Mittwoch, 3. Oktober 2018


Horizonte erweitern, das Herz öffnen, Strukturen verändern – oder: wie die Jugendsynode begann



Auditor*innen und Synodale. Mitte rechts bzw. unten links die dt. Delegierten
Thomas Andonie, Vorsitzender des BDKJ, und Jugendbischof Stefan Oster
Mit einem Gottesdienst auf dem Petersplatz begannen am Vormittag die 267 Synodenväter und 49 Auditor*innen in der Gemeinschaft von mehreren Tausend Gläubigen die XV. Generalversammlung der Bischofssynode zur Thematik „Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung“. Papst Franziskus erinnert bereits in seiner Predigt[d]ie Gabe des aufrichtigen, betenden und von Vorurteilen und Vorbedingungen möglichst freien Zuhörens“ und knüpft zugleich an seine Rede während der Gebetswache zur Vorbereitung der Familiensynode, 4. Oktober 2014 an:


„Auf Gott hören, um mit ihm auf den Schrei des Volkes zu hören; auf das Volk hören, um mit ihm den Willen wahrzunehmen, zu dem Gott uns ruft.“
Papst Franziskus unterstreicht diese Bedingungen des gegenseitigen Zuhörens noch einmal bei seiner Ansprache in der Synodenaula, in dem er auf die Bedingungen des Dialogs der Generationen zu sprechen kommt und nicht ohne Augenzwinkern und Heiterkeit im Synodenplenum bemerkt, dass der größte Teil der Anwesenden eher nicht mehr der Generation der Jugendlichen zuzurechnen sei.





„Die Beziehungen zwischen den Generationen sind ein Gebiet, in dem Vorurteile und Stereotype mit einer sprichwörtlichen Leichtigkeit Wurzeln schlagen, so dass wir es oft nicht einmal bemerken. Junge Menschen sind versucht, Erwachsene als überholt zu betrachten; Erwachsene hingegen sind versucht, junge Menschen als unerfahren zu betrachten, meinen zu wissen, wie Sie sind und vor allem, wie Sie zu sein und sich zu verhalten haben. All das kann ein großes Hindernis für den Dialog und die Begegnung zwischen den Generationen sein.“ (eigene Übersetzung)
Umgekehrt könne „[d]­­­­­­­ie Begegnung der Generationen [] äußerst fruchtbar sein, um Hoffnung zu erzeugen.“  Der Prophet Joel lehrt uns in dem, was [] eine Prophezeiung für unsere Zeit sein könnte: "eure Ältesten werden Träume, eure jungen Leute werden Visionen haben" (3,1) und Sie werden prophezeien.“


Um dies im Miteinander von Synodenvätern, Expert*innen, Delegierten und den insgesamt 34 jungen Erwachsenen aus den verschiedensten Teilen und Ortskirchen der Welt zu ermöglichen – so erläutert im Anschluss der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri – , werden alle Synodenteilnehmer eine auf 4 Minuten bemessene (und damit um eine Minute gegenüber den vorausgegangenen Synoden verlängerte) Redezeit im Synodenplenum haben – gefolgt von entsprechend mehr Zeit und ausführlicherem Austausch in den Sprach- und Kleingruppen, den sogenannten 'Circoli minori‘, die insgesamt 12 mal zusammenkommen und beraten werden.


Mit diesen Hinweisen zur Arbeit der Bischofssynode rekapituliert Kardinal Baldisseri die nun bald zweijährige Vorbereitungszeit, der am 6. November 2016 von Papst Franziskus ausgerufenen Generalversammlung der Bischofssynode. Stationen waren das erste Vorbereitungsdokument der Bischofssynode vom 13. Januar 2017 samt einem Brief von Papst Franziskus an die Jugendlichen, die Freischaltung einer allen Jugendlichen der Welt offenstehende Online-Umfrage (die 110.000 Jugendliche vollständig ausfüllten), ein Expertenseminar im September 2017 und schließlich die Vorsynode mit über 300 Jugendlichen vom 19. – 24. März 2018, deren Ergebnisdokument in das nun vorliegende Arbeitspapier der Bischofssynode, dem Instrumentum laboris geflossen ist.


Entsprechend seinen drei Teilen wird der Fortgang der Synode – in etwa im Wochenrhythmus der auf dreieinhalb Wochen angelegten Synode – den Schritten von „Erkennen – Interpretieren – Wählen“ folgen, wobei darauf zu achten sein wird, die jeweiligen Phasen inhaltlich wie methodisch auseinanderzuhalten. Dies unterstreicht der Generalrelator Kardinal Sérgio da Rocha, der zugleich betont, dass das einer Unterscheidungsfindung dienende Verfahren mehr sei als eine Methode, sondern ein neuer ‚ekklesialer Stil‘, der eng mit dem Pontifikat von Papst Franziskus verbunden sei.


„Dabei wird es von Anfang an wichtig sein, die Methode mit Disziplin zu respektieren, ohne ihre verschiedenen Momente vorwegzunehmen oder zu verwechseln: Es wäre falsch, sich zu entscheiden, ohne vorher zu erkannt und interpretiert zu haben; es wäre ungerecht, unabhängig von dem, was man erkannt hat, zu interpretieren; und es wäre letztlich vergeblich, zu erkennen und zu interpretieren, ohne dann zu entscheiden, in welche Richtung der nächste Schritt gehen soll.“ (eigene Übersetzung)


Papst Franziskus will eine "Kirche im Hören und im Aufbruch“, die „im Status einer permanenten Mission“ begriffen ist und synodal voranschreitet – wie bereits durch die Aufnahme von 84 bzw. 136 direkten Zitaten der Synodenabschlusstexte aus den Jahren 2014 und 2015 im nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia unter Beweis gestellt wurde. Nach der neuen, am 15. September 2018 veröffentlichten Apostolischen Konstitution „Episcopalis communio“ radikalisiert sich der synodale Prozess nun durch eine neue Geschäftsordnung noch weiter, indem das Abschlussdokument als solches bereits nach der Zustimmung der Synode und der Annahme durch Papst Franziskus am Synodenabschlusstag, den 27. Oktober 2018, Teil des ordentlichen Lehramtes werden wird.  

Es bleiben 25 Tage synodaler Prozess, bei dem es darauf ankommen wird, die großen Themen dieser Synode: die Jugend in ihrer Lebenswirklichkeit und mit ihren spezifischen Herausforderungen, den Glauben sowie die unterschiedlichen Weisen ihrer Berufung tiefer zu ergründen, die Zukunft der Kirche zu gestalten. 
 

Papst Franziskus ruft zum Abschluss seiner Predigt im Synodeneröffnungsgottesdienst die letzten Worte des II. Vatikanischen Konzils den Synodalen in Erinnerung, die nicht von ungefähr ebenfalls der und an die Jugend gewidmet waren:

"Vier Jahre arbeitete die Kirche daran, ihr Antlitz zu verjüngen, um dem Entwurf ihres Gründers, des Lebendigen schlechthin, des ewig jungen Christus, besser zu entsprechen. Und am Ende dieser beeindruckenden 'révision de vie' wendet sie sich an euch: Für euch junge Menschen, für euch vor allem, hat sie mit ihrem Konzil ein Licht entzündet, das die Zukunft, eure Zukunft erhellt. Die Kirche begehrt, dass die Gesellschaft, die ihr aufbauen werdet, die Würde, die Freiheit und das Recht der Menschen respektiert: und diese Menschen seid ihr. […] Sie vertraut darauf, dass ihr verstehen werdet, euren Glauben im Leben zu bezeugen, den Glauben an das, was dem Leben Sinn verleiht: die Gewissheit der Existenz eines gerechten und guten Gottes.

Im Namen dieses Gottes und seines Sohnes Jesus ermahnen wir euch, eure Herzen auf die Vielgestaltigkeit der Welt hin zu weiten, den Ruf eurer Brüder und Schwestern zu verstehen und eure jugendlichen Energien mutig in ihren Dienst zu stellen. Kämpft gegen jeden Egoismus. Weigert euch, den Instinkten von Gewalt und Hass, die Kriege und ihre traurigen Begleiterscheinungen des Elends hervorrufen, freien Lauf zu lassen. Seid großzügig, rein, respektvoll, aufrichtig. Und errichtet mit eurer Begeisterung eine bessere Welt als die heutige!" (Paul VI, Botschaft an die Jugendlichen am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils, 8. Dezember 1965). 

Und zu den Synodalen gewandt, die zur Zeit des Konzils noch mehrheitlich der jungen Generation zugehörten, erinnert Papst Franziskus ein Zitat Friedrich Hölderlins:



"Dass dir halte der Mann, was er als Knabe gelobt."






 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen