Dass mir nachgesagt würde, dass ich schon wüsste, wie die Familiensynode ausgeht, hörte ich gestern mit einem Augenzwinkern nach einem Interview für das Kölner Domradio. Für zwei Aspekte stimmt das auch, die aber weder eine Spekulation darstellen noch den Verlauf der Bischofssynode in irgendeiner Weise vorwegnehmen.
(Bild: © Andrea Göppel)
Sicher kann man schon jetzt sagen, dass die Atmosphäre des Gesprächs in Freiheit, des offenen Austauschs und auch Ringens, die den ganzen Vorlauf seit der Einberufung der III. Außerordentlichen Bischofssynode gekennzeichnet hat, nicht nur den Verlauf der nächsten zwei Wochen und jedes einzelnen Tagesberichtes der Synode prägen, sondern auch im Schlussdokument enthalten sein wird. Und ebenso sicher kann man sagen, dass die Offenheit vieler Einzelfragen dazu führen wird, „dass die Teilnehmer am Ende der Tagung manche ‚Hausaufgabe‘ in ihre Teilkirchen und Gemeinschaften mitnehmen“ werden, wie es mein Münchener Kollege Stephan Haering ins Wort brachte. Daraus wird in den kommenden Monaten eine Fortsetzung der synodalen Diskussion außerhalb der Synodenaula entstehen, die schon im Arbeitspapier 'Instrumentum laboris' der Synode ausdrücklich angesprochen ist; schon deshalb, weil die bevorstehende Synode ja erst und vor allem die XIV. Ordentliche Bischofssynode im nächsten Jahr vorbereiten soll. Denn Papst Franziskus will eine Kirche mit ‚offenen Herzen‘ wie er in seinem ersten Lehrschreiben Evangelii gaudium jedem Christen in Erinnerung gerufen hat:
„Eine Kirche ‚im Aufbruch‘ ist eine Kirche mit offenen Türen. Zu den anderen hinzugehen, um an die menschlichen Randgebiete zu gelangen, bedeutet nicht, richtungs- und sinnlos auf die Welt zuzulaufen. Oftmals ist es besser, den Schritt zu verlangsamen, die Ängstlichkeit abzulegen, um dem anderen in die Augen zu sehen und zuzuhören, oder auf die Dringlichkeiten zu verzichten, um den zu begleiten, der am Straßenrand geblieben ist. Manchmal ist sie wie der Vater des verlorenen Sohns, der die Türen offen lässt, damit der Sohn, wenn er zurückkommt, ohne Schwierigkeiten eintreten kann.“ (EG 46)
Diese Offenheit zu leben, bedeutet eine große Herausforderung, in der letztlich alle gefordert sind, sich einzubringen und für das einzustehen, was jede/n Einzelne/n als Christ/in leben lässt. Die Synode wird uns den Ball zurückspielen, den wir in Rom getreten glauben. Soviel ist ebenso sicher – und Schöneres kann man sich auch gar nicht wünschen –, als dass die Kirche – wenn sie mutig voranschreitet – nur als Ganze in allen ihren Teilen und Ortskirchen voranschreiten wird.
Was man noch nicht sagen kann und
um was es ja inhaltlich im Eigentlichen geht, ist, woraufhin eine
Weiterentwicklung der offen diskutierten Themen zielen wird. Aber
auch daraufhin ist eines sicher. Es wird keine Veränderung in der
Lehre der Kirche möglich sein, die nicht zugleich eine Vertiefung
derselben Lehre bedeutet, mit der sie das Leben und den Glauben aller
berührt. Hier hat die Umfrage weltweit im Zuge der Vorbereitung der Synode ja ergeben, dass eine "starke Differenz zwischen kirchlicher Lehre und dem Leben der Katholiken" entstanden ist. Und so ist es auch zu verstehen, was direkt wie als Wasserzeichen im
Vorwort des Arbeitspapier ‚Instrumentum Laboris‘ in den
Worten der Offenbarungskonstitution des 2. Vatikanischen Konzils zum
Ausdruck gebracht ist: dass die „apostolische Überlieferung in der Kirche unter dem Beistand des Heiligen Geistes einen Fortschritt kennt" (DV 8).
Was ich selber in diesem Zusammenhang –
als Berater der Kommission Ehe und Familie der Deutschen
Bischofskonferenz – bereits im November 2012 erstmals vorgetragen
habe, findet sich in einem heute veröffentlichten Interview der
Kölner Kirchenzeitung unter dem Titel "Zeichen und Wunder werden geschehen" kurz gefasst und ausführlicher in einem ebenfalls aus
Anlass der Bischofssynode herausgekommenen kleinen Büchlein 'Ehe und Familie. Lernorte des Glaubens' ausgeführt.
Nun heißt es
aber die Aufmerksamkeit auf den derzeitigen Ort des Geschehens in Rom
zu richten und – um im Bild der Fußballsprache zu bleiben –
genau zu verfolgen, wie dort gespielt und mit welchem Effet welcher
Ball und wohin zurück in unser Spielfeld zurückgespielt wird. Denn:
Unser Glaube ist kein mediales Fußballspiel, das irgendwo
entschieden wird, bei dem wir unbeteiligt blieben und als 'Spielergebnis' einfach nur zu übernehmen hätten, sondern ein Geschehen,
das uns aktiv mit einbeziehen wird. Die darauf nötige 'Fitness', die
Freiheit, ist zu trainieren, das Sprechen zu lernen, der Glauben immer wieder neu zu
leben. Vorbereitet sein müssen wir schon jetzt. Um mit Papst
Franziskus aus demselben oben zitierten Lehrschreiben Evangelii gaudium zu schließen,
was auch und gerade auf den Beginn der Synode in Rom passt:
„Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist, der Mittelpunkt zu sein und schließlich in einer Anhäufung von fixen Ideen und Streitigkeiten verstrickt ist. Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben, ohne eine Glaubensgemeinschaft, die sie aufnimmt, ohne einen Horizont von Sinn und Leben. Ich hoffe, dass mehr als die Frucht, einen Fehler zu machen, unser Beweggrund die Furcht sei, uns einzuschließen in die Strukturen, die uns einen falschen Schutz geben, in die Normen, die uns in unnachsichtige Richter verwandeln, in die Gewohnheiten, in denen wir uns ruhig fühlen, während draußen eine hungrige Menschenmenge wartet und Jesus uns pausenlos wiederholt: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Mk 6,37)." (EG 49)