Mit
der Eröffnungsmesse hat mit dem heutigen Sonntag die vom 6. bis 27. Oktober
2019 von Papst Franziskus in Rom einberufene Amazonassynode begonnen. Unter
der Themenstellung „Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche
Ökologie“ handelt es sich bei dieser Bischofsversammlung um eine sogenannte
Spezialsynode für eine bestimmte Weltregion, wie es sie ähnlich bereits im Jahr
2010 für den Nahen Osten und 2009 für Afrika gab.
Pfr.
Werner Demmel, Leiter des Deutschen Pilgerzentrums in Rom, weist in seinem
einführenden Kommentar des Live-Streams von Vatican Media zu Beginn der Eröffnungsmesse auf den Anlass der Synode
hin:
"Im Mittelpunkt dieser Beratungen steht die Lage der Menschen im Amazonasgebiet und auch die Herausforderungen für die katholische Kirche dort.“
Und er stellt dabei auch
die Frage, warum die Aufmerksamkeit für diese Spezialsynode viel größer ist als
bei bisherigen Spezialsynoden für andere Weltregionen:
„Was
macht diese Synode für die europäischen Katholiken so wichtig?
Das
Amazonasbecken weist das zweitgrößte Waldgebiet der Erde auf und spielt eine wichtige Rolle für das Klima des Planeten. Innerkirchlich könnten neue Wege der
Seelsorge im Amazonasgebiet Modellcharakter für die schrumpfende Kirche in
Europa haben. Der Vatikan betont aber, dass sich Lösungen aus Lateinamerika
nicht ganz einfach auf Europa kopieren lassen. Die Synodenteilnehmer werden in
diesen Wochen miteinander beraten und in der letzten Sitzungswoche ein
Schlussdokument verabschieden, das dann dem Papst übergeben wird. Ihm steht es
frei dieses Papier zu veröffentlichen.“ (Ebd.; eigene Übertragung)
Wie
war die Vorgeschichte der Synode?
"Papst
Franziskus hat die Amazoniensynode am 15. Oktober 2017 schon in Rom
angekündigt, die Vorbereitung mit einem Besuch im peruanischen Puerto Maldonado
am 19. Januar 2018 angestoßen. Am 8. Juni 2018
veröffentlichte das vatikanische Synodensekretariat ein Vorbereitungsdokument mit einem Fragenkatalog. Auf Grundlage der Rückmeldungen, u.a. aus rund
260 lokalen und regionalen Vorbereitungstreffen, erstellte das Sekretariat das
Arbeitspapier Instrumentum laboris, das dann am 17. Juni 2019 veröffentlichte
wurde." (Ebd., eigene Übertragung)
Wer
nimmt an der Amazonassynode teil?
Synodenteilnehmende
sind 286 Bischöfe, Sachverständige,
Sondergesandte und Beobachter an der Amazonassynode, darunter 35 Frauen – nach
der aktuellen Synodenordnung noch ohne Stimmrecht – und insgesamt 185
stimmberechtigte Synodenmitglieder. Von Amts wegen sind es zunächst die
Ortsbischöfe der betreffenden Regionen:
"Amazonasbischöfe aus Bolivien, Brasilien, Ecuador, Peru, Kolumbien, Venezuela, Französisch-Guayana, Guayana und Suriname sowie die Spitzen von sieben Bischofskonferenzen, Vertreter der römischen Kurie und die Leitung des Panamazonien-Netzwerks REPAM (Red Eclesial PanAmazonica) sowie die Mitglieder des Vorbereitungsgremiums. Hinzu kommen 15 Ordensdelegierte und mehrere vom Papst direkt persönlich ernannte Teilnehmer.“ (Themenseite zur Amazonassynode der DBK.de)Zusätzlich werden auch Beobachter verschiedener Glaubensgemeinschaften und Institutionen mit dabei sein sowie etwa 20 Indigene, die ihre Interessen bei der Synode vertreten werden.
Aus
dem deutschsprachigen Raum nehmen Kurienkardinal Kurt Koch, Kardinal
Reinhard Marx und Kardinal Christoph Schönborn sowie der emeritierte
Amazonasbischof Erwin Kräutler, der wie Kardinal Schönborn ebenfalls aus Österreich stammt, teil; und
als beratende Experten darüber hinaus P. Michael Heinz (Hauptgeschäftsführer
der Bischöflichen Aktion Adveniat), Msgr. Pirmin Spiegel (Hauptgeschäftsführer des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor) und Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber (Gründungsdirektor des
Instituts für Klimafolgenforschung, Potsdam). Eine wichtige Rolle als Moderator spielt der sogenannte Generalrelator
in der Person des brasilianischen Kardinals Cláudio Hummes, der auch aus
Deutschland stammt bzw. seine Vorfahren.
Wie
äußern sich Stimmen aus Deutschland zur Synode?
- oder: „Nichts wird mehr sein wie zuvor“!
- oder: „Nichts wird mehr sein wie zuvor“!
"Danach
ist nichts mehr wie zuvor", wenn der Amazonas-Gipfel vorüber sei, wird der
Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der auch seit 2010 für das
kirchliche Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat tätig und Mitglied der Päpstlichen
Kommission für Lateinamerika (CAL) ist, aktuell in einem Interview des Spiegel zitiert.
"Die Synode bedeutet eine Zäsur, weil deutlich wird, wie sehr ein riesiges Problem einer sehr großen Region unserer Erde ein Problem für alle Menschen und die ganze Welt werden kann. Wir wollen diese Herausforderungen annehmen und alles Menschenmögliche für eine Lösung tun. In diesem Sinn, so hoffe ich, ist danach nichts mehr wie zuvor.“ (Spiegel online vom 5.10.2019)
„Nichts
wird mehr sein wie zuvor", sagte Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck bereits Anfang Mai 2019 vor
Journalisten, als er die „Zäsur“, die diese Synode bedeuten könne, noch
weitergehend einschätzte:
"Die hierarchische Struktur stehe genauso auf dem Prüfstand wie Sexualmoral, Priesterbild und die Rolle der Frau.“ (Katholisch.de vom 2.5.2019)Laut Overbeck werde "die bevorstehende Amazonassynode ein einschneidendes Ereignis für die Kirche sein." (Ebd.) So sind die Erwartungen an die Synode bereits jetzt in mehrfacher Weise hochgeschraubt. Die Amazonassynode – so heißt es in Kommentaren aus deutscher Sicht – „ächzt unter ihrer Erwartungslast“, zumal der Synodale Weg der Kirche in Deutschland mit seinen drei bzw. vier Foren eben die von Overbeck genannten Themen ja auch in den Blick genommen hat - deren thematische Fokussierung von einer Minderheit der deutschen Bischöfe auch kritisch gesehen wird. Zu erwarten ist auf jeden Fall, dass die Ergebnisse – und schon die Inhalte der Diskussion und die Art und Weise der Auseinandersetzung auf der Amazonassynode – einen maßgeblichen Einfluss auf den synodalen Prozess der deutschen Ortskirche nach seinem offiziellen Beginn Anfang Dezember haben werden.
Wider eine "Pastoral der Aufrechterhaltung"!
Papst
Franziskus selbst zitiert in seiner Predigt zum heutigen neutestamentlichen
Lesungstext des 27. Sonntags des Jahreskreises den Apostel Paulus (2 Tim 1,6-8.13-14), der wider eine pastorale
„Verzagtheit“ daran erinnert,
"dass die Gnadengabe wiederentfacht werden muss. […] Wenn alles so bleibt, wie es ist, wenn unsere Tage von der Devise „Man hat es immer so gemacht“ bestimmt werden, entschwindet die Gabe, sie wird unter der Asche der Ängste und der Sorge erstickt, den Status quo zu verteidigen.“ (Ebd.)Und er zitiert an dieser Stelle nicht von ungefähr seinen nicht im Verdacht der Traditionsvergessenheit stehenden Vorgänger Benedikt XVI., dass die Kirche
"sich keinesfalls auf eine Pastoral der 'Aufrechterhaltung' beschränken [darf], die nur auf jene ausgerichtet ist, die das Evangelium Christi bereits kennen. Der missionarische Schwung ist ein klares Zeichen für die Reife einer kirchlichen Gemeinschaft". (Apostolisches Schreiben Verbum Domini, 95)Wider eine „Pastoral der Aufrechterhaltung“ plädiert Papst Franziskus in der Eröffnungspredigt zur Amazonassynode für Reformen und eine „Kirche im Aufbruch“ – ein Leitmotiv seines Pontifikates seit seinem programmatischen Schreiben Evangelii gaudium von 2013 –, das auch ein zentrales Motiv des Synodalen Weges in Deutschland ist.
"Denn die Kirche ist immer im Aufbruch, immer unterwegs, nie in sich selbst verschlossen. Jesus ist nicht gekommen, die Abendbrise, sondern das Feuer auf die Erde zu bringen.“ (Ebd.)