Pfingsten und der Synodale Weg in Corona-Zeiten – oder: als „Kirche im Aufbruch… ein neues Kapitel des Christseins mitschreiben“
Screenshot: Pfingstpredigt von Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und der Synodalversammlung des Synodalen Weges |
„Die Zeit ist mehr wert als der Raum.“ Auch heute klang dieser im vorausgegangenen Blogbeitrag hervorgehobene Grundgedanke in der Pfingstpredigt von Papst Franziskus an, indem er ihn auf die christliche Gottesvorstellung bezog. Es sei wichtig, dass „Gott ganz Gabe ist, dass er nicht nimmt, sondern gibt.“ Von dieser Gottesvorstellung hänge es ab, auf welche Weise wir unseren Glauben leben:
"Wenn wir einen Gott im Sinn haben, der sich alles nimmt und sich aufdrängt, möchten auch wir uns alles nehmen und uns aufdrängen: Räume besetzen, Bedeutung beanspruchen, nach Macht streben. Aber wenn wir Gott als Gabe in unseren Herzen spüren, ändert sich alles. Wenn uns bewusst wird, dass das, was wir sind, sein Geschenk ist, seine freie und unverdiente Gabe, dann werden auch wir aus unserem Leben ein Geschenk machen wollen." (dt. Übersetzung bei kath.net vom 31.5.20)
Pfingsten in Corona-Zeiten: Das bedeutet, sich dieser Botschaft, aber auch der Gefährdung dieser Botschaft aus dem vermeintlich inneren Bereich der Kirche bewusst zu sein. Leider hat kath.net einen selbstkritischen Satz hinsichtlich dieser Gefährdung im Blick auf Selbstbezüglichkeit und Abkapselung der Kirche aus der ansonsten um Vollständigkeit bemühten Predigtveröffentlichung getilgt, so dass ich aus der am Abend veröffentlichten deutschen Übersetzung der Predigt bei Vatican News zitiere:
"Der Geist will nicht, dass die Erinnerung an den Meister in geschlossenen Gruppen gepflegt wird, in Kreisen, in denen man sich gerne 'sein Nest baut'. Und das ist eine schlimme Krankheit, die die Kirche befallen kann, dass die Kirche nicht Gemeinschaft, nicht Familie, nicht Mutter, sondern ein Nest ist." (Vatican News vom 31.5.2020)
Die Gefahr der Abkapselung der Kirche wider das Wirken des Heiligen Geistes steht heute auch beim Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Georg Bätzing im Fokus seiner Pfingstpredigt:
"Offene Aggression und Zwietracht, drängelnde Ungeduld, selbstherrliche Ab- und Ausgrenzung, Bosheit und Verantwortungslosigkeit vertragen sich nicht damit. Wer als Christ hart, unduldsam und lieblos auftritt und damit meint, die Wahrheit des Glaubens verteidigen zu können, der ist auf dem Holzweg, auch wenn er äußerlich noch so fromm daherkommt. Der Geist Jesu Christi führt wohl in die Entscheidung, aber er wählt stets Wege, die Menschen aufrichten und zueinander führen." (DBK vom 31.5.2020)
Das weiterzugeben, „was wir empfangen und gesehen haben“ (vgl. 1 Joh 1,3) – der zweite fehlende Satz in der o.g. kath.net-Veröffentlichung der Predigt von Papst Franziskus – ist gleichfalls die Sinnspitze der Homilie von Bischof Bätzing, indem er auf eine kurze Ansprache des damaligen Kardinal Bergoglio aus dem Konklave Bezug (vgl. Blogbeitrag vom 29.9.2015) nimmt:
"Und da kommt für mich das Pfingstbild erneut ins Spiel. Manche haben an das Wort von Papst Franziskus am Vorabend seiner Wahl erinnert. Da sprach er von Christus, der höchst lebendig in seiner Kirche von innen her anklopft und uns aus dem Schlaf der Trägheit und Selbstgerechtigkeit herausrufen will. Er wartet aber nicht, bis wir seinen Auftrag beherzigen. Er öffnet beständig die verschlossenen Tore seiner Kirche und sucht an den Rändern und Grenzen die verwundeten Menschen auf. Wenn wir nicht bereit sind, gemeinsam mit ihm unsere kirchlichen Binnenräume zu verlassen, dann bestätigt sich die Kirche als fad und schal, als Salz ohne Geschmack, das den Menschen in Nöten und Abgründen keinen Trost und keine Hoffnung zu geben vermag. Und deshalb erinnert uns Papst Franziskus immer wieder daran, 'Kirche im Aufbruch' zu verwirklichen. Türen auf und hinaus zu den Menschen, so gibt er die Richtung vor." (Ebd.)
Ebendies ist die erklärte Ausrichtung des Corona-bedingt nunmehr um ein halbes Jahr, bis zum 2. Februar 2022 verlängerten Synodalen Weges mit seinen nunmehr ersatzweise im Herbst diesen Jahres eingeschobenen 5 Regionalforen (für die ursprünglich für den 4. September 2020 vorgesehene und nun auf den Zeitraum vom 4. bis 6. Februar 2021 verschobene zweite Synodalversammlung). Dies gibt auch den inhaltlich arbeitenden vier Arbeitsgruppen mehr Zeit. Denn erst
"[z]wei Arbeitsgruppen - zu Frauen und zur Sexualmoral - konnten vor den Corona-bedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens zusammenkommen und nach der Satzung ihre Vorsitzenden bestimmen. Seither läuft der Austausch vor allem auf virtuellem Weg. Die beiden Arbeitsgruppen zu Machtfragen und priesterlichem Leben wollen sich dem Vernehmen nach vor August treffen.“ (katholisch.de vom 29.5.20)
Bischof Georg Bätzing hat sich bereits für eine Thematisierung auf einer Bischofssynode in Rom ausgesprochen, die sich mit den zu fassenden Beschlüssen des Synodalen Wegs der Kirche in Deutschland beschäftigt.
"Er sei 'sehr dafür, die Erkenntnisse und Entschlüsse, die wir auf dem Synodalen Weg sammeln – auch hinsichtlich der Frau und des Amtes –, nach Rom zu transportieren'. […] 'Was synodal entsteht, muss auch synodal geklärt und beantwortet werden', so Bätzing. Dieses Prinzip sei durch Papst Franziskus gestärkt worden.“ (Ebd).
In
dieser Überzeugung knüpft Bischof Bätzing an seinen Vorgängers im
Amt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Beginn des Synodalen Weges an. Und er schließt in seiner Pfingstpredigt mit Worten, die die Richtung nach vorne angeben:
"Ja, diese Krisenzeit verschärft die Zeitansage an die Kirche. Wir müssen uns ihr stellen, sie durchdringen und miteinander darauf antworten. […] An Pfingsten wurde das erste Kapitel in der langen Geschichte der Kirche aufgeschlagen. Unsere Zeit und ihre Zeitansage legen nahe, dass wir ein neues Kapitel des Christseins mitschreiben. Jesus traut es uns zu. Türen auf und hinaus." (DBK vom 31.5.2020)