Sonntag, 27. Oktober 2019

"Tradition als Bewahrung der Zukunft, nicht als Behüten der Asche" – oder: "Die pastorale, ökologische, kulturelle und synodale Bekehrung" der Amazonassynode und ihre Bedeutung für den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland
(Screenshot von Vatican News vom 26.10.19:
Papst Franziskus bei der Abschlussansprache)
Im Live-Kommentar für Vatican News rekapituliert Claudia Kaminski zu Beginn der Abschlussmesse der Bischofssynode für das Amazonasgebiet die wesentlichen Ergebnisse dieser Sonderversammlung:
"Die Synode ist mit einem Aufruf der Teilnehmenden zu einer ganzheitlichen Umkehr in der katholischen Kirche zu Ende gegangen. Das veröffentlichte Schlussdokument spricht von vier Arten der Bekehrung: pastoral, ökologisch, kulturell und synodal. Angeregt wird auch die Weihe verheirateter Männer zu Priestern für entlegene Gemeinden sowie die Entwicklung eines amazonischen katholischen Ritus.“ (vgl. auch Vatican News vom 26.10.2019)
Wie diese vier Arten der Bekehrung innerlich zusammenhängen, wird im Synodendokument im 4. Kapitel des Abschlussdokumentes über die ökologische Umkehr deutlich:
"Unser Planet ist ein Geschenk Gottes“, beginnt dieses Kapitel (65) und lenkt den Blick auf dringend erforderliches Handeln angesichts einer „sozioökologischen Krise“ im noch nie dagewesenen Maßstab. Sich als katholische Kirche mit der unbegrenzten Ausbeutung des „gemeinsamen Hauses und seiner Bewohner“ auseinanderzusetzen, sei dringend, zur ganzheitlichen Ökologie gebe es keine Alternative, sie sei nicht irgendein zusätzlicher Weg, den die Kirche wählen könne, um die Zukunft dieses Gebiets zu sichern: „Sie ist der einzige mögliche Weg.“ (67) (Vatican News vom 26.10.19)

"Stirbt Amazonien, dann stirbt die Welt", hatte auch der renommierte deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber zu Beginn der abschließenden Synodenwoche die Teilnehmenden der Synode gemahnt, so dass eine Bekehrung auf allen Ebenen notwendig sei. Die Kirche habe für diese nötige Konversion – so Kardinal Schönborn in einem Interview – eine Botschaft:
"Um umkehren zu können, braucht es Verzicht; um verzichten zu können, braucht es Kraft und Motivation. Beides gibt das Evangelium." Das Evangelium zu leben, sei daher die Kraftquelle, die man brauche, um die nötige ökologische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Umkehr zu schaffen.“ (Kathpress.at vom 26.10.19)

Diesen Begründungszusammenhang hatte Papst Franziskus – sein programmatisches Lehrschreiben Evangelii gaudium (261) aus dem ersten Jahr seines Pontifikates zitierend – bereits in seiner Umweltenzyklika Laudato Si‘ im Jahr 2015 herausgestellt:
"Denn es wird nicht möglich sein, sich für große Dinge zu engagieren allein mit Lehren, ohne eine „Mystik“, die uns beseelt, ohne „innere Beweggründe, die das persönliche und gemeinschaftliche Handeln anspornen, motivieren, ermutigen und ihm Sinn verleihen“ (Enzyklika Laudato Si‘, 216)

Tradition als Bewahrung der Zukunft
Papst Franziskus warnt deshalb in seiner live gestreamten Abschlussansprache vor der Versuchung das synodal über drei Woche erarbeitete Abschlussdokument auf Teilaspekte zu reduzieren,
"...sich bei der Berichterstattung über das Synoden-Schlussdokument nicht „auf bestimmte disziplinarische Fragen zu versteifen“ – wohl eine Anspielung auf die Zölibatsfrage. „Kleine elitäre Gruppen“ innerhalb der katholischen Kirche würden wohl auch diesmal wieder versuchen, ihre Sicht der Dinge durchzusetzen, indem sie sich auf „Details“ stürzen und das „große Ganze“ aus dem Auge verlieren. […] Manche denken, die Tradition wäre ein Museum, etwas Altes. Ich sage hingegen gern: Die Tradition ist die Bewahrung der Zukunft, nicht das Behüten der Asche. Sie ist wie die Wurzeln, durch die der Saft den Baum wachsen lässt, damit er Frucht bringt.“ (Vatican News vom 26.10.19)
Die Synodale Erfahrung der Amazonassynode

Synodalität, das synodale Voranschreiten der Sonderversammlung für das Amazonasgebiet, ist Teil der Lösung einer lebendigen Weiterentwicklung der Tradition:
"Damit die Kirche wirklich miteinander voranschreitet, braucht sie heute eine Umkehr zur synodalen Erfahrung (88), hält die Synode fest. Dieses neue Miteinander brauche eine Kultur des Dialogs und des Zuhörens, der geistlichen Unterscheidung, des Konsens „um Räume und Modalitäten geteilter Entscheidung zu finden und auf die pastoralen Herausforderungen zu antworten“. So werde sich im Leben der Kirche eine geteilte Verantwortung „im Geist des Dienens“ herausbilden. Die Synode stellt diese Aufgabe als dringlich heraus, um „Klerikalismus und willkürliche Eingriffe“ zu überwinden." (Vatican News vom 26.10.2019)
'Viri probati' als Priester und Frauen als Diakoninnen?!
Jenseits einer Reduzierung auf Schlagzeilen zur Synode spürte ich dann doch eine innere Bewegung und Rührung, als ich bei der Vorbereitung des morgendlichen Frühstücks im Radio den Synodenvorschlag der Weihe von "viri probati" für die Seelsorge im Amazonasgebiet – obwohl das Synodendokument diesen Begriff als solchen vermeidet – zum Abschluss der Radio-Kurznachrichten im Westdeutschen Rundfunk hörte und diese Meldung später dann auch in den Nachrichtensendungen des Fernsehens wahrnahm. Die Begründung des mit einer Zweidrittelmehrheit angenommenen (bei 41 Gegenstimmen) Synodenvorschlages folgt im Absatz 111 der in diesem Blog bereits zitierten Begründung des Vorbereitungsdokumentes:
"Rechtmäßige Unterschiede schädigten die Einheit der Kirche nicht, sondern dienten ihr, wie auch die Vielfalt der existierenden Riten und Disziplinen bezeuge. Deshalb schlage man angesichts des Priestermangels und der sakramentalen Notlage in Amazonien vor, Kriterien zu erstellen, „um geeignete und von der Gemeinde anerkannte Männer, die ein fruchtbares Ständiges Diakonat innehaben, zu Priestern zu weihen“. Diese Priester mit bereits bestehender Familie könnten „in den entlegensten Regionen des Amazonas das Wort verkünden und die Sakramente feiern“. (Vatican News vom 26.10.19)
"Vorsichtiger gibt sich das Dokument mit dem Diakonat der Frau. Das Thema sei bei den Beratungen vor der Synode und der Synode selbst sehr präsent gewesen, heißt es ausdrücklich. Man bitte darum, die Erfahrungen aus Amazonien mit der Studienkommission teilen zu können, die im Auftrag von Papst Franziskus geprüft hatte, welche Aufgaben den Diakoninnen der Urkirche historisch zukamen und was das für die Zukunft heiße. „Wir erwarten ihre Ergebnisse“, heißt es in Punkt 103" (Vatican News vom 26.10.19), der mit 30 Gegenstimmen der zweitumstrittenste der Amazonassynode war. Umgekehrt stimmten nur 11 Synodale gegen den Vorschlag, Frauen als "Gemeindeleiterinnen" – Punkt 102 –  zuzulassen.

…und die Bedeutung für den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland
Diese Punkte  Gegenstandsbereich auch der Foren des Synodalen Weges in Deutschland , aber im Grunde das Gesamtverständnis einer synodalen Kirche, stehen auch bei dem Anfang Dezember in Deutschland beginnenden Synodalen Weg im Mittelpunkt der Beratungen. 
Wie offen die Bischofssynode in Rom mit einer transparenten Öffentlichkeitsarbeit über täglich live gestreamte Pressekonferenzen, die Veröffentlichung der Ergebnisse der Kleingruppenarbeit in den Sprachgruppen bis hin zur Präsentation der Abstimmungsergebnisse des Abschlussdokumentes – mit all diesen Themen auf weltkirchlicher Ebene ohne Scheuklappen, Denk- und Sprachverbote umgegangen worden ist, kann auch für die Kirche in Deutschland ein Beispiel und Vorbild sein.
Nicht beeindrucken lassen sollten sich auch die Teilnehmenden des Synodalen Weges in Deutschland von den jedes synodale Voranschreiten blockierenden und den Gesamtzusammenhang der vier zu Beginn dieses Beitrags genannten Dimensionen der Bekehrung aus dem Blick verlierenden "kleinen elitären Gruppen", die Papst Franziskus in seinen letzten Worten der Abschlussansprache  der Amazonassynode an ein Zitat von Charles Péguy erinnerten:
"Weil sie nicht den Mut haben, auf der Seite der Welt zu sein, glauben sie, auf der Seite Gottes zu stehen. Weil sie nicht den Mut haben, sich im menschlichen Leben zu engagieren, glauben sie für Gott zu kämpfen. Weil sie niemanden lieben, glauben sie Gott zu lieben.“ (Vatican News vom 26.10.19)



Mittwoch, 23. Oktober 2019

Auf der Zielgeraden der Amazonassynode - oder: über "die Lösung von Konflikten im Dialog aufmerksamem Hinhörens und geistlicher Unterscheidung"
Wie Kritik am Papst, der Umgang mit Konflikten und Synodalität miteinander zusammenhängen, sind die großen Fragen dieser Woche auf der Zielgeraden der Amazonassynode. Dass sich die Kritik in ultrakonservativen Kreisen am Papst selbst festmacht - wie schon im Blog-Beitrag vom 12.10.19 beschrieben -, lässt Kardinal Christoph Schönborn als langjährigen Synodenteilnehmer an Situationen eines früheren Papstes denken.
(Screenshot des Pressebriefings, Vatican Media vom 21.10.19)
"Die Kritik am heutigen Papst erinnere ihn in manchem an die streckenweise heftige Polemik gegen Papst Paul VI. (1963-1978). Auch jenem Papst hätten seinerzeit manche Kritiker vorgeworfen, dass er die Kirche zerstöre, während andere meinten, er gehe mit seinen Reformen nicht weit genug“. (katholisch.de vom 21.10.19)

Dass Papst Franziskus mit seinem Weg einer "Kirche im Aufbruch" (vgl. Blog-Beitrag vom 19.10.12) und eines fortgesetzten Aggiornamentos über einen von der gesamten Kirche mitgetragenen und mitgegangenen synodalen Weg allen auf diese Weise beteiligten Menschen aus der Seele spricht, indem er ihre Stimmen über Befragungen und Beteiligung (allein im Vorfeld der Amazonassynode und der Erstellung des Vorbereitungsdokuments waren 90.000 Menschen in über 200 Vorbereitungstreffen  in direkter Weise eingebunden) einholt und sie als Synodenteilnehmende in repräsentativer Weise einbezieht, unterstreicht, "dass er geliebt wird und dass viele hundert Millionen Menschen für ihn beten." (Ebd.)

Papst Franziskus selbst geht mit Kritik an seiner Person überraschend humorvoll um (wohingegen Papst Paul VI. nachgesagt wurde, dass er unter der Kritik gelitten haben soll), wenn er „Angriffe konservativer Kreise gegen seine Amtsführung sogar als "eine Ehre" bezeichnet“.

Umgekehrt gehören für ihn die Auseinandersetzung mit Differenzen und der Konflikt auch zum Zeichen echter Synodalität – gerade wenn es um das Angehen neuer Herausforderungen für die Kirche geht. In seiner heutigen Mittwochskatechese nimmt er darauf im Blick auf die Heidenmission der frühen Kirche Bezug:

"Denn die Apostel predigten zunächst nur den Juden, doch dann klopften die Heiden an die Tür der Kirche. Und diese Neuheit der offenen Türen für die Heiden führt zu einer sehr erregten Kontroverse.“ (Vatican News vom 23.10.19)

Und der Kommentar der Vaticannews-Redaktion trifft sicher den Nagel auf den Kopf, dass es „sicher nicht ganz ohne einen Seitenblick auf die heutigen Zustände [war], dass der Papst […] die damalige, in der Apostelgeschichte geschilderte Debatte referierte. Um das rechte Verhältnis der Befolgung des mosaischen Gesetzes und des Glaubens an Christus sei es gegangen. Um den Streit zu lösen, sei schließlich in Jerusalem ein Apostelkonzil zusammengetreten.“  (Ebd.)

"Da ging es um eine sehr heikle theologische, geistliche und disziplinarische Frage. Entscheidend waren die Reden von Petrus und Jakobus. Sie riefen dazu auf, den Heiden keine jüdische Beschneidung aufzuerlegen, sondern nur eine Zurückweisung des Götzendienstes mit seinen verschiedenen Ausprägungen. Aus der Diskussion ergibt sich der gemeinsame Weg. 

Ähnlich wünscht es sich der Papst wohl auch mit dem Synodalen in der Kirche. Im Vatikan tagt derzeit eine Bischofssynode zum Thema Amazonien; auch hier sind die Gemüter erhitzt, es geht im Kern um dasselbe wie damals in Jerusalem, nämlich wie weit sich der Christusglaube inkarnieren, auf lokale Gegebenheiten und Glaubensformen einlassen darf. (Ebd.)

Ein Dialog aus Hinhören und geistlicher Unterscheidung

"Die Versammlung von Jerusalem gibt uns wichtige Aufschlüsse über die Art und Weise, wie wir Divergenzen angehen und die Wahrheit in der Liebe (vgl. Epheser 4,15) suchen sollten. Sie erinnert uns daran, dass die kirchliche Methode für die Lösung von Konflikten auf  dem Dialog basiert – einem Dialog aus aufmerksamem Hinhören und auf geistlicher Unterscheidung im Licht des Heiligen Geistes. Das hilft uns, die Synodalität zu verstehen.

„Der Heilige Geist und wir haben beschlossen“: So beginnt der Text der Einigung, auf die sich die Streithähne von Jerusalem damals verständigt haben. „Das ist Synodalität: die Anwesenheit des Heiligen Geistes.“ (Ebd.)
Eben diese Kennzeichen echter Synodalität wurden auch in der heutigen Pressekonferenz von dem – ebenfalls wie Kardinal Schönborn Synodenerfahrenen - Kardinal Oswald Gracias, Erzbischof von Bombay, ähnlich wie schon im Rahmen der Jugendsynode des letzten Jahres und ebenfalls vom Leiter des Kommunikationsdirektors Paulo Ruffini mit Verweis auf das Procedere der Erstellung des Synodenabschlussdokumentes entsprechend der im Vorjahr neu erlassene Synodenordnung  'Episcopalis communio' hervorgehoben. Am Samstagnachmittag werden die maßgeblichen Änderungen der Kleingruppen-Eingaben und letzte Modi (nach der ersten Lesung am Vortag) berücksichtigende Abschlussdokument Absatz für Absatz abgestimmt und im besten Fall mit Zweidrittelmehrheit und schließlich auch von Papst Franziskus selbst angenommen.

Angesichts der Bedeutung der Themen angesichts des „Schreies des Volkes und der der Erde“ (IL 4, 44f) ist der katholischen Kirche unter der Führung des Heiligen Geistes nichts Besseres zu wünschen!

Samstag, 19. Oktober 2019

Für eine „Pastoral der Gegenwart“ und nicht „des Besuchs“ – oder: die Arbeitsergebnisse der zweiten Synodenwoche und die Erwartung eines Schlussdokumentes mit regionaler und universeller Bedeutung

(Screenshot Vatican Media vom 7.10.2019)
Am Donnerstagnachmittag dieser zweiten Synodenwoche wurden die Berichte der zwölf Circoli minori, die Arbeitsergebnisse der Sprachgruppen, mit konkret ausgearbeiteten Vorschlägen für das Schlussdokument vorgestellt. Sie werden gerade heute und morgen von den gewählten Mitgliedern des Redaktionskreises für eine erste Version des Schlussdokuments, das sogenannte „Draft document“, zusammengeführt, damit dieses zu Beginn der letzten Synodenwoche diskutiert und in den Sprachgruppen beraten wird und mit den Veränderungswünschen in das am 26. Oktober zur Abstimmung stehende Schlussdokument fließen kann.

Der deutsch-brasilianische Bischof Johannes Bahlmann berichtet aus seiner portugiesisch sprechenden Gruppe (Circolo Português “D”) von elf Amazonien bezogenen Themen, die diese D genannte Gruppe vertieft behandeln hat: "Ausbildung und Fortbildung der Laien, Weihe und Dienste in der Kirche und die Rolle der Frau in der Kirche, missionarische Ausbildung der Priester, Gewalt (Menschen-, Drogen- und Waffenhandel), verschiedene Kulturen Amazoniens, Völksfrömmigkeit, Ordensleben, Jugend, Migration und Urbanisierung, ganzheitliche Ökologie." (Vatican News vom 16.10.19) 

Eine Kirche der Gegenwart gegenüber einer Kirche des Besuchs -
Una Iglesia actual en vez de una Iglesia visitante

(Circolo English/Français)

Dass die Synodenteilnehmenden „viel von einer Pastoral der Gegenwart und nicht des Besuchs“ sprechen („…parlano molto di una pastorale di presenza e non solo di visita….“) nimmt Kardinal Schönborn, der ebenfalls zum Kreis der Redaktionsmitglieder gehört, in einem Interview wahr.

"Tenemos urgencia de profundizar lo que significa una IGLESIA MINISTERIAL y servidora en clave sinodal, pasando de una “pastoral de visita” a una “pastoral de presencia” y donde existe la corresponsabilidad y el compromiso de un proceso evangelizador, desde una conversión permanente (Pastoral, Ecológica y Sinodal)." (Circolo Español “D”)

"Wir spüren die Dringlichkeit tiefer zu ergründen, was eine DIENENDE KIRCHE und eine dienende synodale Verfasstheit bedeuten, die Entwicklung von einer "Pastoral des Besuchs" zu einer "Pastoral der Gegenwart" und wie es entsprechend einer permanenten Umkehr Mitverantwortung und gemeinsames Engagement in einem Prozess der Evangelisierung gibt." (pastoral, ökologisch und synodal). (Ebd.; eigene Übertragung)

"Die meisten Berichte, vor allem jener der spanischsprachigen und portugiesischsprachigen Zirkel, die auf eine Kirche „der Gegenwart“ und nicht „des Besuchs“ abzielten, befürworten den Vorstoß, dass verheirateten Männern, vorzugsweise Einheimischen, die von den Herkunftsgemeinschaften ausgewählt wurden, unter bestimmten Bedingungen das Priesteramt übertragen werden könnte." (Vatican News vom 18.10.19

Neue Zugangswege zu den Ämtern in der Kirche

Im Votum der ersten portugiesischen Gruppe wird von der „Notwendigkeit“ gesprochen, neue Zugangswege zu den Ämtern in der Kirche zu ermöglichen.
"Diante da necessidade de uma Igreja permanente para além da visita, entendemos que é necessário multiplicar nossa presença de Igreja na Amazônia, com novos ministérios." (Circolo Português “A”)

"Angesichts der Notwendigkeit einer immer anwesenden Kirche gegenüber einer Kirche des Besuchs treten wir dafür ein, dass es notwendig ist, unsere Präsenz der Kirche im Amazonasgebiet mit neuen Dienstämtern zu bereichern." (Ebd.; eigene Übertragung) 
Und neue Zugangsmöglichkeiten von Frauen zu Ämtern werden u.a. von der zweiten spanischen Arbeitsgruppe angeregt:

"Además, se reconoce que muchas funciones propias de este ministerio son realizadas por las mujeres en la Amazonía, siendo ellas quienes sostienen en tantos lugares la presencia permanente de la Iglesia y alimentan los procesos de la fe."  (Circolo Español "B")

"Darüber hinaus wird anerkannt, dass viele Funktionen dieses Dienstes von Frauen im Amazonas realisiert werden, da sie an so vielen Orten die ständige Präsenz der Kirche unterstützen und die Prozesse des Glaubens nähren." (Ebd.; eigene Übertragung)

Das Vorbereitungsdokument (Instrumentum laboris) hatte bereits in den Ziffern 126 c) und 129 a) - c) diese Handlungsempfehlungen hervorgehoben und dabei die Bedeutung der Feier der Eucharistie in den Mittelpunkt gestellt. „Die Kirche lebt von der Eucharistie“, und die Eucharistie baut die Kirche auf. [ Johannes Paul II., Ecclesia de Eucharistia (2003), Einleitung Nr.1., Titel von Kap II]. Daraufhin brauche es - so folgert das Vorbereitungsdokument - veränderte „Kriterien für die Auswahl und Vorbereitung der zur Zelebration autorisierten Amtsträger“.  (IL 126 c))

Eine  Kirche im Aufbruch und in einem Zustand permanenter Mission
(Circulus Portuguê
s "A")

Mit Papst Franziskus (vgl. Evangelii gaudium 20) sprechen die portugiesischen  Arbeitsgruppen "A", "C" und "D"  und die spanischen Sprachzirkel "C" und "D" von einer „Kirche im Aufbruch“ („Igreja em saída“; „Iglesia en salida“) und machen zugleich deutlich dass die Amazonassynode das bloße Amazonasgebiet übersteigt.

Este Sínodo es regional, pero también universal (Circolo English/Français)

Der von deutscher Seite als synodaler Berater teilnehmende P.  Michael Heinz SVD  hat heute in einem Kommentar bereits daran erinnert, dass Reformen meistens "von der Peripherie kommen und im Zentrum dann bestätigt werden" (Katholisch.de vom 19.10.19), wie es der französische Theologe Yves Congar schon in den 1950er-Jahren festgestellt hat. Bereits das "Draft Document" zu Beginn der dritten Synodenwoche wird es andeuten, ob und wie von der Amazonassynode Impulse für die Weltkirche ausgehen werden.

"Diese Synode ist regional, aber sie hat auch universelle Bedeutung“ (Ebd. eigene Übersetzung)

Samstag, 12. Oktober 2019

Über Höhe- und Tiefpunkte, "die innere Synode und die Synode außerhalb" und das Spüren einer "Aufbruchsstimmung": ein Rückblick auf die erste Woche der Amazonassynode
"Wir nähern uns mit christlichem Herzen und sehen die Realität des Amazonas mit den Augen eines Jüngers, um sie mit den Augen eines Jüngers zu verstehen und zu interpretieren… Und auch mit den Augen der Missionare, denn die Liebe, die der Heilige Geist in uns gelegt hat, treibt uns zur Verkündigung Jesu Christi auf; eine Verkündigung, wir alle wissen, dass sie nicht mit Proselytismus verwechselt werden sollte, aber wir nähern uns, die Amazonas-Realität mit diesem pastoralen Herzen, mit den Augen von Jüngern und Missionaren zu betrachten… Und wir nähern uns den Amazonasvölkern auf Zehenspitzen, respektieren ihre Geschichte, ihre Kulturen, ihren Lebensstil“. (Papst Franziskus in seiner Ansprache zur Eröffnung der Amazonassynode; eigene Übersetzung)
Mit der in diesen Worten ausgedrückten Haltung der Achtsamkeit und Hochachtung vor den Völkern des Amazonasgebietes eröffnete Papst Franziskus zu Wochenbeginn die Amazonassynode, deren Kernthemen im Anschluss – bezogen auf das Vorbereitungspapier der Synode (Instrumentum laboris) – von dem Generalrelator Kardinal Cláudio Hummes noch einmal zusammengefasst wurden: 
a) Die Kirche im Amazonas und ihre neuen Wege; b) Das Gesicht der Kirche Amazoniens: Inkulturation und Interkulturalität im missionarisch-kirchlichen Kontext; c) Die Dienstämter der Kirche im Amazonasgebiet: Priesteramt, Diakonat, weitere Dienste, die Rolle der Frauen; d) Das Handeln der Kirche bei der Pflege des gemeinsamen Hauses: Auf die Erde und die Armen hören; integrale ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Ökologie; e) Die Kirche Amazoniens in der städtischen Realität; f) das Thema Wasser. (Press.vatican.va vom 7.10.2019; eigene Übersetzung) 
Bis Mittwoch und am heutigen Samstag arbeitete die Synode mit jeweils 4-Minuten-Statements der Synodenteilnehmenden im Plenum der Generalversammlung und am Donnerstag und Freitag in Kleingruppen von zwölf Sprachzirkeln zur gemeinschaftlichen Vertiefung und Ausformulierung einzelner Punkte für das Abschlussdokument. Insgesamt gibt es fünf spanische, vier portugiesische, eine englisch-französisch gemischte und zwei italienische Kleingruppen, in denen die Kardinäle Christoph Schönborn und Reinhard Marx einbezogen sind. Anders als bei den drei vorausgegangenen Synoden wird nicht nach dem didaktischen Dreischritt „Sehen, Urteilen, Handeln“ (s. Stichwortverzeichnis) gearbeitet, sondern schon von Anfang an bezogen auf alle Themen des Vorbereitungsdokumentes. 

Wohltuend anders als bei vorausgegangenen Synoden – vor allem im Vergleich zu den Jahren 2014 und 2015, als der Eindruck „einer inneren Synode und einer Synode außerhalb“ und vielfältige Indiskretionen und Verdächtigungen den Synodenverlauf beeinträchtigten, so dass Papst Franziskus das Synodenplenum jetzt bat, den Synodenprozess „wie ein Baby“ zu pflegen –, sind die bisherigen Eindrücke des Synodenverlaufes harmonisch    und dies obwohl auch kontroverse Themen im Hinblick auf neue Zugänge zu Dienstämtern der Kirche, Liturgieformen und die Rolle der Frau diskutiert werden und bei den Pressekonferenzen Tag für Tag auch im Mittelpunkt stehen.
Umso erschreckender, wenn gegen den Synodenverlauf nun wirklich von ganz rechts außen gezündelt wird, indem einmal mehr das österreichische Internet-Nachrichtenmagazin kath.net den ebenfalls österreichstämmigen, in die Informationskommission der Amazonassynode gewählten, langjährigen Bischof von Xingu, Erwin Kräutler, – wider alle Wahrheit und den Wortlaut seines Statements auf der Pressekonferenz  – in populistischer Weise mit der Überschrift zitiert, dass er die indigenen Völker für „zu dumm“  halte, um den Zölibat zu verstehen, als er über die Herausforderung sprach, die zölibatäre Lebensform gegenüber Kulturen zu vermitteln, die diese Lebensform schlichtweg nicht kennen.

Und nicht minder erschreckend auch die zynische Polemik des ehemaligen Leiters der Glaubenskongregation Kardinal Gerhard Müller im Hinblick auf den ökologischen Fokus der Synode, wenn er Papst Franziskus direkt angreift und zu diskreditieren versucht mit der von einem anderen rechtskonservativen Internetmagazin gleich in der Überschrift verbreiteten Verächtlichmachung , dass es nicht seine Aufgabe als Nachfolger Petri sei, „sich um die Wasserqualität des Jordans oder die Vegetation in Galiläa zu kümmern.“

Und Müller schießt mit dieser beißenden Kritik nicht minder gegen die Enzyklika Laudato Si‘, obwohl sie noch zu Zeiten seiner Amtsführung in der Glaubenskongregation veröffentlicht wurde. Tatsächlich stellt Papst Franziskus  in seiner Schöpfungsenzyklika „Menschwerdung, Leben, Sterben und Auferstehung Jesu Christi in einen schöpfungstheologischen Gesamtentwurf“. (s. Blogbeitrag vom 19.8.2015) Ohne die typisch lateinisch-westliche Erlösungslehre mit ihrem Fokus auf der rechtlichen Bereinigung des Gott-Mensch-Verhältnisses und ihrer Frage, wie denn der Einzelne frei von Sünde und Schuld werde, hintanzustellen, orientiert sich das ebenso in der Theologiegeschichte verbürgte kosmologische Erlösungsverständnis der Enzyklika Laudato Si‘ „an dem in Schöpfung und Bibel gleichermaßen zu erkennenden Wirken Gottes, der Wahrnehmung und Wertschätzung alles Geschaffenen“ und der „Verantwortung für das gemeinsamen Haus“. (Ebd.)

Und ebendies ist der Ansatz, das Grundverständnis, der Amazonassynode, wie es Kardinal Hummes zu Synodenbeginn zum Ausdruck gebracht hat, und das die Synode in den nächsten Wochen und die Kirche wahrscheinlich darüber hinaus beschäftigen und prägen wird.
"Unsere Kirche ist sich bewusst, dass ihre religiöse Mission im Einklang mit ihrem Glauben an Jesus Christus unweigerlich die 'Pflege des gemeinsamen Hauses' einschließt." (Press.vatican.va vom 7.10.2019;  eigene Übersetzung)
"Alles ist miteinander verbunden" (LS 16, 91, 117, 138), zitiert Kardinal Cláudio Hummes aus Laudato Si‘, mit welchem Zitat aus der Schöpfungsenzyklika auch Kardinal Marx sein Statement – ebenfalls schon am Synodeneröffnungstag gesprochen– ausklingen ließ.

Dass der Heilige Geist die Synode leiten möge, ist der Wunsch, ist die Bitte zum Gebet und die damit einhergehende Aufforderung zur Parrhesia von Papst Franziskus an alle Synodenteilnehmenden. Das Interview der als Expertin teilnehmenden Misereor-Referentin für Brasilien, Regina Reinart, dass trotz des fehlenden Frauenstimmrechts derzeit „eine Aufbruchsstimmung […] ein Kairos-Moment, ein Moment der Entscheidung“ spürbar sei, stimmt zuversichtlich. 

Sonntag, 6. Oktober 2019

"Wider eine Pastoral der Aufrechterhaltung" – Zur Eröffnung der Amazonas-Bischofssynode und wie sie mit dem Synodalen Weg in Deutschland zusammenhängt
Mit der Eröffnungsmesse hat mit dem heutigen Sonntag die vom 6. bis 27. Oktober 2019 von Papst Franziskus in Rom einberufene Amazonassynode begonnen. Unter der Themenstellung „Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“ handelt es sich bei dieser Bischofsversammlung um eine sogenannte Spezialsynode für eine bestimmte Weltregion, wie es sie ähnlich bereits im Jahr 2010 für den Nahen Osten und 2009 für Afrika gab. 

Pfr. Werner Demmel, Leiter des Deutschen Pilgerzentrums in Rom, weist in seinem einführenden Kommentar des Live-Streams von Vatican Media zu Beginn der Eröffnungsmesse auf den Anlass der Synode hin: 
"Im Mittelpunkt dieser Beratungen steht die Lage der Menschen im Amazonasgebiet und auch die Herausforderungen für die katholische Kirche dort.“ 
Und er stellt dabei auch die Frage, warum die Aufmerksamkeit für diese Spezialsynode viel größer ist als bei bisherigen Spezialsynoden für andere Weltregionen:

„Was macht diese Synode für die europäischen Katholiken so wichtig?

Das Amazonasbecken weist das zweitgrößte Waldgebiet der Erde auf und spielt eine wichtige Rolle für das Klima des Planeten. Innerkirchlich könnten neue Wege der Seelsorge im Amazonasgebiet Modellcharakter für die schrumpfende Kirche in Europa haben. Der Vatikan betont aber, dass sich Lösungen aus Lateinamerika nicht ganz einfach auf Europa kopieren lassen. Die Synodenteilnehmer werden in diesen Wochen miteinander beraten und in der letzten Sitzungswoche ein Schlussdokument verabschieden, das dann dem Papst übergeben wird. Ihm steht es frei dieses Papier zu veröffentlichen.“ (Ebd.; eigene Übertragung)

Wie war die Vorgeschichte der Synode?

"Papst Franziskus hat die Amazoniensynode am 15. Oktober 2017 schon in Rom angekündigt, die Vorbereitung mit einem Besuch im peruanischen Puerto Maldonado am 19. Januar 2018 angestoßen. Am 8. Juni 2018  veröffentlichte das vatikanische Synodensekretariat ein Vorbereitungsdokument mit einem Fragenkatalog. Auf  Grundlage der Rückmeldungen, u.a. aus rund 260 lokalen und regionalen Vorbereitungstreffen, erstellte das Sekretariat das Arbeitspapier Instrumentum laboris, das dann am 17. Juni 2019 veröffentlichte wurde." (Ebd., eigene Übertragung) 

Wer nimmt an der Amazonassynode teil?

Synodenteilnehmende sind 286 Bischöfe, Sachverständige, Sondergesandte und Beobachter an der Amazonassynode, darunter 35 Frauen – nach der aktuellen Synodenordnung noch ohne Stimmrecht – und insgesamt 185 stimmberechtigte Synodenmitglieder. Von Amts wegen sind es zunächst die Ortsbischöfe der betreffenden Regionen:
"Amazonasbischöfe aus Bolivien, Brasilien, Ecuador, Peru, Kolumbien, Venezuela, Französisch-Guayana, Guayana und Suriname sowie die Spitzen von sieben Bischofskonferenzen, Vertreter der römischen Kurie und die Leitung des Panamazonien-Netzwerks REPAM (Red Eclesial PanAmazonica) sowie die Mitglieder des Vorbereitungsgremiums. Hinzu kommen 15 Ordensdelegierte und mehrere vom Papst direkt persönlich ernannte Teilnehmer.“ (Themenseite zur Amazonassynode der DBK.de)
Zusätzlich werden auch Beobachter verschiedener Glaubensgemeinschaften und Institutionen mit dabei sein sowie etwa 20 Indigene, die ihre Interessen bei der Synode vertreten werden.

Aus dem deutschsprachigen Raum nehmen Kurienkardinal Kurt Koch, Kardinal Reinhard Marx und Kardinal Christoph Schönborn sowie der emeritierte Amazonasbischof Erwin Kräutler, der wie Kardinal Schönborn ebenfalls aus Österreich stammt, teil; und als beratende Experten darüber hinaus P. Michael Heinz (Hauptgeschäftsführer der Bischöflichen Aktion Adveniat), Msgr. Pirmin Spiegel (Hauptgeschäftsführer des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor) und Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber (Gründungsdirektor des Instituts für Klimafolgenforschung, Potsdam). Eine wichtige Rolle als Moderator spielt der sogenannte Generalrelator in der Person des brasilianischen Kardinals Cláudio Hummes, der auch aus Deutschland stammt bzw. seine Vorfahren. 

Wie äußern sich Stimmen aus Deutschland zur Synode?
- oder: „Nichts wird mehr sein wie zuvor“
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"Danach ist nichts mehr wie zuvor", wenn der Amazonas-Gipfel vorüber sei, wird der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der auch seit 2010 für das kirchliche Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat tätig und Mitglied der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika (CAL) ist, aktuell in einem Interview des Spiegel  zitiert.

"Die Synode bedeutet eine Zäsur, weil deutlich wird, wie sehr ein riesiges Problem einer sehr großen Region unserer Erde ein Problem für alle Menschen und die ganze Welt werden kann. Wir wollen diese Herausforderungen annehmen und alles Menschenmögliche für eine Lösung tun. In diesem Sinn, so hoffe ich, ist danach nichts mehr wie zuvor.“ (Spiegel online vom 5.10.2019)

„Nichts wird mehr sein wie zuvor", sagte Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck bereits Anfang Mai 2019 vor Journalisten, als er die „Zäsur“, die diese Synode bedeuten könne, noch weitergehend einschätzte:
"Die hierarchische Struktur stehe genauso auf dem Prüfstand wie Sexualmoral, Priesterbild und die Rolle der Frau.“ (Katholisch.de vom 2.5.2019)
Laut Overbeck werde "die bevorstehende Amazonassynode ein einschneidendes Ereignis für die Kirche sein." (Ebd.) So sind die Erwartungen an die Synode bereits jetzt in mehrfacher Weise hochgeschraubt. Die Amazonassynode –  so heißt es in Kommentaren aus deutscher Sicht – „ächzt unter ihrer Erwartungslast“, zumal der Synodale Weg der Kirche in Deutschland mit seinen drei bzw. vier Foren eben die von Overbeck genannten Themen ja auch in den Blick genommen hat - deren thematische Fokussierung von einer Minderheit der deutschen Bischöfe auch kritisch gesehen wird. Zu erwarten ist auf jeden Fall, dass die Ergebnisse – und schon die Inhalte der Diskussion und die Art und Weise der Auseinandersetzung auf der Amazonassynode – einen maßgeblichen Einfluss auf den synodalen Prozess der deutschen Ortskirche nach seinem offiziellen Beginn Anfang Dezember haben werden.

Wider eine "Pastoral der Aufrechterhaltung"!

Papst Franziskus selbst zitiert in seiner Predigt zum heutigen neutestamentlichen Lesungstext des 27. Sonntags des Jahreskreises den Apostel Paulus (2 Tim 1,6-8.13-14), der wider eine pastorale „Verzagtheit“ daran erinnert,

"dass die Gnadengabe wiederentfacht werden muss. […] Wenn alles so bleibt, wie es ist, wenn unsere Tage von der Devise „Man hat es immer so gemacht“ bestimmt werden, entschwindet die Gabe, sie wird unter der Asche der Ängste und der Sorge erstickt, den Status quo zu verteidigen.“ (Ebd.)
Und er zitiert an dieser Stelle nicht von ungefähr seinen nicht im Verdacht der Traditionsvergessenheit stehenden Vorgänger Benedikt XVI., dass die Kirche
"sich keinesfalls auf eine Pastoral der 'Aufrechterhaltung' beschränken [darf], die nur auf jene ausgerichtet ist, die das Evangelium Christi bereits kennen. Der missionarische Schwung ist ein klares Zeichen für die Reife einer kirchlichen Gemeinschaft". (Apostolisches Schreiben Verbum Domini, 95)
Wider eine „Pastoral der Aufrechterhaltung“ plädiert Papst Franziskus in der Eröffnungspredigt zur Amazonassynode für Reformen und eine „Kirche im Aufbruch“ – ein Leitmotiv seines Pontifikates seit seinem programmatischen Schreiben Evangelii gaudium von 2013 –, das auch ein zentrales Motiv des Synodalen Weges in Deutschland ist.
"Denn die Kirche ist immer im Aufbruch, immer unterwegs, nie in sich selbst verschlossen. Jesus ist nicht gekommen, die Abendbrise, sondern das Feuer auf die Erde zu bringen.“ (Ebd.)