Sonntag, 16. Juni 2024

"Bekehrung des Papsttums" und "Synodalität" - oder: "Die Menschen müssen sehen können, dass sich das Handeln der Kirche vor Ort verändert."

Die drei in der vergangenen Woche herausragenden Nachrichten aus katholischer (und deutscher) Perspektive waren die Veröffentlichung eines theologischen Konsens- und Reformpapiers für ein Neuverständnis des päpstlichen Primats, die Teilnahme und der Beitrag des Papstes beim G7-Gipfel der führenden Regierungschefs der Welt und die Fortsetzung des Synodalen Wegs mit der zweiten Zusammenkunft des Synodalen Ausschusses an diesem Wochenende. Alle drei Themen führen zurück auf eine – in diesem Blog wohl meistzitierte – Rede Papst Franziskus‘ vom 17. Oktober 2015 bei der abgekürzt als Familiensynode bekannten XIV. Generalversammlung der Bischofssynode, die auf alle Aspekte zu sprechen kommt. 

ogy.de/Synod24

Bereits bei dieser Rede im Rahmen eines Festakts aus Anlass von 50 Jahren Bischofssynode reflektierte Papst Franziskus mit Eigenzitaten aus seinem ersten Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium auf ein Neuverständnis des Papsttums (EG 32), das er nun in noch deutlicheren Worten als „Bekehrung des Papsttums“ bezeichnet. Die auch im jetzt neu vorgelegten Konsenspapier „Der Bischof von Rom“ des Dikasteriums für die Einheit der Christen an zentraler Stelle aufgenommenen Zitate aus der Ökumene-Enzyklika Johannes Pauls II. finden sich bereits auch hier:

„Als Bischof von Rom weiß ich sehr wohl, und habe das in der vorliegenden Enzyklika erneut bestätigt, dass die volle und sichtbare Gemeinschaft aller Gemeinschaften, in denen kraft der Treue Gottes sein Geist wohnt, der brennende Wunsch Christi ist. Ich bin überzeugt, diesbezüglich eine besondere Verantwortung zu haben, vor allem wenn ich die ökumenische Sehnsucht der meisten christlichen Gemeinschaften feststelle und die an mich gerichtete Bitte vernehme, eine Form der Primatsausübung zu finden, die zwar keineswegs auf das Wesentliche ihrer Sendung verzichtet, sich aber einer neuen Situation öffnet“ (Ut unum sint 95).

Und im direkten Anschluss der Rede findet sich die Ausweitung der sozialethischen Verantwortung des Papstamtes für die gesamte Menschheit ausgedrückt, mit welcher auch die Teilnahme von Papst Franziskus beim G7-Gipfel und sein Beitrag zu den Chancen und Gefahren künstlicher Intelligenz einzuordnen ist.

„Unser Blick weitet sich auch auf die ganze Menschheit. (…) Als Kirche, die gemeinsam mit den Menschen unterwegs ist, die an den Mühen der Geschichte Anteil hat, pflegen wir den Traum dass die Wiederentdeckung der unverletzlichen Würde der Völker und der Dienstcharakter der Autorität auch den Gesellschaften helfen kann, um sich auf Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit zu stützen, um eine bessere und würdigere Welt für die Menschheit zu bauen und für die Generationen, die nach uns kommen (EG 186-192, Laudato Si’ 156-162).

Verbunden ist dieses neue Selbstverständnis des Papsttums mit einem diesem zugrundeliegenden synodalen Verständnis der Kirche, das Franziskus in derselben Rede aus Anlass von 50 Jahren Bischofssynode zuvor ausführt und mit denselben Worten des Blog-Beitrags vom 17.10.2015 widergegeben werden soll:

Papst Franziskus hebt am Ende des Festaktes (…) die Bedeutung und Charakteristika der 'Synodalität' auf den drei Ebenen der Orts-, Teil- und Weltkirche heraus. Für die Umsetzung (...) wird von besonderer Bedeutung sein, dass Papst Franziskus die von ihm bereits im Lehrschreiben Evangelii Gaudium (...) angesprochene stärkere Bedeutung der Teilkirchen 'cum et sub Petro' auf Zukunft hin noch höher einschätzt. Man müsse noch weiter darüber nachdenken, jene Strukturen, die Zwischenebenen der Kollegialität gemäß der frühkirchlichen Ordnung zu erneuern. Mit dem Hinweis, dass die Hoffnung des Konzils, dass solche Einrichtungen helfen, den Geist der bischöflichen Kollegialität zu erhöhen, noch nicht vollständig realisiert seien, kommt er zu einer zentralen Stelle seiner Rede, die mit anhaltendem Applaus bedacht wurde:

„Wir sind auf halbem Weg, auf einem Teil des Weges. Wie ich bereits gesagt habe, ist es in einer synodalen Kirche "nicht angebracht, dass der Papst die örtlichen Bischöfe in der Bewertung aller Problemkreise ersetzt, die in ihren Gebieten auftauchen. In diesem Sinn spüre ich die Notwendigkeit, in einer heilsamen 'Dezentralisierung' voranzuschreiten" (EG 16).“ (Radio Vatikan 17.10.2015)

Um ebendiese Formen der Dezentralisierung und die Wahrnehmung des synodalen Auftrags vor Ort geht es auch beim Synodalen Weg der Kirche in Deutschland. Beim zweiten Treffen des Synodalen Ausschusses, der einen für das Jahr 2026 vorgesehenen Synodalen Rat vorbereiten soll, wurden drei Kommissionen gewählt, die sich mit der „Synodalität als Strukturprinzip der Kirche“, der „Evaluation und Monitoring der Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges“ und der „Weiterentwicklung der Initiativen des Synodalen Weges beschäftigen.

Gradmesser für den Erfolg der synodalen Neuausrichtung der Kirche in Deutschland wird sein, was Bischof Bätzing im Rahmen dieser Zusammenkunft des Synodalen Ausschusses wie schon nach der letzten V. Synodalversammlung im März vergangenen Jahres sagte:

"Die Menschen müssen sehen können, dass sich das Handeln der Kirche vor Ort verändert."


 

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