Donnerstag, 25. Oktober 2018

Synodality is the keyword - oder: über Pilger, Protagonisten und die Pseudopresse
Die Idee einer Wallfahrt war erst im Rahmen der Jugendsynode entstanden und hätte dem Ambiente die Zueinanders der Synodalen, Expert*innen und der jungen Auditor*innen wahrscheinlich schon früher gut getan, schreibt Clemens Blattert SJ in seinem persönlichen Synodenblog: “So etwas hätte es eigentlich schon nach den ersten drei Sitzungstagen gebraucht, um uns auch abseits des Protokolls besser kennen zu lernen": Der 6 km lange Weg entlang der Via Francigena, der mit einem Gottesdienst mit einer beeindruckenden Predigt Kardinal Rino Fisichellas, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung, abgeschlossen wurde:
Die Auslegung der Evangeliums-Textstelle Johannes 21,15-22 über dem Petrusgrab war zugleich eine Predigt über eine über 30 Jahre währende Berufungsentwicklung von Petrus, den in Jugendjahren die Berufung Jesu ereilte, aber erst etwa 30 Jahre später den Ruf der Letzthingabe in der Liebe ganz gehen konnte. Ohne es direkt auszusprechen, war auf die jungen Erwachsenen wie die älteren Synodalen hin gesagt, dass die Berufungsentwicklung ein Weg ist, der in jungen Jahren beginnt und auch mit ergrauten Haaren noch nicht abgeschlossen ist. Der Glaube als ein Weg. Zeugnisse der Hingabe, davon waren die synodalen Tage voll – und zuweilen schienen die Jugendlichen die Bischöfe nicht nur durch Kreativität und einen „Wasserfall“ (so Kardinal Bassetti heute) an Lebensenergie, sondern auch mit ihren Lebenszeugnissen in der Synodenaula zu beeindrucken, ja mit ihrem Lebenszeugnis tief zu berühren. Kardinal Tagle erwähnte nach Momenten einer Tränenrührung die Beispiele des 23jährigen Safa aus dem Irak (s. Blog-Beitrag vom 23.10.2018) und des 26jährigen Daniel aus Pakistan, die allen Synodenteilnehmer*innen eindrucksvoll mit ihrer bezeugten Glaubenserfahrung in Erinnerung bleiben werden. In dieser Erfahrung des ‚Gemeinsam-auf-dem-Weg-Seins‘ stand am Ende das immer wieder zu hörende ‚Wir‘, das ‚Gemeinsam‘ und ‚Zusammen‘ von Jung und Alt, Bischöfen und Auditor*innen und Expert*innen und die Erfahrung des gemeinsam voranschreitenden Volkes Gottes – wie es Kardinal Marx gestern sagte, am Ende der dreieinhalb Wochen Jugendsynode: eine Erfahrung gelebter Synodalität.
Synodalität – von der Wortbedeutung meint es ebendieses ‚Miteinander Gehen und Unterwegssein‘ – ist auch heute der meistgebrauchte Begriff in der Pressekonferenz. Kardinal Gualtiero Bassetti, Erzbischof von Perugia und Präsident der Italienischen Bischofskonferenz (CEI), den ich persönlich auf einer CEI-Tagung zur Rezeption von Amoris laetitia Ende des Jahres 2017 und auf dem diesjährigen Weltfamilientreffen in seiner weisen und theologisch-dichten Denkart schätzen gelernt habe, berichtet in seinem ersten öffentlichen Statement überhaupt während der Synode von dem „Camminare insieme‘, das die intensiven Tage dieser Synode prägte:

"Il Sinodo è stato 'una policromia di colori e una polifonia di lingue', la presenza dei giovani ci ha fatto 'sperimentare il vento della Pentecoste'”.  
"Die Synode sei 'ein Polychrom von Farben und eine Polyphonie der Sprachen' gewesen, die Anwesenheit junger Menschen hat uns 'den Wind von Pfingsten' erleben lassen." (Vatican News vom 25.10.2018; eigene Übertragung)


Synodality is a Keyword
Für den heute ebenfalls zur Pressekonferenz erschienenen Kardinal Arlindo Gomes Furtado, Erzbischof von Santiago (Kap Verde), war diese Synode eine tiefe Erfahrung von “Gemeinschaft”, eines “Zusammen Gehens’, das auch für den jungen, brasilianischen Auditor der Schönstattbewegung Lucas Barboza Galhardo als Prozess weitergehen werde. Und gleichermaßen äußert sich auch Erzbischof Hector Miguel Cabrejos Vidarte OFM (Trujillo/ Peru), der von der Erfahrung einer außerordentlichen Zusammenarbeit spricht: Das Verständnis der Kirche von Synodalität habe sich entscheidend weiterentwickelt:

"He said that synodality is a keyword and that in these days it has been a true gift of the Holy Spirit. He said that he Church must work on this and practice it more so that it grows.”

"Er sagte, dass die Synodalität ein Schüsselwort und dass sie in diesen Tagen ein wahres Geschenk des Heiligen Geistes gewesen sei. Er sagte, dass die Kirche daran arbeiten und sie praktizieren müsse, damit Sie weiter wachse. "  (Vatican News vom 25.10.2018; eigene Übertragung)


Dass Synodalität aber nicht nur ein Thema der der reflektierenden Pressekonferenzen, sondern ein Herzthema in der Synodenaula selbst gewesen ist, davon gibt auch ein Retweet des jungen amerikanischen Auditors Jonathan Lewis Zeugnis, den ich heute mehr durch Zufall eingefangen habe und davon berichtet, dass in den zurückliegenden Wochen kein Statement eines Bischofs größeren Beifall in der Synodenaula erhalten habe, als ein Bekenntnis zur Synodalität, die dieser auch als Weg zur Demokratisierung der Kirche verstand.
Synodalität ist für Papst Franziskus der „Weg der Kirche (…), den Gott von seiner Kirche im 3. Jahrtausend erwartet.“ (Vgl. Blog-Beitrag vom 17.10.2015) Und wir haben es bereits auf den vergangenen Familiensynoden erlebt – und erleben es auf dieser Jugendsynode aufgrund der neuen Geschäftsordnung bzw. der Apostolischen Konstitution Episcopalis communio noch einmal mehr –, wie der synodale Weg von dem Einbezug des Gottesvolkes und einer breit angelegten Vorbereitung, über die Synode selbst bis zur Fertigstellung des Abschlusstextes und der Annahme durch den Papst ein Voranschreiten des gesamten Gottesvolkes ist, bei dem in der gewählten Methode bis zum synodal erarbeiteten Ergebnis deutlich wird, dass der Papst „das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen“ ist und zugleich die „Notwendigkeit, in einer heilsamen 'Dezentralisierung' voranzuschreiten" (EG 16) Berücksichtigung findet. (s. Blog-Beitrage vom 17.10.2015 und 18.10.2015; vgl. den Beitrag vom 8.07.2017)




Der synodale Weg der letzten Jahre hat nicht minder einzelne Gegner und Lobbygruppen, die sich vornehmlich an Fragen der Sexualität und insbesondere dem Umgang mit dem Thema der Homosexualität verbeißen, „als wäre es der Kern der Botschaft Jesu“ (wie dies Kardinal Marx gestern ausdrückte). An einem aktuellen Beispiel festgemacht, ist es derselbe von ultrakonservativen, selbsternannten katholischen Nachrichtenmagazinen immer wieder zitierte ‚Vatikanist‘ Sandro Magister, der in unseriöser Weise nicht nur – wie bereits in diesem Blog zuletzt vor ein paar Tagen am 5.10.2018 erwähnt – einen internen Brief von Kardinälen während der Familiensynode 2015 und einen Vorentwurf der Enzyklika ‚Laudato Si‘‘ wenig zuvor ‚durchgestochen‘ hat, sondern auch während der Pressekonferenzen dieser Jugendsynode vornehmlich nur durch Fragen im Blick auf eine Änderung von Lehrmeinungen zur Homosexualität, LGBT, homosexuelle Priesteranwärter, eine gelenkte Synodenführung und heute dann im Blick auf eine Einflussnahme des Papstes auf das synodale Dokument aufgefallen ist: eine Frage, die dem Präsidenten der Kommission für die Information, Dr. Paolo Ruffini, dann auch – schon weil der Hinweis darauf bereits am Dienstag gegeben wurde – für eine Beantwortung schlicht zu dumm war. Heute wird derselbe ‚Vatikanist‘ als ‚Doyen‘ auf dem unsäglichen Magazin ‚www.katholisches.info‘ zitiert, in dem er sich auch noch erdreistet, den von ihm selbst geleakten Brief aus dem Jahr 2015 noch einmal für die Unterstellung einer gelenkten Synode zu zitieren. Dass „der Papst zurückrudere“ im Blick auf das eigentliche Thema der Homosexualität, „für das die Jugendsynode einberufen sei“, heißt es angesichts der Aussagen von Kardinal Marx gestern und Kardinal Cupich vor bald einer Woche. So bescheiden lässt sich die katholische Schattenwelt punktieren, wie sie nicht minder auf den zuletzt gestern zitierten Seiten von kath.net nachzulesen ist, wo ebenfalls Homosexualität und die Aufnahme des LGBT-Akronyms zum Gradmesser der Jugendsynode erhoben wird. Und wenn die heutige Frage Sandro Magisters im Rahmen der Pressekonferenz nicht täuscht, wird seine nächste Schlagzeile in den benannten Magazinen und Medien ähnlicher Güte lauten, dass der Papst bei seinem Besuch der Redaktion am Montag, den 23.10.2018 Einfluss auf den Entwurf des Abschlussdokumentes der Jugendsynode genommen habe.


Und dennoch: Die Synodalität, welche „der Weg der Kirche ist“ und die damit einhergehende Synodalität vor Ort und die Dezentralisierung und Inkulturierung des Glaubens in den Ortskirchen wird mit der Jugendsynode weiter voranschreiten. Und angesichts der heutigen Messfeier der Synodenversammlung am Petrusgrab möchte ich hinzufügen: "...die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. (Mt 16,18)



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