Nur
noch von Ferne berührte heute in der Pressekonferenz der im wahrsten
Sinne abwegige und mit der Realität der Synodenteilnehmenden
im Grundsatz unvereinbare Gedanke einer 'konspirativen Verschwörung', als die
beim heutigen Pressebriefing eingeladenen Gäste ihre Eindrücke von
dem Herzstück dieser XIV. Ordentlichen Bischofssynode berichten: der
Arbeit und den Themen der Klein- und Sprachgruppen. Mit den drei
Gästen aus Italien, Syrien und Ghana stand gewissermaßen die
Weltkirche den Journalisten zur Antwort bereit. Und während der
einstündigen Pressekonferenz vermittelten Kardinal Eduardo
Menichelli, Erzbischof von Ancona-Osimo (Italien), Erzbischof
Gabriel Charles Palmer-Buckle von Accra (Ghana), und Msgr. Ignace
Youssif III Younan, Patriarch von Antiochien der Syrer und
Vorsitzender der Synode der Syrisch-Katholische Kirche trotz oder
wegen ihrer kulturellen Verschiedenheit eine Botschaft, die Kardinal
Menichelli mit der Charakterisierung dieser Bischofsversammlung als
„Synode des Volkes“ zum Ausdruck brachte.
Erzbischof Gabriel-Charles Palmer-Buckle, Patriarch Ignace Youssif III Younan, Kardinal Eduardo Menichelli und Pressesprecher F. Federico Lombardi (v.l.) |
Erzbischof Palmer-Buckle stellte als erster afrikanischer Gast bei den Pressekonferenzen ´dieser Synode das kurz zuvor von den 37 Bischofskonferenzen Afrikas und Madagaskars veröffentlichte Positionspapier 'The future of the family, our mission' vor, das sich vor allem den Themen Armut, Krieg, der ökologischen Krise und der Flut von Angriffen gegen die Familienwerte widmet. Aber auch dieses Dokument weiß um die Realität vieler getrennter, zerbrochener und geschiedener Familien in den verschiedenen Regionen Afrikas, so dass es für Erzbischof Palmer-Buckle wie für die afrikanischen Bischöfe insgesamt selbstverständlich sei, dass sie die mit diesen Herausforderungen noch direkter konfrontierten Bischöfe der anderen Teilkirchen nicht nur nicht blockieren, sondern schon aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der einen katholischen Kirche unterstützen würden.
Beinahe
noch aktuell drängender – auch wenn die Profession der anwesenden
Journalisten angesichts der in der Pressekonferenz gestellten Fragen wohl eher weniger an
der Krise der Christen im Nahen Osten und der Migrationsthematik orientiert gewesen ist –
berührt der Appell des Patriarchen von Antiochien und Vorsitzenden
der Synode der Syrisch-Katholischen Kirche, also aus dem Ursprungsland
der ersten Christen, angesichts der Verfolgungssituation und der
Lebensbedrohung und Vertreibung vieler Familien und des
himmelschreienden Krieges und Leides in seinem Kulturkreis.
Und
Kardinal Menichelli erinnerte als Moderator einer italienischen Sprachgruppe schließlich den zweijährigen synodalen Weg der
Befragung der Teilkirchen und die bewusst die „existentiellen
Peripherien“ in den Blick nehmende Vorbereitung der diesjährigen
Familiensynode, die in dem Arbeitsdokument Instrumentum laboris
z.Zt. in den Kleingruppen diskutiert und fortgeschrieben wird. Wie
schon in diesem Blog im Januar ausgeführt, dass die Befragung der
Teilkirchen darauf abzielte, „den nötigen Realismus bei den
Überlegungen […] zu erleichtern, um zu vermeiden, dass ihre
Antworten von solchen Schemata und Perspektiven gegeben werden, die
einer Pastoral eigen sind, welche lediglich die Lehre anwendet und
auf diese Weise die Schlussfolgerungen der außerordentlichen
Synodenversammlung nicht berücksichtigen und damit […] von dem
schon vorgezeichneten Weg wegführen würde“, gilt nun fortgesetzt
auch für die Synodalen, Berater und Gäste dieser Synode. Und sie
wiederholen in dieser ersten Synodenwoche in Bezug auf die Ziffern
1-36 des Instrumentum laboris diejenige Frage, die im Fragebogen ganz
zu Anfang stand.
„Entspricht die Beschreibung der Realität der Familie, wie sie die Relatio Synodi vornimmt, dem, was heute in Kirche und Gesellschaft festgestellt werden kann. Welche fehlenden Aspekte können ergänzt werden?“
Erzbischof
Koch, der Berichterstatter der deutschen Sprachgruppe,
veröffentlichte heute die entscheidenden Passagen seiner
Wirklichkeitsbeschreibung in einem
am Montag im Synodenplenum vorgetragenen Statement. Darin
weist er neben der Diasporasituation seines Erzbistums auf die vielen
jungen Menschen hin,
die heute
in Mitteleuropa “unverheiratet
zusammen leben und die Institution und die Tradition Ehe als nicht
lebensnotwendig einstufen.” Von denen, die heiraten, seien 40 Prozent
der Ehen mit einem Partner oder einer Partnerin, die einer anderen
Konfession angehören, die im ökumenischen Geist eine besondere
Herausforderung und Chance darstellten,
aber wie die erstgenannte Gruppe eines ermunternden Wortes bedürfen.
Erzbischof
Koch ist ganz beim die gesellschaftlichen Voraussetzungen von Ehe und
Familie in den Blick nehmenden ersten Teil des
Instrumentum laboris,
wenn er dazu auffordert, dass wir nicht “auf der Synode nicht den
Eindruck vermitteln [dürfen] , als wenn wir uns vor allem um das
Scheitern und um die Zulassungsbedingungen zu den Sakramenten
gestritten hätten. Und
dennoch gehört auch zu seiner Wahrnehmung die Not und die Bedarfe
der wiederverheiratet Geschiedenen, die unabhängig von den möglichen
Antworten, um die sich die dritte Synodenwoche widmen wird, auch
schon bei der Beschreibung von Familienrealitäten ins Wort kommen
muss.
“Auch tiefgläubige junge Christen stellen mir angesichts der Erfahrung in ihrer Familie und in ihrem Freundeskreis die Frage: „Aber wenn wir in unserer Ehe scheitern und später eine neue Ehe eingehen, warum sind wir dann vom Tisch des Herrn ausgesperrt? Weist Gott die Menschen, die ein Scheitern erlebt haben, von sich?“ Dann versuche ich zu erklären, warum wir die wiederverheiratet Geschiedenen nicht zur Kommunion zulassen, aber die Argumentation dieser theologischen Aussagen lässt die Fragen im Herzen der Menschen nicht verstummen: Ist für Menschen, die unumkehrbare Brüche in ihrem Leben erlebt und erlitten haben, kein Platz am Tisch des Herrn? Wie fehlerlos und wie heil muss man sein, um zum Mahl des Herrn eingeladen zu werden? Mir wird immer wieder deutlich, dass die Frage der Zulassung der wiederverheiratet Geschiedenen zur Eucharistie nicht in erster Linie eine Frage nach der Unauflöslichkeit des Sakraments der Ehe ist. Für viele Menschen stehen in dieser Frage die Kirche und ihre Barmherzigkeit in Frage. Nicht wenige Betroffene ziehen sich bei uns aufgrund der von ihnen empfundenen Zurückweisung mit ihren Kindern von der Kirche zurück. Zuletzt und zutiefst aber geht es für viele um den christlichen Glauben und um Gott und seine Barmherzigkeit. Über die Frage der Zulassung zur Eucharistie wird für viele Gott fragwürdig."
Zur
Frage der Wirklichkeitswahrnehmung
dieser Synode gehört auch diese dichte Beschreibung der
gesellschaftlichen Realitäten. In
Demut und im Dienst an den Menschen der Katholischen Kirche, ihren Herausforderungen und ihrer Berufung in heutigen Zeit ist diese
Bischofssynode ausdrücklich eine “Synode des Volkes, die jetzt ihre Arbeit von zwei Jahren zusammenträgt” (Kardinal Menichelli) und morgen bereits in Hinblick auf den ersten Teil die Ergebnisse der Kleingruppen im Synodenplenum vorstellen wird.