Die Sendung der Kirche in Wahrheit und Liebe – Die Eröffnung der XIV.
Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode im 50.
Jubiläumsjahr nach der Einsetzung dieses synodalen
Beratungsgremiums in Folge des II. Vatikanums
Nach
der gestrigen Vigilfeier mit mehreren Zehntausenden Menschen und Familien auf
dem Petersplatz hat heute mit dem Eröffnungsgottesdienst die XIV.
Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zum Thema „Die
Berufung und Mission der Familie in der Kirche in der modernen Welt“
begonnen.
In der Predigt des
Eröffnungsgottesdienstes, in der sich Papst Franziskus mehrfach
ausdrücklich in die Tradition seiner Vorgänger im Papstamt
stellte, spannte der Papst von den Lesungstexten der
Schöpfungsgeschichte (Gen, 2, 18-24) und des Markusevangeliums (Mk
10, 2-16) ausgehend einen weiten Bogen von Gottes Traum der Liebe mit
den Menschen bis hin zu der Aufgabe der Kirche, die Menschen
durch alle Phasen ihres Lebens in Barmherzigkeit zu begleiten. Die
Sendung der Kirche in Wahrheit und Liebe bildeten die beiden Fokusse
seiner die Aufgabenstellung der Synode wie in einem Brennglas
verdichtenden Auslegung: Die Treue zur Botschaft,
„die sich nicht mit den flüchtigen Moden oder den herrschenden Meinungen ändert. In der Wahrheit, die den Menschen und die Menschheit vor der Versuchung der Selbstbezogenheit schützt und davor, die fruchtbare Liebe in sterilen Egoismus und die treue Verbundenheit in zeitweilige Bindungen zu verwandeln. »Ohne Wahrheit gleitet die Liebe in Sentimentalität ab. Sie wird ein leeres Gehäuse, das man nach Belieben füllen kann. Das ist die verhängnisvolle Gefahr für die Liebe in einer Kultur ohne Wahrheit« (Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate, 3).“
Mit diesen Gedanken
verstärkt Papst Franziskus sein Plädoyer für eine „authentische
Liebe“, eine „völlige Hingabe“ und „schenkende
Selbstlosigkeit“ („im Licht der Torheit der schenkenden
Selbstlosigkeit der österlichen Liebe Jesu“), die nicht einfach
nur eine „Utopie der Jugend“ sei, „für immer einander zu
lieben“. Zugleich verliert er die hinter dem darin angesprochenen
Ideal und dem ursprünglichen Schöpfungsplan zurückbleibenden oder
-gebliebenen Menschen nicht aus dem Blick, deren Schicksale die
Synode nicht minder in der heutigen Zeit ansprechen will, will die Kirche
ihrer Sendung der Liebe und Barmherzigkeit treu bleiben.
„Die Sendung der Kirche zu leben in der Liebe, die nicht mit dem Finger auf die anderen zeigt, um sie zu verurteilen, sondern – in Treue zu ihrem Wesen als Mutter – sich verpflichtet fühlt, die verletzten Paare zu suchen und mit dem Öl der Aufnahme und der Barmherzigkeit zu pflegen; ein „Feldlazarett“ zu sein mit offenen Türen, um jeden aufzunehmen, der anklopft und um Hilfe und Unterstützung bittet; aus der eigenen Einzäunung herauszutreten und auf die anderen zuzugehen mit wahrer Liebe, um mit der verletzten Menschheit mitzugehen, um sie mit einzuschließen und sie zur Quelle des Heils zu führen. Eine Kirche, die die Grundwerte lehrt und verteidigt, ohne zu vergessen, dass »der Sabbat … für den Menschen da [ist], nicht der Mensch für den Sabbat« (Mk 2,27), und dass Jesus auch gesagt hat: »Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten« (Mk 2,17)."
Papst Franziskus geht
es um „[e]ine Kirche, die zur authentischen Liebe erzieht, die
fähig ist, aus der Einsamkeit zu befreien, ohne ihre Sendung als
barmherziger Samariter für die verletzte Menschheit zu vergessen."
Und er zitiert an dieser Stelle seiner Predigt auch seinen Vorvorgänger, den
heiligen Papst Johannes Paul II.:
„Der Fehler und das Böse müssen immer verurteilt und bekämpft werden, aber der Mensch, der fällt oder einen Fehler macht, muss verstanden und geliebt werden […] Wir müssen unsere Zeit lieben und dem Menschen unserer Zeit helfen« (Ansprache an die italienische Katholische Aktion, 30. Dezember 1978: Insegnamenti I [1978], 450),
um im direkten Anschluss anzufügen, dass die „die Kirche [eben diesen Menschen] suchen, ihn aufnehmen, ihn begleiten [muss], denn eine Kirche mit verschlossenen Türen verrät sich selbst und ihre Sendung, und anstatt eine Brücke zu sein, wird sie eine Barriere“. In dem Eintreten für
die doppelte und doch eine Sendung der Kirche in Wahrheit und Liebe nehmen die
Fürbitten für die Synodenväter diese Aufgabenstellung in
den Blick: Mit den Worten derjenigen Bitte der Vigilfeier gesagt,
„dass die Synode […] die Erfahrung von Ehe und Familie zu einem vollkommenen Menschenbild zurückzuführen weiß; dass sie alles Schöne, Gute und Heilige in ihr erkenne, aufwerte und vor Augen führe; dass sie sich die Situationen von Verwundbarkeit zu Herzen nehme, die für viele Familien eine harte Prüfung darstellen: Armut, Kriege, Krankheit, Trauer, verletzte und zerrissene Beziehungen, die Missbehagen, Groll und Brüche verursachen; dass sie diese Familien wie überhaupt alle Familien daran erinnere, dass das Evangelium die 'frohe Botschaft' bleibt, von der aus man neu beginnen kann."
Die
XIV. Ordentliche Bischofssynode mit
ihrem Beginn am
Gedenktag des Hl. Franziskus von Assisi hat in ihrem
Eröffnungsgottesdienst die vielen Themen bereits umgriffen, um die es in den
nächsten drei Woche – entlang den drei Teilen des
Vorbereitungsdokumentes 'Instrumentum laboris'– gehen wird: 'Das
Hören
auf die Lebenswirklichkeit von Ehe und Familie, das Sehen
derselben im Licht der Botschaft des Evangeliums und das daraufhin
mögliche unterscheidende
Deuten
der pastoralen Herausforderungen der Familie in der heutigen Zeit' (vgl. Blog-Beitrag vom 18.10.2014).
Entlang dieses Dreischrittes wird es deshalb erst in der letzten Woche
der Bischofssynode um diejenigen Themen gehen, um die auf der vergangenen III.
Außerordentlichen Synode am meisten gerungen wurde (der Umgang mit den Wiederverheiratet Geschiedenen etc.; s. ebd.) –
und für deren Behandlung es nicht
nur der intensiven Auseinandersetzung in den grundlegenden, ersten beiden
Themenwochen, sondern sicher
auch des über
die Arbeit in den Klein- und Sprachgruppen zunehmenden
Vertrautwerdens
der Synodalen, Experten und teilnehmenden Paare untereinander
bedarf.
Damit
das Zugehen auf die vielen Themenstellungen wie das aufeinander Eingehen der Synodenteilnehmenden in den
nächsten drei Wochen gelingt, hat Papst Franziskus in der gestrigen Vigilfeier wie schon vor einem Jahr „den Heiligen
Geist angerufen und darum gebetet, dass die Synodenväter bei der
Behandlung des Themas Familie fähig sein möchten, hinzuhören und
sich miteinander auszutauschen, mit festem Blick auf Jesus, der das
letzte Wort des Vaters und das Kriterium für die Interpretation von
allem ist.“
„An diesem Abend kann unser Gebet nicht anders sein. Denn – wie Patriarch Athenagoras sagte – ohne den Heiligen Geist ist Gott fern, bleibt Christus in der Vergangenheit, wird die Kirche eine bloße Organisation, verwandelt sich die Autorität in Herrschaft, wird Mission zu Propaganda, Gottesdienst zu Beschwörung und christliches Handeln zu einer Sklavenmoral.“ (ebd.)
Die
mit Spannung erwartete und in einem zweijährigen synodalen Prozess vorbereitete,
alle Teilkirchen der Welt einbeziehende XIV. Ordentliche
Bischofssynode hat begonnen. Man wird ihre Bedeutung gewiss nicht überschätzen, sie schon jetzt als eine der bedeutsamsten synodalen Bischofsversammlungen seit dem Ende des II. Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren zu betrachten.
Sehen und hören Sie hier das aktuelle Bischofswort von Rainer Kardinal Woelki aus dem Erzbistum Köln zum Beginn der Familiensynode:
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