Sogar
zwei Fußnoten! – oder: Was Querida Amazonia mit dem Synodalen Weg, seinen
Arbeitsforen und dem neuen Vorsitzenden der Deutschen
Bischofskonferenz zu tun hat
Da
brauchte es schon einer Lesehilfe aus Rom, um zwei Fußnoten aufzumerken, die
für das Verständnis des nachsynodalen Schreibens der Amazonassynode und den
Synodalen Weg gerade auch aus deutscher Sicht von Bedeutung sind. Vielleicht
ist es meiner Aufmerksamkeit entgangen, aber vor dem Grußwort des Apostolischen Nuntius in Deutschland Erzbischof Dr. Nikola Eterović zu Beginn der heute zu
Ende gegangenen Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in
Mainz (2.-5. März 2020) habe ich in keinem Kommentar den Hinweis auf die
doppelte Fußnote wahrgenommen. Zweimal zitiert Papst Franziskus im vierten Kapitel in Nummer 66 von Querida Amazonia sein Schreiben an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland vom 29.
Juni 2019 – und zwar an der Stelle, wo es um die Inkulturation geht.
"[D]ie
Kirche hat ein vielgestaltiges Gesicht »nicht nur aus einer räumlichen
Perspektive [...], sondern auch aus ihrer zeitlichen Wirklichkeit heraus« […]. Die Jahrtausende alte Tradition bezeugt das Wirken Gottes in seinem Volk
und hat die Aufgabe, »das Feuer am Leben zu erhalten, statt lediglich die Asche
zu bewahren«.
Genau mit diesem letzten Zitat – Überschrift meines Blog-Beitrags zum Synodenende der
Amazonassynode – hatte Papst Franziskus auch in seiner Abschlussansprache ganz
zum Schluss pointiert das reformorientierte Anliegen seines Pontifikates
unterstrichen. Und eben darum geht es auch beim Synodalen Weg. Der auf der
Vollversammlung der DBK-Frühjahrsvollversammlung neu gewählte Bischof Dr. Georg Bätzing bezieht das Anliegen
des Papstes um Evangelisierung deshalb auch auf den Synodalen Weg, dem er – in Personalunion ist er mit Prof. Thomas Sternberg Präsident des Synodalen Weges – seine volle Unterstützung
zusagt:
"Dafür
stehe ich ganz und gar." Er habe nicht vor, die Ausrichtung des
kirchlichen Reformprozesses zu verändern, da dessen "Akzente richtig
gesetzt" seien. Als durch sein Amt künftiges Mitglied des
Synodalpräsidiums wolle Bätzing "zurückhaltend in Einzelpositionen" sein.
Er sei überzeugt davon, dass der Synodale Weg zu "einem neuen Miteinander
von Laien und Bischöfen in der deutschen Kirche" führe, betonte der neue
DBK-Vorsitzende. Der Synodale Weg diene letztendlich dem Ziel, das Evangelium
in die Welt hinaus zu tragen und Menschen "in einer ganz und gar von
Freiheit gezeichneten gesellschaftlichen Situation" Orientierung zu
bieten." (katholisch.de vom 3.3.2020)
Das
in ersten Reaktionen in Deutschland meist enttäuscht und kritisch wahrgenommene
nachsynodale Schreiben Querida Amazonia liest er ähnlich der Einschätzung in diesem Blog vom 12.2.2020 – gerade auch bezogen auf alle
Themenstellungen des Synodalen Weges – in einem anderen Licht als ein ihn dazu befragender Journalist.
"Ich
lese das ganz anders als Sie", antwortet er. Was der Papst zur
Inkulturation des Glaubens in die jeweilige Gesellschaft geschrieben habe,
ermutige ihn. Und dass er nichts über den Zölibat und die Diakoninnenweihe
gesagt habe, heiße ja nicht, dass man darüber nicht reden dürfe." (SZ vom 4.3.2020)
Neben Zölibat und der "Thematik Frau in der Kirche" – für Bischof Bätzing die "dringendste Zukunftsfrage" (Ebd.) seiner Amtszeit – stehen ebenso die anderen Themen von Macht und Gewalt, Klerikalismus und die
Sexualmoral für ihn oben an. Und unter diesen drängenden Fragen insbesondere die Thematisierung und Neubewertung von Sexualität und Geschlechtergerechtigkeit, bei denen bei der Befragung im Zuge der Familiensynoden der Jahre 2014 und 2015 am
deutlichsten wurde, wie groß die Kluft zwischen Lebenswelt und Lehre der Kirche
ist. Als Leiter des Arbeitsforums 'Leben in gelingenden Beziehungen. Liebe und Sexualität' ist er gerade auch diesen Themen eng verbunden:
"In
unserem Papier, das wir bei der Synodalversammlung vorgelegt haben, sehen wir
durch die "Theologie des Leibes" von Johannes Paul II. bereits
Veränderungen. Die Enzyklika "Amoris laetitia" hat dann die Tür noch
einmal weit geöffnet. Das heißt für mich: Es gibt Spielraum und Öffnungen in
der Lehre. Wir müssen nun schauen, wie wir diese Lehre in ihrer Substanz so
formulieren können, dass sie wirklich noch einmal zu einem Orientierungswissen
für Menschen und nicht als diese ewige Verbotsmoral wahrgenommen wird. Und das
betrifft auch den Umgang mit Homosexuellen und ihre Lebensweise. Da muss sich
etwas ändern." (katholisch.de vom 3.3.2020)
Vielversprechend!
Und aus meiner Sicht ebenfalls ein positiver – nach viel zu langem Zaudern, das als zermürbendes Hinhalten empfunden wurde –, lang erwarteter, erster Schritt: die Vereinbarung eines verbindlichen Procederes bei der Zuerkennung jetzt deutlich erhöhter finanzieller Mittel
gegenüber Betroffenen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker der katholischen
Kirche – selbst wenn die infrage stehenden Beträge im Grundsatz nach
den Beratungen im Plenum aller Diözesen geringer ausgefallen sind, als dies Betroffenen-Initiativen gefordert hatten.
Dabei werde "ein unabhängiges Entscheidungsgremium eingesetzt, das die Leistungshöhe
verbindlich festsetzt und für eine zentrale Auszahlung an die Betroffenen
zuständig ist. Das sei eine "qualitative Verbesserung" zur Situation
zuvor, so Ackermann. Außerdem würden die Zahlungen solidarisch unter den
Bistümern finanziert. Ferner werde sichergestellt, dass die Leistungen
steuerfrei seien und nicht mit anderen Sozialleistungen verrechnet würden. Jede
Diözese müsse selbst bestimmen, aus welchen Mitteln die Zahlungen geleistet
würden, heißt es in dem Grundsatzpapier." (katholisch.de vom 5.3.2020)
"Man
möchte eigentlich weglaufen“, sagte der neu gewählte Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz in seinem allerersten Interview angesichts der vielen Aufgaben und Drucksituationen von innen
– bezogen auch auf die offenkundigen Spannungen im deutschen Episkopat – und von außen
mit den Aufgaben der Inkulturation und der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals mitsamt allen seinen systemischen Faktoren. „Auf
der anderen Seite will man sich aber auch den Voten der Mitbrüder stellen“, fügt er im selben Atemzug an. Auch von deren Seite und damit beinahe von allen Seiten ist die Wahl des neuen
Vorsitzenden auch eine Bestätigung der Ausrichtung für den Synodalen Weg – eine Bekräftigung einer "Kirche im Aufbruch" (EG 20, 24, 46), die Kardinal Marx in seiner letzten Predigt in seinem Amt als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz - Papst Franziskus zitierend - für die deutsche Ortskirche einforderte. Die Synodalität ist ein inneres Moment des Reformprozesses. Mit den Worten Bischof Bätzings zum Synodalen Weg gesagt:
"Was sich nicht verändert, ist mein positiver Blick auf den Synodalen Weg. Ich halte ihn wirklich für eine große Chance des Zusammenwirkens und des miteinander Übens, wie man synodal auf dem Weg sein kann. Das will der Papst von uns." (katholisch.de vom 3.3.2020)
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