Pfingsten und der
Synodale Weg in Corona-Zeiten – oder: als
„Kirche im Aufbruch… ein neues Kapitel des Christseins mitschreiben“
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Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und der Synodalversammlung des Synodalen Weges |
„Die
Zeit ist mehr wert als der Raum.“ Auch heute klang dieser im vorausgegangenen Blogbeitrag hervorgehobene Grundgedanke in der Pfingstpredigt von Papst
Franziskus an, indem er ihn auf die christliche Gottesvorstellung bezog. Es sei
wichtig, dass „Gott ganz Gabe ist, dass er nicht nimmt, sondern gibt.“ Von dieser Gottesvorstellung hänge es ab, auf welche Weise wir unseren Glauben
leben:
"Wenn
wir einen Gott im Sinn haben, der sich alles nimmt und sich aufdrängt, möchten
auch wir uns alles nehmen und uns aufdrängen: Räume besetzen, Bedeutung
beanspruchen, nach Macht streben. Aber wenn wir Gott als Gabe in unseren Herzen
spüren, ändert sich alles. Wenn uns bewusst wird, dass das, was wir sind, sein
Geschenk ist, seine freie und unverdiente Gabe, dann werden auch wir aus
unserem Leben ein Geschenk machen wollen." (dt. Übersetzung bei kath.net vom 31.5.20)
Pfingsten
in Corona-Zeiten: Das bedeutet, sich dieser Botschaft, aber auch der Gefährdung dieser Botschaft aus dem vermeintlich inneren Bereich der Kirche bewusst zu sein. Leider
hat kath.net einen selbstkritischen Satz hinsichtlich dieser Gefährdung im Blick
auf Selbstbezüglichkeit und Abkapselung der Kirche aus der ansonsten um
Vollständigkeit bemühten Predigtveröffentlichung getilgt, so dass ich aus der am Abend veröffentlichten deutschen Übersetzung der Predigt bei Vatican News zitiere:
"Der
Geist will nicht, dass die Erinnerung an den Meister in geschlossenen Gruppen
gepflegt wird, in Kreisen, in denen man sich gerne 'sein Nest baut'. Und das
ist eine schlimme Krankheit, die die Kirche befallen kann, dass die Kirche nicht Gemeinschaft, nicht Familie, nicht Mutter, sondern ein Nest ist." (Vatican News vom 31.5.2020)
Die
Gefahr der Abkapselung der Kirche wider das Wirken des Heiligen Geistes steht heute auch beim Vorsitzenden der
Deutschen Bischofskonferenz Bischof Georg Bätzing im Fokus seiner Pfingstpredigt:
"Offene
Aggression und Zwietracht, drängelnde Ungeduld, selbstherrliche Ab- und
Ausgrenzung, Bosheit und Verantwortungslosigkeit vertragen sich nicht damit.
Wer als Christ hart, unduldsam und lieblos auftritt und damit meint, die
Wahrheit des Glaubens verteidigen zu können, der ist auf dem Holzweg, auch wenn
er äußerlich noch so fromm daherkommt. Der Geist Jesu Christi führt wohl in die
Entscheidung, aber er wählt stets Wege, die Menschen aufrichten und zueinander
führen." (DBK vom 31.5.2020)
Das
weiterzugeben, „was wir empfangen und gesehen haben“ (vgl. 1 Joh 1,3) – der
zweite fehlende Satz in der o.g. kath.net-Veröffentlichung der
Predigt von Papst Franziskus – ist gleichfalls die Sinnspitze der Homilie von
Bischof Bätzing, indem er auf eine kurze Ansprache des damaligen Kardinal
Bergoglio aus dem Konklave Bezug (vgl. Blogbeitrag vom 29.9.2015) nimmt:
"Und
da kommt für mich das Pfingstbild erneut ins Spiel. Manche haben an das Wort
von Papst Franziskus am Vorabend seiner Wahl erinnert. Da sprach er von
Christus, der höchst lebendig in seiner Kirche von innen her anklopft und uns
aus dem Schlaf der Trägheit und Selbstgerechtigkeit herausrufen will. Er wartet
aber nicht, bis wir seinen Auftrag beherzigen. Er öffnet beständig die
verschlossenen Tore seiner Kirche und sucht an den Rändern und Grenzen die
verwundeten Menschen auf. Wenn wir nicht bereit sind, gemeinsam mit ihm unsere
kirchlichen Binnenräume zu verlassen, dann bestätigt sich die Kirche als fad
und schal, als Salz ohne Geschmack, das den Menschen in Nöten und Abgründen
keinen Trost und keine Hoffnung zu geben vermag. Und deshalb erinnert uns Papst
Franziskus immer wieder daran, 'Kirche im Aufbruch' zu verwirklichen. Türen auf
und hinaus zu den Menschen, so gibt er die Richtung vor." (Ebd.)
Ebendies
ist die erklärte Ausrichtung des Corona-bedingt nunmehr um ein halbes Jahr, bis zum 2. Februar 2022 verlängerten Synodalen Weges mit seinen nunmehr
ersatzweise im Herbst diesen Jahres eingeschobenen 5 Regionalforen (für die ursprünglich für den 4.
September 2020 vorgesehene und nun auf den Zeitraum vom 4. bis 6. Februar 2021 verschobene zweite Synodalversammlung). Dies gibt auch den inhaltlich
arbeitenden vier Arbeitsgruppen mehr Zeit. Denn erst
"[z]wei Arbeitsgruppen - zu Frauen und zur Sexualmoral - konnten vor den
Corona-bedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens zusammenkommen und
nach der Satzung ihre Vorsitzenden bestimmen. Seither läuft der Austausch vor allem
auf virtuellem Weg. Die beiden Arbeitsgruppen zu Machtfragen und priesterlichem
Leben wollen sich dem Vernehmen nach vor August treffen.“ (katholisch.de vom 29.5.20)
Bischof
Georg Bätzing hat sich bereits für eine Thematisierung auf einer Bischofssynode in Rom
ausgesprochen, die sich mit den zu fassenden Beschlüssen des Synodalen Wegs der
Kirche in Deutschland beschäftigt.
"Er
sei 'sehr dafür, die Erkenntnisse und Entschlüsse, die wir auf dem
Synodalen Weg sammeln – auch hinsichtlich der Frau und des Amtes –, nach Rom zu
transportieren'. […] 'Was synodal entsteht, muss auch synodal geklärt
und beantwortet werden', so Bätzing. Dieses Prinzip sei durch Papst
Franziskus gestärkt worden.“ (Ebd).
In
dieser Überzeugung knüpft Bischof Bätzing an seinen Vorgängers im
Amt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Beginn des Synodalen Weges an. Und er schließt in seiner Pfingstpredigt mit Worten, die die Richtung nach vorne angeben:
"Ja, diese Krisenzeit verschärft die Zeitansage an die Kirche. Wir müssen uns ihr stellen, sie durchdringen und miteinander darauf antworten. […] An Pfingsten wurde das erste Kapitel in der langen
Geschichte der Kirche aufgeschlagen. Unsere Zeit und ihre Zeitansage legen
nahe, dass wir ein neues Kapitel des Christseins mitschreiben. Jesus traut es
uns zu. Türen auf und hinaus." (DBK vom 31.5.2020)