"Hitting the reset buttom" – oder: Die Rekonfiguration der Katholischen Kirche auf der XI. Generalversammlung der Bischofssynode und offene Fragen im Synodalen Prozess
(Myriam Wijlens im Pressebriefing am 23.10.24) |
""Hitting the reset buttom means that the system, with witch we work is reconfigured. The programms and files on the computer remain the the same, but they are reconfigured in such a way that the working conditions for the task, we really want to achieve, is optimized. With the current synod on synodality Pope Francis invited the church to enter on the guidance of the Holy Spirit into a process of reconfiguation of the acting subjects within the church to optimize the missionary task."(eigene Übertragung Pressekonferenz 23.10.24)
"Den Reset-Knopf zu drücken bedeutet, dass das System, mit dem wir arbeiten, neu konfiguriert wird. Die Programme und Dateien auf dem Computer bleiben die gleichen, aber sie werden so neu konfiguriert, dass die Arbeitsbedingungen für die Aufgabe, die wir wirklich erreichen wollen, optimiert werden. Mit der aktuellen Synode zur Synodalität hat Papst Franziskus die Kirche eingeladen, unter der Führung des Heiligen Geistes in einen Prozess der Neukonfiguration der handelnden Subjekte innerhalb der Kirche einzutreten, um den missionarischen Auftrag zu optimieren." (eigene Übersetzung)
Mit
diesen Worten führte die in Erfurt lehrende Kirchenrechtlerin Prof. Dr. Myriam
Wijlens – in von ihr seit dem Jahr 2016 gegenüber australischen Bischöfen verwendeten Begrifflichkeiten – im Pressebriefing vom 23.10.24 in die Bedeutung der
anstehenden Beschlussfassung des Ergebnisdokuments ein, das nach Angaben im
Pressebriefing vom vorausgegangenen Montag „für seine Ausgewogenheit, seinen Tiefgang und seine Dichte“ im Synodenplenum mit Beifall bedacht worden sei. Dass hinsichtlich konkreter
Themen, die unter den Nägeln brennen – wie etwa die Fragen rund um die Einbeziehung
von Frauen in Leitungsaufgaben und –ämtern – keine konkreten Ergebnisse zu verzeichnen
sein werden, im Gegenteil sogar vermehrt enttäuschende Erfahrungen
innerhalb der vergangenen vier Synodenwochen gemacht wurden, gehört zur
Hypothek dieser Synode. Aber – mit den Worten von Myriam Wijlens gesagt – vielleicht ist das neu konfigurierte "Betriebssystem" der Kirche der Schlüssel dafür, in naher Zukunft mit kulturell brennenden
Themen anders umgehen zu können als bisher.
Anzeichen
dafür sind bereits im Synodenverlauf angeklungen: Wie Erzbischof Stephen Ameyu Martin Mulla, Juba/Sudan die große
seelsorgliche Herausforderung der in Afrika verbreiteten polygamen Lebensformen
in den Kontext ähnlich drängender Herausforderungen in anderen Teilkirchen der
Welt stellte, hatte Kardinal Obongo bereits im vergangenen Jahr hinsichtlich
des pastoralen Umgangs mit LSBTIQ-Themen argumentiert: Dass eine praktizierte
Synodalität und ein pastoral-reflektierter Umgang auf der Ebene der Teilkirche
einen Lösungsweg darstellen könne, der auch die Einheit im Glauben auf der
Ebene der Weltkirche nicht infrage stellt. Kardinal Robert Francis Prevost, OSA unterstrich diesen
Gedanken einer dezentral verorteten Pastoral- und Lehrautorität am Mittwoch im Pressebriefing am Beispiel des in der Weltkirche sehr unterschiedlich
aufgenommenen Lehrschreibens Fiducia supplicans, das in einigen Teilen der
Welt begrüßt, in anderen aber scharf kritisiert wurde – je nach dem
unterschiedlich kulturellem Umgang mit LGBTIQ-Personen in der jeweiligen
Kultur.
Dass
es in einer Teilkirche grundsätzlich auch das Recht gebe, Vorgaben nicht
umzusetzen, ja zurückzuweisen, unterstrich Myriam Wijlens im selben Pressebriefing mit der alten Rechtsnorm des „Ius remonstrandi“, die ebendies
ausdrücke. Im Sinne der Rekonfiguration der bisherigen Strukturen wären nun die
nationalen Bischofskonferenzen die Orte, Lehrautorität für bestimmte in ihrem
jeweiligen kulturellen Kontext wahrzunehmen, wie Kardinal Prevost die
Veränderungen auf Zukunft hin beschrieb. Und dass – nach meiner Prognose unter derselben Ziffer des Abschlussdokuments – sowohl der Umgang mit Polygamie
wie der LGBTIQ-Thematik angesprochen und in der Verantwortung auf die
Handlungsebene der Ortskirche verlagert wird, verändert, ja löst die Blockaden,
mit der diese Themen vorab auf weltkirchlicher Ebene entschieden,
zurückgewiesen oder aber auf die lange Bank geschoben wurden. Diese über die Jahrzehnte aufgelaufenen „Hypotheken“ könnten nun schnell vor Ort angegangen, aufgelöst werden –
nachhaltiger, als es ein allgemeiner, weltkirchlicher Entschluss, der immer wieder gefordert wurde, je sein könnte.
Auch das Thema des Einbezugs von Frauen in Leitungsaufgaben und –ämter wird im Abschlussdokument einen ähnlichen Tenor haben, nachdem es nach der ersten Lesung des Abschlusstextentwurfs sehr enttäuschte Rückmeldungen von Frauen gab. Aber jenseits aller Textoptimierungen – immerhin wurden 951 kollektive Änderungsmodi in den Sprachgruppen eingebracht und ca. 100 individuelle – werden bei diesem Themenkomplex die Enttäuschungen dennoch größer bleiben als alle guten Worte, die hierzu vielleicht noch gefunden werden. Das liegt einerseits daran, dass zu Synodenbeginn alle Erwartungen hinsichtlich eines möglichen Diakonats der Frau zunächst desillusioniert und in einem nachgeschobenen, aber völlig missglückten Austauschformat während der Synode zusätzlich frustriert wurden. Der gerade für den heutigen Tag anberaumte weitere Austauschtermin mit Kardinal Fernández, könnte vielleicht – im Nachhinein – noch Wirkung entfalten. Aber nichtsdestotrotz ist als Rückschritt festzuhalten, dass die zu Synodenbeginn als unwahrscheinlich eingeschätzte Möglichkeit der Einführung eines Frauendiakonats in der Erklärung von Kardinal Fernández zur Arbeit der AG 5 Anfang dieser Woche schon gar nicht mehr als Tractandum der AG 5 bezeichnet, sondern nurmehr auf eine weitere seit dem Jahr 2016 arbeitende Kommission unter der Leitung von Erzbischof Kardinal Guiseppe Petrocchi verwiesen wird. Aber vielleicht – und hoffentlich – hat der Austauschtermin heute mit Kardinal Fernandez hierbei noch etwas verändern können.
Dass
selbst die afrikanische Kirche, die ihrerseits selbst den Diakonat für Männer
bislang nicht kennt, in der Person des Vorsitzenden der afrikanischen Bischofskonferenzen (SECAM) Kardinal Fridolin Ambongo Besungu OFM Cap auf den synodalen Weg der Kirche verweisend zwei
Begründungsweisen für den Diakonat der Frau vorschlägt – einerseits im Sinne der
ersten Stufe des dreistufigen Ordo und andererseits mit einer originären
diakonischen Begründung im Sinne eines eigenständigen Amts – mag als
beispielhaft dafür gelten, offener und transparenter über das Thema zu
sprechen, als die Kommission bislang ohne jedwelche Veröffentlichung gearbeitet hat. Und
hierzu gehört auch das Wahrnehmen der Berufungen von Frauen zu diesem Dienst
und ihrer Zeugnisse, die Sr. Mary Teresa Barron OLA am deutlichsten in den Pressebriefings ausdrückte, aber auch
Kardinal Leonardo Ulrich Steiner OFM als in Amazonien schon vor Ort gelebt in einer
Pressekonferenzen einbrachte.
Für mich persönlich kommt mit der nahenden Abstimmung des Abschlussdokuments der Synode zur Synodalität im Sinne des „Resets“ auch das Ende dieses seit zehn Jahren zur Synodaliät handelnden Blogs nahe an sein Ende. Denn wenn mich nicht alles täuscht, sind die Strukturen der Synodalität im Grundsatz so ins Wort gebracht und nach der Annahme von Papst Franziskus Teil des ordentlichen Lehramts, dass sie jetzt nach und nach umgesetzt werden. Ein nachsynodales Schreiben des Papstes über das Abschlussdokument hinaus erwarte ich nicht (und es wäre beinahe selbstwidersprüchlich), wohl aber kirchenrechtliche Änderungen und diesbezügliche päpstliche Anordnungen im Sinne des im Abschlussdokument vereinbarten „Resets“ bezogen auf die betreffenden Traktanden in den nächsten Wochen und Monaten.
Kurz vor dem
Ende dieser Blog-Berichterstattung freue ich mich am morgigen 25.10.24 in einem Live-Event in einem Rückblick – i.e.S. auf die vier Synodenwochen, aber auch
auf den gesamten synodalen Prozess – mit Dr. Jutta Mader-Schömer als
Vorsitzender des Netzwerk Frauendiakonat zurückzublicken, die in der vergangenen
Woche noch Synodale und Bischöfe im internationalen Netzwerk beeindruckte und berührte, über das für die Kirche in Deutschland obenauf liegende Thema des
Frauendiakonats. Mit ihr möchte ich ins Gespräch kommen und darüber auch an
einem konkreten Zukunftsthema für die Kirche in Deutschland noch einmal weiter
nach vorne ausblicken.
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