Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München-Freising und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz |
Dieses
Zitat aus einem Interview der Tagesthemen vom 5.10.2015 mit Kardinal
Marx unterstreicht die große Herausforderung der Familiensynode, in dem es „die Unterschiedlichkeit der Kulturen wie der einzelnen
Situationen der Länder“ anspricht. Und ich erinnere dabei dieselbe
Aussage – damals als Frage formuliert -, als er im direkten
Anschluss an die III. Außerordentliche Bischofssynode des letzten
Jahres fragend in den Raum stellte: „Wie kann man bei dieser
Vielfalt von Kulturen bei einem Thema wie Ehe, Familie und Sexualität
eine gemeinsame Sprache finden? Von den soziokulturellen
Unterschieden her ist das fast unmöglich.“ (Interview der KNA vom 19.10.2014)
Und
dennoch ist gerade diese 'Unmöglichkeit' die Aufgabe dieser Synode:
dafür Sorge zu tragen, dass die „Unterschiedlichkeit der
Kulturen, der einzelnen Situationen in den Länder Berücksichtigung
findet“ und zugleich, dass wir „in den zentralen Fragen – was die
Sakramente, was das Verständnis der Ehe angeht –, [...] als
katholische Kirche zusammen bleiben.“ (Tagesthemen vom 5.10.2015).
Ganze
72 freie und drei Minuten lange Redebeiträge zählten die ersten beiden Versammlungen im
Synodenplenum am gestrigen Nachmittag und heutigen Vormittag, von
denen 23 in Italienisch, 21 in Englisch, 15 in Französisch, 7 in
Spanisch, 2 in Deutsch und 1 in Portugiesisch die interkulturelle
Vielfalt auch phonetisch zum Ausdruck brachten; zugleich aber auch –
nach Einschätzung des abermals aus dem vergangenen Jahr bekannten
Gastes der heutigen Pressekonferenz, Kardinal Durocher, Erzbischof
von Gatineau und Vorsitzender der Bischofskonferenz Kanadas –
beinahe schon alle 36 Punkte des Einführungsteils des
Vorbereitungsdokuments Instrumentum laboris ansprachen. Dabei war
das Thema Migration und Flüchtlinge - mit hoher Tagesaktualität gerade auch in
Deutschland – das mit am häufigsten Angesprochene. Unser deutscher
Synodenteilnehmer, Abtpräses Jeremias Schröder, beschreibt in seinem Synodenblog
betroffen von deren nahegehenden Berichten:
„Ihre Beiträge sind oft verstörend: der ganze nahe Osten ist ja in Bewegung geraten, und das Leiden der Menschen in Syrien und Irak wird zum Thema. Es geht unter anderem um Mädchen, die vom IS geraubt, vergewaltigt und zwangsverheiratet werden. Vor Augen geführt wird uns eine uralte christliche Bevölkerung - die Nachfahren der ersten Christen, die nun durch Flucht und Migration vor der Auslöschung steht. Manche beklagen das Leiden, andere sprechen schon davon, wie diese Kirchen im Exil und wahrscheinlicher noch in der dauerhaften Diaspora weiterleben können. Bischöfe aus Westeuropa berichten über die Aufnahme von Flüchtlingen, und über den immensen Druck, dem die fliehenden Familien ausgesetzt sind. So schwappt ein tagesaktuelles Thema in die Synode ein. Wir werden drastisch daran erinnert, dass diese vielen Männer und (wenigen) Frauen in der Aula eine Erfahrungsbreite mitbringen, die sonst kaum je auf so engem Raum versammelt ist, und diese Breite ist nicht nur bunte Vielfalt, sondern auch Leid und Schmerz.“ (Synodenblog vom 6.10.2015)
Ein
weiterer oft genannter Fokus der Wortmeldungen gilt dem Plädoyer für eine positive, dem einzelnen Menschen zugewandte Sprache, die sich an der einfachen, konkreten
und wertschätzenden Ausdrucksweise von Papst Franziskus orientiert –
gerade in Hinblick auf das nahende Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit. Erzbischof Durocher und Kurienerzbischof Claudio Maria Celli, Vorsitzender des
Päpstlichen Rats für die sozialen Kommunikationsmittel und zugleich Vorsitzender der Kommission für die Information auf dieser Bischofssynode, wiesen in der mittäglichen
Pressekonferenz auf die zwei sich ergänzenden Herangehensweisen der verschiedenen Synodalen hin, manche mehr ausgehend von der "Lehre" und andere mehr vom "Leben", die sich komplementär ergänzen könnten im
vertiefenden Gesprächsprozess der nächsten Wochen.
Überraschender
Weise ergriff Papst Franziskus nach Auskunft von Pressesprecher Lombardi auch heute das Wort, als er im Zuge des Hinweises auf die Grundlagendokumente dieser Synode und damit zusammen hängende methodologische Fragen noch einmal auf die gesamte Breite der
Themenstellungen dieser Bischofssynode hinwies, die "von außen" nicht auf eine Frage, die Frage der
Kommunion für die Wiederverheiratet Geschiedenen, enggeführt werden dürfe. Er
setze hierbei auf die fruchtbare und konzentrierte Arbeit in den Klein- und Sprachgruppen, die bereits
am heutigen Nachmittag ihre Arbeit aufgenommen haben.
Die
vielen in dem Grundlagendokument dieser Synode, im Instrumentum laboris, angesprochenen Fragen sind von daher ausdrücklich "offen",
wie Erzbischof Celli auf Nachfrage in der Pressekonferenz betonte; ebenso "offen" wie die Frage, was bei konkreten Einzelthemen Sache der "Lehre"
(dottrina) und was Sache der
"Disziplin"
(disciplina) sei, mit
welcher Antwort Erzbischof
Durocher am Ende der Pressekonferenz einen bereits im Frageansatz voreingenommenen Journalisten
mit sympathischer Ironie zur Mitsuche der relevanten theologischen Stellen in
einem mehrere tausend Seiten Standardwerk der Lehrverkündigungen
der Kirche (deutscher Provenienz;-) einlud.