(Online-Fragebogen des Familienbundes der Katholiken für das Erzbistum Köln e.V.) |
"Es kommt darauf an, die richtigen Fragen zu stellen!", sagte mir bei einem Professorentreffen der Katholisch-Theologischen Fakultät der LMU München der theologische Altmeister Karl-Wilhelm Korff im Sommersemester 2014. Und dieser Satz – von Korff ohne einen Anflug von Überheblichkeit in dem Sinne gemeint, dass zu allermeist in der theologischen Wissenschaft die falschen Fragen gestellt würden, wenn denn überhaupt gefragt wird – schoss mir in wieder in den Sinn, als ich den neuerlichen Fragenkatalog zur Vorbereitung der Bischofssynode 2015 über die Jahreswende auf mich wirken ließ . Denn erst mit diesen neuen Fragen orientierte sich für mich der weitere Weg bis zur Bischofssynode im kommenden Oktober. Reichten davor die Aufrufe zur je persönlichen, gemeindlichen oder verbandlichen Beteiligung von der Empfehlung der Auseinandersetzung mit dem gesamten Themenkomplex rund um Ehe und Familie bis hin zur Konzentration auf diejenigen Ziffern 52, 53 und 55 des Abschlussdokumentes (zu den Themen ‚Wiederverheiratet Geschiedene‘ und ‚Homosexualität‘), die bei der außerordentlichen Synode 2014 keine Zweidrittelmehrheit bekamen, ist mit dem neuen, in den 'Lineamenta' der 'Relatio Synodi' unmittelbar angehängten Fragenkatalog nicht nur eine gemeinsame Grundlage für die Vorbereitung weltweit gegeben, sondern aus meiner Sicht auch dieselbe und zielführende Fragerichtung wieder aufgenommen, die schon die III. Außerordentliche Synode des Jahres 2014 durchweg prägte.
Ausgehend von einer
grundsätzlichen Fragerichtung
Die 46 vielleicht auch
in der deutschen Übersetzung zunächst etwas sperrig zu lesenden
(und sprachlich und inhaltlich z.T. mehr an Multiplikatoren gerichtet
zu sein scheinenden) Frageabsätze beschreiben auf etwa zehn DIN
A4-Seiten tatsächlich einen Mittelweg zwischen einer unkonkreten und
allgemeinen Beschäftigung mit dem gesamten Themenkomplex und einer
alleinigen Fokussierung auf die oben genannten Gretchenfragen und
muten jedem Leser / jeder Leserin stattdessen eine sehr umfängliche
Textarbeit des weitere zwanzig Seiten umfassenden Abschlussdokumentes
der ‚Relatio Synodi‘ zu. Der – wie bereits in diesem Blog Ende November ausgeführt – die Abschlussrelatio kennzeichnende
Dreischritt “Hören, Maß nehmen an der
Botschaft Christi und Beziehen auf konkrete pastorale Felder”
ist darüber ebenso mitzuvollziehen wie „der von der
außerordentlichen Synode vorgezeichnete Weg […], der nämlich von
den ‚existenziellen Peripherien‘ ausgeht, einer von der ‚Kultur
der Begegnung‘ gekennzeichneten Pastoral, welche in der Lage ist,
das freie Handeln des Herrn auch außerhalb unserer gewohnten
Schemata zu erkennen“. Und in diesem Sinn sind die Einzelfragen von
den Einleitungen der Teile I.-III. (jeweils vor den Fragen 1-11,
12-22 und 23-46) her zu verstehen. Diese zielen darauf „den nötigen
Realismus bei den Überlegungen […] zu erleichtern, um zu
vermeiden, dass ihre Antworten von solchen Schemata und Perspektiven
gegeben werden, die einer Pastoral eigen sind, welche lediglich die
Lehre anwendet und auf diese Weise die Schlussfolgerungen der
außerordentlichen Synodenversammlung nicht berücksichtigen und
damit […] von dem schon vorgezeichneten Weg wegführen würde.“ Die beiden allerersten Fragen – ohne eine eigene Ziffer und auf
alle Teile des Abschlussdokumentes bezogen – lauten deshalb:
"Entspricht die Beschreibung der Realität der Familie, wie sie die Relatio Synodi vornimmt, dem, was heute in Kirche und Gesellschaft festgestellt werden kann. Welche fehlenden Aspekte können ergänzt werden?“
… zu den konkreten
Einzelfragen: eine kurze Summary
Aus demselben Grund
wird auch und gerade im ‚hörenden‘ I. Teil nach kulturellen
Ansatzpunkten und gemeinsamen Elementen im gesellschaftlichen
Pluralismus, nach Familien in Extremsituationen und den Fernstehenden
gefragt (1-6) . Im II. Teil wird die zu findende Pädagogik orientiert an
der der göttlichen Pädagogik Christi – und auch hier ausgegangen
von den Ansatzpunkten von Ehe und Familie im Leben von Jugendlichen
und Erwachsenen in Hinblick auf die Entfaltung des Heilsplanes Gottes
(7-19) und die mit ihm zusammenhängende „Barmherzigkeit gegenüber
den verletzten und schwachen Familien“ (20-22). Erst vor diesem
Fragehintergrund werden im III. Teil „Pastorale Perspektiven“
der Verkündigung in unterschiedlichen Kontexten in den Blick
genommen und die Wege zur Vorbereitung auf die Ehe und zu ihrer
Begleitung ebenso angesprochen wie die „Seelsorge für jene, die in
einer Zivilehe oder ohne Trauschein zusammenleben (23-34) und die
verwundeten Familien (Getrenntlebende, nicht wiederverheiratet
Geschiedene, wiederverheiratet Geschiedene; 35-39) und Personen
homosexueller Orientierung (40). Mit der Behandlung der Themenfelder
‚Weitergabe des Lebens und die Herausforderung des
Geburtenrückgangs‘ (41-44) zur Erziehung und der Weitergabe des
Glaubens schließt der Fragekreis.
… mit
‚theologischen Schlüsseln‘ für eine zeitgemäße
Familienpastoral
Überdeutlich
wird mit dem neuen Fragebogen das im Blog-Beitrag im November hervorgehobene Resümee unterstrichen, dass sich die "vom Papst
gewollte Haltung der liebevollen Begleitung von Familien und von
Menschen auf ihrem Weg zu einer christlichen Ehe" bei der
jüngsten Familiensynode im Vatikan durchgesetzt hat und es neben der
Hinführung zur christlichen Ehe auch „neue Wege [braucht], um zu
zeigen, dass Gott auch für jene seine Arme ausbreitet, die nicht
dieses Ideal von Ehe und Familie leben.“ M.a.W., gefragt und
gesucht werden die Beschreibung familialer Wirklichkeit und die sich
darauf beziehenden pastoralen Möglichkeiten wie die Reflexion
theologischer Modelle und ‚theologischer Schlüssel‘, um „semina
verbi“ (vgl. Relatio Synodi, 22) bzw. „Spuren Christi“ in
familialen Beziehungsformen unterschiedlichster Art auch in
Beziehungen abseits des katholischen Eheideals zu finden, die dennoch
gleichermaßen ausgerichtet bleiben auf den ebenso deutlich zu
akzentuierenden Heilsplan Gottes mit den Menschen.
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… mithilfe des
Prinzips der ‚Gradualität‘
Einen
dieser „theologischen Schlüssel“ für die Berechtigung und
Begründung für den von Papst Franziskus nahegelegten „positiven
Blick auf das, was da ist und nicht nur auf das, was fehlt“, hat
die Synode 2014 mit dem Begriff der Gradualität – wie in diesem
Blog-Beitrag am 7.10.2014 beschrieben – erprobt. Zu finden ist er in
dem gerade erst mit dem Jahreswechsel Ende Dezember von der Deutschen
Bischofskonferenz in einer Arbeitsübersetzung in deutscher Sprache
veröffentlichten ‚Zwischenbericht‘ der III. Außerordentlichen
Bischofssynode 2014 – und steht damit auch für die
deutschsprachige Diskussion nunmehr zur Verfügung. Kardinal
Schönborn favorisiert diesen theologischen Reflexionsbegriff
weiterhin, obwohl er vor allem in der zweiten Synodenwoche der
Familiensynode des Jahres 2014 kontrovers diskutiert wurde und im
Abschlussdokument der Synode fehlt. Mithilfe
des von Kardinal Schönborn nach der
Synode in der November-Ausgabe der Herder Korrespondenz noch einmal präzisierten Prinzips
der "Gradualität"
"können auch in Partnerschaftsformen, die der katholischen Lehre zuwiderlaufen, familiäre Werte und die Suche nach Wahrheit gelebt werden. Der Gedanke hatte bei der Bischofsversammlung große Debatten und Widerstand ausgelöst. Es habe ihn ‚ gewundert, wie vielen dies Sorge bereitet hat", erklärte Schönborn nun. Er selbst aber "bleibe dabei, dass diese Herangehensweise hilfreich ist", so der Kardinal: "Sie bedeutet ja nicht, dass, wenn ich nur einen Teil verwirkliche, dann alles in Ordnung ist. […] Aber wir erkennen die Suche, den Weg, das Prozesshafte an." (Kathpress, 3.12.2014)
...und des Prinzips der ‚Analogie‘
Ein
weiterer theologischer Schlüsselbegriff wird von Seiten der
Deutschen Bischöfe mit ihren ebenfalls in der in der erwähnten,
gerade erschienenen DBK-Arbeitshilfe 273 veröffentlichten Stellungnahme
über "Theologisch verantwortbare und pastoral angemessene Wege zur Begleitung wiederverheiratet Geschiedener" eingebracht.
Unbeschadet ihres vorsichtigen Votums für eine 'unter bestimmten
Voraussetzungen mögliche Zulassung von wiederverheiratet
Geschiedenen zu den Sakramenten' möchte ich den dafür
herangezogenen Begründungsansatz zitieren, der m.E. ebenfalls das
Potential hat, den synodalen Prozess weiterzuführen. Die
theologische Gedankenführung beschreibt – biblisch wie dogmatisch
reflektiert –, „dass das Verhältnis zwischen dem Ehebund und dem
Bund Gottes mit seinem Volk ein analoges ist. Neben den
Ähnlichkeiten der beiden Bünde ist die größere Unähnlichkeit
theologisch wie pastoral zu beachten [,…weshalb] auch die eheliche
Liebe die göttliche Liebe immer nur unvollkommen und gebrochen
abbilden“ (Ebd., 63) kann.
Auf
diesem Gedankengang fußend, fragt die große Mehrheit der deutschen
Bischöfe, „ob dieses analoge Verhältnis zwischen dem Ehebund und
dem Bund Gottes mit seinem Volk in der gegenwärtigen Verkündigung
ausreichend bedacht wird“ (Ebd., 64), um zum Schluss dieser
Veröffentlichung die Möglichkeit der Zulassung von
wiederverheiratet Geschiedenen zu erwägen. Das Prinzip der
(Verhältnis)Analogie wird an dieser Stelle – die ja eine der am
meisten diskutierte Gretchenfragen betrifft – zitiert, so dass
'Analogie' auch ein Schlüsselbegriff für die dogmatisch vertiefte
Diskussion des gesamten synodalen Prozesses und der eingeleiteten
‚pastoralen Wende‘ theologisch werden kann. Die Diskussion
vertieft sich, die richtigen Fragen sind gestellt und werden nur im
Mitgehen und -denken dieser Fragen – unbeschadet der Ergänzung
ggf. hinunter gefallener oder übersehener Punkte (s. die oben angesprochen, einleitende
'Fragen bezüglich aller Teile der Relatio Synodi') –
weitergeführt. Auch ein Hinweis auf weitere Umfragen (wie der an die Vorbereitung der letztjährigen Synode erinnernde Fragenkatalog der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster) darf diese prioritäre Aufgabe nicht vergessen lassen. Nehmen wir Papst Franziskus darin beim Wort und
denken wir die Fragen des vorbereitenden Fragebogens mit, der im
Download oder seit heute als Online-Fragebogen einzusehen ist!
PS Der nächste Blogbeitrag wird den Gedanken der 'Analogie' aufnehmen und bereits am 14. Februar 2015 erscheinen!