"Wie wollt ihr in der Kirche eigentlich Weihnachten feiern?" – Zukunftsfrage des Synodalen Wegs in Deutschland und die Weihnachtsansprache 2021 von Papst Franziskus
"Wie wollt ihr in der Kirche eigentlich Weihnachten feiern und ein Kind in die Krippe legen, wenn auf der anderen Seite klar ist: Angesichts eures Umgangs mit den Verbrechen sexualisierter Gewalt könnt und wollt ihr das Kind gar nicht schützen?"
Über ein Jahr ist es her, seit der Kölner Pastoralreferent Peter Otten diese an ihn gerichtete Frage in seinem Blog auf die katholische Kirche und ihren Missbrauchsskandal bezog. Ein Jahr später scheint sie an Aktualität nichts verloren zu haben. Gerade einmal vier Tage wird es an diesem Heiligabend her sein, dass in einem internen Hearing für die Synodenmitglieder der Orientierungstext – das ist derjenige Text, der alle Grundtexte der Synodalforen des Synodalen Wegs präludiert – und sein seit der ersten Lesung auf letzten Synodalversammlung unverändert gebliebener Absatz Nr. 43 an den Anfang und den Mittelpunkt der aktuellen Diskussion gestellt wurde:
(43) Der Aufschrei der Opfer sexualisierter Gewalt ist ein wahres Zeichen der Zeit. Der Aufschrei lenkt die Aufmerksamkeit auf furchtbares Unheil – nämlich auf jahrzehntelange Gewaltverhältnisse, in denen Priester, Ordensleute und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre geistliche wie administrative Macht über Kinder und Jugendliche missbrauchten. Der Aufschrei der Opfer ist aber auch ein Zeichen des Heils: das Aufbegehren der Überlebenden widersagt dem System sexualisierter Gewalt. Es drängt die Kirche in die heilsame Krise einer Läuterung. Es drängt sie als Ganze zur Umkehr (Lumen gentium 9). Diesen Aufschrei zu hören und ihm durch die beherzte Erneuerung kirchlichen Lebens Taten folgen zu lassen, kann selbst zum Zeichen der Zeit werden.
Der Aufschrei der Opfer sexualisierter Gewalt
Der Bezug auf diese Zeichen und den Anlass des Synodalen Wegs darf nicht auf halbem Weg des Synodalen Wegs vergessen werden. Das ist besonders jetzt wichtig sich zu vergegenwärtigen, weil der Synodale Weg ansonsten in einer Flut von Handlungstexten in der Gefahr steht, viele über lange Zeit in der Kirche zurückgehaltene Reformanliegen höher zu priorisieren als die Themen, die am Anfang des Synodalen Wegs standen. In der Tat erscheint es so:
"In seinem Kern ist der Synodale Weg ein Prozess „nachholender Entwicklung“. Er will die kognitiven und lebensweltlichen Dissonanzen, die sich zwischen einigen neueren institutionellen und lehramtlichen Spezifica der römisch-katholischen Kirche und den Plausibilitäten eines bürgerlichen Lebens in einer freiheitlichen Demokratie aufgebaut haben, auflösen oder wenigstens mildern"
Der Synodale Weg in Deutschland und der Weltkirche
Aber jenseits aller nachholenden Entwicklung, auf die Rainer Bucher in einem Beitrag auf feinschwarz.net hinwies, ist gerade die Zäsur des Missbrauchsskandals und die Erkenntnis der darin zu Tage tretenden systemischen Ursachen aus meiner Sicht die Stelle, die der Synodale Weg der Kirche in Deutschland als ein zentrales "Zeichen der Zeit" und damit Ressource erster Ordnung in den „vielgestaltigen Reichtum des Volkes Gottes“ und den Synodalen Weg der Weltkirche eintragen kann. Papst Franziskus bezog sich heute mit diesen Worten der Weihnachtsansprache an die römische Kurie explizit auch auf den seit dem 17. Oktober 2021 gestarteten Synodalen Prozess auf Ebene der Weltkirche: auf die die Gemeinschaft konstituierenden Teile der Weltkirche - und wie die Kurie in Rom ihr in Demut zu dienen habe und sie in „die Lage versetzen (könne), uns zu begegnen und zuzuhören, Dialog zu führen und zu unterscheiden“ (Ebd.).
Gebe
Gott zu Weihnachten 2021, dass der Synodale Weg der Kirche in Deutschland den Ausgangspunkt seines Weges nicht aus dem Blick
verliert, wie ZDK auf seiner Vollversammlung am 20.11.21 anmahnte; dass man nicht weiter „am ‚Umgang mit den Verbrechen sexueller Gewalt
in der Kirche ablesen kann: Die können und wollen das Kind gar nicht schützen‘
(Kölnische Rundschau 13.12.20).“ – wie bereits vor genau einem Jahr in diesem Blog zitiert.
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