Sonntag, 14. Oktober 2018

„Sie kommen zu spät, der Erzbischof ist schon heilig“-  oder: was die Heiligsprechungen mit der Jugendsynode zu tun haben


Dieses Zitat  - schon über 20 Jahre alt - trifft jetzt natürlich doppelt zu: Heute Morgen wurde der im Jahr 1980 während einer Messe erschossene Erzbischof von El Salvador, Oscar Romero zusammen mit Papst Paul VI., der Dernbacher Ordensschwester Maria Katharina Kasper und vier weiteren Seligen heiliggesprochen.


Ich fand das besagte Zitat wenige Tage zuvor in einer Facebook-Nachricht der Schweizer Dogmatikerin Eva-Maria Faber. Es stammt von dem Befreiungstheologien Jon Sobrino aus El Salvador:

„Für die meisten Leute ist Romero ein Heiliger, sei er nun kanonisiert oder nicht. Letzthin meinte jemand: ‚Sie kommen zu spät, der Erzbischof ist schon heilig!‘ In dieser unserer Welt aber ist auch das Institutionelle wichtig und es wäre gut, wenn er offiziell heiliggesprochen würde.“ (Jon Sobrino, 1996).

Ja, die formelle Heiligsprechung hat eine Bedeutung, die aber auch für Sobrino über das rein Institutionelle hinausgeht:

„Mir persönlich ist nicht wichtig, ob Erzbischof Romero kanonisiert wird oder nicht, aber seine Heiligsprechung könnte vielen Opfern ihre Würde zurückgeben und wäre Balsam auf die Wunden vieler Mütter, Ehefrauen und Töchter. Durch ihn würden sich Abertausende vertreten sehen.“ (Jon Sobrino, 2003).

In den Heiliggesprochenen drückt sich etwas aus, was das Christsein als solches ausmacht. Und gerade darauf fokussiert Papst Franziskus auch in seiner Predigt, in der er die Gefahr für die Kirche anspricht, wenn sie Jesus nicht mehr als "Verliebte" folgt, sich nur noch um einige Gebote kümmert und nicht mehr fähig ist, "aus Liebe zum Herrn loszulassen: den Reichtum, die Sehnsucht nach Status und Macht, nach Strukturen, die der Verkündigung des Evangeliums nicht mehr angemessen sind, einem Ballast, der unsere missionarische Sendung bremst, nach Bindungen an die Welt." 

"Ohne einen Fortschritt in der Liebe erkrankt unser Leben und unsere Kirche an »egozentrischer Selbstgefälligkeit« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 95): man sucht die Freude in kurzfristigen Vergnügungen, man verschließt sich in sterilem Geschwätz, man bettet sich in der Monotonie eines christlichen Lebens ohne Schwung, wo ein wenig Narzissmus die Tristesse des Unvollendet-Bleibens überdeckt."
Und Papst Franziskus geht in das Hier und Jetzt – mitten in den synodalen Beratungen über Zukunftsfragen der Kirche:

"Heute lädt uns Jesus ein, zu den Quellen der Freude zurückzukehren: zur Begegnung mit ihm, zu einer mutigen und risikofreudigen Entscheidung, um ihm nachzufolgen, zum Gefallen daran, etwas aufzugeben, um seinen Weg einzuschlagen.“
Die Heiligen seien diesen Weg gegangen.

"Paul VI. tat dies nach dem Beispiel des Apostels, dessen Namen er annahm. Wie dieser lebte er ganz für das Evangelium Christi, indem er Grenzen überwand und Neuland betrat sowie durch Verkündigung und Dialog sein Zeuge wurde, Prophet einer hinausgehenden Kirche, die Weitblick hat und sich um die Armen kümmert. Paul VI. hat, manchmal unter Mühen und von Unverständnis umgeben, ein leidenschaftliches Zeugnis von der Schönheit und Freude einer totalen Nachfolge Jesu abgelegt. Noch heute mahnt er uns, zusammen mit dem Konzil, dessen weiser Steuermann er war, unsere gemeinsame Berufung zu leben: die universale Berufung zur Heiligkeit. Nicht zum Mittelmaß, sondern zur Heiligkeit.  

Es ist schön, dass mit ihm unter den neuen Heiligen auch Erzbischof Romero ist, der auf weltliche Absicherungen, ja auf seine eigene Sicherheit verzichtete, um evangeliumsgemäß sein Leben hinzugeben. Er war den Armen und seinem Volk nahe. Sein Herz war hingezogen zu Jesus und seinen Brüdern und Schwestern.  

Dasselbe gilt für Francesco Spinelli, Vincenzo Romano, Maria Katharina Kasper, Nazaria Ignacia de Santa Teresa und Nunzio Sulprizio (...). Alle diese Heiligen haben in unterschiedlichen Situationen mit ihrem Leben das heutige Schriftwort deutlich gemacht, ohne Lauheit, ohne Berechnung, mit der Leidenschaft, etwas zu riskieren und loszulassen. Möge der Herr uns helfen, ihr Beispiel nachzuahmen.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen