„Not lock us inside our little churchy world“ - oder: Wie in den Besinnungstagen und in der Bußvigil das Fundament für die morgen beginnende Weltsynode bereitet wurde
Wie bereits im Vorjahr führten Pater Timothy Radcliffe OP und Sr. Maria Grazia
Angelini OSB mit geistlichen Impulsen eingerahmt in Gebetszeiten des Stundengebets
und des persönlichen Gebets in die Themenstellung der Synode ein. Lag im
vergangenen Jahr der Fokus auf dem Einander Hören sind die Besinnungsimpulse
dieses Jahr der Frage gewidmet, wie es gelingt eine missionarische Kirche zu
sein (How to be a missionary synodal Church).
Vor allem die vier Beiträge von Pater Radcliffe zu vier Auferstehungsszenen aus dem Johannesevangelium „Die Suche im Dunkeln“, „Der verschlossene Raum“, „Der Fremde am Strand“ und „Frühstück mit dem Herrn“ erreichten eine Tiefe und atmeten doch auch eine Leichtigkeit, die eine Ahnung geben, „wie wir eine missionarische synodale Kirche in unserer gekreuzigten Welt sein können“. (Vaticannews vom 30.09.24)
Timothy Radcliffe bezog die Suche im Dunkeln auch auf die Erwartungen an die bevorstehende Synode:
"We too may even feel in the dark. Since the last Assembly, so many people, including participants in this Synod, have expressed their doubts as to whether anything is going to be achieved. Like Mary Magdalene, some say, ‘Why have they taken away our hope? We expected so much from the Synod, but perhaps there will be just more words."
"Auch wir mögen uns im Dunkeln tappend fühlen. Seit der letzten Vollversammlung haben viele Menschen, auch die Teilnehmer dieser Synode, ihre Zweifel daran geäußert, ob überhaupt etwas erreicht werden kann. Wie Maria Magdalena sagen einige: „Warum haben sie uns die Hoffnung genommen? Wir haben so viel von der Synode erwartet, aber vielleicht sind es nur mehr Worte." (Vaticannews vom 30.09.24 eigene Übersetzung)
"Die Suche nach dem Herrn im Dunkeln" brauche all diese Zeugen (die Skeptischen, Enttäuschten, sich ausgeschlossen Fühlenden, HD) sowie die Synode all die Arten braucht, in denen wir den Herrn lieben und suchen, so wie wir die Suchenden unserer Zeit brauchen, auch wenn sie unseren Glauben nicht teilen."
„Wenn wir den Fragen der anderen mit Respekt und ohne Angst zuhören, werden wir einen neuen Weg finden, im Geist zu leben. (…) Diese Synode wird ein Moment der Gnade sein, wenn wir uns gegenseitig mit Mitgefühl betrachten und Menschen sehen, die wie wir auf der Suche sind. (...) Wenn wir uns für die unendliche Sehnsucht des anderen öffnen, werden wir das Boot der Mission zu Wasser lassen.“
If we listen to each other’s questions with respect and without fear, we shall find a new way to live in the Spirit. (...) This synod will be a moment of grace if we look at each other with compassion, and see people who are like us, searching. (...) If we open ourselves to each other’s infinite yearning, we shall launch the boat of mission. (Vaticannews vom 30.09.24eigene Übersetzung)
Im Blick auf Vorjahr des 1. Teils der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode erinnert Timothy Radcliffe hinter dem gemeinsamen Sehnen und gemeinsamen Suchen und Ringen auch das Aufeinandertreffen der interkulturellen Besonderheiten und Unterschiede:
„Als ich letztes Jahr zur Synode kam, dachte ich, dass die große Herausforderung darin besteht, den giftigen Gegensatz zwischen Traditionalisten und Progressiven zu überwinden. Wie können wir diese Polarisierung heilen, die dem Katholizismus so fremd ist? Doch als ich zuhörte, schien es eine noch grundlegendere Herausforderung zu geben: Wie kann die Kirche all die verschiedenen Kulturen unserer Welt einbeziehen? Wie können wir das Netz mit seinen Fischen aus allen Kulturen der Welt einholen? Wie kann das Netz nicht zerrissen werden?“ (Vaticannews 1.10.24 eigene Übersetzung)
Ein neues Pfingsten
Radcliffs
Hoffnung ist es für die kommenden Synodenwochen, „die Grundlage unserer Mission in unserer
zerrissenen und geteilten Welt“ und „ein neues Pfingsten“ zu erleben, „bei dem
jede Kultur in ihrer eigenen Muttersprache spricht und verstanden wird.“:
„Zuallererst sollten wir erkennen, dass wir einander brauchen, wenn wir katholisch sein wollen. Die verschiedenen Kulturen, die auf dieser Vollversammlung versammelt sind, bieten einander Heilung an, stellen gegenseitig ihre Vorurteile in Frage und rufen sich gegenseitig zu einem tieferen Verständnis der Liebe auf.“ (…) Keiner kann das Ganze erfassen; die unzähligen Erkenntnisse bilden eine Art Mosaik, das ihre Komplementarität und Wechselbeziehung zeigt. Um ganz zu sein, braucht jeder den anderen. Der Mensch nähert sich der Einheit und Ganzheit seines Wesens nur in der Gegenseitigkeit aller großen Kulturleistungen.“ (Vaticannews 1.10.24 eigene Übersetzung)
Gegenseitiges
Vertrauen ist Grundlage für einen lebendigen Austausch, in denen Verletzungen
aushaltbar und auch die Bereitschaft vorhanden sind, eigene Fehler
einzugestehen und zu bekennen. Vertrauen und Glaubwürdigkeit brauchen das
gegenseitige Vertrauen und lassen auch die tiefe Einheit erlebbar werden,
die alle verbindet:
"This ist the foundation of our unity, gracious shared forgiveness."
„Dies ist die Grundlage unserer Einheit, die gemeinsame und gnadenhaft geteilte Vergebung.“(Vaticannews 1.10.24 eigene Übersetzung)
Von
seinem Redemanuskript abweichend zitierte Pater Radcliffe aus einem Beitrag zuvor
von Sr. Maria Grazia Angelini:
"Wie sagte Schwester Maria Grazia so schön heute Morgen: Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir heute Abend mit einem Bußgottesdienst beginnen. Denn das ist es, was uns miteinander verbindet."
"Sr. Maria Grazia said so beautiful this morning. That why is ist so right that we begin with service of repentence this evening. Because that ist what binds us together.
Bußvigil im Petersdom
Mit dieser Hinführung von Pater Timothy und Sr. Maria Grazia klang die abendliche Bußfeier, die von Papst Franziskus im Petersdom geleitet wurde, bereits während der Besinnungstage zuvor an. Die Vigil wurde eingeleitet durch Zeugnisse eines Missbrauchsopfers aus Südafrika, dann von einer Italienerin, die vom Leiden von Bootsflüchtlingen und Migranten, und von einer syrischen Ordensfrau, die von den Schrecken des Kriegs in ihrer Heimat berichteten. Die Zeugnisse leiteten über zum Höhepunkt des Ritus der Bußvigil mit den zuvor und seitdem auch an verschiedenen anderen Stellen in Zweifel gezogenen sieben Vergebungsbitten, die eigens und bewusst von Kardinälen der römischen Kurie sowie aus verschiedenen Ortskirchen weltweit vorgetragen wurden.
"Der Inder Oswald Gracias bat unter anderem um Vergebung dafür, dass Katholiken in der Vergangenheit oft das Leben missachtet und sich nicht um Frieden bemüht haben; der kanadische Jesuit Michael Czerny bat um Verfehlungen gegen die Schöpfung und drückte Scham für Kolonialismus aus, US-Kardinal Seán O’Malley brachte die Vergebungsbitte zu Gehör, die sich auf Missbrauch bezog. Der frühere Erzbischof von Boston leitet die päpstliche Kommission für Kinderschutz. (...)
Eine eigene Vergebungsbitte, die der irisch-amerikanische Kuriale Kevin Farrell vortrug, zielte unter anderem auf die Missachtung der Würde von Frauen. Der oberste Glaubenshüter im Vatikan, der Argentinier Víctor Fernández, bat unter anderem um Vergebung für Verfehlungen gegen die „Einheit des christlichen Glaubens und die echte Geschwisterlichkeit der ganzen Menschheit“. Der Spanier Cristóbal López Romero, der Erzbischof der marokkanischen Hauptstadt Rabat ist, verlas eine Vergebungsbitte für Verfehlungen und Unterlassungen den Armen gegenüber, und dem Wiener Erzbischof Christoph Schönborn kam es zu, in seinem Text die „Hindernisse für den Aufbau einer wahrhaft synodalen, gemeinsamen Kirche“ zu beklagen." (Vaticannews 1.10.2024)
Auf der Grundlage der Besinnungstage und des Bußgottesdienstes ist das Fundament für einen achtsamen, bewussten Beginn und hoffentlich auch für den weiteren Verlauf der Weltsynode gelegt. Für ein „neues Pfingsten“ kommt es auf die Präsenz aller an. „For today is the only day we have. Carpe Diem!“, wie Pater Radcliffe seine Besinnungsimpulse beendete und positiv auf den Synodenbeginn ausblickt:
"...not lock us inside our little churchy world. (...) God is revealed on mountain tops with unbounded horizons and outside the camp." (Vaticannews 1.10.24)
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