"Wir brauchen einen wertschätzenden Umgang mit Situationen, die nicht der vollen Realität der sakramentalen christlichen Ehe entsprechen", sagte der Kardinal Schönborn der Wiener Zeitung bereits am 29.9.2014 – und ebenso, dass er diesen Gedanken in seinem Redebeitrag bei der Synode hervorheben und im Zusammenhang des Umgangs mit Situationen des Scheiterns thematisieren werde.
Auch ohne mich auf den Blog zur Familiensynode vorzubereiten, hätte ich diese Nachricht des Wiener Kardinals wahrscheinlich aufgemerkt, schon weil er mich während meiner theologischen Freisemester in Fribourg als damaliger Professor für Dogmatik in seinem weißen Dominikanerhabit auf eben die Fragestellung hingewiesen hat, die seiner Meinung nach im Mittelpunkt der Summa Theologiae des Thomas von Aquin steht und mein Leben seitdem geprägt hat: der Freundschaftsgedanke.
Er
gehört dem die Familiensynode vorbereitenden Synodenrat an, hat als
Redaktionssekretär an dem im Jahr 1993 erschienenen Weltkatechismus
mitgewirkt und kennzeichnete seine Devise in Hinblick auf diese
Bischofssynode mit den Worten „Hinschauen“ und durch „ein
bisher in dieser Form nicht übliches „Hinhorchen“. (Wiener Zeitung vom am 29.9.2014).
Kardinal Schönborn war es auch heute in einem Interview gegenüber
Radio Vatikan, der nach seinen bis dato zwei Redebeiträgen auf der
Synode das 'Prinzip der Gradualität' ausführte und dabei auch ein
Stück weit mehr Einblick in das Denken von Papst Franziskus gab:
„Papst Franziskus hat uns erst bei dem Besuch der österreichischen Bischöfe im Jänner im Gespräch gefragt: ‚Wie ist das bei euch, ist das ähnlich wie in Argentinien, dass viele junge Menschen zuerst einmal zusammenleben?‘ [...] „Der Papst hat uns gesagt, dass wir diese Menschen begleiten müssen, Schritt für Schritt in diese Gradualität, damit sie entdecken, was die volle Gestalt des Sakramentes ist. Was die Ehe im Plan Gottes ist. Natürlich gibt es, Gott sei Dank, mehr und mehr junge Leute, die diesen Weg bereits in frühen Jahren durch den Glauben, vielleicht auch durch das Vorbild ihrer eigenen Familien entdecken, und ihn mit ganzem Herzen und mit ganzer Bereitschaft gehen. Viele andere lernen das erst allmählich kennen. Wichtig ist, dass wir sie begleiten - und das meint, so glaube ich, die Rede von der Gradualität, nicht des Gebotes Gottes, sondern der Erfüllung des Gebotes Gottes.“ (Artikel von Radio Vatikan vom 8.10.2014)
Die
'Kunst der Begleitung' war dann auch die Redewendung, die einer der
drei Synodenpräsidenten, der Erzbischof von Aparecida in Brasilien,
Kardinal Raymundo Assis zu Beginn der nachmittäglichen Beratung
über die 'pastoral schwierigen Situationen' ins Wort brachte und
sich dabei auf Papst Franziskus und sein Lehrschreiben „Evangelii gaudium“ bezog:
„Die Kirche wird ihre Glieder – Priester, Ordensleute und Laien – in diese „Kunst der Begleitung” einführen müssen, damit alle stets lernen, vor dem heiligen Boden des anderen sich die Sandalen von den Füßen zu streifen (vgl. Ex 3,5). Wir müssen unserem Wandel den heilsamen Rhythmus der Zuwendung geben, mit einem achtungsvollen Blick voll des Mitleids, der aber zugleich heilt, befreit und zum Reifen im christlichen Leben ermuntert.“ (EG 169)Dass darin nicht nur ein westeuropäisches Thema berührt ist, brachte Kardinal Assis ins Wort, als er auf die wiederverheiratet Geschiedenen zu sprechen kam. Diese erleben „ihre Erfahrungen als tiefe Wunde in ihrem eigenen Menschsein, in ihrer Beziehung zu anderen und zu Gott“. Ein südafrikanisches Ehepaar wies außerdem auf folgende Situation hin: Durch den Ausschluss von den Sakramenten fühlen sie sich wegen ihrer vergangenen Beziehungen oder Fehler ständig neu für schuldig erklärt. (Vgl. press.vatican.va und dt. Übertragung von Radio Vatikan vom 8.10.2014)
Dieser
Gedanke des 'Heilmittels der Barmherzigkeit', den Papst Franziskus
bezogen auf die Eucharistie schon in seinem Lehrschreiben
'Evangelii gaudium' angesprochen hatte, markierte dann - wie in
einem untergründigen roten Faden - auch seine Ansprache auf der Generalaudienz am heutigen
Mittwochmittag in Hinblick auf den zur Gemeinschaft führenden Weg und die Zielrichtung der
Ökumene:
“Liebe Freunde, lasst uns zur vollen Einheit voranschreiten! Die Geschichte hat uns getrennt, aber wir sind auf dem Weg in Richtung Wiedervereinigung und die Kommunion! Und das müssen wir verteidigen! Wir sind alle auf dem Weg zur Kommunion.” (priv. dt. Übertragung )
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