Montag, 8. Oktober 2018

Über den Dialog der Generationen, die Heiligkeit in der Schwachheit und das allgegenwärtige Thema Nr. 1
Während die Arbeitsgruppen am heutigen Montag der zweiten Synodenwoche sich am Nachmittag bereits an die Abstimmung von Eingaben und Überarbeitungsvorschlägen (Modi) zum ersten Teil des Instrumentum laboris machen, stehen bei der Pressekonferenz – in der Zusammenschau der Beiträge in den Statements der Gäste und der nachfolgenden Rückfragen der Journalisten – drei Themen im Vordergrund.
Rückblickend kennzeichnet für Erzbischof Charles J. Scicluna (Malta) die ersten Synodentage vor allem der Austausch, die Begegnung zwischen den Generationen. Ein Wort Papst Johannes’ XXIII. aufnehmend, müsse die Jugend realisieren, „dass die Welt schon vor ihnen war, und die Alten, dass die Welt auch nach ihnen bestehen werde.“ Und Erzbischof Scicluna verweist auf Papst Franziskus der bereits in seiner Eröffnungsrede in der Synodenaula die Voraussetzungen für den synodal anstehenden „Dialog und die Begegnung unter den Generationen“ benannte und als Voraussetzung für das „Rendezvous mit der Zukunft“ davor warnte,
  die Alten als ‚altes, vergangenes und langweiliges Zeug‘ zu betrachten und dabei zu vergessen, dass es töricht ist, immer bei Null beginnen zu wollen, als ob das Leben nur mit jedem von ihnen anfangen würde. In Wirklichkeit bleiben die Alten trotz ihrer körperlichen Gebrechlichkeit immer das Gedächtnis unserer Menschheit, die Wurzeln unserer Gesellschaft, der ‚Puls‘ unserer Zivilisation.“ (eigene Übersetzung)

Und der Erzbischof greift noch einmal die Bildsprache von Papst Franziskus, der auch auf dem Fest der Jugend die Alten als „die Wurzeln“ bezeichnete, aus denen heraus der Baum und die Blüten erwachsen. Und ebendieses Sprachbild der ‚Wurzeln‘ berichtet wenig später in seinem Statement und auf Nachfrage ein weiteres Mal Emmanuel Gobilliard, Weihbischof von Lyon, als er mit Leuchten in den Augen von einer selbstgemachten Videobotschaft für die Jugend von Lyon erzählt, in der Papst Franziskus die Bedeutung der älteren Generation für die Jugend in derselben Weise und mit weiteren guten Ratschlägen anspricht.

Für den italienischen Psychologie-Studenten und Auditor Thomas Leoncini – mit ihm würde ich den zweiten Themenschwerpunkt der Pressekonferenz und dieses Tages verbinden – ist der Einbezug der verschiedenen Lebensgeschichten junger Erwachsener das hervorstechende Kennzeichen der Synode und die Weise, wie er Papst Franziskus als beispielhaft für die Kirche ansehe: Wie die Lebensgeschichten Jugendlicher in ihren Schwierigkeiten, auf Abwegen, bar jeder Zukunft ohne Verurteilung wahrgenommen und darin auch wirklich angenommen seien. Das sei „der wichtigste Aspekt“. Und dann erzählt Thomas Leoncini wahrscheinlich die frei vorgetragene Eingabe von Papst Franziskus vom Freitagvormittag, die am Samstag noch Thomas Andonie beeindruckte, nach der ein junger Priester Papst Franzikus gefragt habe, wie er einen Atheisten überzeugen könne. Der Papst habe dem Priester damals gesagt, er soll nicht überzeugen, sondern das Leben mit ihm leben und ihm sein Leben zeigen. Das sei die Weise, wie dieser ihm folgen werde. „Imitati il Papa!“, waren die eindrücklichen letzten Worte von Thomas Leoncini zu den Journalisten.

‚Die unbedingte Annahme jedes Menschen‘ ist auch die Antwort, die der Lyoner Weihbischof Emmanuel Gobilliard kurzgefasst auf die nach Nachfrage nach dem Umgang mit homosexuellen Menschen gibt. Für Weihbischof Gobilliard bedeutet mit Menschen umzugehen, sie gerade nicht Kategorien einzuteilen.
"Wir müssen die Pastoral aus der Beziehung heraus gestalten, ohne jemanden von der Begegnung mit Jesus auszuschließen.“
Der Herr liebe uns in der Individualität und Identität und nicht als Teil einer namenlosen Menge. ‚Die Kunst der Begleitung‘, aus den Familiensynoden und den päpstlichen Schreiben Evangelium gaudium (EG 169) und Amoris laetitia gut bekannt, klingt hier an, selbst wenn die grundsätzliche Behandlung der Themen Homosexualität/Sexualität sicher auf dieser Synode noch weiter stattfinden wird.

Eine ähnliche Tiefe erreichte für mich später ein Zitat aus dem Apostolischen Schreiben Gaudete et Exsultate, nach der die Heiligkeit „die Begegnung deiner Schwäche mit der Kraft der Gnade“ sei (GeE 34). Erzbischof Charles J. Scicluna benannte dieses Zitat als er auf wiederholte Nachfrage aus dem Auditorium der Journalisten zu den Konsequenzen der Missbrauchsskandale in der Welt darauf zu sprechen kam: Ja, er habe auf seinen Reisen als päpstlicher Gesandter in einigen von Missbrauchsskandalen erschütterten Staaten Südamerikas – zu Recht –  gehört: „Shame on you“. Yes, shame on me.“ Es sei seine Weise gewesen mit den Opfern zu weinen, diese Scham zu empfinden, gedemütigt zu sein und darüber mit ihnen im Gespräch zu sein. Dies und nur dies sei der Weg, den Opfern zu begegnen. Und der nächste Schritt – nach der Übernahme von Verantwortung und Konsequenzen wurde ebenso gefragt – wäre die im Februar einberufene Versammlung der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen im Februar 2019 in Rom. Dass es hier strukturelle Konsequenzen geben müsse, könne im Rahmen der Jugendsynode nur zu einem bemessenen Teil adäquat beschrieben werden – auch wenn die Thematik im Abschlussdokument, so Erzbischof Charles J. Scicluna sicher einen breiteren Raum ausnehmen werde als im Vorbereitungspapier, dem Instrumentum laboris.

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