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Donnerstag, 2. Mai 2024

 „Wir müssen die Kunst der geistlichen Unterscheidung ständig verfeinern“ – Im Zugehen auf die 2. Sitzung der Weltsynode ein Resümee des Priestertreffens vom 29. April bis 2. Mai in Sacrofano / Rom


Über 300 Priester aus aller Welt – drei davon aus Deutschland – waren zum Priestertreffen im Zugehen auf die zweite Sitzung der XVI. Versammlung der Bischofssynode im Oktober 2024 eingeladen. Und das obige Zitat aus einem Beitrag des tschechischen Theologen und Priesters Tomáš Halík scheint mir tatsächlich eine Art Resümee dieser Tage zu sein, das auf Ebene der Weltkirche gilt, aber in den Pfarreien vor Ort seinen Anfang nehmen muss. Papst Franziskus hob die geistliche Unterscheidung und das über die erste Sitzung der Weltsynode im Oktober des vergangenen Jahres eingeübte „Gespräch im Heiligen Geist“ auch in seinem heute veröffentlichten Schreiben an die teilnehmenden Priester hervor.
 

"Ich empfehle euch von ganzem Herzen, die Kunst der gemeinschaftlichen Unterscheidung zu erlernen und zu praktizieren und dafür die Methode des „Gesprächs im Heiligen Geist“ zu nutzen, die uns im Verlauf der Synode und bei der Durchführung der Vollversammlung selbst so hilfreich war. Ich bin sicher, dass ihr damit nicht nur in den Gemeinschaftsstrukturen, wie dem Pastoralrat der Pfarrei, sondern auch in zahlreichen anderen Bereichen viele Früchte ernten könnt. Wie der Synthese-Bericht in Erinnerung ruft, ist die Unterscheidung ein Schlüsselelement des pastoralen Wirkens einer synodalen Kirche: »Es ist wichtig, dass die Praxis der Unterscheidung auch im pastoralen Bereich in einer den jeweiligen Kontexten angemessenen Weise umgesetzt wird, um die Konkretheit des kirchlichen Lebens zu erhellen. Sie wird es ermöglichen, die in der Gemeinschaft vorhandenen Charismen besser zu erkennen, Aufgaben und Ämter weise zu übertragen und pastorale Wege im Licht des Geistes zu planen, die über die bloße Planung von Aktivitäten hinausgehen« (2, l)."

Neben der Bezugnahme auf den Synthese-Bericht sticht ein weiteres Mal das Zitat hervor, das auch am Ende des vorausgegangenen Blog-Beitrags stand und das seit dem Jahr 2015 mehr und mehr zu einem ceterum censeo des derzeitigen Pontifikats geworden ist, „den Weg der Synodalität einzuschlagen, der»das [ist], was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet«.



Freitag, 15. März 2024

How to be a synodal Church on mission? – Themenstellungen und Arbeitsgruppen der XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode (2.-27. Oktober 2024)

Screenshot Vaticanmedia 14.3.24
Screenshot aus der Pressekonferenz / Vaticanmedia 14.3.24

Mit den in der Pressekonferenz des Sekretariats für die Synode vom 14. März vorgestellten Dokumenten konkretisiert sich der Weg zum zweiten Teil der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode (2.-27.10.24) und weist auch schon darüber hinaus.

Überraschend werden von Papst Franziskus insgesamt zehn in Studiengruppen zu erarbeitende Themenfelder aus dem Synthese-Papier (RdS) benannt, die über das Ende der Weltsynode hinausgehen und so bis mindestens Juni 2025 an Ergebnissen weiterarbeiten sollen. Über die schon im Dezember herausgehobenen Themen sind dies:

1.           Einige Aspekte der Beziehungen zwischen den katholischen Ostkirchen und der lateinischen Kirche (RdS 6)

2.           Das Hören auf den Schrei der Armen (RdS 4 und 16)

3.           Die Mission in der digitalen Welt (RdS 17)

4.           Die Revision der Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis in einer missionarischen synodalen Perspektive (RdS 11)

5.           Einige theologische und kirchenrechtliche Fragen im Zusammenhang mit bestimmten Formen des Dienstes (RdS 8 und 9)

6.           Die Revision der Dokumente, die die Beziehungen zwischen den Bischöfen, dem gottgeweihten Leben und den kirchlichen Gemeinschaften regeln, in einer synodalen und missionarischen Perspektive (RdS 10)

7.           Einige Aspekte der Gestalt und des Dienstes des Bischofs (insbesondere: Kriterien für die Auswahl der Kandidaten für das Bischofsamt, die richterliche Funktion des Bischofs, die Art und Durchführung der Ad limina-Besuche) in einer synodalen und missionarischen Perspektive (RdS 12 und 13)

8.           Die Rolle der Päpstlichen Beauftragten (Nuntien und Ständige Beobachter, Anm.) in einer missionarischen synodalen Perspektive (RdS 13)

9.           Theologische Kriterien und synodale Methoden für eine gemeinsame Unterscheidung von kontroversen lehrmäßigen, pastoralen und ethischen Fragen (RdS 15)

10.         Die Rezeption der Früchte des ökumenischen Weges in der kirchlichen Praxis (RdS 7) (Übersetzung nach Vaticannews vom 14. März 2024)

Aber auch wenn die Laufzeit der Studiengruppen über die Bischofssynode im Herbst hinausgeht, sollen doch schon auch im Herbst bereits Zwischenergebnisse aus den Studiengruppen in die Synodalen Beratungen eingebracht werden, die ihrerseits die Arbeit der Studiengruppen bestimmen werden. Zugeordnet sind diese Arbeitsgruppen – an dieser Stelle die neue Kurienordnung Praedicate Evangelium Nr. 33 umsetzend, worauf eigens hingewiesen wird – einzelnen Dikasterien der Kurie, die vom Synodensekretariat koordiniert werden. 

Auch wenn - wie zuletzt am 11. Februar in diesem Blog angesprochen - aus europäischer Perspektive konkrete Beratungsergebnisse, z.B. zu Fragen des Zugangs zum Priesteramt (vorgesehen in der 4. Studiengruppe), zur Frage des Frauendiakonats (vorgesehen in der 5. Studiengruppe) oder zu drängenden anthropologische Fragestellungen (vorgesehen in der 9. Studiengruppe) als Gradmesser des synodalen Prozess angesehen werden, ist doch schon die synodale Zuarbeit aller Kuriendikasterien der erste Hinweis für die Umgestaltung der Generalversammlung der Bischofssynode in Richtung auf ihr Hauptthema „Für eine synodale Kirche“. Die Statements aller Beteiligten der Pressekonferenz machen dies deutlich, wie es etwa besonders in dem Statement von Sr. Simona Brambilla vom Dikasterium für die Ordensleute herausgestellt wird, das in einem Extra-Kommuniqué des vatikanischen Presseamtes veröffentlicht wurde.

Die parallel zur zweiten Sitzung der XVI. Bischofssynode und darüber hinaus weiterlaufenden Studiengruppen entlasten die Bischofsversammlung zu den vielen aufgeworfenen und vielleicht im Herbst noch neu hinzukommenden Themenstellungen Positionierungen oder gar Entschließungen verabschieden zu müssen. Sie machen es vielmehr möglich, das eigentliche Thema der Synode, die Synodalität auf den unterschiedlichen Ebenen der Kirche im wahrsten Sinn durchzubuchstabieren, das ja die Grundlage für die Umsetzung der o.g. Einzelthemen der Studiengruppen bildet bzw. bilden wird. Ein weiteres in der Pressekonferenz vom 14. März vorgestelltes Papier des Sekretariats der Synode lenkt den Fokus auf diese Fragen unter dem Titel: „How to be a synodal Church on mission?“, aus dem bereits die Struktur und der Ablauf der synodalen Beratungen der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode im Herbst ablesbar werden.

Dieses Dokument macht deutlich, dass in fünf vom Synodensekretariat berufenen Arbeitsgruppen die Rückmeldungen aus den lokalen Bischofskonferenzen – die bis zum 15. Mai 2024 eingehen sollen – für das Vorbereitungsdokument (Instrumentum laboris) der zweiten Synodenrunde aufbereitet werden sollen. Sie verfolgen die folgenden Themen:

- Das synodale missionarische Antlitz der Ortskirche

- Das synodale missionarische Antlitz der kirchlichen Gruppierungen 

- Das synodale missionarische Antlitz der Universalkirche

- Die synodale Methode

- Der „Ort" einer synodalen missionarischen Kirche

Mehr und mehr zeichnet sich das Design einer synodalen Kirche ab, einer „Synodalität, welcher der Weg ist, den
 Gott von der Kirche im dritten Jahrtausend erwartet.  





Montag, 12. Februar 2024

Beginn einer „Reformation im Geist der Synodalität“ – Aus Anlass der Ankündigung des Rücktritts von Papst Benedikt XVI. am Rosenmontag vor 11 Jahren

Heute am Rosenmontag vor elf Jahren machte der damalige Papst Benedikt XVI. zur Überraschung aller seinen Rücktritt vom Papstamt bekannt. Und niemand hätte erwartet, dass er mit der dadurch ermöglichten Wahl seines Nachfolgers Papst Franziskus, die sich am 14. März dieses Jahres ebenfalls zum elften Mal jährt, eine „Reformation im Geist der Synodalität“ einleiten würde. 

Copyright IMAGO / Christoph Hardt/Alamy Stockfoto
Karneval–Motivwagen des Kölner Rosenmontagszugs 2024 über die Blindheit der
Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen, der mit konkreten Vorwürfen auch Papst
emeritus Benedikt XVI. bis in sein Sterbejahr nachging.     (© XChristophxHardtx) 

Auch wenn der Reformstau in der Katholischen Kirche insbesondere im Zuge der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals deutlich größer ist, als die mit der Wahl von Franziskus synodal seit den beiden Familiensynoden der Jahre 2014/15 bereits in Angriff genommenen Reformvorhaben ausweisen, können sich die Ergebnisse sehen lassen:

Schon zwei bzw. drei Jahre nach seiner Wahl und der besagten Doppelsynode konnte man von keinem Paar der Welt mehr sagen, dass es in einem Zustand der Todsünde lebe (wodurch die Zulassung wiederverheiratet Geschiedener zu den Sakramenten möglich wurde). Und seit Ende des vergangenen Jahres kann hinzugefügt werden, dass entsprechend der Erklärung Fiducia supplicans alle Paare in vormals sogenannten 'irregulären' Situationen“ (AL 297), ja ausdrücklich auch gleichgeschlechtliche Paare vom Segen der Kirche nicht mehr ausgeschlossen sind. Darüber hinaus sind zahlreiche andere „Heiße-Eisen-Themen“ ebenfalls angegangen worden: Ein Ausgleich hinsichtlich der noch bis vor einem Jahrzehnt die katholische Welt wie keine zweite beschäftigende Frage hinsichtlich der Fragen der Empfängnisregelung (AL 222), die Thematisierung der Fragen des Zugangs von viri probati (im Leben erfahrenen und verheirateten Männern) zum Priesteramt auf der Amazonassynode 2019, die nun auch im zweiten Teil der XVI. ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode dieses Jahres in der Beratung auf weltkirchlicher Ebene wiederaufgenommen werden. Sensationeller Weise könnte auch die Möglichkeit des Frauendiakonats auf der Tagesordnung stehen, die zuletzt vor einer Woche vom 5.7. Februar auch den Kardinalsrat beschäftigte. Alle diese „Themen größter Relevanz“ wurden bereits am 11. Dezember 2023 von Seiten des Vatikans hervorgehoben. Sie sollen mit besonderer Vorbereitung des Synodalbüros, der Dikasterien und externer Expertinnen und Experten in die Beratungen des zweiten Teil der Weltsynode zur Synodalität im Oktober einfließen :

„Es handelt sich um Themen von großer Bedeutung, von denen einige auf der Ebene der Gesamtkirche und in Zusammenarbeit mit den Dikasterien der Römischen Kurie behandelt werden müssen, wie zum Beispiel die Vorstudie im Hinblick auf die Aktualisierung des CIC und des CCEO (Synthesebericht, Kap. 1 Buchst. r), der Ratio fundamentalis über die Ausbildung der geweihten Amtsträger (Kap. 11 Buchst. j), des Dokuments Mutuae relationes (Kap. 10 Buchst. g); oder die Vertiefung der theologischen und pastoralen Forschungen über den Diakonat und insbesondere über den Zugang der Frauen zum Diakonat (Kap. 9 Buchst. n), usw.“(Ebd.) 

Nicht (mehr) zur Diskussion steht hingegen dasjenige Thema, das – zumindest in jeder Pressekonferenz des ersten Teils der Weltsynode (mehrheitlich von außen an die Synodenversammlung herangetragen) – immer wieder auch im Mittelpunkt stand: das Thema des Umgangs mit LGBTIQ-Personen und die oben schon angesprochene Frage der Möglichkeit eines Segens. Diese Fragestellungen hatte das Dikasterium für die Glaubenslehre bereits mit einem Handstreich mit der am 18. Dezember 2023 veröffentlichten Erklärung Fiducia supplicans weltkirchlich in gewisser Weise abgeräumt – nicht ohne weltweit ein nicht breiter zu denkendes und auseinandergehendes Echo zu erzeugen. 

Nach den teils auch strikt ablehnenden Äußerungen aus einigen Teilen der Weltkirche wie z.B. von Seiten des Verbands der afrikanischen Bischofskonferenzen (SECAM) nehmen sich die zu Beginn überschwänglich positiven Reaktionen deutscher Bischöfe vor dem Hintergrund einer intensiveren Lektüre der Erklärung und den am 4. Januar 2024 nachgeschobenen erläuternden Hinweisen derzeit deutlich zurückgenommener oder verhalten aus, wenn etwa darauf gehofft wird, dass die nun erneuerte pastorale Praxis auch zu einer Weiterentwicklung der Lehre führt – waren doch die Neubewertung der Homosexualität und die Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt neben dem Segensthema Hauptanliegen des Synodalen Wegs in Deutschland in gleich drei Handlungstexten.

Eine weitere Thematisierung dieser Fragen steht nun im Herbst 2024 auf weltkirchlicher Ebene aller Voraussicht nach nicht mehr an. Dafür ist der Weg umso freier für einige weitere Themen, die nach dem im Dezember veröffentlichten Fahrplan im März diesen Jahres – einhergehend mit dem 11-jährigen Jubiläum des Pontifikats von Papst Franziskus – feststehen bzw. endgültig bestätigt werden. Alle diese Reformvorhaben 'im Geist der Synodalität' hätte Papst em. Benedikt XVI. mit der Ankündigung seines Rücktritts am Rosenmontag des Jahres 2013 sicher nicht absehen können. Ausgelöst hat sie der erst Ende des vorletzten Jahres verstorbene Papst em. Benedikt XVI. dadurch zweifellos dennoch  insbesondere durch den mit Papst Franziskus neu einziehenden schöpfungstheologischen Ansatz in Lehrverkündigung und -entwicklung, der bis in die jüngste Erklärung Fiducia supplicans als Wasserzeichen seines Pontifikats wahrzunehmen ist.

 

Mittwoch, 25. Oktober 2023

„Der Weg der Synodalität, den Gott von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet" - Zur Bedeutung des "Schreibens an das Volk Gottes" der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode 

Screenshot vaticannews 25.10.23

Überraschender Weise wurde am Montag das für diesen Tag zur Veröffentlichung angekündigte „Schreiben an das Volk Gottes“ in der Synodenversammlung nur verlesen und zwar mit großem Applaus bedacht, dann aber nach Beratungen in den 35 Tischrunden und Sprachzirkeln und nachfolgenden Wortbeiträgen aus den verschiedensten Richtungen und einer weiteren Modifrist bis 18:00 Uhr am Montagabend einer neuen Redaktionsphase überantwortet – wie Paolo Ruffini in der Pressekonferenz am 23.10.23 berichtete –, so dass sie erst am heutigen Tag zur Abstimmung vorgelegt und am Nachmittag veröffentlicht werden konnte. 

Das wäre als redaktionelle Reminiszenz vielleicht keines gesonderten Absatzes in diesem Blog wert, wenn nicht schon die Verschiebung über den gestrigen arbeitsfreien Tag der Synode hinaus Anlass zu wilden Spekulationen mit Auslassungen über ein vermeintliches „Chaos“ und eine „Krise“ auf der Weltsynode gegeben hätte. Wahrscheinlich hätte ein weiteres, aber leider Pausentags bedingt ausgefallenes Pressebriefing die ins Kraut schießenden Mutmaßungen über den Synodenverlauf noch einfangen können. So wird es vor dem breiten und lauten Klangteppich die „Botschaft“ heute als solche nicht so einfach haben wie sonst bei Bischofssynoden, auch wenn die „Botschaften der Bischofssynode“ bislang immer als letztveröffentlichte Schreiben der Generalversammlungen viel weniger im Fokus standen als die jeweiligen Abschlussdokumente.

Zum Verständnis des "Schreibens an das Volk Gottes"

Dass die „Botschaft an das Volk Gottes“ nun auf die wichtigsten Gedanken bezogen dem Abschlussdokument vorausgeht, wird einmal mit dem vorläufigen Status des 1. Teils der Bischofssynode zur Synodalität zu tun haben, die ja im Oktober 2024 fortgesetzt wird. Und zum anderen soll über die vielen im Schlussdokument umkreisten Einzelthemen nicht die Grundbotschaft als solche verloren gehen bzw. zu kurz kommen, die der Synodalversammlung wichtiger ist, als vielen einzelnen Punkte, an denen die Synode „von außen“ gemessen wird und die auch im Schreiben selbst als „Fragen und Herausforderungen benannt werden.

Zum Verständnis der „Botschaft an das Volk Gottes“ ist es darüber hinaus wichtig zu wissen, dass sie in der Tradition aller vorangegangenen Bischofssynoden steht und 'tröstende' (consolative) und 'ermutigende' (exhortative) Teile enthält und immer in der inkludierenden Wir-Form geschrieben wird, die bei dieser Bischofssynode ein zu den Bischöfen um 54 Laiinnen und Laien, Priester und Ordensleute erweitertes Quorum von 365 Synodalen umfasst. Eine breite Mehrheit von 136 Synodalen (bei 12 Nein-Stimmen) stimmte für den jetzt veröffentlichten Text, den trotz oder wegen der gemeinsamen Verabschiedung gewiss manche als nicht weit genug gehend beurteilen werden – und das je mehr, wie nicht zwischen den zwei Dokumentenarten (Botschaft und Abschlussdokument) unterschieden wird bzw. unterschieden werden kann.

Zentrale Inhalte der "Botschaft an das Volk Gottes"

Zu Beginn des „Schreibens an das Volk Gottes“ wird an die Wegstrecke seit Synodenbeginn vor zwei Jahren erinnert. Es sei seitdem ein langer Prozess des Zuhörens und der Unterscheidung" gewesen, der für das ganze Volk Gottes offen war und niemanden ausschloss.“ Dabei wird die jetzt zu Ende gehende Versammlung, die am 30. September in Rom begann, als „eine wichtige Etappe in diesem Prozess“ beschrieben. „Vor dem Hintergrund einer krisengeschüttelten Welt – im Hinblick auf die Kriege weltweit und insbesondere aktuell im Nahen Osten und der Ukraine – war es mit dem Fokus auf die Synodalität der Kirche und einer daraufhin veränderten Zusammensetzung der Synodenplenums und der Stimmberichtigten „eine vielerlei Hinsicht war es eine noch nie dagewesene Erfahrung“: 

„Zum ersten Mal waren auf Einladung von Papst Franziskus Männer und Frauen aufgrund ihrer Taufe eingeladen, an einem Tisch zu sitzen und nicht nur an den Diskussionen, sondern auch an den Abstimmungen dieser Bischofssynode teilzunehmen. Gemeinsam, in der wechselseitigen Entsprechung unserer Berufungen, Charismen und Ämter, haben wir intensiv auf das Wort Gottes und die Erfahrungen der anderen gehört. Mit der Methode des Gesprächs im Geist teilten wir demütig den Reichtum und die Armut unserer Gemeinschaften auf allen Kontinenten und versuchten zu erkennen, was der Heilige Geist der Kirche heute sagen will.“ (Vaticannews vom 25.10.23)

"Und jetzt?"  oder: Wie es weiter geht

Und jetzt? Wir hoffen, dass die Monate bis zur zweiten Session im Oktober 2024 es allen ermöglichen werden, konkret an der Dynamik der missionarischen Gemeinschaft teilzuhaben, auf die das Wort „Synode“ hinweist. (…) Die Herausforderungen sind vielfältig und die Fragen zahlreich: Der zusammenfassende Bericht der ersten Session wird die erzielten Übereinstimmungen verdeutlichen, die offenen Fragen hervorheben und aufzeigen, wie die Arbeit fortgesetzt werden kann.“ (Ebd.)

Die Botschaft an das Volk Gottes schließt mit einem Zitat, das auch in diesem Blog seit dem 17.10.2015 – aus der Ansprache anlässlich des 50. Jahrestags der Bischofssynode im Rahmen der zweiten Familiensynode – immer wieder zitiert wurde und mit dem das Pontifikat von Papst Franziskus dauerhaft verbunden sein wird:

„Die Welt, in der wir leben und die zu lieben und ihr zu dienen wir aufgerufen sind, auch in ihren Widersprüchen, verlangt von der Kirche die Stärkung der Synergien in allen Bereichen ihrer Sendung. Es ist genau der Weg der Synodalität, den Gott von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet.“ (Ebd. bzw. Papst Franziskus am 17. Oktober 2015)

Aufgrund der Verzögerungen durch die Abstimmung des „Schreibens an das Volk Gottes“ im Synodenplenum am heutigen Nachmittag wurde die abschließende Beschlussfassung des Abschlussdokumentes auf den Samstag verschoben, so dass der morgige Freitag nochmals ganz den Beratungen des Entwurfs des Abschlusstextes in Kleingruppen und der Plenardiskussion gewidmet werden kann.


Samstag, 21. Oktober 2023

„How to live church in a complete different way“ – Oder: Wie zum Ende von Modul B3 die Erwartungen der Menschen hinsichtlich wahrnehmbarer Veränderungen mit dem Synodalen Weg der Kirche in Deutschland und dem synodalen Prozess der Weltsynode verbunden sind.

„Dass wir müde sind“, stellte Generalrelator Kardinal Jean-Claude Hollerich in seiner Einführung am Mittwoch der 3. Synodenwoche vor den nun beginnenden und abschließenden Beratungen des vierten Modul B3 fest „nach der Arbeit, die wir gemeinsam geleistet haben, die schön, aufregend, aber auch anstrengend war“. Aktuell ging es bis zum heutigen Tag um den Abschnitt des Instrumentum laboris, der der Teilhabe gewidmet ist, genauer um „Teilhabe, Verantwortung und Autorität“ und die Frage: „Welche Prozesse, Strukturen und Institutionen gibt es in einer auf die Sendung ausgerichteten synodalen Kirche?“

„Wir haben am eigenen Leib, oder besser gesagt in unseren Herzen, die Kraft eines so einfachen Instruments wie das Gespräch im Geist erfahren. Wie können wir seine Dynamik in die Entscheidungsprozesse der Kirche auf verschiedenen Ebenen einbringen?“ (Vaticannews vom 18.10.2023)

Bezugnahmen zum Synodalen Weg in Deutschland 

Screenshot vaticanmedia 21.10.23

In der Pressekonferenz am 21. Oktober 2023 stellte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck den Synodalen Weg in Deutschland vor und erläuterte den Anlass und die vier Bereiche, mit denen sich der Synodale Weg in Deutschland über drei Jahre seit dem Jahr 2018 auseinandersetzte: Die Machtfrage, die Priesterfrage, sowie die Sexualmoral und die Rolle der Frauen in der Kirche, die auch ein Thema des Instrumentum laboris und in der Synodalversammlung einschließlich der Zulassung zu Weiheämtern beraten worden sei.  „Wir müssen uns fragen, wie wir das sakramentale Leben der Kirche retten können und wie wir einen Schritt nach vorne machen können“ auch in Bezugnahme auf die Situationen in anderen Teilen der Weltkirche. Auf die Frage nach dem Einfluss der Weltsynode auf den Synodalen Weg in Deutschland verwies Bischof Overbeck, der auch Vize-Präsident der Europäischen Bischofskonferenz COMECE ist, auf den geistlichen Prozess, der die Beratungen in Rom kennzeichne:

„Umgekehrt präge die Weltsynode die spirituelle Dimension für den Synodalen Weg mit ihren Runden Tischen und Momente der Stille sowie allgemein der synodale Stil. Das werde alles auch einen Einfluss auf den Synodalen Weg in Deutschland für die Zukunft haben. (Vaticannews 21.10.2023) 

Powerful process 

In der Pressekonferenz am Tag zuvor, am Freitag, den 20.10.23, unterstrich der Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen CCEE, Erzbischof Gintaras Linas Grušas (Vilnius), dass die kontinentalen Beratungen, die europäischen, nord- und südamerikanischen, ozeanischen und afrikanischen Kontinentalversammlungen das Besondere dieser Weltsynode ausgemacht haben: Es habe in der kontinentalen Phase ein Teilen von Erfahrungen begonnen, das jetzt seit Anfang Oktober in Rom auf Ebene der Weltkirche fortgesetzt worden sei. Mit ähnlichen Worten wie Sr. Patricia Murray gegen Ende der Beratungen von Modul B2 betonte er, dass im Teilen der Denkweisen der verschiedenen beteiligten Personen - Bischöfe, Laien, Theologen, Berater, Frauen und Männer - ein Wandel stattgefunden habe, eine „Bekehrung des Denkens“, ein „Wandel des Lebens“, ein „Wandel der Denkweise“ ("change of live, change of mindset"):

"Es ist ein kraftvoller Prozess ("powerful process"), der die Kirche weiter bewegen und wachsen lässt.“ (Ebd.)

How to live church in a complete different way
Jenseits aller Einzelfragen, die oft nach "schwarz oder weiß", "ja oder nein", "gehen oder stoppen" diskutiert würde, sei - so Erzbischof Grušas - die eigentliche Diskussion dieser Synode „how to live church in a complete different way“, um einen neuen Prozess zu finden... Und es sei die Herausforderung, die Erfahrungen, die hier geteilt worden sind – in den spirituellen Gesprächen (Gespräche im Geist) – weiterzugeben: In die eigene Diözese, das jeweilige Land oder wie in seinem Fall als Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen auf Ebene eines Kontinents. Das sei „die Herausforderung“… wie es schon bei der kontinentalen Phase gewesen sei, als man kein vorgefertigtes Abschlussdokument gehabt habe und erst durch die Eingaben bei der 5-tägigen Kontinentaltagung zu den unerwarteten Früchten der gemeinsamen Arbeit gekommen sei. Es geht insgesamt weniger um direkte Schlussfolgerungen auf Einzelfragen, sondern darum zu lernen als Kirche synodal zu leben, dass sie ihre Früchte haben wird. Der Prozess sei derzeit wichtiger als irgendein konkreter Beschluss auf eine Einzelfrage hin. (Vgl. ebd., eigene Übersetzung).

Aber gleichwohl wissen die Synodenteilnehmenden ebenso, dass die Synode auch an dem Umgang mit den behandelten Einzelfragen gemessen wird. Kardinal Hollerich brachte diese Erwartungshaltung in der erwähnten Einführung zu Modul B3 ganz konkret ins Wort:

„Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass diese Synode anhand der wahrnehmbaren Veränderungen, die sich aus ihr ergeben, bewertet werden wird. Die großen Medien, vor allem die kirchenfernen, interessieren sich für mögliche Veränderungen bei einer sehr begrenzten Zahl von Themen. Ich werde sie nicht aufzählen, weil wir sie alle kennen. Aber auch die Menschen, die uns am nächsten stehen, unsere Mitarbeiter, die Mitglieder der Pastoralräte, die Menschen, die sich in den Pfarreien engagieren, fragen sich, was sich für sie ändern wird, wie sie die missionarische Nachfolge und die Mitverantwortung, über die wir in unserer Arbeit nachgedacht haben, in ihrem Leben konkret erfahren können.“ (Vaticannews vom 18.10.2023)

Es ist zu vermuten, dass die für Montag angekündigte „Botschaft an das Volk Gottes“ mit der Aufnahme der Erwartungen der Menschen weltweit einerseits und mit der Betonung einer sich in einem geistlichen Prozess der Synodalität wandelnden Kirche in eine ähnliche Richtung gehen wird, wie es in den Zitaten von Kardinal Hollerich, Bischof Overbecks und Erzbischof Grušas bereits anklingt.


Dienstag, 17. Oktober 2023

„It’s a call to become a ful human being“ oder: Über „einige der wichtigsten Punkte unserer Synode“ in Modul B2 des Instrumentum laboris

Screenshot Vaticanmedia 16.10.23
Sr. Patricia Murray IBVM 



Mit dem seit dem vergangenen Freitag behandelten Modul B.2 des Instrumentum laboris mit dem Titel „Gemeinsame Verantwortung in der Sendung: Wie können wir Fähigkeiten und Aufgaben im Dienst des Evangeliums besser miteinander teilen?“ berührte die Synodalversammlung nach den Worten des Generalrelators Kardinal Jean-Claude Hollerich „einige der wichtigsten Punkte unserer Synode.“ (Vaticannews 13.10.23)

Eine synodale Kirche hat den "Auftrag das Evangelium zu verkünden“, muss aber zugleich „in den vielfältigen Dimensionen unseres täglichen Lebens zum Ausdruck kommen. Zur Sendung der Kirche gehören das Engagement für eine ganzheitliche Ökologie, der Kampf für Gerechtigkeit und Frieden, die vorrangige Option für die Armen und die Ränder der Gesellschaft sowie die Bereitschaft, offen für die Begegnung mit allen zu sein.“ Auf die Anerkennung und Einbeziehung von Frauen zielten viele Fragen des Moduls, die von Kardinal Hollerich eigens herausgestellt werden: 

„Wie können wir dafür sorgen, dass die Frauen sich als integraler Bestandteil dieser missionarischen Kirche fühlen? Nehmen wir, die Männer, die Vielfalt und den Reichtum der Charismen wahr, die der Heilige Geist den Frauen gegeben hat?“ (Ebd.)

Alle einzelnen Themen und Fragen wurden in dem zuletzt am Sonntag in diesem Blog beschriebenen „Gespräch im Geist“ besprochen, in dem entgegengesetzte und in Spannung zueinander stehende Positionen ausdrücklich erwünscht waren: Um im gegenseitigen Zuhören eine Veränderung der eigenen Position wahrnehmen zu können bis hinein in den abschließenden freien Wortmeldungen am Ende des Moduls B2 im Gesamtplenum. Auch wenn es nach Auskunft der Presseberichte in der Arbeit der Kleingruppen und Generalkongregationen immer über konkrete Themen gesprochen wurde - insbesondere auch zu Fragen von Ämtern von Frauen in der Kirche wie z.B. zum Diakonen-Amt -, machten alle Wortmeldungen der verschiedenen Gäste in den Pressekonferenzen am Samstag, Montag und am heutigen Dienstag deutlich, dass von dieser Synode zur Synodalität noch keine konkreten Antworten zu speziellen Themen zu erwarten sind (zu denen jeden Tag auf‘s neue in den Pressebriefings auch die Frage nach der Einbeziehung von LGBTQ-Menschen gehörte, auch wenn sie eigentlich Thema des vorausgegangenen und bis zum Freitag der vergangenen Synodenwoche behandelten Moduls B.1 war) – und dies nicht nur, weil die Synode ja de facto erst im Oktober nächsten Jahres zu Ende gehen wird.

Time a a gift

Am eindrücklichsten wurde diese Einschätzung in dem Statement der aus Irland stammenden Loretoschwester Patricia Murray begründet, die als erste Frau überhaupt von Papst Franziskus in die Kommission der Erstellung des Abschlussdokumentes berufen wurde. Für Patricia Murray bezeichnet die jetzt bis ins nächste Jahr zur Verfügung stehende Zeit in der Pressekonferenz am 16.10.23 als "ein Geschenk":

"It’s like to entering a school of formation, to learn how to be a synodal." 
"Es ähnelt einem Eintreten in einen Bildungsprozess zu lernen synodal zu sein."

Ein Schlüsselaspekt sei dabei für sie als synodale Person in einer synodalen Kirche zu lernen Freiheit zu haben. Wie jede und jeder habe sie auch ihre eigenen Anliegen mitgebracht. Aber im Zuge des synodalen Prozesses habe sie erfahren, diese mehr und mehr bei Seite lassen zu können: im Gebet zur Erlangung der Freiheit und der Offenheit für die Positionen anderer, um auf diese Weise eine größere Gemeinschaft mit anderen auf dem synodalen Weg zu werden. (…) Es sei nicht nur eine Übung des Kopfes, sondern eine Bewegung, in der die ganze Person involviert sei: eine spirituelle Praxis, die  Lernen, Begleitung, Studium und vor allem das Gebet und das Vertrauen auf Gottes Geist verlangt.“

The call to become a ful human being

Und weil Murray dieses Statement als Antwort auf konkrete Fragen nach Veränderungen in der Kirche geben hatte, fügt sie ebenso selbstkritisch wie ironisch nach, dass dies "eine komplizierte Antwort" gewesen sei, um dann noch einmal ihre Aussage in kürzerer Weise zu pointieren:

 „Wir lernen nicht weniger als die Bedeutung von Bildung kennen für diesen Weg des Lebens, sind vielleicht frustriert und verstehen vielleicht nicht, was eigentlich passiert und wozu wir berufen sind. Doch sind wir dazu berufen die Fülle unseres Personseins zu leben: spirituell, seelisch und emotional. Es ist der Ruf im vollen Sinn Mensch zu sein.“

„It’s a call to become a ful human being.“
 

Sonntag, 15. Oktober 2023

Synodenhalbzeit: Der Erfolg des "Gesprächs im Hl. Geist", das Eingeständnis eines Datenlecks und das "Vertrauen in die Liebe"

Seit Beginn der XVI. Generalversammlung der Bischofsynode vergeht keine Pressekonferenz, in der nicht die neue Art und Weise des am 7.10.23 vorgestellten „Gesprächs im Hl. Geist“ gelobt wird, die durch das geschützte Beratungsambiente und die neue Sitzordnung an runden Tischen in Sprachgruppen ermöglicht wird. Entstanden sei dadurch – in den Worten des Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz Bischof Dr. Georg Bätzing – „eine neue Art des Miteinanders, die dem 'Gespräch im Geist' zugutekommt, dem gemeinsamen Hören voneinander und aufeinander, um miteinander Synodalität erfahren zu können.“ (Predigt am 15.10.23)

Kardinal Christoph Schönborn erläutert in einem Video den methodischen Ablauf dieser auch für ihn neuen synodalen Gesprächskultur auf https://fb.watch/nHfe4Jyv7c/

Im aktuell in der Synodenaula behandelten Modul B2 sind es abermals 35 Tischgruppen, die differiert nach den Sprachgruppen sich einem der von den einzelnen Synodenteilnehmenden selbst gewählten Arbeitsblättern in der Methode des "Gesprächs im Hl. Geist" widmen. So wird etwa das Arbeitsblatt B 2.1 an zehn Tischen, das AB B 2.2 an sieben, AB B 2.3 an sechs, AB B 2.4 an fünf und AB B 2.5 ebenfalls an sieben Tischgruppen bearbeitet. Wie bereits gesagt fließen die sich aus den Gesprächen der Tischgruppen ergebenden Rückmeldungen in den Entwurfstext des Abschlussdokumentes ein, wie dies zuvor am Donnerstag zum Ende des Moduls B1 sowie am vorangegangenen Samstag mit den Rückmeldungen zum Teil A des Instrumentum laboris bereits passiert ist. Eine zu Beginn der 2. Synodenwoche gewählte Kommission von Bischöfen unterstützt seitdem das Synodensekretariat bei der Erarbeitung des Abschlussdokumentes, von dem Paolo Ruffini im Pressebriefing am gestrigen 14.10.23 annahm, dass es ggf. weniger als formelles Abschlussdokument denn als erneutes Arbeitsdokument für den 2. Teil der Weltsynode im Oktober 2024 ausfallen werde.

Schatten von Datenleck und Indiskretionen 

Ein Schatten auf die bisher geübte Vertraulichkeit und Geheimhaltung der synodalen Beratungen wurde durch das im selben Pressebriefing vorgetragene Eingeständnis eines erst zum Ende des Moduls B1 der 2. Synodenwoche geschlossenen Datenlecks geworfen. Allgemeine Dokumente, Bilder und Sitzungsvorlagen waren ebenso wie vertrauliche Unterlagen seit Beginn der Synodenversammlung auf einem ungesicherten Cloud-Server abgelegt worden, um einigen Teilnehmenden mit Passwort-Problemen den Zugang zu den Sitzungsunterlagen zu ermöglichen. Dass hierdurch auch externe Beobachter und Medien Zugang zu vertraulichen Daten und Gruppenlisten bekommen konnten, wurde durch das amerikanische katholische Online-Magazin The Pillar bekannt. Obwohl es sich nicht um Ergebnisberichte für das Gesamtplenum zum Ende der Modulberatungen gehandelt hat, bleibt zu hoffen, dass geleakte Informationen nicht von interessierter Seite gegen die Synode oder Teilnehmende verwendet werden. 

Auch wenn die Tatsache eines ungesicherten Cloud-Servers dem Synodensekretariat selbst anzulasten ist, zeigt die Weitergabe des Zugangslinks nach außen doch auch die Bereitschaft einzelner Synodalen die vereinbarte Vertraulichkeit zu unterlaufen – bis hin zu bewusst eingegangenen Interviews und gezielten Veröffentlichungen zu konkret verhandelten Themen der Synode. 

"Vertrauen in die Liebe"

Zum Verlauf der synodalen Beratungen passend wurde am heutigen Festtag der Hl. Teresa von Ávila überraschend das Apostolische Schreiben "C'est la confiance" über das Vertrauen in die barmherzige Liebe Gottes anlässlich des 150. Geburtstages der Heiligen Therese vom Kinde Jesu und vom Heiligen Antlitz veröffentlicht. An die Synodenmitglieder könnte die Abschnitte 49 und 50 gerichtet ein, „dass, obwohl alle Lehren und Normen der Kirche ihre Bedeutung, ihren Wert, ihr Licht haben, einige dringlicher und grundlegender für das christliche Leben sind.“ Eben darauf habe Theresia ihren Blick und ihr Herz gerichtet.

"Als Theologen, Moraltheologen, Gelehrte der Spiritualität, als Hirten und als Gläubige, müssen wir, jeder in seinem Bereich, diese geniale Einsicht der kleinen Therese noch mehr aufgreifen und die Konsequenzen daraus zu ziehen, theoretisch wie praktisch, lehrmäßig wie pastoral, persönlich wie gemeinschaftlich. Dazu braucht es Mut und innere Freiheit." (Ebd., n. 50)


 

Samstag, 7. Oktober 2023

Synodalität als Bezeichnung für die "neue Art und Weise, Dinge zu tun und Probleme seitens der Kirche anzugehen": Erste Pressekonferenz mit zwei Synodalen zum Ende der Beratungen zum Teil A des Instrumentum laboris

Screenshot Vaticanmedia 7.10.23

Wie in der ersten Pressekonferenz am Donnerstag, den 5.10.2023 vom Präfekten des vatikanischen Kommunikationsdikasteriums Paolo Ruffini und der Sekretärin der Informationskommission der Bischofssynode Sheila Leocádia Pires angekündigt waren heute mit dem kongolesischen Kardinal Fridolin Ambongo Besungu und der US-amerikanischen Ordensschwester Leticia Salazar erstmals zwei Synodale zum Ende der Beratungen von Teil A des Instrumentum laboris zu Gast beim heutigen Briefing.

Anders als in den vorausgegangenen Synoden werden die Ergebnisse der Beratungen in der Tisch- und Sprachgruppen, der sogenannten "circoli minori", ebenso wenig veröffentlicht wie der vorläufig daraus von der Redaktionskommission erarbeitete Entwurf für den entsprechenden Abschnitt A des Abschlussdokuments. Die Diskretion über die verhandelten Inhalte soll den Beratungsverlauf der Synode schützen und die Bedingungen des Einander Zuhörens und Unterscheidens bereiten. Ermöglichen soll dies die Methode eines "Gesprächs im Hl. Geist", die in der Pressekonferenz kurz erläutert wird.

Das Hören auf das Wort und das Wirken des Geistes

Auf eine kluge Weise führte Kardinal Besungo, der zugleich auch Präsident der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagascar (SECAM) ist, die Frage in der Pressekonferenz nach der Behandlung von LGBTIQ-Themen im Synodenplenum auf das derzeit in Teil A des Instrumentum laboris im Fokus stehende Thema der Synodalität zurück. Die Besonderheit dieser Synode bestehe ja genau darin, "eine neue Art und Weise zu definieren, Dinge zu tun und Probleme seitens der Kirche anzugehen." (Vaticannews 7.10.2023) Darin - so Kardinal Besungo - würde der Herr seiner Kirche den Weg zeigen auch mit den Fragen rund um LGBTIQ umzugehen.

Ausblick in Spannung auf die 2. Synodenwoche

Man muss kein Prophet sein, dass die Frage nach der Integration von LGBTIQ-Menschen, aber auch des Umgangs mit wiederverheiratet Geschiedenen und polygamen Lebensgemeinschaften auch in der nächsten Synodenwoche wieder im Zentrum stehen, werden doch diese Fragen im dann im Fokus stehenden Teil B1 tatsächlich angesprochen, so dass sie Gegenstand der Auseinandersetzung werden. Spätestens am Donnerstag, den 12.10.2023 werden dann die zum Presse-Briefing als nächste aus der Synodalversammlung geladenen Gäste Vertiefendes sagen können, bevor am Nachmittag eine für alle Synodalinnen und Synodalen obligatorische Wallfahrt ansteht. Vielleicht kann auf diese Weise Indiskretionen vorgebeugt und die Vertraulichkeit der Beratungen geschützt und vertieft werden.



Mittwoch, 4. Oktober 2023

„Die Kirche mit offenen Türen, für alle, alle, alle!“ – Die Eröffnung der 3. Phase der XVI. Generalversammlung der Bischofsynode

screenshot vaticanmedia 4.10.23

Mit einem Gottesdienst auf dem Petersplatz mit allen Synodalinnen und Synodalen und einer großen Beteiligung von Gläubigen aus aller Welt hat die 3. Phase der XVI. Generalversammlung der Bischofsynode begonnen. Papst Franziskus nahm in seiner Predigt direkt die von außen an die Synode herangetragenen Spannungen auf. In Bezug auf den heutigen Festtag des Hl. Franziskus stellte er heraus, dass Franz von Assisi „in einer Zeit großer Kämpfe und Spaltungen zwischen weltlicher und geistlicher Macht, zwischen der Amtskirche und häretischen Strömungen, zwischen Christen und anderen Gläubigen, niemanden kritisiert und sich über niemanden hergemacht [hat], sondern nur die Waffen des Evangeliums eingesetzt: die Demut und die Einheit, das Gebet und die Nächstenliebe. Lasst es uns ebenso machen! Machen wir es genauso: Demut und Einheit, Gebet und Nächstenliebe.“ (Vaticannews 4.10.23)

Die Synode ist kein Parlament

 „[W]ir  sind bei der Eröffnung der Synodenversammlung. Und da brauchen wir keinen innerweltlichen Blick, der aus menschlichen Strategien, politischen Überlegungen oder ideologischen Kämpfen besteht. Dass die Synode diese oder jene Erlaubnis erteilt, diese oder jene Tür öffnet - das braucht es nicht. Wir sind nicht hier, um eine parlamentarische Sitzung oder einen Reformplan voranzubringen. Die Synode, liebe Brüder und Schwestern, ist kein Parlament. […] Und wenn das heilige Volk Gottes mit seinen Hirten aus der ganzen Welt Erwartungen, Hoffnungen und auch einige Befürchtungen in Bezug auf die Synode hegt, die wir gerade beginnen, sollten wir uns erneut daran erinnern, dass sie keine politische Versammlung ist, sondern eine Zusammenkunft im Heiligen Geist; [...] ein Ort der Gnade und der Gemeinschaft.“ (Ebd.)

Die Hauptperson ist der Heilige Geist!

In seiner Ansprache zur Eröffnung in der Synodenaula unterstreicht Papst Franziskus seine Gedanken, dass der Geist derjenige ist, "der die Kirche hervorbringt": 

„Er ist es, der die Kirche schafft.“ Er ist „der Protagonist der Synode“. Ihm gegenüber stehe „die am weitesten verbreitete Krankheit in der Kirche: Geschwätz. Und wenn wir nicht zulassen, dass der Heilige Geist uns von dieser Krankheit heilt, wird ein synodaler Prozess kaum gut werden. Zumindest hier drinnen: Wenn du nicht einverstanden bist mit dem, was jener Bischof oder jene Ordensschwester oder jener Laie dort sagt, dann sag es ihm ins Gesicht. Dafür ist es eine Synode. Um die Wahrheit zu sagen, und nicht das heimliche Geschwätz." (press.vatican 4.10.23)

Wider den „Druck von außen“

In seinem eindringlichen Plädoyer für das Wirken des Geistes im Einander Zuhören erinnert Papst Franziskus an die in diesem Blog bereits erwähnten Drucksituationen der vorangegangenen Synoden:

Als die Synode über die Familie stattfand, gab es eine öffentliche Meinung, die von unserer Weltlichkeit herrührte, dass sie dazu da sei, den Geschiedenen die Kommunion zu ermöglichen: Und so sind wir in die Synode hineingegangen. Als es die Synode für das Amazonasgebiet gab, gab es die öffentliche Meinung, den Druck, dass es viri probati geben solle: Wir sind mit diesem Druck hineingegangen. Jetzt gibt es einige Spekulationen über diese Synode: »Was werden sie tun?«, »Vielleicht das Priesteramt für Frauen«..., ich weiß nicht, diese Dinge, die sie draußen sagen.“ (ebd.)

Perspektiven aus der Synodalität 

Wider alle Spekulationen von außen wurde Papst Franziskus in seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst konkret auf seine Erwartungen an die Synode - verbunden mit dem spirituellen Geschehen, gemeinsamer Andacht und Gebet, dem eigentlichen Movens der Synode:

Der offene Blick auf das Fehlen und die Erneuerung der Kirche:

„Unsere Mutter Kirche bedarf stets der Reinigung, der „Reparatur“, denn wir alle sind ein Volk von Sündern, denen vergeben worden ist.“ (Ebd.)

Der Offenheit für das Wirken der Geistkraft:

„Der Heilige Geist bricht dann oftmals unsere Erwartungen, um etwas Neues zu schaffen, das unsere Vorhersagen und unsere Negativität übertrifft." (Ebd.)

Die Offenheit der Kirche für alle Menschen:

„Die Kirche mit offenen Türen, für alle, alle, alle!" (Ebd.)



Montag, 2. Oktober 2023

Dubia und Antworten von Papst Franziskus - Paukenschläge und Klarstellungen wider eine „Synode der Medien“

Screenshot vaticannews  2.10.23

Schon zwei Tage vor Beginn der Weltsynode hat schlagartig die „Synode der Medien“ begonnen, die von außen manipulierend Themen der Synodalversammlung setzen und ihren Verlauf beeinflussen will. Waren es bei der ersten Familiensynode nach einer Woche ab der Vorstellung der Zwischenrelatio das Medienecho, bei der Jugendsynode und Amazonassynode Querschüsse gewissermaßen von Anfang an (mit dem Höhepunkt einer dem emeritierten Papst unterschobenen Buchveröffentlichung), beginnt die mediale Auseinandersetzung zur „Synode zur Synodalität“ jetzt schon vor deren eigentlichem Beginn. Und wie schon 2014/15, 2018 und 2019 sind es Lobbygruppen (von 2014 sind noch die Kardinäle Burke und Brandmüller dabei, von 2018 und 2019 noch Kardinal Sarah und gewissermaßen „neu“ die schon nicht mehr wahlberechtigten Kardinäle Zen Ze-kiun, 91 Jahre und Sandoval Íñiguez, 90 Jahre), die von außen über eingebrachte "Dubia" den Synoden-Fahrplan lautstark auf ihre Themen hin verändern wollen, statt den Synodalen und Synodalinnen selbst den Beratungsverlauf zu überlassen. Dasselbe gilt natürlich auch für Positionierungen, die Themen des Synodalen Wegs der deutschen Ortskirche – so sehr sie mehrheitsbildend über drei Jahre erarbeitet wurden –, die ebenso nicht einfach 1:1 auf weltkirchlicher Ebene übertragen werden können, sondern in ihrer für die Ortskirche wichtigen Bedeutung und Geltung einzubringen sind – und dies selbstredend an den Stellen, an denen sie in der Bearbeitung des Instrumentum laboris in seinen vier Teilen  A, B1, B2 und B3 „an der Zeit sind“. Das erfordert Demut, Zurückhaltung und Contenance, die nicht medienreißerisch von außen in die Synodenaula hinein und ebenso nicht aus der Synodenaula heraus nach außen polemisiert, sondern der XVI. Generalversammlung der Bischofssynode den geschützten Raum gibt, in dem die Beratungen auch als geistliches Geschehen stattfinden und wirken können. Von daher war es weise, externe Medien aus den Synodalen Beratungen herauszuhalten, den Synodalinnen und Synodalen einen geschützten Raum zu bieten und ihnen selbst eine zurückgenommene Medienberichterstattung nahezulegen. Dass dies wie bei all den genannten Synoden seit 2014 - die in ihrer jeweiligen  Transparenz in meiner seitdem geschärften Wahrnehmung an Offenheit jedes Mal mehr gewonnen haben und unvergleichlich gegenüber den Bischofssynoden davor sind bis zur Einführung des Stimmrechts von Nicht-Bischöfen und Frauen bei dieser Synode – nicht eintreffen wird, ist leider zu befürchten und zeigt die lautstarke Veröffentlichung von seit Juli an Papst Franziskus gerichteten Dubia, auf die er bisher vermeintlich "unklar"geantwortet habe, deutlich. Umso mehr gilt es in der medialen Berichterstattung nicht den Heißmacherinnen und Heißmachern, bildlich gesprochen von rechts und links, zu folgen, sondern möglichst viel von der synodalen Bewegung mitzubekommen, von der Katholikinnen und Katholiken auf der ganzen Welt glauben und dafür beten, dass der Heilige Geist und seine Geistkraft sie leiten und die Zukunft der Kirche im Sinne eines Aggiornamento verändern möge. Wie am Samstag bereits geschrieben geht es um die Zukunft der Kirche im Ganzen.

Dass Papst Franziskus die von außen auf die Synode zielenden Fragen – z.T. betreffen sie Themenstellungen der Beratungen, die im Instrumentum laboris aufgeführt sind –, dennoch bereits am selben Tag noch beantwortet hat und darin auch Fragen zur Synodalität und dem Segensauftrag der Kirche aufgreift, macht deutlich, dass er den Rahmen der Beratungen der Synode offen halten und zugleich auch Mut für eine tiefere Erschießung der Botschaft Christi und Tradition in den Kulturen der Welt geben will. Wie dies auf weltkirchlicher Ebene ausgetragen wird und gelingen kann, werden alle Synodalinnen und Synodalen im Eröffnungsgottesdienst am Mittwoch als Gabe des Heiligen Geistes für den Synodenverlauf erbitten.