Samstag, 19. Oktober 2019

Für eine „Pastoral der Gegenwart“ und nicht „des Besuchs“ – oder: die Arbeitsergebnisse der zweiten Synodenwoche und die Erwartung eines Schlussdokumentes mit regionaler und universeller Bedeutung

(Screenshot Vatican Media vom 7.10.2019)
Am Donnerstagnachmittag dieser zweiten Synodenwoche wurden die Berichte der zwölf Circoli minori, die Arbeitsergebnisse der Sprachgruppen, mit konkret ausgearbeiteten Vorschlägen für das Schlussdokument vorgestellt. Sie werden gerade heute und morgen von den gewählten Mitgliedern des Redaktionskreises für eine erste Version des Schlussdokuments, das sogenannte „Draft document“, zusammengeführt, damit dieses zu Beginn der letzten Synodenwoche diskutiert und in den Sprachgruppen beraten wird und mit den Veränderungswünschen in das am 26. Oktober zur Abstimmung stehende Schlussdokument fließen kann.

Der deutsch-brasilianische Bischof Johannes Bahlmann berichtet aus seiner portugiesisch sprechenden Gruppe (Circolo Português “D”) von elf Amazonien bezogenen Themen, die diese D genannte Gruppe vertieft behandeln hat: "Ausbildung und Fortbildung der Laien, Weihe und Dienste in der Kirche und die Rolle der Frau in der Kirche, missionarische Ausbildung der Priester, Gewalt (Menschen-, Drogen- und Waffenhandel), verschiedene Kulturen Amazoniens, Völksfrömmigkeit, Ordensleben, Jugend, Migration und Urbanisierung, ganzheitliche Ökologie." (Vatican News vom 16.10.19) 

Eine Kirche der Gegenwart gegenüber einer Kirche des Besuchs -
Una Iglesia actual en vez de una Iglesia visitante

(Circolo English/Français)

Dass die Synodenteilnehmenden „viel von einer Pastoral der Gegenwart und nicht des Besuchs“ sprechen („…parlano molto di una pastorale di presenza e non solo di visita….“) nimmt Kardinal Schönborn, der ebenfalls zum Kreis der Redaktionsmitglieder gehört, in einem Interview wahr.

"Tenemos urgencia de profundizar lo que significa una IGLESIA MINISTERIAL y servidora en clave sinodal, pasando de una “pastoral de visita” a una “pastoral de presencia” y donde existe la corresponsabilidad y el compromiso de un proceso evangelizador, desde una conversión permanente (Pastoral, Ecológica y Sinodal)." (Circolo Español “D”)

"Wir spüren die Dringlichkeit tiefer zu ergründen, was eine DIENENDE KIRCHE und eine dienende synodale Verfasstheit bedeuten, die Entwicklung von einer "Pastoral des Besuchs" zu einer "Pastoral der Gegenwart" und wie es entsprechend einer permanenten Umkehr Mitverantwortung und gemeinsames Engagement in einem Prozess der Evangelisierung gibt." (pastoral, ökologisch und synodal). (Ebd.; eigene Übertragung)

"Die meisten Berichte, vor allem jener der spanischsprachigen und portugiesischsprachigen Zirkel, die auf eine Kirche „der Gegenwart“ und nicht „des Besuchs“ abzielten, befürworten den Vorstoß, dass verheirateten Männern, vorzugsweise Einheimischen, die von den Herkunftsgemeinschaften ausgewählt wurden, unter bestimmten Bedingungen das Priesteramt übertragen werden könnte." (Vatican News vom 18.10.19

Neue Zugangswege zu den Ämtern in der Kirche

Im Votum der ersten portugiesischen Gruppe wird von der „Notwendigkeit“ gesprochen, neue Zugangswege zu den Ämtern in der Kirche zu ermöglichen.
"Diante da necessidade de uma Igreja permanente para além da visita, entendemos que é necessário multiplicar nossa presença de Igreja na Amazônia, com novos ministérios." (Circolo Português “A”)

"Angesichts der Notwendigkeit einer immer anwesenden Kirche gegenüber einer Kirche des Besuchs treten wir dafür ein, dass es notwendig ist, unsere Präsenz der Kirche im Amazonasgebiet mit neuen Dienstämtern zu bereichern." (Ebd.; eigene Übertragung) 
Und neue Zugangsmöglichkeiten von Frauen zu Ämtern werden u.a. von der zweiten spanischen Arbeitsgruppe angeregt:

"Además, se reconoce que muchas funciones propias de este ministerio son realizadas por las mujeres en la Amazonía, siendo ellas quienes sostienen en tantos lugares la presencia permanente de la Iglesia y alimentan los procesos de la fe."  (Circolo Español "B")

"Darüber hinaus wird anerkannt, dass viele Funktionen dieses Dienstes von Frauen im Amazonas realisiert werden, da sie an so vielen Orten die ständige Präsenz der Kirche unterstützen und die Prozesse des Glaubens nähren." (Ebd.; eigene Übertragung)

Das Vorbereitungsdokument (Instrumentum laboris) hatte bereits in den Ziffern 126 c) und 129 a) - c) diese Handlungsempfehlungen hervorgehoben und dabei die Bedeutung der Feier der Eucharistie in den Mittelpunkt gestellt. „Die Kirche lebt von der Eucharistie“, und die Eucharistie baut die Kirche auf. [ Johannes Paul II., Ecclesia de Eucharistia (2003), Einleitung Nr.1., Titel von Kap II]. Daraufhin brauche es - so folgert das Vorbereitungsdokument - veränderte „Kriterien für die Auswahl und Vorbereitung der zur Zelebration autorisierten Amtsträger“.  (IL 126 c))

Eine  Kirche im Aufbruch und in einem Zustand permanenter Mission
(Circulus Portuguê
s "A")

Mit Papst Franziskus (vgl. Evangelii gaudium 20) sprechen die portugiesischen  Arbeitsgruppen "A", "C" und "D"  und die spanischen Sprachzirkel "C" und "D" von einer „Kirche im Aufbruch“ („Igreja em saída“; „Iglesia en salida“) und machen zugleich deutlich dass die Amazonassynode das bloße Amazonasgebiet übersteigt.

Este Sínodo es regional, pero también universal (Circolo English/Français)

Der von deutscher Seite als synodaler Berater teilnehmende P.  Michael Heinz SVD  hat heute in einem Kommentar bereits daran erinnert, dass Reformen meistens "von der Peripherie kommen und im Zentrum dann bestätigt werden" (Katholisch.de vom 19.10.19), wie es der französische Theologe Yves Congar schon in den 1950er-Jahren festgestellt hat. Bereits das "Draft Document" zu Beginn der dritten Synodenwoche wird es andeuten, ob und wie von der Amazonassynode Impulse für die Weltkirche ausgehen werden.

"Diese Synode ist regional, aber sie hat auch universelle Bedeutung“ (Ebd. eigene Übersetzung)

Samstag, 12. Oktober 2019

Über Höhe- und Tiefpunkte, "die innere Synode und die Synode außerhalb" und das Spüren einer "Aufbruchsstimmung": ein Rückblick auf die erste Woche der Amazonassynode
"Wir nähern uns mit christlichem Herzen und sehen die Realität des Amazonas mit den Augen eines Jüngers, um sie mit den Augen eines Jüngers zu verstehen und zu interpretieren… Und auch mit den Augen der Missionare, denn die Liebe, die der Heilige Geist in uns gelegt hat, treibt uns zur Verkündigung Jesu Christi auf; eine Verkündigung, wir alle wissen, dass sie nicht mit Proselytismus verwechselt werden sollte, aber wir nähern uns, die Amazonas-Realität mit diesem pastoralen Herzen, mit den Augen von Jüngern und Missionaren zu betrachten… Und wir nähern uns den Amazonasvölkern auf Zehenspitzen, respektieren ihre Geschichte, ihre Kulturen, ihren Lebensstil“. (Papst Franziskus in seiner Ansprache zur Eröffnung der Amazonassynode; eigene Übersetzung)
Mit der in diesen Worten ausgedrückten Haltung der Achtsamkeit und Hochachtung vor den Völkern des Amazonasgebietes eröffnete Papst Franziskus zu Wochenbeginn die Amazonassynode, deren Kernthemen im Anschluss – bezogen auf das Vorbereitungspapier der Synode (Instrumentum laboris) – von dem Generalrelator Kardinal Cláudio Hummes noch einmal zusammengefasst wurden: 
a) Die Kirche im Amazonas und ihre neuen Wege; b) Das Gesicht der Kirche Amazoniens: Inkulturation und Interkulturalität im missionarisch-kirchlichen Kontext; c) Die Dienstämter der Kirche im Amazonasgebiet: Priesteramt, Diakonat, weitere Dienste, die Rolle der Frauen; d) Das Handeln der Kirche bei der Pflege des gemeinsamen Hauses: Auf die Erde und die Armen hören; integrale ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Ökologie; e) Die Kirche Amazoniens in der städtischen Realität; f) das Thema Wasser. (Press.vatican.va vom 7.10.2019; eigene Übersetzung) 
Bis Mittwoch und am heutigen Samstag arbeitete die Synode mit jeweils 4-Minuten-Statements der Synodenteilnehmenden im Plenum der Generalversammlung und am Donnerstag und Freitag in Kleingruppen von zwölf Sprachzirkeln zur gemeinschaftlichen Vertiefung und Ausformulierung einzelner Punkte für das Abschlussdokument. Insgesamt gibt es fünf spanische, vier portugiesische, eine englisch-französisch gemischte und zwei italienische Kleingruppen, in denen die Kardinäle Christoph Schönborn und Reinhard Marx einbezogen sind. Anders als bei den drei vorausgegangenen Synoden wird nicht nach dem didaktischen Dreischritt „Sehen, Urteilen, Handeln“ (s. Stichwortverzeichnis) gearbeitet, sondern schon von Anfang an bezogen auf alle Themen des Vorbereitungsdokumentes. 

Wohltuend anders als bei vorausgegangenen Synoden – vor allem im Vergleich zu den Jahren 2014 und 2015, als der Eindruck „einer inneren Synode und einer Synode außerhalb“ und vielfältige Indiskretionen und Verdächtigungen den Synodenverlauf beeinträchtigten, so dass Papst Franziskus das Synodenplenum jetzt bat, den Synodenprozess „wie ein Baby“ zu pflegen –, sind die bisherigen Eindrücke des Synodenverlaufes harmonisch    und dies obwohl auch kontroverse Themen im Hinblick auf neue Zugänge zu Dienstämtern der Kirche, Liturgieformen und die Rolle der Frau diskutiert werden und bei den Pressekonferenzen Tag für Tag auch im Mittelpunkt stehen.
Umso erschreckender, wenn gegen den Synodenverlauf nun wirklich von ganz rechts außen gezündelt wird, indem einmal mehr das österreichische Internet-Nachrichtenmagazin kath.net den ebenfalls österreichstämmigen, in die Informationskommission der Amazonassynode gewählten, langjährigen Bischof von Xingu, Erwin Kräutler, – wider alle Wahrheit und den Wortlaut seines Statements auf der Pressekonferenz  – in populistischer Weise mit der Überschrift zitiert, dass er die indigenen Völker für „zu dumm“  halte, um den Zölibat zu verstehen, als er über die Herausforderung sprach, die zölibatäre Lebensform gegenüber Kulturen zu vermitteln, die diese Lebensform schlichtweg nicht kennen.

Und nicht minder erschreckend auch die zynische Polemik des ehemaligen Leiters der Glaubenskongregation Kardinal Gerhard Müller im Hinblick auf den ökologischen Fokus der Synode, wenn er Papst Franziskus direkt angreift und zu diskreditieren versucht mit der von einem anderen rechtskonservativen Internetmagazin gleich in der Überschrift verbreiteten Verächtlichmachung , dass es nicht seine Aufgabe als Nachfolger Petri sei, „sich um die Wasserqualität des Jordans oder die Vegetation in Galiläa zu kümmern.“

Und Müller schießt mit dieser beißenden Kritik nicht minder gegen die Enzyklika Laudato Si‘, obwohl sie noch zu Zeiten seiner Amtsführung in der Glaubenskongregation veröffentlicht wurde. Tatsächlich stellt Papst Franziskus  in seiner Schöpfungsenzyklika „Menschwerdung, Leben, Sterben und Auferstehung Jesu Christi in einen schöpfungstheologischen Gesamtentwurf“. (s. Blogbeitrag vom 19.8.2015) Ohne die typisch lateinisch-westliche Erlösungslehre mit ihrem Fokus auf der rechtlichen Bereinigung des Gott-Mensch-Verhältnisses und ihrer Frage, wie denn der Einzelne frei von Sünde und Schuld werde, hintanzustellen, orientiert sich das ebenso in der Theologiegeschichte verbürgte kosmologische Erlösungsverständnis der Enzyklika Laudato Si‘ „an dem in Schöpfung und Bibel gleichermaßen zu erkennenden Wirken Gottes, der Wahrnehmung und Wertschätzung alles Geschaffenen“ und der „Verantwortung für das gemeinsamen Haus“. (Ebd.)

Und ebendies ist der Ansatz, das Grundverständnis, der Amazonassynode, wie es Kardinal Hummes zu Synodenbeginn zum Ausdruck gebracht hat, und das die Synode in den nächsten Wochen und die Kirche wahrscheinlich darüber hinaus beschäftigen und prägen wird.
"Unsere Kirche ist sich bewusst, dass ihre religiöse Mission im Einklang mit ihrem Glauben an Jesus Christus unweigerlich die 'Pflege des gemeinsamen Hauses' einschließt." (Press.vatican.va vom 7.10.2019;  eigene Übersetzung)
"Alles ist miteinander verbunden" (LS 16, 91, 117, 138), zitiert Kardinal Cláudio Hummes aus Laudato Si‘, mit welchem Zitat aus der Schöpfungsenzyklika auch Kardinal Marx sein Statement – ebenfalls schon am Synodeneröffnungstag gesprochen– ausklingen ließ.

Dass der Heilige Geist die Synode leiten möge, ist der Wunsch, ist die Bitte zum Gebet und die damit einhergehende Aufforderung zur Parrhesia von Papst Franziskus an alle Synodenteilnehmenden. Das Interview der als Expertin teilnehmenden Misereor-Referentin für Brasilien, Regina Reinart, dass trotz des fehlenden Frauenstimmrechts derzeit „eine Aufbruchsstimmung […] ein Kairos-Moment, ein Moment der Entscheidung“ spürbar sei, stimmt zuversichtlich. 

Sonntag, 6. Oktober 2019

"Wider eine Pastoral der Aufrechterhaltung" – Zur Eröffnung der Amazonas-Bischofssynode und wie sie mit dem Synodalen Weg in Deutschland zusammenhängt
Mit der Eröffnungsmesse hat mit dem heutigen Sonntag die vom 6. bis 27. Oktober 2019 von Papst Franziskus in Rom einberufene Amazonassynode begonnen. Unter der Themenstellung „Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“ handelt es sich bei dieser Bischofsversammlung um eine sogenannte Spezialsynode für eine bestimmte Weltregion, wie es sie ähnlich bereits im Jahr 2010 für den Nahen Osten und 2009 für Afrika gab. 

Pfr. Werner Demmel, Leiter des Deutschen Pilgerzentrums in Rom, weist in seinem einführenden Kommentar des Live-Streams von Vatican Media zu Beginn der Eröffnungsmesse auf den Anlass der Synode hin: 
"Im Mittelpunkt dieser Beratungen steht die Lage der Menschen im Amazonasgebiet und auch die Herausforderungen für die katholische Kirche dort.“ 
Und er stellt dabei auch die Frage, warum die Aufmerksamkeit für diese Spezialsynode viel größer ist als bei bisherigen Spezialsynoden für andere Weltregionen:

„Was macht diese Synode für die europäischen Katholiken so wichtig?

Das Amazonasbecken weist das zweitgrößte Waldgebiet der Erde auf und spielt eine wichtige Rolle für das Klima des Planeten. Innerkirchlich könnten neue Wege der Seelsorge im Amazonasgebiet Modellcharakter für die schrumpfende Kirche in Europa haben. Der Vatikan betont aber, dass sich Lösungen aus Lateinamerika nicht ganz einfach auf Europa kopieren lassen. Die Synodenteilnehmer werden in diesen Wochen miteinander beraten und in der letzten Sitzungswoche ein Schlussdokument verabschieden, das dann dem Papst übergeben wird. Ihm steht es frei dieses Papier zu veröffentlichen.“ (Ebd.; eigene Übertragung)

Wie war die Vorgeschichte der Synode?

"Papst Franziskus hat die Amazoniensynode am 15. Oktober 2017 schon in Rom angekündigt, die Vorbereitung mit einem Besuch im peruanischen Puerto Maldonado am 19. Januar 2018 angestoßen. Am 8. Juni 2018  veröffentlichte das vatikanische Synodensekretariat ein Vorbereitungsdokument mit einem Fragenkatalog. Auf  Grundlage der Rückmeldungen, u.a. aus rund 260 lokalen und regionalen Vorbereitungstreffen, erstellte das Sekretariat das Arbeitspapier Instrumentum laboris, das dann am 17. Juni 2019 veröffentlichte wurde." (Ebd., eigene Übertragung) 

Wer nimmt an der Amazonassynode teil?

Synodenteilnehmende sind 286 Bischöfe, Sachverständige, Sondergesandte und Beobachter an der Amazonassynode, darunter 35 Frauen – nach der aktuellen Synodenordnung noch ohne Stimmrecht – und insgesamt 185 stimmberechtigte Synodenmitglieder. Von Amts wegen sind es zunächst die Ortsbischöfe der betreffenden Regionen:
"Amazonasbischöfe aus Bolivien, Brasilien, Ecuador, Peru, Kolumbien, Venezuela, Französisch-Guayana, Guayana und Suriname sowie die Spitzen von sieben Bischofskonferenzen, Vertreter der römischen Kurie und die Leitung des Panamazonien-Netzwerks REPAM (Red Eclesial PanAmazonica) sowie die Mitglieder des Vorbereitungsgremiums. Hinzu kommen 15 Ordensdelegierte und mehrere vom Papst direkt persönlich ernannte Teilnehmer.“ (Themenseite zur Amazonassynode der DBK.de)
Zusätzlich werden auch Beobachter verschiedener Glaubensgemeinschaften und Institutionen mit dabei sein sowie etwa 20 Indigene, die ihre Interessen bei der Synode vertreten werden.

Aus dem deutschsprachigen Raum nehmen Kurienkardinal Kurt Koch, Kardinal Reinhard Marx und Kardinal Christoph Schönborn sowie der emeritierte Amazonasbischof Erwin Kräutler, der wie Kardinal Schönborn ebenfalls aus Österreich stammt, teil; und als beratende Experten darüber hinaus P. Michael Heinz (Hauptgeschäftsführer der Bischöflichen Aktion Adveniat), Msgr. Pirmin Spiegel (Hauptgeschäftsführer des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor) und Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber (Gründungsdirektor des Instituts für Klimafolgenforschung, Potsdam). Eine wichtige Rolle als Moderator spielt der sogenannte Generalrelator in der Person des brasilianischen Kardinals Cláudio Hummes, der auch aus Deutschland stammt bzw. seine Vorfahren. 

Wie äußern sich Stimmen aus Deutschland zur Synode?
- oder: „Nichts wird mehr sein wie zuvor“
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"Danach ist nichts mehr wie zuvor", wenn der Amazonas-Gipfel vorüber sei, wird der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der auch seit 2010 für das kirchliche Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat tätig und Mitglied der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika (CAL) ist, aktuell in einem Interview des Spiegel  zitiert.

"Die Synode bedeutet eine Zäsur, weil deutlich wird, wie sehr ein riesiges Problem einer sehr großen Region unserer Erde ein Problem für alle Menschen und die ganze Welt werden kann. Wir wollen diese Herausforderungen annehmen und alles Menschenmögliche für eine Lösung tun. In diesem Sinn, so hoffe ich, ist danach nichts mehr wie zuvor.“ (Spiegel online vom 5.10.2019)

„Nichts wird mehr sein wie zuvor", sagte Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck bereits Anfang Mai 2019 vor Journalisten, als er die „Zäsur“, die diese Synode bedeuten könne, noch weitergehend einschätzte:
"Die hierarchische Struktur stehe genauso auf dem Prüfstand wie Sexualmoral, Priesterbild und die Rolle der Frau.“ (Katholisch.de vom 2.5.2019)
Laut Overbeck werde "die bevorstehende Amazonassynode ein einschneidendes Ereignis für die Kirche sein." (Ebd.) So sind die Erwartungen an die Synode bereits jetzt in mehrfacher Weise hochgeschraubt. Die Amazonassynode –  so heißt es in Kommentaren aus deutscher Sicht – „ächzt unter ihrer Erwartungslast“, zumal der Synodale Weg der Kirche in Deutschland mit seinen drei bzw. vier Foren eben die von Overbeck genannten Themen ja auch in den Blick genommen hat - deren thematische Fokussierung von einer Minderheit der deutschen Bischöfe auch kritisch gesehen wird. Zu erwarten ist auf jeden Fall, dass die Ergebnisse – und schon die Inhalte der Diskussion und die Art und Weise der Auseinandersetzung auf der Amazonassynode – einen maßgeblichen Einfluss auf den synodalen Prozess der deutschen Ortskirche nach seinem offiziellen Beginn Anfang Dezember haben werden.

Wider eine "Pastoral der Aufrechterhaltung"!

Papst Franziskus selbst zitiert in seiner Predigt zum heutigen neutestamentlichen Lesungstext des 27. Sonntags des Jahreskreises den Apostel Paulus (2 Tim 1,6-8.13-14), der wider eine pastorale „Verzagtheit“ daran erinnert,

"dass die Gnadengabe wiederentfacht werden muss. […] Wenn alles so bleibt, wie es ist, wenn unsere Tage von der Devise „Man hat es immer so gemacht“ bestimmt werden, entschwindet die Gabe, sie wird unter der Asche der Ängste und der Sorge erstickt, den Status quo zu verteidigen.“ (Ebd.)
Und er zitiert an dieser Stelle nicht von ungefähr seinen nicht im Verdacht der Traditionsvergessenheit stehenden Vorgänger Benedikt XVI., dass die Kirche
"sich keinesfalls auf eine Pastoral der 'Aufrechterhaltung' beschränken [darf], die nur auf jene ausgerichtet ist, die das Evangelium Christi bereits kennen. Der missionarische Schwung ist ein klares Zeichen für die Reife einer kirchlichen Gemeinschaft". (Apostolisches Schreiben Verbum Domini, 95)
Wider eine „Pastoral der Aufrechterhaltung“ plädiert Papst Franziskus in der Eröffnungspredigt zur Amazonassynode für Reformen und eine „Kirche im Aufbruch“ – ein Leitmotiv seines Pontifikates seit seinem programmatischen Schreiben Evangelii gaudium von 2013 –, das auch ein zentrales Motiv des Synodalen Weges in Deutschland ist.
"Denn die Kirche ist immer im Aufbruch, immer unterwegs, nie in sich selbst verschlossen. Jesus ist nicht gekommen, die Abendbrise, sondern das Feuer auf die Erde zu bringen.“ (Ebd.)


Samstag, 14. September 2019

Wider die gewaltige Krise, in welcher die katholische Kirche nicht nur in Deutschland, sondern weltweit steckt – oder: Bischöfe und Laien schreiben zusammen an Papst Franziskus

(Screenshot katholisch.de vom 14.9.2019)
Die erweiterte Gemeinsame Konferenz von Vertreterinnen der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken antwortete am heutigen Samstag auf das Papstschreiben „An das pilgernde Gottesvolk“ vom 29.Juni 2019, wie die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken nach dem vom 13.-14.9.19 in Fulda angesetzten Vorbereitungstreffen für den geplanten "synodalen Weg" bekanntgaben.

In dem Brief erklären die Mitglieder der erweiterten Gemeinsamen Konferenz gegenüber Papst Franziskus, dass es bestärkend sei
"dass Sie unsere 'Sorge um die Zukunft der Kirche in Deutschland teilen', und dass Sie uns zur 'Suche nach einer freimütigen Antwort auf die gegenwärtige Situation ermuntern'". (katholisch.de vom 14.9.2019)
Weiter heißt es in dem Schreiben:
"Wir sehen wie Sie, dass wir unseren gesamten Weg vom 'Primat der Evangelisierung' her angehen müssen. Wir sind entschlossen, den Synodalen Weg als einen 'geistlichen Prozess' zu gestalten. Wir sind im 'kirchlichen Sinn' mit Ihnen verbunden, weil wir sowohl die Einheit der ganzen Kirche als auch die Situation vor Ort im Blick haben und weil uns die Beteiligung des ganzen Volkes Gottes ein großes Anliegen ist". (Ebd.)
Die Gemeinsame Konferenz hat auch die Texte aus den vier Vorbereitungsforen zu den Themen "Macht, Partizipation und Gewaltenteilung", "Sexualmoral", "Priesterliche Lebensform" und "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche" bearbeitet, die seit heute auf den Internetseiten der Bischofskonferenz und des ZdK zum Download hinterlegt sind.

Einen breiten Raum nahm bei der Gemeinsamen Konferenz von ZDK und DBK ebenfalls die Diskussion um die Satzung des 'Synodalen Weges' ein, nachdem ein diese Woche veröffentlichtes Schreiben des Leiters der Bischofskongregation Kardinal Marc Ouellet vom 4. September 2019 zuvor einzelne Elemente der bisherigen Satzung angefragt und gemutmaßt hatte, ob es sich beim synodalen Weg nicht um eine Art 'Partikularkonzil' handele, dessen Themen "mit wenigen Ausnahmen nicht Gegenstand von Beschlüssen und Entscheidungen einer Teilkirche sein" (Ebd.) können.

Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 14.9.19 verwahrte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz gegenüber dieser Kritik aus der römischen Bischofskongregation:
"In einem Brief an den Präfekten der Kongregation für die Bischöfe, Kardinal Marc Ouellet, beschied Marx dem engen Mitarbeiter des Papstes, es wäre wohl hilfreich gewesen, die römische Seite hätte vor der 'Versendung von Schriftstücken' das Gespräch gesucht. So hatte Marx in der vergangenen Woche ein Schreiben Ouellets und ein Gutachten des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte erhalten, in denen die Absicht der Deutschen Bischofskonferenz, gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) auf einem 'Synodalen Weg' über Reformen in der katholischen Kirche zu beraten, als unvereinbar mit dem Kirchenrecht dargestellt wurde. Der 'Synodale Weg' sei vielmehr ein 'Prozess sui generis'. Daher sollten die Satzungen auch nicht durch die Brille kirchenrechtlich verfasster Instrumente gelesen werden." (FAZ vom 14.9.19)

Kardinal Marx verweist in seinem Schreiben noch einmal auf den eigentlichen Grund und Anlass des eingeschlagenen ‚Synodalen Weges: die „massive Glaubwürdigkeitskrise der Kirche nach der Aufdeckung zahlreicher Fälle sexuellen Missbrauchs“. Ebenso verärgert drückte es bereits gestern der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer aus: 
"Offenbar ist in Rom immer noch nicht verstanden worden, in welcher gewaltigen Krise die katholische Kirche nicht nur in Deutschland, sondern weltweit steckt". (katholisch.de vom 13.9.2019)


Freitag, 5. Juli 2019

Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche – oder: die nunmehr vier Foren und die gemeinsame Leitung und Ausgestaltung des synodalen Weges durch DBK und ZDK
(Screenshot www.zdk.de vom 5.7.2019)
Dass der konkrete Anlass des synodalen Weges der Missbrauchsskandal war und es nunmehr auch um konkrete Schritte bei den mit der Missbrauchskrise identifizierten übergreifenden Themen gehen müsse, wurde heute bei der für heute angesetzten Gemeinsamen Konferenz von Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZDK) und der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) noch einmal wiederholt. Neu war, dass zu den bereits auf der Vollversammlung diesbezüglich verabredeten und z.T. schon konstituierten Foren „Macht, Partizipation, Gewaltenteilung“, „Sexualmoral“  und „Priesterliche Lebensform“ ein weiteres Forum „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ auf Vorschlag des ZDKs und nach mehrheitlichem Beschluss auf der Sitzung des Ständigen Rates am 24.6.2019 hinzuoptiert wurde. Kardinal Marx erklärt in einer gemeinsamen Stellungnahme von DBK und ZDK: 
"Damit wollen wir die Frage nach der Rolle der Frau in der Kirche aufnehmen."
Das neu abgestimmte Forum soll von Bischof Bode, Osnabrück, geleitet werden, der Vorsitzender der Frauenkommission ist und bislang dem Forum Sexualmoral vorstehen sollte, und dort nunmehr vom Limburger Bischof Georg Bätzing abgelöst wird.

Ebenso neu und durch dem Papstbrief am vergangenen Samstag doch gar nicht mehr anders vorstellbar: Die gemeinschaftliche Stellungnahme von ZDK-Präsident, Prof. Thomas Sternberg, und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Es ist dies die unmittelbare Konsequenz des Papstschreibens, das in der Adressierung an das „pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ das oberste Laiengremium und die Bischöfe gemeinsam in ihrer Aufgabe bestätigt hat. Versichernd heißt es diesbezüglich in derselben Pressenotiz:  
"Kardinal Marx und Prof. Dr. Sternberg heben hervor, dass der Synodale Weg von Deutscher Bischofskonferenz und ZdK gemeinsam vorbereitet und getragen würde."
Der synodale Weg nimmt weiter Fahrt auf und Kontur an und soll zum 1. Advent 2019 beginnen. Wichtig sei in der Vorbereitung darauf die schon terminlich bekannt gegebene 'Gemeinsame Konferenz' am 13./14. September 2019 in Fulda, „bei der  das Statut und die  inhaltliche Ausrichtung weiter erörtert würden.“ Und rückgebunden wird die genaue „Ausgestaltung des Synodalen Weges im September und November auf den jeweiligen Vollversammlungen von Deutscher Bischofskonferenz und ZdK“.

Am Ende des heutigen Pressestatements steht die Einladung der Vorsitzenden der DBK und des Laiengremiums gemeinsam an alle Katholik*innen in Deutschland, den Synodalen Prozess in Deutschland nach Kräften zu unterstützen:

"Von Herzen laden wir alle Katholikinnen und Katholiken ein, den Synodalen Weg zu unterstützen und mit uns über eine erneuerte Kirche nachzudenken, die ihren Beitrag zu einer humanen Gesellschaft leistet.“ (Ebd.)


Samstag, 29. Juni 2019

"Zeitenwende" - oder: Ein Brief von Papst Franziskus „An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ gerade zur rechten Zeit
(Screenshot des Aufmacher-Beitrags auf katholisch.de vom 29.6.2019)


Als erste Bischofskonferenz überhaupt haben die deutschen Bischöfe ihre Rückmeldung zu der derzeit in allen Bischofskonferenzen der Welt beratenen Konstitution zur Kirchenverfassung mit dem voraussichtlichen Titel Praedicate evangelium gegeben, wie vorgestern zum Ende der 30. Sitzung des Kardinalsrates in Rom bekannt wurde. Sie nehmen damit Bezug auf den von Papst Franziskus ausgerufenen Prozess, die „Synodalität in der Kirche auf allen Ebenen zu stärken“, bei der die „missionarische Ausrichtung“ und Evangelisierung einen größeren Stellenwert bekommen soll (s. Blogbeitrag vom 14.3.2019). Genau diesen Aspekt, dieses Ziel der „missionarischen Dynamik“ und des „Primates der Evangelisierung“ stellt Papst Franzskus in einem Brief in den Mittelpunkt, den er bewusst nicht nur an die deutschen Bischöfe, sondern „an das pilgernde Volk in Deutschland‘ insgesamt richtet und auf dem synodalen Weg ermutigt. „Viel Lärm um nichts“ (Much Ado about nothing) lautete eine dreiviertel Stunde nach der Presseveröffentlichung des Papstbriefes von Seiten des Sekretariates der Deutschen Bischofskonferenz eine wohl bewusst wertende Bild-Textmarke eines österreichischen, privaten Nachrichtenmagazins. 

Tatsächlich ist das Papstschreiben aber eine nicht kraftvoller auszusprechende Unterstützung und Bestätigung des am Ende der Frühjahrsvollversammlung der DBK einmütig - bei vier Enthaltungen - ausgerufenen ‚Synodalen Weges“ (s. Blog-Beitrag vom 14.3.2019). Denn die Einwände und Kommentare, die kurz nach dem Plenartreffen der Deutschen Bischöfe nach einzelnen Stellungnahmen beteiligter Bischöfe veröffentlicht wurden, schienen Anlass, Bezeichnung, Beteiligte wie Ziel des synodalen Weges gleichermaßen wieder in Frage zu stellen. Dass er den Begriff „synodaler Weg“  weit von sich weise und als „Etikettenschwindel“ betrachte, wurde der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa in einem Interview zitiert. Kurz zuvor äußerte der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer im Rahmen eines Symposiums die Befürchtung, dass „[e]in synodaler Prozess, der meint, vor allem die Kirche neu erfinden zu sollen, […] einen Weg der Zerstörung“ beschreite. Und sein Generalvikar nahm just heute zumindest keinen Einspruch gegen eine Überschrift zu seinem Kommentar in demselben österreichischen Nachrichtenmagazin, dass der „synodale Prozess […] so nicht stattfinden“ könne. Doch ohne auf die vier in Lingen formulierten (s. Blogbeitrag vom 14.3.2019) und bereits aus vielen Bistümern und dem ZDK in abgestimmter Weise mit Expert/innen optierten Teilprojekte einzugehen, bestätigt Papst Franziskus gerade diesen von Seiten der Deutschen Bischöfe zusammen mit dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken eingeschlagenen Weg.

So danken der Vorsitzende der DBK, Kardinal Reinhard Marx, wie der Vorsitzende des ZDK, Thomas Sternberg, in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 29.6.2019 für seine orientierenden und ermutigenden Worte, in dem sie sich „als Bischöfe und Laienvertreter eingeladen“ sehen.  Und sie erklären gemeinsam:
"Papst Franziskus möchte die Kirche in Deutschland in ihrer Suche nach Antworten auf die uns alle bewegenden Fragen für eine zukunftsfähige Gestalt der Kirche unterstützen."
Und sie deuten auch noch einmal die Umstände, die den synodalen Prozess in Deutschland angestoßen, ja notwendig gemacht haben: 
"Es ist das zentrale Anliegen von Papst Franziskus, die Kirche weiterhin als eine starke geistliche und pastorale Kraft zu verstehen, die das Evangelium in die Gesellschaft hinein vermittelt und glaubwürdig verkündet. Diese Glaubwürdigkeit ist in den zurückliegenden Jahren erschüttert worden. Wir sind als katholische Kirche in Deutschland gemeinsam aufgefordert, Vertrauen neu zu gewinnen."
Als erster Schritt des synodalen Weges ist eine Gemeinsame Konferenz von Vertreterinnen der Deutschen Bischofskonferenz und des ZdK am 5. Juli geplant, an dem der Brief des Papstes besprochen werden soll  „und weitere konkrete Schritte“  vereinbart werden sollen".

Ein übernächster Schritt ist auch schon bekannt, der ebenfalls in einer gemeinsam gehaltenen Konferenz von Bischofskonferenz, Zentralkomitee der deutschen Katholiken und weiteren Personen am 13. und 14. September 2019 bestehen wird, bei der ein erster Zwischenbericht vorgesehen ist. Bis dahin sollen auch „Zeitpunkt und Dauer der strukturierten Debatten klar sein“, wie von Seiten der DBK verlautet wurde.
In und mit diesem Procedere können sich eigentlich alle Beteiligten gesehen und vertreten fühlen – so sie nicht gänzlich gegen den 'synodalen Weg von Papst Franziskus‘ eingestellt sind. Diesen nunmehr nicht nur in Rom – wie seit den insgesamt drei Synoden auf weltkirchlicher Ebene in den Jahren 2014, 2015 und 2018 , sondern bei uns in Deutschland verfolgen zu können, erfreut mich mehr als ich sagen kann. Ebendies wird mit der päpstlichen Ermutigung "an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" heute deutlich. Der nunmehr von päpstlicher Seite bestätigte synodale Weg ist auch, wie dieser Blog seit den ersten Beiträgen heißt: Es ist „Papst Franziskus‘ Synodaler Weg“! Und mit dieser Unterstützungszusage endet auch sein Brief:

"Ich möchte euch zur Seite stehen und euch begleiten in der Gewissheit, dass, wenn der Herr uns für würdig hält, diese Stunde zu leben, Er das nicht getan hat, um uns angesichts der Herausforderungen zu beschämen oder zu lähmen. Vielmehr will er, dass Sein Wort einmal mehr unser Herz herausfordert und entzündet, wie Er es bei euren Vätern getan hat, damit eure Söhne und Töchter Visionen und eure Alten wieder prophetische Träume empfangen (vgl. Joel 3,1). Seine Liebe «erlaubt uns, das Haupt zu erheben und neu zu beginnen. Fliehen wir nicht vor der Auferstehung Jesu, geben wir uns niemals geschlagen, was auch immer geschehen mag. Nichts soll stärker sein als sein Leben, das uns vorantreibt!» [EG 3]"

Mittwoch, 10. April 2019

Praedicate evangelium: Das Dokument der Kurienreform geht seinerseits den synodalen Weg
(Screenshot: Vaticannews vom 10.4.2018)
Nach der 29. Sitzung des Kardinalsrates geht nun das seit dem ersten Jahr des Pontifikates von Papst Franziskus sukzessive erarbeitete und seit dem 4.11.2018 mit seinem Titel Praedicate Evangelium bekannte Dokument zur Kurienreform seinerseits auf den synodalen Weg. Wie schon in diesem Blog am 14.3.2019 beschrieben, wird es nun an die Bischofskonferenzen, die Synoden der unierten Ostkirchen, die Ordensoberen und Chefs der Kurienbehörden zur Beratung versendet. Auch einige päpstliche Universitäten werden bei der Überprüfung des Textes zu Rate gezogen.  Auf der Pressekonferenz wurde am heutigen Tag hervorgehoben, dass im Mittelpunkt dieser die Konstitution zur Kirchenerfassung Pastor Bonus aus dem Jahr 1988 ablösenden Verfassung die "missionarische Ausrichtung" steht.
"Es ging auch um die Verpflichtung, den Prozess der Synodalität in der Kirche auf allen Ebenen zu stärken, hieß es in der Vatikannote. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit einer stärkeren Präsenz der Frauen in Führungsfunktionen in Gremien des Heiligen Stuhls. Es wurde auch wiederholt, dass der Kardinalsrat ein Organ der Kirche sei, das die Aufgabe habe, den Papst „bei der Leitung der Universalkirche zu unterstützen“, und daher ende seine Funktion nicht mit der Veröffentlichung der neuen Apostolischen Verfassung." (Vaticannews vom 10.4.2019

Laut einem Bericht * sieht die neue Konstitution vor, dass sämtliche Kongregationen und Päpstlichen Räte künftig Dikasterien genannt werden sollen. Zudem soll sich ihre Rolle ändern: Sie sollen die Ortskirchen weniger beaufsichtigen als vielmehr unterstützen. 

"Gemäß diesem Entwurf sollen in der römischen Kurie als zentralem Leitungsorgan der katholischen Kirche künftig mehr Laien arbeiten. Zudem gebe es eine Verlagerung von Kompetenzen an die Bischofskonferenzen. Dieser Impuls zur Dezentralisierung verändere auch die Beziehungen zwischen Bischöfe, Kurie und dem Papst." (kathpress vom 30.5.2019)*
Neben einem neuen "Super-Dikasterium" für Evangelisierung, das auch dem neu benannten "Dikasterium für die Glaubenslehre" vorangestellt wird  - hier zeigt sich die "missionarische Ausrichtung" wohl am deutlichsten - soll es ein neues "Dikasterium für die Caritas" geben; zudem soll die Päpstliche Kommission für den Schutz von Minderjährigen in die Kurie integriert werden.

"In der alten Kurienverfassung von 1988 gab es neun "Kongregationen" und elf, später zwölf "Päpstliche Räte". Gemäß der neuen Verfassung soll es insgesamt nur noch 15 "Dikasterien" geben. Das vatikanische Staatssekretariat als zentrales Instrument des Papstes bleibt erhalten; dazu gehört weiterhin auch das Außenministerium des Heiligen Stuhls." (kathpress vom 30.5.2019)*

Die Rückmeldungen der Bischofskonferenzen werden bis zur nächsten Sitzung des Kardinalsrates, der - vermutlich letztmalig - vom 25.-27. Juni 2019 im Vatikan tagen wird, erwartet. Zum Fest der Heiligen Peter und Paul am 29. Juni 2019 - so wird erwartet - könnte der Papst die neue Konstitution dann unterzeichnen und in Kraft setzen. 







* Aktualisiert am 23.4. und 30.5.2019

Dienstag, 2. April 2019

Über den 'Dialog der Kulturen' zum 'Dialog der Generationen': Die Jugendsynode als „Meilenstein auf einem synodalen Weg“ (CV 3). Zur Veröffentlichung des nachsynodalen Schreibens Christus vivit 
(Bild: Screenshot https://www.vaticannews.va/it/ vom 2.4.2019)

Anders als die Familien-Doppelsynoden der Jahre 2014 und 2015 machte die vom 3. bis 28. Oktober 2018 von Papst Franziskus einberufene XV. Generalversammlung der Bischofssynode mit dem Titel ‚Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung‘ inklusive des am 25.3.2019 unterschriebenen nachsynodalen Schreibens Christus vivit (CV) kaum die Schlagzeilen, wie das bei den vorausgegangenen beiden Synoden, der III. Außerordentlichen und der XIV. Ordentlichen Versammlung der Bischofssynode zu dem Themenkomplex Ehe, Familie, Partnerschaft der Fall war. Ein Grund dafür war sicher, dass – mit Ausnahme des Themenfeldes LGBT und Homosexualität – nicht mehr dieselbe Zahl an ‚Heiße Eisen-Themen‘ im Vordergrund standen, während zeitgleich ein anderes Thema in unvorhergesehener Weise die Nachrichten beinahe weltweit beherrschte. Denn überlagert wurde die Berichterstattung durch den gerade zuvor bekannt gewordenen Missbrauchsskandal und die Ermittlungen in sechs US-amerikanischen Diözesen und in Deutschland durch die hohe Wellen schlagende MHG-Studie über den sexuellen Missbrauch von Klerikern an über 3700, vornehmlich männlichen Minderjährigen über alle Diözesen Deutschlands und mehrere Jahrzehnte hinweg. Und so nahm auch die Jugendsynode über das Bekenntnis der Beschämung und die Verurteilung des Missbrauch Schutzbefohlener auch auf den Umgang mit und die Prävention von sexueller Gewalt Bezug – und gleichermaßen hervorgehoben auch Christus vivit (CV 95-102).
Behandelt und aufgenommen – bis in das Synodenabschlussdokument und das nachsynodale Schreiben hinein – wurden ebenso auch viele kontrovers diskutierte Themenkreise. In der Weise, wie dies geschah, kann die Synode – im Blick auf ihre Vorbereitung, Durchführung bis zur Weiterführung des nachsynodalen Prozesses in den Ortskirchen – als „Meilenstein auf einem synodalen Weg“ (CV 3), auf dem Weg zur synodalen Umgestaltung der katholischen Kirche bezeichnet werden. Und auf diesen Aspekt möchte ich in Fortsetzung meiner bisherigen Beiträge* zum synodalen Prozess unter Papst Franziskus meine folgenden Ausführungen vor allem konzentrieren.
 

Die weitere Vorgeschichte der Jugendsynode
Mit der knapp sechs Monate nach der Veröffentlichung des die Familiensynoden der Jahre 2014 und 2015 zusammenfassenden, nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia von Papst Franziskus am 6. Oktober 2016 für das Jahr 2018 einberufenen XV. Generalversammlung der Bischofssynode begann eine zweijährige Vorbereitungszeit bis zur Jugendsynode. Stationen waren das erste Vorbereitungsdokument der Bischofssynode (vom 13. Januar 2017) samt einem Brief von Papst Franziskus an die Jugendlichen, die Freischaltung einer allen Jugendlichen der Welt offenstehende Online-Umfrage (die 110.000 Jugendliche vollständig ausfüllten), ein Expertenseminar im September 2017 und schließlich die Vorsynode mit über 300 Jugendlichen (vom 19. bis 24. März 2018), deren Ergebnisdokument samt der Umfrageauswertung in das Arbeitspapier der Bischofssynode, das Instrumentum laboris geflossen ist. Was bei den Familiensynoden als Dialog der unterschiedlichen Kulturen der Ortskirchen weltweit bereits erprobt wurde, wandelt sich – so wird in dem am 6. Mai 2018 veröffentlichten Vorbereitungsdokument deutlich – auf der Jugendsynode zu einem Dialog der Generationen.

Kennzeichen des synodalen Weges - oder: Vom Dialog der Kulturen (Familiensynoden) zum Dialog der Generationen (Jugendsynode)
Dass und wie die Jugendlichen die wichtige Etappe der Jugendsynode mitbestimmt haben, bringt das Synodenabschlussdokument ins Wort, in dem die Jugend als eigener „locus theologicus“ bzw. „theologischer Ort“ (Abschlussdokument Nr. 64) bezeichnet wird.  Das „Hinhören“ der Kirche auf die Jugend wurde im Synodenverlauf als „pädagogisches Konzept“ und „theologische Kategorie“ in seiner Bedeutung hervorgehoben. Er wird aber noch einmal gesteigert in einem über das Vorbereitungsdokument hinausgehenden, grundsätzlichen Perspektivwechsel. Sie sind nicht mehr nur Objekte einer methodisch neu zu justierenden Jugendpastoral, sondern werden mehr und mehr Subjekte derselben. Als „Protagonisten“ (Abschlussdokument Nr. 52, 54, 65; vgl. CV 174) sind sie Handlungsträger der Kirche und in jeder Hinsicht einzubeziehen in die Weise, wie Kirche auf Zukunft in dieser Gesellschaft lebendig sein will. 

Die in dieser geänderten Perspektive liegende Dynamik reicht weiter, als das Thema der Jugendsynode eigentlich absteckt war und rückt auch noch einmal die grundsätzliche Perspektive in den Mittelpunkt. Noch einmal mit den Worten von Kardinal Marx im ausführlichen Wortlaut gesagt:
"Es geht nicht so sehr darum, so ist mein Eindruck, dass wir immer neue Methoden suchen für die Jugendpastoral, sondern dass die Kirche sich ändert. Kirche muss anders werden! Die Jugendliche erwarten, so haben sie in der Vorsynode zum Ausdruck gebracht, eine authentische Kirche, eine Kirche, die bereit ist zum Gespräch, eine Kirche, die zuhören kann. All das taucht natürlich in allen Dokumenten wieder auf. Aber das dürfen auch nicht nur Worte bleiben, es muss sich ja auch zeigen in Strukturen, Institutionen, in konkreten Begegnungen."  (Pressekonferenz vom 24.10.2018)
Papst Franziskus rekurriert in seinem nachsynodalen Schreiben darauf, wie sehr „es den Synodenvätern wichtig [war], die zahlreichen Unterschiede in Kontexten und Kulturen hervorzuheben, auch innerhalb eines Landes. Es gibt eine Vielzahl von Jugend-Milieus und das geht so weit, dass man in manchen Ländern dazu neigt, den Begriff „Jugend“ im Plural zu verwenden.“ (CV 76) Und er sagt sicher ebenso in Hinblick auf Christus vivit, was er in der Predigt des Synodenschlussgottesdienstes am 28.10.2018 über das Synodenabschlussdokument ausdrückte:
"Mehr als das Dokument ist es jedoch wichtig, dass eine Art und Weise des Seins und der Zusammenarbeit sich ausbreitet: von Jung und Alt, beim Zuhören und Erkennen, um zu pastoralen Entscheidungen zu gelangen, die auf die Realität reagieren." (eigene Übersetzung)

Der Anteil der synodalen Kirche am Ordentlichen Lehramt des Papstes
Der synodale Stil als Weiterführung des Dialogs der Kulturen zu einem Dialog der Generationen kann tatsächlich als das hervorstechendste Kennzeichen des zurückliegenden wie des vorausliegenden Weges der katholischen Kirche auf der Ebene der Weltkirche bezeichnet werden. Und er wird formal noch von einem wichtigen Schritt darüber hinaus begleitet: Denn mit der im Absatz Nr. 3 des Abschlussdokumentes einschließenden Aufnahme des Vorbereitungsdokumentes (Instrumentum laboris) – und damit der von den Jugendlichen aus aller Welt eingebrachten Fragen, Sicht- und Lebensweisen – und dem Auftrag, die Ergebnisse der Synode über das eigene Herz in die Welt zu tragen und in verschiedenster Weise wirksam werden zu lassen, zeigt sich die Jugendsynode als „Meilenstein auf einem synodalen Weg“ (CV 3), der nicht einfach nur durch ein „weiteres Papier“ (so drückte sich Papst Franziskus sowohl in seiner Begrüßungsansprache als auch in der Abschlussansprache aus), sondern durch eine veränderte Haltung und Praxis des gemeinsam Kircheseins gekennzeichnet ist und vor Ort weitergeführt werden soll. Der Text müsse in den Herzen aller ankommen, gären, inkorporiert und inkulturiert werden, in eine erneuerte christliche Praxis fließen.

Der synodale Prozess, den Papst mit Beginn seines Pontifikates, seinem bereits im Jahr 2013 veröffentlichten Lehrschreiben Evangelii gaudium, den Umfragen und der Beteiligung der Ortskirchen vor den Familiensynoden, der Veröffentlichung der jeweiligen Synodenergebnisse zu deren Abschluss und die Aufnahme derselben in seinem Lehrschreiben Amoris laetitia radikalisiert sich bei der Jugendsynode erstmals dahingehend, dass alle synodal Beteiligten und schlussendlich die Bischofsversammlung ‚cum et sub Petro‘ über das erarbeitete Abschlussdokument an der Lehrentwicklung der katholischen Kirche in formeller Weise direkten Anteil haben. Papst Franziskus hat zwar seinerseits in seinem nachsynodalen „Wort“ ihm besonders bedeutsame Aspekte der Synode zusammengefasst, das aber „durch die Tausenden von Stimmen der Gläubigen aus aller Welt bereichert“ (CV 4) werde, die ihrerseits zuvor in das Abschlussdokument geflossen sind. Dieses ist – nach der Annahme durch die Synodenversammlung, der Übergabe und der Annahme durch den Papst – Teil an dem vom ihm wahrgenommenen und an das Gottesvolk rückgebundenen Lehramt. Und auch ein vom 18. bis 22. Juni 2019 in Rom terminiertes internationales Jugendforum ist in Fortsetzung dieses Verständnisses Teil eines „wunderbare[n] Polyeder([s], das die Kirche Jesu Christi bilden muss“. (CV 207) Die Kirche kann für Papst Franziskus „die jungen Menschen eben deshalb anziehen, weil sie keine monolithische Einheit darstellt, sondern ein Geflecht unterschiedlicher Gaben, die der Heilige Geist unaufhörlich in ihr ausgießt.“ (Ebd.)


Die Jugendsynode als "Meilenstein auf dem synodalen Weg" (CV 3)
Die Kirchenreform wird über den Weg der zurückliegenden drei Bischofssynoden und über die darin bereits mit Leben gefüllte Synodalität hinaus auch die Kurie – ihre neustrukturierten oder -geschaffenen Dikasterien und Räte – in das synodale Selbstverständnis einbegreifen. Die Jugendsynode des Jahres 2018 kann in einer Chronologie der Ereignisse rückblickend mit vollem Recht als ein „Meilenstein“ (CV 3) für den synodalen Weg zur Kirchenreform bezeichnet werden.