der stärkeren Einbeziehung von Frauen in Ämter und Leitungsaufgaben verstehen. Dem entspricht, das augenfällige Fehlen dieses Themas und anderer; junge Erwachsene eigentlich nicht minder bewegenden Reformthemen in den abgelesenen Fragen der Studierenden im Dialog-Forum am gestrigen Abend.

Der Protest der Synodalinnen wird Papst Franziskus heute Vormittag bei einem Empfang der an der Synode teilnehmenden Frauen nicht verborgen geblieben sein. Immerhin lassen die ermutigten und ermutigenden Reaktionen der Frauen nach der Audienz wieder hoffen:

„Die Schweizer Synodale Helena Jeppesen-Spuhler äußerte sich im Anschluss gegenüber dem Pfarrblatt Bern positiv über die knapp einstündige Begegnung des Papstes mit den weiblichen Synodalen. Die Frauen hätten offen über ihre Erfahrung in der Synode und ihren Bedenken gesprochen. Papst Franziskus sei sehr aufgeschlossen und zugewandt gewesen.“ (Vaticannews 19.10.24)

Dass im direkten Anschluss an den Empfang der Frauen „zudem Gespräche mit der Führungsspitze des Lateinamerikanischen Bischofsrats Celam und der Bischofskonferenz von Ecuador auf dem Programm des Papstes“ (Ebd.) standen, wird die Auseinandersetzung mit konkreten Reformthemen – insbesondere auch im Hinblick auf den Frauendiakonat und in Verbindung mit dem Votum der Amazonassynode für die Weihe von viri probati – wohl den ganzen Samstagvormittag präsent geblieben sein.
Dass sie auch die nächste und letzte Synodenwoche prägen werden, ist nach der missglückten Kommunikation am gestrigen Tag so gut wie sicher. 


Freitag, 18. Oktober 2024

„Keine Angst vor der Synodalität“: Über den Stand der Beratungen der Weltsynode zum Ende der 3. Synodenwoche, einen Live-Dialog mit Studierenden und warum die Arbeitsgruppe zur Polygamie für die Weltsynode eine so hohe Bedeutung hat  

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(s. www.youtube.com/@synod-va788)

Gestern Abend ging mit der XII. Plenarversammlung der Austausch der freien Redebeiträge zum abschließenden 3. Teil des Instrumentum laboris unter der Überschrift „Orte“ zu Ende. Die Erarbeitung von Kriterien für eine Definition einer ‚heilsamen Dezentralisierung“ und für die Rolle der Teilkirchen in der Weltkirche wurden vom Präfekten des Dikasteriums für die Kommunikation Paolo Ruffini im heutigen Pressbriefing als zentrale Themen hervorgehoben, die am heutigen Vormittag in den Circuli minori der Sprachgruppen nachgearbeitet und im Ergebnisbericht an das Redaktionsteam des Entwurfstextes für das Abschlussdokument weitergegeben wurden. "Die Kirche in ihrer Einheit in Vielfalt" und "die Fähigkeit, das, was zunächst anders erscheint, in die Einheit aufzunehmen", wurden herausgestellt, deren Ergebnis "keine Bricolage", sondern "ein lebendiger Organismus" sei.

Gefragt nach konkreten Ergebnissen dieser Weltsynode betonte Kardinal Luis José Rueda Aparicio aus Bogota/Kolumbien die Teilnahme von stimmberechtigten Synodalinnen bei dieser Bischofsversammlung, die Diskussion um die Rolle der Frau und das Diakonat und die Einbeziehung von Frauen in Beratungs- und Entscheidungsprozesse als erste Konkretionen der Veränderung. 

„Die Kirche ist keine reine Männersache!“

Eben diese Themen werden heute Nachmittag auch bei der von der Plenarversammlung gewünschten Zusammenkunft der Synodalinnen und Synodalen mit den 10 eingerichteten Arbeitsgruppen und der afrikanischen Ad hoc-Arbeitsgruppe zur Thematik der Polygamie zum Thema werden. Auf der Pressekonferenz wurde heute dann auch bekannt, dass nun tatsächlich alle Synodalinnen und Synodalen, die dies wollten, Gelegenheit haben werden am Nachmittag die gewünschten Arbeitsgruppen zu besuchen, für die sie sich eingetragen hatten. Dieses wechselseitige Gespräch wird sicher Resonanzen für die weitere Arbeit in der nächsten Synodenwoche wie in den Arbeitsgruppen haben. Und man muss kein Prophet sein, dass die bislang reine Männer-Redaktion der AG 5 zu den Themen des stärkeren Einbezugs von Frauen in kirchliche Leitungs- und Ämteraufgaben in Kürze auch um Frauen erweitert werden wird. Ein Schritt in die richtige Richtung – wissend, dass die Weltsynode allenfalls die verschiedenen Möglichkeiten benennen wird, wenn sie die diese ermöglichende Architekturverschiebung im Sinne einer heilsamen Dezentralisierung im Grundsatz beschließen und ihre Umsetzung beauftragen wird.

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Die Resonanzen aus der Begegnung der einzelnen Synodalinnen und Synodalen mit den Arbeitsgruppen werden sicher bald ebenso bekannt und diskutiert werden, wie dies heute Abend bereits ebenso offen in einem erst gestern bekannt gewordenen Live-Format „Dialog mit Jugend“ am heutigen Abend aus Jugendperspektive möglich war. Dass nur zwei der 368 Synoden-Teilnehmenden unter 30 Jahre alt sind, war für Kardinal Mario Grech, Synoden-Generalrelator Kardinal Jean-Claude Hollerich und zusammen mit der US-amerikanischen Ordensfrau Leticia Salazar ODN und Bischof Daniel Flores von Brownsville in Texas (zwei Personen, die aus diesem Blog bereits bekannt sind) Anlass für einen Austausch über die Themen der Synodalität über die Generationengrenzen hinweg.

Aber auch wenn heiße Eisen bei dem Live-Event mit den Studierenden ausgespart wurden, soll der Bericht zum Ende der 3. Synodenwoche nicht enden, ohne auf ein weitere Generationen- aber auch kulturübergreifende Thema zu sprechen zu kommen, an dem der Synodale Prozess konkret wird. Am heutigen Nachmittag bestand für die Synodalinnen und Synodalen über die Wahl der 10 Arbeitsgruppen hinaus auch die Gelegenheit, Mitglieder der Arbeitsgruppe des Verbands der afrikanischen Bischofskonferenzen zum Thema Polygamie zu befragen und ihnen Resonanzen zu geben. Zu diesem Thema heute Mittag in der Pressekonferenz befragt bekannte sich Erzbischof Stephen Ameyu Martin Mulla, Juba/Sudan, zu dieser großen seelsorglichen Herausforderung in Afrika und stellte sie dabei in den Kontext ähnlich drängender Herausforderungen in anderen Teilkirchen der Welt, für die pastorale Lösungen gefunden werden müssen. Auch an diesem Punkt zeigt sich, wie ein gegenseitiges Hören der jeweiligen kulturellen Bedarfe und pastoralen Dringlichkeiten, eine „heilsame Dezentralisierung“ spüren und verwirklichen lässt, ohne dass die Einheit in der Kirche infrage gestellt, aufgegeben oder unterhöhlt wird. 


Donnerstag, 17. Oktober 2024

„Zwischen Polaritäten, ohne Polarisierungen“ – oder: Bei der Frage der Beziehung von Orts- und Weltkirche ist die Stunde der Theologinnen und Theologen gekommen

Ungewöhnlich deutliche Auseinandersetzung über theologische Grundsatzfragen“ und „klare Differenzen“ innerhalb der Weltsynode lauteten gestern Schlagzeilen über den Verlauf der X. Plenarsitzung der Weltsynode mit freien Redebeiträgen, die sich auch auf Änderungen in der geplanten Tagesordnung der Generalkongregation bezogen.

„Wie Synoden-Teilnehmer berichteten, wurde zur Klärung der theologischen Streitfrage über die Grenzen und Möglichkeiten einer dezentralen Autorität ein Theologe zu Rate gezogen. Die Synodenleitung bat den an der renommierten Hochschule "Institut Catholique" in Paris lehrenden Professor Gilles Routhier um Klärung. Der Kanadier versuchte daraufhin, in einem kurzen Vortrag den Begriff der Lehrautorität, an der auch die Bischöfe teilhaben, auf Basis der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) zu erklären.“ (katholisch.de 16.10.24)

Auch in der Pressekonferenz des Tages saßen diesmal ausnahmslos Theologinnen und Theologen, die am selben Abend auch die für Synodenmitglieder wie alle Interessierten darüber hinaus offenen theologisch-pastoralen Foren über „Die Ausübung des Primats und die Bischofssynode“ und „Die wechselseitige Beziehung von Ortskirche und Weltkirche“ gestalteten:

„Dort diskutierten Theologen und Kirchenrechtler über das Verhältnis zwischen der Autorität des Bischofs von Rom und der von Paul VI. 1965 gegründeten Bischofssynode. Der renommierte Theologe P. Dario Vitali, Professor für Ekklesiologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana, erläuterte dabei das Verhältnis von Primat und Synodalität.“ Nach zwei Phasen in der Kirchengeschichte, zunächst ohne päpstlichen Primat, dann in einer zweiten, in der die lateinische Kirche von einem starken Primat geprägt war, sieht Prof. P. Dario Vitali, Professor für Ekklesiologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana, die Zeit für eine dritte Phase gekommen, die „durch eine Kombination aus Synodalität und Primat“ geprägt ist." (Vaticannews 17.10.24)

„Das Zweite Vatikanische Konzil brachte einen neuen Ansatz für die Ausübung des Primats, indem es die Kollegialität der Bischöfe betonte. Dennoch blieb das Modell einer universalen Kirche bestehen. Vitali kritisierte, dass die nachkonziliare Praxis nur eine schwache Form der Kollegialität hervorgebracht habe und die affektive Kollegialität letztlich eine verstärkte Form der Primatsausübung bedeutete.“ (Ebd.)

„Der laufende synodale Prozess bietet für Vitali „die Gelegenheit, das Verhältnis von Primat und Synodalität neu zu gestalten. Der Bischof von Rom fungiert hierbei nicht als alleinige Instanz, sondern initiiert und schließt synodale Prozesse im Dienst der Einheit ab. In dieser kreisförmigen Dynamik aus Einheit und Vielfalt wird die Rolle des Papstes als Garant der kirchlichen Gemeinschaft verstanden.“ (Ebd.)

Diese neue Praxis des Primats sei mehr „als eine bloße organisatorische Veränderung; sie stelle die getreue Umsetzung der vom Konzil formulierten Prinzipien dar. Vitali zitierte dabei aus Lumen gentium, wo es heißt, dass „die rechtmäßigen Verschiedenheiten“ innerhalb der Kirche „der Einheit nicht nur nicht schaden, sondern ihr vielmehr dienen“ (Lumen gentium, 13)." (Ebd.)

Die theologischen Foren – wie die Verschränkung der Akteure in den Pressebriefings zeigt – sind nah an den Fragestellungen, die in der Synodenaula obenauf liegen. Die Fragen welche Aufgaben den Teil- und Ortskirchen mit ihren Bischofskonferenzen zukommen, dass sie weniger dazu da seien „neue Dogmen zu verkünden, als in ihrer Weise den Glauben der Kirche zu inkulturieren“ – wie der Präfekt des Dikasteriums für Kommunikation, Paolo Ruffini in der heutigen Pressekonferenz eine Stimme aus dem Synodenplenum wiedergab, beschreiben bereits schon eine vermittelnde Position zwischen Polaritäten. „Diese Polaritäten, die keine Polarisierungen sind“ – in der Formulierung der italienischen Ordensfrau Sr. Samuela Maria Rigon SSM im Pressebriefing  prägten derzeit die Diskussion der freien Redebeiträge der Synodenversammlung.

Dass Spannung zum Leben dazugehöre, wie auch ein gewisser Druck – gleich dem Blutdruck im Körper eines Menschen –zur Vitalität in der Kirche, unterstrich Kardinal Gérald Cyprien Lacroix, Erzbischof von Québec/Kanada, für den der in der theologischen Auseinandersetzung zum Ausdruck kommende Wandel auch mit einer Umkehr zu tun hat, zu der der Herr die Kirche und jeden Einzelnen heute ruft ist. Alle wissen dabei, dass sich abhängig von der Neujustierung des Verhältnisses von Orts- und Weltkirche, einer neuen Verhältnisbestimmung von Lehrautorität den verschiedenen Ebenen, auch viele weitere derzeit in den Arbeitsgruppen beratene Themen bewegen werden. 

"Zuvor war unter anderem gefordert worden, neben oder alternativ zu den bereits bestehenden nationalen Bischofskonferenzen auch kontinentale Beratungs- und Beschluss-Organe mit eigenen Regeln zu errichten. Sie sollten auch in Fragen der Lehre und der Kirchendisziplin eigene Autorität haben. Dazu gehört unter anderem auch die Ehelosigkeit der Priester." (katholisch.de 16.10.24)

Und ich möchte ergänzen: Ebenso die Frage neuer Leitungsämter für Frauen, der Diakonat der Frau, selbst wenn dies nicht überall in der Welt gleichermaßen umgesetzt werden wird.


Dienstag, 15. Oktober 2024

Über die Notwendigkeit lokaler Verwurzelung und die Möglichkeit des Diakonats der Frau und der Weihe von „viri probati“

Nach zwei Synodenwochen geht die Weltsynode mit der Bearbeitung des letzten Moduls des Instrumentum laboris unter der Überschrift "Orte" gewissermaßen schon auf die Zielgeraden.

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(Pressekonferenz vom 15.10.2024)
In seiner Einführung hob Generalrelator Jean-Claude Hollerich zu Beginn der Synodenversammlung heute hervor, dass die Synode nun an einem entscheidenden Punkt angelangt sei“, an dem es nach der Reflexion auf die „Wege“ über Fragen der Bildung, der Entscheidungsverantwortung und Rechenschaftsplicht „nun darum gehe, ‚die Perspektive der Orte‘ einzunehmen und die Vielfalt der Kontexte zu berücksichtigen, in denen der Glaube gelebt werde.“ (Vaticannews 15.10.24)

„Hollerich betonte, dass die Kirche ohne Verwurzelung in einem spezifischen Ort und einer Kultur nicht vollständig verstanden werden könne. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Kirche einem Partikularismus verfallen solle. Vielmehr gelte es, die „Konkretheit zur Geltung zu bringen“, in der der gemeinsame Glaube in Raum und Zeit sichtbar werde. Angesichts der heutigen Realität, in der Zugehörigkeit zunehmend dynamischer und weniger geografisch festgelegt sei, müssten die Kirchenstrukturen überdacht werden, um den missionarischen Auftrag neu zu erfüllen." (Ebd.)

In der Pressekonferenz wurde dieser Gedanke insbesondere von Kardinal Leonardo Ulrich Steiner OFM Erzbischof von Manaus/ Brasilien mit Bezug auf die Amazonasregion hervorgehoben: Das Evangelium müsse in die Kultur aufgenommen werden. Bereits auf der Amazonassynode vor fünf Jahren war dieser Gedanke auch mit konkreten Vorschlägen zum Diakonat der Frau, der Gemeindeleitung und dem Einbezug von viri probati, verheirateter Männer für den priesterlichen Dienst verbunden.

"Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass es in der Vergangenheit einen Frauendiakonat gegeben hat, warum führen wir ihn nicht wieder ein, so wie der ständige Diakonat wieder eingeführt wurde"(katholisch.de 15.10.24)

Auf Nachfrage zu verheirateten Priestern bekannte Kardinal Steiner auch, dass er nach der Amazonassynode enttäuscht gewesen sei, dass der Vorschlag zu den viri probati von Seiten der Synodenversammlung von Papst Franziskus in seinem nachsynodalen Schreiben Querida Amazonia nicht aufgenommen worden sei. Aber Papst Franziskus "habe sich die Frage offengehalten und agiere mit hoher Sensibilität".  Für Kardinal Steiner sei dies schon beim Thema des Diakonats für die Frau in einigen Regionen der Welt kulturell möglich und gefordert - und in Amazonien in gewisser Weise schon gelebt -, während in anderen diese Veränderungen weder möglich noch an der Zeit seien.

In ähnlicher Weise hatte sich gestern in der Pressekonferenz Bischof der Diözese Cyangugu im Südwesten Ruandas, Edouard Sinayobye geäußert:

„In Afrika haben wir keinen Ständigen Diakonat.(...) Mit Blick auf die Frage nach einem Diakonat von Frauen, ob das kommen wird? (...) - die ganze Welt weiß, dass es diese Frage gibt und sie von verschiedenen Leuten gestellt wird, nicht nur Journalisten. Die Kirche ist dabei, über diese Frage nachzudenken und das tut sie sehr ernsthaft… - auch im Lichte der kirchlichen Lehre." (Vaticannews 14.10.2024)

"Ohne die Einheit der weltweiten katholischen Kirche aufzugeben", biete die Weltsynode mit den Worten von Kardinal Hollerich gesagt, „eine einzigartige Gelegenheit, über institutionelle Grenzen hinauszublicken und den synodalen Weg zu einer treibenden Kraft für die kirchliche Erneuerung zu machen." 

„Unser Ziel ist es, Instrumente vorzuschlagen, die es dem Volk Gottes ermöglichen, an der Dynamik der synodalen Kirche teilzuhaben“. (Vaticannews 15.10.24)


Freitag, 11. Oktober 2024

„Sometimes the most important things happen in silence.“ – Oder: Wie sich über Schweigen und Stille ein „Überfließen“ (desborde) und eine Erneuerung der Kirche ereignen kann

Kardinal Joseph William Tobin, CSsR, Erzbischof von Newark/USA, betonte heute im Pressebriefing mit der Aussage, dass manchmal die meisten Dinge in der Stille passieren, den neuen Stil der Synode über die Synodalität, den gestern bereits von anglikanischer Seite Bischof Martin Warner von Chichester/UK als Brüderlicher Delegierter als beispielhaft für das synodale Arbeiten herausstellte. Kardinal Tobin bezog sich ebenfalls auf die diesen Aspekt des Schweigens und der Stille herausarbeitende Besinnung am gestrigen Nachmittag von P. Timothy Radcliffe, von dem am Anfang dieser Woche bekannt wurde, dass er im Konsistorium am 7. Dezember zu den neu erwählten Kardinälen gehören wird.

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(P. Timothy Radcliffe OP am 10.10.2024)

P. Radcliffe, der bereits die zweitägigen Retreats zu Beginn der Weltsynode in beeindruckender Weise geprägt hatte, stellte die Geschichte von der Jesus bedrängenden kanaanäischen Frau (Mt, 15, 21-28) in den Mittelpunkt seiner Besinnung vor dem Übergang der Arbeit am 3. Modul der Generalkongregation, das mit „Wege“ überschrieben ist. Die Beharrlichkeit der Frau, ihr Drängen, das von den Jüngern abgewiegelt wurde und Jesus zunächst schweigen und dann abweisend antworten lässt, dass er nur zu den Kindern Israels gesandt sei, führt bei Jesus zu einem Prozess des Wandels, zu einer Anerkennung ihres großen Glaubens und der Heilung ihrer Tochter.

Für Radcliffe ist dies eine – bis in die heutige Pressekonferenz hinein zitierte – Analogie für das, was bei dieser Synode passiert und möglich ist:

"Im Mittelpunkt steht das Schweigen Jesu. „Er antwortete ihr nicht.“ Dieses Schweigen ist keine Abfuhr. (…) In dieser Stille hört unser Herr auf die Frau und hört auf seinen Vater. Die Kirche dringt immer tiefer in das Geheimnis der göttlichen Liebe ein, indem sie sich mit tiefen Fragen beschäftigt, auf die wir keine schnellen Antworten haben. Auf dem Konzil von Jerusalem: Wie können die Heiden in die Kirche aufgenommen werden? In Nizäa: Wie können wir bestätigen, dass Jesus wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch war? In Chalcedon: Wie kann Gott wahrhaftig drei und wahrhaftig einer sein? 
Unsere Aufgabe in der Synode ist es, mit schwierigen Fragen zu leben und sie nicht wie die Jünger loszuwerden. Was sind hier unsere? Die Frau kommt wegen ihrer gequälten Tochter. (…) Es gibt auch tiefe Fragen, die so vielen unserer Diskussionen zugrunde liegen. Wie können Männer und Frauen, die nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen sind, gleich und doch verschieden sein? Wir dürfen der Frage nicht ausweichen, wie die Jünger, indem wir entweder die Gleichheit oder den Unterschied leugnen. Und wie kann die Kirche die Gemeinschaft der Getauften sein, die alle gleich sind, und doch der Leib Christi, mit unterschiedlichen Rollen und Hierarchien? Dies sind tiefgreifende Fragen." (Vaticannews 11.10.24)

Im Schweigen und der Stille, die das Gespräch im Geiste in der im vergangenen Jahr neu eingeführten Methode bei der Weltsynode kennzeichnen, soll auch das Überfließen („desborde“) zur kreativen Neuerschließung neuer Wege des Christ- und Kircheseins ermöglichen, wie dies Sondersekretär Giacomo Costa am gestrigen Vormittag mit Zitat aus dem nachsynodalen Schreiben Querida Amazonia (QA 105) auf den Punkt brachte.

Wie ich diese Gedanken der Besinnung von P. Radcliffe selbst verstehe, lese ich heute auch in einem Blog-Beitrag von Thomas Schwartz, Chef des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis Synodaler aus Deutschland:

Radcliffe (ging) in geradezu prophetischer Ausdeutung genau darauf ein und machte zur Diskussion um die Rolle der Frau in der Kirche und eine wirkliche Gleichberechtigung in allen Bereichen auf den Mut der kanaanitischen Frau aufmerksam. Sie habe sich weder von der Ablehnung der Jünger noch vom Schweigen Jesu von ihrem Ziel abbringen lassen, für ihr krankes Kind Heilung zu erbitten. Manchmal sei das Schweigen der Kirche die Weise, wie sie im Umgang mit einem Thema, das auf den Nägeln brenne, nach vorne gehe, weil im Schweigen auch der Raum zum Suchen und Hören des Willens Gottes gegeben sei, so Radcliffe“. (katholisch.de, 11.10.24)

Die Bedeutung des Schweigens und des Gesprächs im  Geiste betonte auch die Expertin Prof. Giuseppina De Simone aus Italien, dass es darum gehe, „die Fragen zu bewohnen“, die Spannung und die Fragestellungen auszukosten, um sie tiefer zu ergründen. Ein Wandel im Modus der Synodalität ist nur in dieser Weise möglich. Die Stille und das Schweigen, die die synodale Versammlung so sehr kennzeichnen, wird auch heute Abend bei der ökumenischen Gebetswache Ausdruck und Inhalt einer ökumenischen Feier auf der Piazza dei Protomartiri Romani sein, die darin bereits Einheit der Kirchen erlebbar werden lässt – wie die Rolle, wie sie Papst Franziskus in der Ökumene versteht: Ebenfalls ein zentrales Anliegen und Thema der Synode über die Synodalität sowohl im vorausgegangenen Modul über die „Beziehungen“ wie in dem jetzt kommenden Modul des Instrumentum laboris unter der Überschrift „Wege“.

„Sometimes the most important things happen in silence.“

 

 

Mittwoch, 9. Oktober 2024

„The only way we can do it is by adressing it in a synodal way.“  oder: Ein neues Angebot zur Verschränkung von Synodenplenum und der Arbeitsgruppe zur Beteiligung von Frauen in Leitungsfunktionen und -ämtern

Nicht überraschender Weise standen heute in der Pressekonferenz – neben vielen Einzelthemen der den Tag gestern und heute prägenden freien Beiträgen mit explizitem Bezug auf das Kapitel ‚Beziehungen‘ des Instrumentum laboris – wiederum die Fragen nach der Beteiligung von Laien in Leitungsfunktionen und –ämtern und einmal mehr der Diakonat für Männer und Frauen im Zentrum der Diskussion. Das größte Ausrufezeichen setzte dabei eine vom Leiter des Dikasteriums für die Kommunikation Paolo Ruffini verlesene Erklärung des Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre, die heute Vormittag zu Beginn der 6. Generalkongregation der Bischofssynode vom Sekretär der Bischofssynode Kardinal Mario Grech vorgetragen wurde. 

Vaticannews
Diakon Geert De Chubber, Belgien
Über den am vergangenen Samstag den Synodenvätern und –müttern zugestandenen Austauschtermin am 18.10.24 mit den zehn Arbeitsgruppen hinaus heißt es nun bezogen auf die von Kardinal Víctor Manuel Fernández geleitete Arbeitsgruppe V., dass ebenfalls bis zum selben Datum eine Beteiligung aus dem Plenum der Weltsynode vorgesehen sei. Das Thema der Beteiligung von Frauen in Leitungsfunktionen  und -ämtern befände sich gerade nach Anhörung von Kardinälen und Bischöfen und dem Einbezug theologischer Berater in einer grundsätzlichen Konsultationsphase, in der es vorgesehen sei explizit auch Frauen einzubeziehen.

"All members and theologians of the synod can send opinions and aids in the coming months. On the 18th, two theologians from the dicastery will be available to receive proposals on the topic in writing or orally." (Vaticannews 9.10.24)

"Alle Mitglieder und Theologinnen der Synode können in den kommenden Monaten Stellungnahmen und Hinweise einreichen. Am 18. Dezember werden zwei Theologen des Dikasteriums zur Verfügung stehen, um schriftliche oder mündliche Vorschläge zu diesem Thema entgegenzunehmen." (eigene Übersetzung)

Mit dieser Aufforderung wird das Thema der Beteiligung von Frauen und Männern an Leitungsaufgaben und -ämtern – so sehr es auch in der Synodenaula selbst präsent ist – zwar weiter aus den Ergebniserarbeitungen der Weltsynode herausgehalten. Aber andererseits wird die Gunst der Stunde genutzt, dass die Vorschläge der Synodalinnen jetzt auch in direkter Weise ihre Perspektiven und Überlegungen der Arbeitsgruppe vortragen oder schriftlich mitgeben, so dass die Weltsynode doch vielleicht einen richtungsweisenden Einfluss auf die Arbeitsgruppe nehmen kann. Danach sah es genau vor einer Woche in der 1. Generalkongregation noch nicht aus.

Dass gerade der Diakonat als eigenständige Berufung eine hohe Bedeutung für die Kirche hat, unterstrich der als einziger Diakon bei der Weltsynode geladene Geert De Cubber aus Belgien. Zwar sei der Diakonat längst nicht in der ganzen Welt angekommen – wie der der Pressekonferenz ebenfalls beiwohnende Erzbischof Inácio Saure, I.M.C. aus Nampula/Mozambique für das Gebiet seiner Bischofskonferenz bestätigte – , sei er doch andererseits in vielen anderen Ländern und insbesondere den USA sehr stark rezipiert.

Auf die Frage eines Journalisten, ob es wie am Beispiel der Entwicklung des Diakonats für den Mann auch im Hinblick auf den Diakonat für die Frau unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Weltkirche geben könne, verwies Diakon De Cubber auf die pilgernde Kirche, die gemeinsam unterwegs sei.

„The only way we can do it is by adressing it in a synodal way.“

 

Montag, 7. Oktober 2024

Friedensgebete und der Vorschlag, von den Bedarfen der Mission her neu zu denken – oder: weiterführende Perspektiven zu Beginn der 2. Synodenwoche

Dem Frieden in den verschiedenen Kriegsgebieten der Erde waren heute die Gebete und auch eine Einladung zum Fasten gewidmet – ein Friedensansinnen, das nach den einleitenden Worten des Generalrelators Kardinal Jean-Claude Hollerich bis hinein in die Beratungen in der Synodenaula wirken solle, die diese Woche unter dem Oberbegriff „Beziehungen“ stehen. Bis einschließlich Mittwoch geht es ab dem heutigen Montagmorgen – nach der Beratung der einleitenden „Grundlagen“ in der Vorwoche - um den 1. Teil des Instrumentum laboris, der mit ebendiesem Kurztitel „Beziehungen“ überschrieben ist.

Wieder in denselben Sprachgruppen, aber innerhalb derselben in neu gemischten Tischgruppen, wird analog zur Vorwoche das Gespräch im Geiste zu den in diesem Kapitel angesprochenen Themenkreisen den ersten Tag der 2. Synodenwoche prägen, bevor am Dienstag – nach der Wahl der Mitglieder für die Redaktionskommission für das Abschlussdokument – bereits die Vorstellung der Zusammenfassungen der Sprachtische angesetzt ist und die Diskussion freier Redebeiträge am Dienstagnachmittag und Mittwochvormittag folgt. Kardinal Hollerich steckt in seiner Einführung einen Rahmen für diese Beiträge ab:

„Die Diskussionen der Synodenteilnehmerinnen und -teilnehmer in den kommenden Tagen sollen sich auf die folgenden vier Aspekte konzentrieren, die den verschiedenen Ebenen kirchlicher Beziehungen gewidmet seien - Kardinal Hollerich zählte auf: „Die Beziehung zu Gott: Ausdruck dieser grundlegenden Verbindung ist die christliche Initiation, die den Weg der Gläubigen in die Gemeinschaft mit Christus darstellt; Die Beziehungen unter den Gläubigen: Diese betreffen die vielfältigen Charismen und Ämter, die jedem Gläubigen durch die Taufe geschenkt werden und die Kirche bereichern; Die Harmonie zwischen den geweihten Amtsträgern und den Laien: Diese Beziehungen sollen die Gemeinschaft und Gegenseitigkeit innerhalb der Kirche fördern und bewahren und die Beziehungen zwischen den Kirchen und zur Welt: Dieser Bereich befasst sich mit dem Austausch der Gaben zwischen den verschiedenen Kirchen und der Konkretheit der kirchlichen Gemeinschaft in der Welt.“ (Vaticanews, 20.10.2024)

Kardinal Hollerich hofft, dass die synodale Arbeit wie die Diskussion in den kommenden Tagen „nicht nur auf theoretischer Ebene bleiben dürfe“, sondern „konkrete Schritte“ (in den Blick nehme; HD), um das synodale Leben der Kirche greifbar zu machen.“ (Ebd.)  Genau diese auf die Praxis abzielende Perspektive sei der eigentliche Unterschied und Auftrag dieses 2. Teils der Weltsynode nach dem vorausgegangen 1. Teil im vorausgegangenen Jahr.

Vor dem Hintergrund der ersten Synodenwoche muss man kein Prophet sein, wenn unter dem Aspekt der „Beziehungen“ auch die Fragen nach der Beteiligung von Frauen in der Kirche eine zentrale Rolle spielen wird. Auch wenn die Pressekonferenzen nicht direktes Abbild der Beratungen der Synodenaula sind, wird die Frage nach Leitungsaufgaben und Ämtern für Frauen bis zum Diakonat der Frau sicher auch immer wieder in den freien Beiträgen neu angesprochen werden.

Im Presse-Briefing vom 7.10.24 wurde gleich fünfmal die Rückfrage nach dem Einbezug von Frauen in Leitung und Ämtern an die Gäste der hochkarätig besetzten Pressekonferenz gerichtet. Und den Antworten – es beteiligten sich alle Podiums-TN mit unterschiedlichen Akzentsetzungen daran – war abzulesen, wie sehr dieses Thema gerade alle und damit auch viele Synodenväter und –mütter beschäftigt. Die größten Hoffnungen in die jetzt hierzu arbeitende Arbeitsgruppe 5 legte in der Pressekonferenz Sr. Mary Teresa Barron, OLA., Vorsitzende der Internationalen Vereinigung der Ordensoberinnen (U.I.S.G.), die von den bereits unter Papst Franziskus eingesetzten Arbeitsgruppen zu dieser Frage berichtete und auch unterstrich, dass Papst Franziskus dieser Idee gegenüber aufgeschlossen sei. Kardinal Oswald Gracias pflichtet ihr als Mitglied des Kardinalsrates bei, welcher sich in diesem Frühjahr bereits aus den verschiedenen Perspektiven mit dem Thema eingehend auseinandergesetzt habe. Auch wenn es im Teil 2 des Instrumentum laboris unter dem Titel der Beziehungen auch um viele andere Themen geht, ist doch das in der Pressekonferenz ebenfalls benannte „main topic“ Frauendiakonat weiterhin das Thema, das in der Luft liegt:

Vatican Media

In der letzten Viertelstunde der Pressekonferenz wurde Sr. Mary Teresa Barron auf eine weitere interessierte Nachfrage hinsichtlich der Ämterfrage für Frauen am deutlichsten, dass es auch darum gehe, nicht ignorant zu sein gegenüber den vielen Möglichkeiten, die es bereits gibt und in verschiedenen kulturellen Kontexten je unterschiedlich möglich wären. Zur Frage nach dem Weiheamt für Frauen trug sie aus dem Stegreif eine für die synodale Beratung weiterführende Argumentation vor, deren "call" hoffentlich auch in der Synodenaula gehört wird:

Dass sich die Synode lösen müsse von der Frage, ob die Weihe von Frauen aus biblisch-kirchengeschichtlichen oder kanonischen Erwägungen zu Diakoninnen oder Priesterinnen möglich sei oder nicht, sondern die Perspektive wechsele und einbeziehe, dass der Heilige Geist Frauen heute in den Dienst ruft, ihnen heute eine Berufung zum Priestertum oder Diakonat schenkt. Es gelte über eine  Pro-Contra-Diskussion hinaus diese Frage vor dem Hintergrund der Bedarfe der Mission neu in den Blick zu nehmen.

Da diese Fragen von Teilhabe, Gemeinschaft und Mission – so der Untertitel des Synodentitels – im Zentrum der Beratungen des 2. Teils der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode stehen und sie dankbar auch auf das Treffen mit den Arbeitsgruppen am 18.10.24 hofft, schließt Sr. Mary Barron:

„We have to trust in the process!“

 

Samstag, 5. Oktober 2024

Fehlende pfingstliche Anmutungen am Ende der ersten Synodenwoche – oder: Die Weltsynode in der Frauenfrage auf der Suche nach dem „We“

© Vatican Media
(Screenshot aus der 1. Generalkongregation)

Es war schon ein Absturz gleich zu Beginn in der ersten Generalkongregation der Weltsynode am 2.10.24 abends, nachdem derselbe Kardinal und Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre Víctor Manuel Kardinal Fernández zuvor am Vorabend in der Bußvigil wortreich (und im Erleben der Liturgie berührend) die „Steine“ bereute, wo die Kirche (und zuvorderst ja auch seine eigene Kurienbehörde, die früher als Heiliges Offizium verantwortlich war für tausende von Lehrverfahren) Menschen mit einer rigide angewandten Glaubenslehre verletzt hatte, am Tag darauf im Rahmen der Berichte der zehn von Papst Franziskus eingesetzten Arbeitsgruppen als Gruppenergebnis einer nicht näher benannten reinen Männerrunde seines Dikasteriums berichtete, dass das Diakonat der Frau derzeit für nicht wahrscheinlich gehalten werde und auch nicht – Zitat – „als Trostpflaster“ herhalten solle. Auch wenn die Gleichstellung der Frauen in der Kirche – immerhin eine satte Hälfte der Glaubenden in der der Katholischen Kirche – sicher mehr bedeutet und bedeuten muss, als eine „Verpflasterung“ und  „Korrektur“ an einer Stelle, stimmte der in der gewählten Diktion abschätzig vorgetragene Gestus der (Männer-)Macht in keiner Weise mehr überein mit dem im Nachhinein nurmehr als abgelesen erscheinenden Bußbekenntnis – mit der Wirkung einer ausgehöhlten Glaubwürdigkeit der Weltsynode an einer zentralen Stelle innerhalb von nur 24 Stunden.

Ich muss eingestehen, dass ich dieses Bauchgefühl erst weitere 48 Stunden später bei einer Veranstaltung „Weltsynode live – Rückblick auf vier Synodenwochen“ für die Frankfurter Rabanus Maurus Akademie durch einen Redebeitrag einer Teilnehmerin der Online-Veranstaltung in Gänze realisierte, nachdem ich zuvor selbst beide Redebeiträge von Kardinal Martinez in Videomitschnitten hintereinander präsentiert hatte. Nicht, dass das in den „Grundlagen“ des Instrumentum Laboris  (d.i. das erste Modul und für die erste Woche vorgesehene des Vorbereitungsdokumentes) ausdrücklich benannte Thema der „Stellung der Frau in der Kirche“ und die Erwägungen zur Möglichkeit des Frauendiakonates das einzige und zentrale Thema des einleitenden Kapitels gewesen ist, aber der Gestus der abschlägig abkanzelnden Männermacht, die sich in der kurzgefassten Begründung einzig auf jüngste Äußerungen des Papstes stützte und darüber alle Wahrscheinlichkeit einer möglichen Umsetzung von vornherein in Zweifel zog, war trotz der Anerkennung und Nennung von herausragenden Frauen wie Teresa von Avila, Katharina von Siena und Hildegard von Bingen bar einer Überzeugungskraft. Dass der Präfekt des Glaubensdikasteriums zudem als Aufgabe der unter seiner Leitung arbeitenden Arbeitsgruppe ankündigte, dass diese ein Dokument erarbeiten werde, das in Rückbindung an das Synodensekretariat erstellt und schließlich Papst Franziskus vorgelegt werde, führte zu einer breiten Ernüchterung des ja eigentlich zu beteiligenden Synodenplenums gleich zu Beginn.

Erst drei Tage später, heute zum Ende der Beratungen des ersten Moduls des Instrumentum Laboris in dieser ersten Synodenwoche, reagierte der Sekretär der Bischofssynode Kardinal Mario Grech auf die auch im Synodenplenum entstandene Irritation über das „Zueinander von Arbeitsgruppen und Bischofssynode“, dass er einen über eine bisherige Information hinausgehenden Austauschtermin für den 18.10.2024 nachmittags zur Abstimmung stellte, der - wie in der heutigen Pressekonferenz berichtet wurde - mit 265 Ja und gegen 74 Nein-Stimmen angenommen wurde. Dass diese Reaktion des Synodenbüros erst so spät geschieht, ist sicher eine späte Kurskorrektur, aber immerhin wird so das seit Mittwochabend mehr als eingetrübte Erwartungsmanagement, dass die eigentlich – auch über das Thema des Frauendiakonates hinausgehenden – brennenden Themen anderswo und in männerbündischen Zirkeln erarbeitet werden, etwas revidiert und an das Selbstverständnis des Synodenplenums rückgebunden.

Dass die Fragen rund um das Diakonat der Frau obenauf liegen, machten schließlich auch die drei Pressekonferenzen dieser Woche – selbst in den Reaktionen von Teilnehmenden aus dem Synodensekretariat – mehr als deutlich. Sondersekretär Giacomo Costa bemühte sich am 3.10. gleich in der ersten zu unterstreichen, dass die Frage des Frauendiakonats „weiter offen“ sei und "vertieft werden" müsse, selbst wenn Bischof Antony Randazzo aus Australien, Vorsitzender der Föderation der katholischen Bischofskonferenzen Ozeaniens tagsdrauf am 4.10. etwas polemisch behauptete, dass sie „von mächtigen westlichen Kreisen gepusht“ werde. 

Auch wenn Papst Franziskus das Abschlussdokument und die Empfehlungen der Amazonassynode in seinem nachsynodalen Schreiben Querida Amazonia nicht explizit aufgenommen hat, ist doch das von ihm formell (nach Episcopalis communio) angenommene Ergebnisdokument dieser Synode ausreichend Ausweis dafür, dass nicht etwa allein die vermeintlich glaubensermüdeten europäischen Kirchen, sondern auch die glaubensstarken Regionen an den Rändern der Katholischen Kirche mit einem lauten Schrei Änderungen der Geschlechteranthropologie und deren sakramententheologischen Ableitungen einfordern.  Von „Trostpflastern für Frauen“ zu reden, wo gefühllose Männerrede offene Wunden bluten oder entstehen lässt, kann nur als zynisch, roh und menschenverachtend empfunden werden und als weiterer "Stein", mit dem Kirche Menschen heute verletzt.

Alle Synodenteilnehmenden wissen, dass Synodalität mehr ist als nur eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit, aber der Generalrelator Kardinal Jean-Claude Hollerich wird sich an seine Worte erinnert haben, dass die Synode versagt haben wird, wenn sie die Frauen enttäuschen werde. An Fragen der Geschlechteranthropologie, die sich nicht einfach mehr auf eine vereinfachende Metaphorik marianischer und petrinischer Anthropologie für die heutige Zeit reduzieren lassen, entscheiden sich letztlich auch alle Fragen der Synodalität, nicht nur weil sie mehr als Hälfte der katholischen Kirchen nicht mehr mitnimmt, ja gar nicht mehr erreicht. Dabei geht es noch nicht einmal um ein „Ganz oder Garnicht“, sondern zuallererst um eine Sprache, die kulturübergreifend und sensibel Fragen der Geschlechteranthropologie in einer Terminologie sexueller Bildung aufgreift und sich bemüht, sie theologisch zu übersetzen. Erst auf diese Weise – ein Fortschreiben des jüngsten Dokumentes „Dignitas infinita“ über die Menschenwürde des Dikasteriums für die Glaubenslehre wäre hier angezeigt – kann es hier zu gereifteren Überlegungen kommen. Und insofern hat der Chef des Dikasteriums für die Glaubenslehre sogar Recht, dass es in der derzeit bestehenden Autorengruppe nicht wahrscheinlich ist, dass das Diakonat der Frau in Erwägung gezogen werde. Es fehlt einfach jedes Verständnis dafür.

© Vatican Media
(Screenshot aus der 1. Generalkongregation)
Dass ich – erstmals in meinem beinahe auf den Tag genau 10-jährigen Synodenblog – beinahe ironisch über die Agenda des Synodenbüros, der über sie beteiligten Dikasterien und Arbeitsgruppen, das unausgereifte Nebeneinander von z.T. nicht einmal namentlich benannten Akteuren in den Arbeitsgruppen und der Synodalversammlung schreiben würde, hätte ich bis vor kurzem auch noch nicht gedacht. Aber wer sich und alle Glaubenden einbezieht in das Schuldbekenntnis über die als Wurfgeschoss missbrauchte, auf Menschen zielende Lehre, muss sich an dem Maß des Schuldeingeständnisses messen lassen, sich zu "schämen für all die Zeiten, in denen wir die Würde der Frauen nicht anerkannt und verteidigt" wurde und in aller menschenmöglichen Zartheit und gewissermaßen auf Fußsohlen erst einmal Vertrauen behutsam aufbauen – und nicht den Männern gefallen wollen, die aufgrund der Teilnahme von Frauen an der Synodalversammlung deren Rechtmäßigkeit in Frage stellen. Es gilt Frauen wertzuschätzen, einzubeziehen und zurückzugewinnen, ohne die die Kirche nicht nur im Westen keine Zukunft haben wird.

Der US-amerikanische Bischof Daniel Flores aus Brownsville / Texas. sagte in seinem Statement am 3.10.24 – auch in den Worten des ersten Teils der Grundlagen des Instrumentum Laboris (Nr. 3 – im ersten Synodenbriefing, dass das Synodenplenum auf der Suche nach dem „Wir“ sei.  

"We are searching for the 'We'."

Mit dem Umgang mit „Frauenfrage“ stellt sich diese Frage gewissermaßen als Gretchenfrage gleich zu Beginn der Synodalversammlung.


Mittwoch, 2. Oktober 2024

"Denken wir nur an den Pfingstmorgen, wie der Geist dort diese Harmonie in den Unterschieden geschaffen hat" - Einstimmung der Synodenteilnehmenden zu Beginn der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode

© Vatican Media

In einer feierlichen Eucharistiefeier mit den 368 Synodenteilnehmenden wurde heute auf dem Petersplatz der zweite Teil der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode in Rom eröffnet. Papst Franziskus fokussiert in seiner Predigt die Aufgabe der über vier Wochen tagenden Synodalversammlung:

„Es geht darum, mit Hilfe des Heiligen Geistes die Stimmen zu hören und zu verstehen, d.h. die Ideen, Erwartungen und Vorschläge, um gemeinsam die Stimme Gottes zu erkennen, die zur Kirche spricht (vgl. Renato Corti, Quale prete?, Appunti inediti). Wie wir wiederholt in Erinnerung gerufen haben, ist unsere Versammlung keine parlamentarische Versammlung, sondern ein Ort des Zuhörens in Gemeinschaft, wo, wie der heilige Gregor der Große sagt, das, was der eine zu einem gewissen Teil in sich hat, der andere ganz besitzt, und wo, obwohl einige besondere Gaben haben, in der „Liebe des Geistes“ alles den Brüdern und Schwestern gehört (vgl. Homilien über die Evangelien, XXXIV).“ (Vaticannews 2.10.24)

Hatte Timothy Radcliffe in seinen Meditationsimpulsen von einem „neuen Pfingsten“ gesprochen, hofft auch Papst Franziskus auf ein pfingstliches Ereignis der großen Harmonie in einer Vielfalt in den nächsten Wochen:

"Dieses Wort ist sehr wichtig: „Harmonie". Es gibt keine Mehrheit, keine Minderheiten. Es ist ein erster Schritt, vielleicht um weiter voran zu gehen: Das was zählt, das was grundlegend ist, ist die Harmonie, die Harmonie, die alleine der Heilige Geist schaffen kann. Er ist der Meister der Harmonie: der, der in der Lage ist, aus vielen Unterschieden, vielen verschiedenen Stimmen, eine einzige Stimme zu schaffen. Denken wir nur an den Pfingstmorgen, wie der Geist dort diese Harmonie in den Unterschieden geschaffen hat." (Vaticannews 2.10.24)

Den Begriff der Harmonie greift Papst Franziskus insgesamt sieben Mal in seiner Predigt und am Nachmittag noch zweimal in der Synodenaula Paul VI. seiner Ansprache an das Synodenplenum:

"Vergessen wir nicht: Der Geist ist die Harmonie. Denken wir an das Durcheinander am Morgen von Pfingsten - er hat die Harmonie hergestellt..." (Vaticannews 2.10.24)

Das Zusammenführen der unterschiedlichen Stimmen ist auch für Generalrelator Kardinal Jean-Claude Hollerich auch der entscheidende neue Schritt, der nun im Rahmen des zweiten Teils der Bischofssynode zu gehen ist.

"Die Zweite Sitzungsperiode ist keine Wiederholung oder gar eine bloße Fortsetzung der Ersten, im Vergleich zu der wir aufgerufen sind, einen Schritt nach vorne zu machen. Das ist es, was das Volk Gottes von dieser Synodalversammlung erwartet. (…) Es ist bezeichnend, dass der Titel die Leitfrage der Zweiten Sitzungsperiode – „Wie können wir eine missionarisch-synodale Kirche sein“ - wieder aufgreift, aber das Fragezeichen weglässt. Dies zeigt genau den Schritt, den wir als Versammlung gemeinsam gehen müssen." (Vaticannews 2.10.24)

Es geht also um indikativisch auszubuchstabierende Antworten, woraufhin die Arbeit der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode zielt. Die konsequente Verfolgung von zehn zentralen Themenkreisen - darunter zur Priesterbildung, Zölibat und Beteiligung von Frauen in kirchlichen Ämtern -, die in Arbeitsgruppen einerseits Anfang des Jahres ausgegliedert wurden, andererseits aber mit ihren Zwischenständen auch in die synodalen Beratungen einfließen werden und zum Ende des ersten Synodentages in verschiedenen Statements und Video-Einspielungen auch schon pointiert vorgestellt wurden, gehören bereits zur Umsetzungsphase der XI. Generalversammlung der Bischofssynode. Von dieser Phase sagt der Sekretär der Synode Kardinal Mario Grech bereits jetzt zu Beginn, dass sie nicht in ein abstraktes Papier münden werde, sondern in eine neue Weise Kirche zu sein.

"Intensive Arbeit liegt vor uns. Auf diese Phase wird die Phase der Umsetzung und Implementierung dessen folgen, was im synodalen Prozess 2021-2024 gereift ist. Je mehr das Ergebnis in den Kirchen ankommt, desto mehr wird es nicht das Ergebnis unserer Bemühungen sein, sondern die Frucht eines folgsamen Hörens auf den Geist. Wie der heilige Thomas schreibt: „Actus credentis non terminatur ad enuntiabile, sed ad rem“ (S. Th., II/II, q. 1, art. 2, ad 2). Eine Maxime, die wir in eine kirchliche Dimension übersetzen können: Der Akt einer glaubenden Kirche - diese Versammlung - endet nicht mit einer theoretischen Verkündigung, einem endgültigen Dokument, sondern mit dem konkreten Leben der Kirche, einer Kirche, die das Evangelium lebt, die in der Kraft des Geistes gemeinsam auf die Verwirklichung des Reiches Gottes zugeht. In diesem Sinne: Gute Arbeit!.(Vaticannews 2.10.2024)