„Vielleicht werden wir in 10 Jahren sagen: Wir waren dabei!“ oder: Zur Inkraftsetzung der „Synodalität, welche der Weg ist, den Christus sich von seiner Kirche im 3. Jahrtausend erwartet.“
(Abschlussbild mit allen Synodenmüttern und -vätern am 26.10.24) |
Mit
einem Gottesdienst im Petersdom ist heute die XVI. Generalversammlung der Bischofssynode
zum Thema der Synodalität zu Ende gegangen. Als ein Austauschgremium zwischen
den Bischöfen und dem Papst mit dem Motu proprio Apostolica sollicitudo („Mit apostolischer Sorge“) von Papst Paul
VI. am 15. September 1965 eingerichtet ist die Bischofssynode Ausdruck der auf
dem II. Vatikanischen Konzil beschlossenen Kollegialität der Bischöfe und der
Einheit mit dem Bischof von Rom. Sie berät den Papst zu zentralen Themenstellung
der Kirche – im Pontifikat von Papst Franziskus zu den Themen Familie
(2014/15), Jugend (2018) – in einer außerordentlichen Bischofssynode zu Themen
Amazoniens (2019) – und jetzt eben zur Synodalität (2021-2024).
Das
Thema der Synodalität – in diesem Blog seit dem 17. Oktober 2015 der
Fokus-Begriff beinahe aller Beiträge – ist mit der an diesem Sonntag zu Ende
gegangenen Bischofssynode in eine neue Phase eingetreten. War das Anliegen der „heilsamen
Dezentralisierung“ bereits seit dem Festakt zu „50 Jahre Bischofssynode“ am 17. Oktober 2015 gewissermaßen ausgerufen, dass
Synodalität für Papst Franziskus „der Weg ist, den Christus sich für seine
Kirche im 3. Jahrtausend erwartet“ und die benannte „heilsame Dezentralisierung“ schon aus dem programmatischen Lehrschreiben Evangelii gaudium (EG 16) aus dem ersten Jahr seines Pontifikats oft zitiert, dauerte es bis zur lange
erwarteten und erst am 19. März 2022 veröffentlichten Kurienreform Praedicate
Evangelium, die römische Kurie mit all ihren Behörden umzubauen, neu zu ordnen und programmatisch auf die Unterstützung des Sekretariats der Bischofssynode und
der Teil- und Ortskirchen auszurichten.
Um aber die gesamte Weltkirche auf den Weg der Synodalität einzustimmen, bedurfte es einer über drei Jahre angelegten Bischofssynode mit Befragungen auf nationaler und Treffen auf kontinentaler Ebene und zweier Weltsynoden im vergangenen und diesem Jahr in Rom. Das von den teilnehmenden Synodalen – und den seit dem letzten Jahr mit ein 25%-Quorum mit Stimmrecht einbezogenen Laiinnen und Laien – beratene und mit großer Einmütigkeit befürwortete Abschlussdokument wurde von Papst Franziskus entsprechend der im Jahr 2018 neugefassten Synodenordnung Episcopalis communio angenommen und in der Weise seiner Approbation – nach EC Art 18 § 1 – nicht nur zur Veröffentlichung und Umsetzung freigegeben, sondern darin zugleich – wie gestern hervorgehoben – zu einem Teil seines ordentlichen Lehramts.
Im Grunde ist mit dem Ausgang dieser Weltsynode Synodalität "auf Dauer" gestellt worden, in der im Sinne der angesprochenen Rekonfiguration der Katholischen Kirche alle Handlungs- und Verantwortungsebenen in der Kirche eine neue Aufgabe erhalten. Das Papsttum ist ausgerichtet auf sein Amt der Wahrung der Einheit, die Kurie in der schon angesprochenen Aufsichts- und Service-Funktion im Sinne der Synodalität bestätigt, kontinentale Versammlungen angeregt, aber nun vor allem auch die Bischofskonferenzen auf nationaler Ebene in neuer Weise aufgefordert, ihre Aufgaben im Sinne der heilsamen Dezentralisierung mit einer neu umrissenen Lehrautorität auszuüben und dafür Sorge zu tragen, dass Synodalität das Leben der Kirche – angefangen in den Gemeinden und übergeordneten pastoralen Bereichen und Diözesen – insgesamt prägt.
Dass
das in Kraft gesetzte Abschlussdokument der Weltbischofssynode nun ebenso sehr
das Engagement vor Ort und der Rezeption bedarf wie einer Nacharbeit und
Inkraftsetzung der kirchenrechtlichen Konsequenzen im Codex Iuris Canonici (der
mit allen seinen nunmehr anstehenden Änderungen sicher auch nach der letzten
großen Revision von 1983 und dessen Vorgängerversion von 1917 neu herausgegeben
werden muss) ist ebenfalls eine Folge der spontanen Inkraftsetzung des
Abschlussdokuments am gestrigen Abend. Aber ab jetzt heißt es vor Ort im Verantwortungsbereich
der Ortsbischöfe und nationalen Bischofskonferenzen selbst verantwortlich über
Themen zu beraten und zu entscheiden, von denen vormals – wie etwa im Rahmen vieler
Handlungstexte des Synodalen Wegs – viele an Rom adressiert wurden. Aus dem Bereich
der auf der Weltsynode diskutierten Themen wird man hier die Fragen der
LGBTIQ-Pastoral wie der Polygamie der nationalen oder kontinentalen
Handlungsebene zuordnen können.
Umgekehrt werden römische Behörden (die seit der erwähnten Kurienreform allesamt in Dikasterien umbenannt wurden) auch weiter ihre Verantwortung bei Themen des Glaubens, der Moral und der sakramentalen Disziplin wahrnehmen – wie auch das Amt des Papstes als „Garant der Synodalität“ (nr. 130), als „Garant der Einheit in der Verschiedenheit“ (nr. 132) in neuer Weise hervorgehoben und bestätigt wird. Das Inkraftsetzen des synodal Beratenen gehört darin entsprechend Episcopalis communio zu seinen geborenen Aufgaben (nr. 131). Meine Blog-Berichterstattung neigt sich mit diesem gestern vollzogenen „Ruck“ der Rekonfiguration der Katholischen Kirche dem Ende zu, da alle weiteren kirchenrechtlichen Umsetzungen – auch wenn sie dauern – und die Aufnahme der zugewachsenen synodalen Verantwortung vor Ort auch noch ihre Zeit brauchen. Bis hin zur Frage des Frauendiakonats – das auf weltkirchlicher Ebene weiter beraten wird und dank der eingebrachten Änderungsmodi Anfang der Woche ausdrücklich als weiter "offen" hervorgehoben wird (nr. 60) – sind viele weitere Themen ableitbar und vor Ort lösbar, selbst wenn dies seinerseits synodale Kärrnerarbeit bedeuten wird.
„Vielleicht, wenn wir uns in zehn Jahren wieder treffen, können wir sagen: Wir waren dabei!“, sagte Kardinal Reinhard Marx vor ziemlich genau 10 Jahren auf die Bedeutung des von Papst Franziskus angestoßenen synodalen Prozesses im Verhältnis zum II. Vatikanischen Konzil angesprochen. Ich persönlich – von Anfang meiner Synoden-Beobachtung
seit dem Oktober 2014 getriggert vom "Geist der Synodalität" – bin dankbar über zehn Jahre die Entwicklungen erlebt zu haben. Für mich als Theologe war es die spannendste Zeit seit Ende des II.
Vatikanischen Konzils, wie es im Vorwort des 1. Teils des Synodentagebuchs "Synodalität und Kirchenreform" heißt und auch im jetzt zu erstellenden 2. Teil noch einmal heißen wird. Und ebenfalls
wird darin noch einmal der in diesem Blog meistzitierte Satz aus der Festansprache von Papst
Franziskus aufgenommen sein, dass „Synodalität der Weg ist, den Gott von seiner Kirche im 3. Jahrtausend erwartet.“
„Vielleicht werden wir in 10 Jahren sagen: Wir waren dabei!“, werden wir dann vielleicht auch rückblickend auf den 26. Oktober 2024 sagen. In dieser festen Erwartung sage ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs über die vergangenen 10 Jahre von Herzen 'Dank' für das Interesse!
Holger
Dörnemann
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