„Der Weg der Synodalität, den Gott von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet" - Zur Bedeutung des "Schreibens an das Volk Gottes" der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode
Überraschender Weise wurde am Montag das für diesen Tag zur Veröffentlichung angekündigte „Schreiben an das Volk Gottes“ in der Synodenversammlung nur verlesen und zwar mit großem
Applaus bedacht, dann aber nach Beratungen in den 35 Tischrunden und Sprachzirkeln
und nachfolgenden Wortbeiträgen aus den verschiedensten Richtungen und einer weiteren Modifrist bis 18:00 Uhr am Montagabend einer neuen Redaktionsphase
überantwortet – wie Paolo Ruffini in der Pressekonferenz am 23.10.23 berichtete
–, so dass sie erst am heutigen Tag zur Abstimmung vorgelegt und am Nachmittag veröffentlicht
werden konnte.
Das wäre als redaktionelle Reminiszenz vielleicht keines gesonderten
Absatzes in diesem Blog wert, wenn nicht schon die Verschiebung über den gestrigen
arbeitsfreien Tag der Synode hinaus Anlass zu wilden Spekulationen mit Auslassungen
über ein vermeintliches „Chaos“ und eine „Krise“ auf der Weltsynode gegeben
hätte. Wahrscheinlich hätte ein weiteres, aber leider Pausentags bedingt ausgefallenes
Pressebriefing die ins Kraut schießenden Mutmaßungen über den Synodenverlauf
noch einfangen können. So wird es vor dem breiten und lauten Klangteppich die „Botschaft“ heute als solche nicht so einfach haben wie sonst bei Bischofssynoden, auch wenn die „Botschaften der Bischofssynode“ bislang immer als letztveröffentlichte Schreiben der Generalversammlungen viel weniger im Fokus standen als die jeweiligen Abschlussdokumente.
Zum Verständnis des "Schreibens an das Volk Gottes"
Dass die „Botschaft an das Volk Gottes“ nun auf die wichtigsten Gedanken bezogen dem
Abschlussdokument vorausgeht, wird einmal mit dem vorläufigen Status des 1.
Teils der Bischofssynode zur Synodalität zu tun haben, die ja im Oktober 2024
fortgesetzt wird. Und zum anderen soll über die vielen im Schlussdokument
umkreisten Einzelthemen nicht die Grundbotschaft als solche verloren gehen bzw.
zu kurz kommen, die der Synodalversammlung wichtiger ist, als vielen einzelnen Punkte, an denen die Synode „von außen“ gemessen wird und die auch im Schreiben selbst als „Fragen“ und „Herausforderungen“ benannt werden.
Zum Verständnis der „Botschaft an das Volk Gottes“ ist es darüber hinaus wichtig zu wissen, dass sie in
der Tradition aller vorangegangenen Bischofssynoden steht und 'tröstende'
(consolative) und 'ermutigende' (exhortative) Teile enthält und immer in der
inkludierenden Wir-Form geschrieben wird, die bei dieser Bischofssynode ein zu den
Bischöfen um 54 Laiinnen und Laien, Priester und Ordensleute erweitertes Quorum von 365
Synodalen umfasst. Eine breite Mehrheit von 136 Synodalen (bei 12 Nein-Stimmen) stimmte für den jetzt veröffentlichten Text, den trotz oder wegen der gemeinsamen Verabschiedung gewiss manche als nicht weit
genug gehend beurteilen werden – und das je mehr, wie nicht zwischen den zwei
Dokumentenarten (Botschaft und Abschlussdokument) unterschieden wird bzw.
unterschieden werden kann.
Zentrale Inhalte der "Botschaft an das Volk Gottes"
Zu Beginn des „Schreibens an das Volk Gottes“ wird an die Wegstrecke seit Synodenbeginn vor zwei Jahren erinnert. Es sei seitdem „ein
langer Prozess des Zuhörens und der Unterscheidung" gewesen, „der für das ganze Volk
Gottes offen war und niemanden ausschloss.“ Dabei wird die jetzt zu Ende gehende Versammlung, die am 30. September in Rom begann, als „eine wichtige Etappe in diesem
Prozess“ beschrieben. „Vor dem Hintergrund einer krisengeschüttelten Welt“ – im Hinblick auf die Kriege weltweit und insbesondere aktuell im Nahen Osten und der Ukraine – war es mit dem Fokus auf die Synodalität der Kirche und einer daraufhin veränderten Zusammensetzung der Synodenplenums und der Stimmberichtigten „eine vielerlei Hinsicht war es eine noch nie dagewesene Erfahrung“:
„Zum ersten Mal waren auf Einladung von Papst Franziskus
Männer und Frauen aufgrund ihrer Taufe eingeladen, an einem Tisch zu sitzen und
nicht nur an den Diskussionen, sondern auch an den Abstimmungen dieser
Bischofssynode teilzunehmen. Gemeinsam, in der wechselseitigen Entsprechung
unserer Berufungen, Charismen und Ämter, haben wir intensiv auf das Wort Gottes
und die Erfahrungen der anderen gehört. Mit der Methode des Gesprächs im Geist
teilten wir demütig den Reichtum und die Armut unserer Gemeinschaften auf allen
Kontinenten und versuchten zu erkennen, was der Heilige Geist der Kirche heute
sagen will.“ (Vaticannews vom 25.10.23)
"Und jetzt?" – oder: Wie es weiter geht
„Und jetzt? Wir hoffen, dass die Monate bis zur zweiten
Session im Oktober 2024 es allen ermöglichen werden, konkret an der Dynamik der
missionarischen Gemeinschaft teilzuhaben, auf die das Wort „Synode“ hinweist. (…)
Die Herausforderungen sind vielfältig und die Fragen zahlreich: Der zusammenfassende
Bericht der ersten Session wird die erzielten Übereinstimmungen verdeutlichen,
die offenen Fragen hervorheben und aufzeigen, wie die Arbeit fortgesetzt werden
kann.“ (Ebd.)
Die Botschaft an das Volk Gottes schließt mit einem Zitat,
das auch in diesem Blog seit dem 17.10.2015 – aus der Ansprache anlässlich des 50. Jahrestags der Bischofssynode im Rahmen der zweiten Familiensynode – immer wieder zitiert
wurde und mit dem das Pontifikat von Papst Franziskus dauerhaft verbunden sein
wird:
„Die Welt, in der wir leben und die zu lieben und ihr zu dienen
wir aufgerufen sind, auch in ihren Widersprüchen, verlangt von der Kirche die
Stärkung der Synergien in allen Bereichen ihrer Sendung. Es ist genau der Weg
der Synodalität, den Gott von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet.“
(Ebd. bzw. Papst Franziskus am 17. Oktober 2015)
Aufgrund der Verzögerungen durch die Abstimmung des „Schreibens an das Volk Gottes“ im Synodenplenum am heutigen Nachmittag wurde
die abschließende Beschlussfassung des Abschlussdokumentes auf den Samstag
verschoben, so dass der morgige Freitag nochmals ganz den Beratungen des
Entwurfs des Abschlusstextes in Kleingruppen und der Plenardiskussion gewidmet werden kann.