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Samstag, 19. März 2022

Praedicate Evangelium! - Papst Franziskus unterschreibt das Herzstück der Kirchenreform und zur Synodalität der Kirche 

Screenshot: Papst Franziskus' historische Ansprache am 17.10.15 über "Synodalität,
welcher der Weg ist, den Gott von seiner Kirche im 3. Jahrtausend erwartet.

Der 19. März ist im Jahr 2022 einmal mehr ein symbolisches Datum im Pontifikat von Papst Franziskus. Vor sechs Jahren unterschrieb er an ebendiesem Tag das epochale nachsynodale Schreiben Amoris laetitia, mit dem sich eine "Reform der Kirche" bahnbrach. Und heute an eben demselben Tag promulgiert Papst Franziskus dasjenige Schreiben zur Kurienverfassung, das er mit dem von ihm einberufenen K-9 Kardinalsrat seit Beginn seines Pontifikats im Jahr 2013 gewissermaßen an der Kurie vorbei beraten hatte. Es kann als das "Herzstück der Reformen" von Papst Franziskus bezeichnet werden, das ihm als Hauptaufgabe seines Pontifikats mit seiner Wahl im Jahr 2013 auferlegt worden war.

Bereits kurz nach der Jugendsynode des Jahres 2018 deutete bereits ein Mitglied des Kardinalsrates am 31.10.2018 an, dass eine neue Konstitution mit dem Titel Praedicate evangelium (Verkündet das Evangelium) im folgenden Jahr das derzeit noch geltende und in vielfacher Weise in die Jahre gekommene kirchliche Grundgesetz Pastor Bonus aus dem Jahr 1988 ablösen werde. Nach der 29. Sitzung des Kardinalsrates im April 2019 wurde demgegenüber bekannt, dass das Dokument zur Kurienreform seinerseits noch auf den synodalen Weg gehen müsse, indem es an die Bischofskonferenzen, die Synoden der unierten Ostkirchen, die Ordensoberen und Chefs der Kurienbehörden zur Beratung versendet werde. Dabei ging es

"auch um die Verpflichtung, den Prozess der Synodalität in der Kirche auf allen Ebenen zu stärken, hieß es in der Vatikannote. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit einer stärkeren Präsenz der Frauen in Führungsfunktionen in Gremien des Heiligen Stuhls. Es wurde auch wiederholt, dass der Kardinalsrat ein Organ der Kirche sei, das die Aufgabe habe, den Papst „bei der Leitung der Universalkirche zu unterstützen“, und daher ende seine Funktion nicht mit der Veröffentlichung der neuen Apostolischen Verfassung." (Vatican News vom 10.4.2019

Auch in der Weihnachtsansprache des Jahres 2019 wurde der Neuentwurf des kirchlichen Grundgesetzes in Aussicht gestellt, in der weitere Grundzüge der "pastoralen Neuausrichtung" der Kurie, ja der Kirche insgesamt, bereits deutlicher werden: Die Glaubenskongregation wie auch die Kongregation für die Evangelisierung der Völker seien „zu einer Zeit gegründet, in der es einfacher war, zwischen zwei ziemlich klar abgegrenzten Bereichen zu unterscheiden: einer christlichen Welt auf der einen Seite und einer noch zu evangelisierenden Welt auf der anderen." Diese Situation gehöre jedoch der Vergangenheit an: Sie seien entsprechend dem programmatischen Schreiben Evangelii gaudium aus dem Jahr 2013 neu auszurichten.

 "Die Reform der Strukturen, die für eine pastorale Neuausrichtung erforderlich ist, kann nur in diesem Sinne verstanden werden: dafür zu sorgen, dass sie alle missionarischer werden«" (EG 27).

Zwei Jahre später wurde dann am 8. Mai 2021 gemutmaßt, dass das Fest der Heiligen Peter und Paul am 29. Juni 2021 der Tag sein werde, an dem die neue Kirchenverfassung in Kraft treten solle. Nun ist sie knapp ein halbes Jahr danach am heutigen, für das Pontifikat von Papst Franziskus emblematischen 19.3.2022 - dem Tag seiner Amtseinführung -  promulgiert worden - mit der Ankündigung, dass sie am Pfingstsonntag, den 5. Juni 2022 in Kraft treten werde.

Praedicate Evangelium und die Kirchenreform

Tatsächlich löst die heute in italienischer Sprache veröffentlichte Konstitution ein, was seit dem Jahr 2018 mit der Reform der Kirchenverfassung verbunden wurde. Wie bereits von Anfang an von ihr gesagt wurde, dass sie den subsidiären Auftrag der Kurie in Rom stärker herausarbeiten und unterstreichen werde, wird nun die Synodalität der Kirche selbst zum zentralen Thema der Kirchenverfassung:

Die Gemeinschaft der Kirche präge das Antlitz einer Kirche der Synodalität: einer Kirche des gegenseitigen Zuhörens, "in der jeder etwas zu lernen hat: Gläubige, Bischofskollegium, wie der Bischof von Rom." (Präambel 4)

Konkret heißt das für das Zueinander von römischer Kurie und den Teil- und  Ortskirchen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die insbesondere die römische Kurie nach Art. 36 zur verbindlichen Transparenz und Zusammenarbeit verpflichtet:

§1. Die Kurieninstitutionen müssen in den wichtigsten Fragen mit den Teilkirchen, den Bischofskonferenzen, ihren regionalen und kontinentalen Unionen und den östlichen hierarchischen Strukturen zusammenarbeiten.

§ 2. Wenn die Frage dies erfordert, sind Dokumente allgemeiner Art von erheblicher Bedeutung oder solche, die bestimmte Teilkirchen in besonderer Weise betreffen, unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Bischofskonferenzen, der regionalen und kontinentalen Union und der beteiligten östlichen hierarchischen Strukturen zu erstellen.

§ 3. Die Kurieneinrichtungen sollen unverzüglich den Eingang der ihnen von den Teilkirchen unterbreiteten Ersuchen bestätigen, sie mit Sorgfalt und Sorgfalt prüfen und so bald wie möglich angemessen antworten. (eigene Übersetzung)

Ebenso sollen die Kurieninstitutionen nach  Art. 37 den Papst bwz. seine Vertreter konsultieren

„in Angelegenheiten, die die Teilkirchen betreffen, (…) die dort ihre Funktion ausüben, und es nicht versäumen, sie sowie die Bischofskonferenzen und die östlichen hierarchischen Strukturen über die getroffenen Entscheidungen zu unterrichten.“ (eigene Übersetzung)

Vor allem aber wird die Synodalität nach Art. 33 unter Einbezug der Ortskirchen Teil der Kirchenverfassung – insbesondere in der Zusammenarbeit mit der Bischofssynode und ihrem Sekretariat:

Die Kurieninstitutionen arbeiten entsprechend ihrer jeweiligen spezifischen Zuständigkeiten an der Tätigkeit des Generalsekretariats der Synode mit, angesichts dessen, was in den der Synode selbst eigenen Normen festgelegt ist, die dem römischen Papst eine wirksame Zusammenarbeit ermöglichen, gemäß den Wegen, die von ihm festgelegt wurden oder in Angelegenheiten von größerer Bedeutung für das Wohl der ganzen Kirche festgelegt werden sollen. (eigene Übersetzung)

Synodalität ist das Thema der nächsten XVI. ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode, an deren Vorbereitung nunmehr die gesamte römische Kurie einbezogen bzw. in Dienst genommen ist.

Ebenso bedeutsam wie die Betonung der Dienstfunktion der römischen Kurie ist ihre flächendeckende und einheitliche Neustrukturierung in Dikasterien - nurmehr 16 und untereinander gleichrangige Dikasterien. Dabei wird nicht nur ein neues Dikasterium Evangelisierung unter der Leitung des Papstes geschaffen, das die Missionskongregation und den Rat für die Neuevangelisierung in sich vereinen wird und als erstgenanntes Dikasterium auch den missionarischen Charakter der neuen Kirchenverfassung unterstreicht. Zu den wichtigsten Punkten und großen Neuerungen gehört auch, dass Laien - und damit auch Frauen - im Grundsatz die Möglichkeit eingeräumt, wird die Leitung von zentralen Behörden bis hin zu Dikasterien zu übernehmen – möglicherweise auch das Dikasterium für Glaubensfragen (dass die traditionsreiche Glaubenskongregation nominell ablösen wird.)

Praedicate evangelium ist als neue Kirchenverfassung eine Kurienreform, die diesen Namen verdient. Am 21. März 2022 soll sie in einer Pressekonferenz vorgestellt werden und am 5. Juni in Kraft treten. Warum es nicht das Fest Peter und Paul - wie dies für die vorausgegangenen Jahre vorhergesagt wurde - am 29.6.2022 sein wird, hängt voraussichtlich mit dem Weltfamilientreffen (22.6.-26.6.2022) zusammen, bei dessen Vorbereitung und Durchführung sich die neue Kurienstruktur bereits schon bewähren soll. Angesichts des lähmenden Reformstaus - Papst Franziskus zitierte in der oben erwähnten Weihnachtsansprache des Jahres 2019 Kardinal Martini, dass die Kirche "zweihundert Jahre lang stehen geblieben" sei - kann es nach neun Jahren Vorbereitung der Kurienreform im Kreis des Kardinalsrates nur heißen: Je früher, desto besser.




Donnerstag, 8. April 2021

5 Jahre Amoris laetitia – Erinnerung an meine AL-Lieblingsstelle

 

Meine Erinnerungen anlässlich „5 Jahre Amoris laetitia“ hatte ich bereits auf Fragen für ein Interview gegeben, das am 19.3.2021 – dem Jahrestag der Unterzeichnung durch Papst Franziskus - in diesem Blog und tags zuvor in der Bistumspresse.de veröffentlicht wurde. Dass ich noch gerne danach gefragt worden wäre, welche Ziffer des Schreibens für mich die wichtigste sei, dachte ich danach mehrfach. Dass gerade heute auf den Tag vor 5 Jahren das Schreiben veröffentlicht wurde – ich muss gestehen, dass ein Beitrag auf katholisch.de mir dies erst in den frühen Morgenstunden wieder ins Bewusstsein rief – lässt mich noch einmal die Gefühle erleben, die ich damals hatte…. und auch meine Ziffer zitieren.

Etwas früher als vor der Pressefreigabe um 12:00 Uhr las ich das Dokument bereits am Vormittag quer und begann damit, in der Suchfunktion das Wort „Freundschaft“ einzutragen. 19 Treffer werden angezeigt; aber entscheidend: Freundschaft in Bezug auf Ehe davon allein 14 Mal. Wahrscheinlich werde ich nach wie vor einer der wenigen Theolog*innen sein, der sich darüber freut – damals kamen mir Freudentränen , hatte ich selbst so viel rund um die Freundschaftskategorie selbst geschrieben – in diesem Blog etwa am 14.2.2015 (manchmal erschien es mir, ich schreibe ihn nur deshalb) – in den Synodensprachen übersetzt, via Twitter unter den Hashtags in die Welt gesendet... Und so war es natürlich auch „mein Thema“ im Blog-Eintrag vom 8.4.2016. In AL 123 – derselben Ziffer 123, in der auch in der Summa contra gentiles von Thomas von Aquin das auf Aristoteles zurückgehende Zitat steht – wird die Ehe als „größte Freundschaft“ bezeichnet und in der Folge als „besondere Freundschaft“ (AL 125) charakterisiert. 

"Nach der Liebe, die uns mit Gott vereint, ist die eheliche Liebe die » größte Freundschaft «. [Thomas von Aquin, Summa contra Gentiles, III, 123; vgl. ARISTOTELES, Nikomachische Ethik, 8,12 (ed. Bywater, Oxford 1984, S. 174)] Es ist eine Vereinigung, die alle Merkmale einer guten Freundschaft hat: Streben nach dem Wohl des anderen, Gegenseitigkeit, Vertrautheit, Zärtlichkeit, Festigkeit und eine Ähnlichkeit zwischen den Freunden, die sich im Laufe des miteinander geteilten Lebens aufbaut. Doch die Ehe fügt alldem eine unauflösliche Ausschließlichkeit hinzu, die sich in der festen Absicht ausdrückt, das gesamte Leben miteinander zu teilen und aufzubauen.“ (AL 123)

 

Mit der Wertschätzung der Ehe als einer besonderen Form der Freundschaft (vgl. AL 120, 123, 125, 126, 127, 133, 142, 156, 267) „erfährt die Ehetheologie der katholischen Kirche eine Weiterentwicklung in mehrfacher Hinsicht. Auf diese Weise wird zugleich eine integrale Sicht auf unterschiedliche Formen verschiedener Partnerschaften in einer graduellen Perspektive möglich. Denn neben der besonderen Art Freundschaft ehelicher Liebe vermag es der Freundschaftsgedanke, auch einen wertschätzenden Blick auf weitere eheähnliche Partnerschafts- und neue Familienformen zu ermöglichen, die in der gewählten Perspektive der Analogie der Liebe nun auch wahrnehmbar werden. Mit dem Neuverständnis der Ehe als eine „besondere Form der Freundschaft“ (AL 207) wird die Ehepartnerschaft zugleich als spezifische Ausformung in einem Kontinuum von Freundschafts- und Partnerschaftsbeziehungen gesehen wie hervorgehoben.“ (Dörnemann 2017, 196)

 

Und dieser Blick ermöglicht in neuer Weise eine "Gradualität in der Seelsorge" (AL 293):

"Der Blick Christi, dessen Licht jeden Menschen erleuchtet (vgl. Joh 1,9; Gaudium et spes, 22), leitet die Pastoral der Kirche gegenüber jenen Gläubigen, die einfach so zusammenleben oder nur zivil verheiratet oder geschieden und wieder verheiratet sind. In der Perspektive der göttlichen Pädagogik wendet sich die Kirche liebevoll denen zu, die auf unvollkommene Weise an ihrem Leben teilhaben: […] Wenn eine Verbindung durch ein öffentliches Band offenkundig Stabilität erlangt – und von tiefer Zuneigung, Verantwortung gegenüber den Kindern, von der Fähigkeit, Prüfungen zu bestehen, geprägt ist –, kann dies als Chance gesehen werden, sie zum Ehesakrament zu begleiten, wo dies möglich ist." (AL 78)

Vielleicht bietet ja das Aktionsjahr zu Amoris laetitia, das in das Weltfamilientreffen im Jahr 2022 münden wird, Gelegenheit über die Freundschafts-Kategorie die „Pädagogik der Liebe“ (AL 211) breiter ins Bewusstsein zu heben. Auf dass  AL 123 bekannter und theologisch rezipiert werde!


 

Freitag, 19. März 2021

Fünf Jahre "Amoris laetitia" -  Ran an die heißen Eisen. Interview mit Fußnote* zum Beginn des Amoris laetitia-Aktionsjahres 2021-2022

 

Auf den Tag vor fünf Jahren unterzeichnete Papst Franziskus das Schreiben „Amoris laetitia“ zu Ehe und Familie, das am 8.4.2016 veröffentlicht wurde. Auch wenn er die offizielle Lehre der Kirche damals unangetastet ließ, hat das Papier Türen für aktuelle Debatten geöffnet: zum Beispiel zu wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexualität.

Das am heutigen 19.3.2021 beginnende Amoris laetitia-
Aktionsjahr endet mit dem Weltfamilientreffen in Rom.

„Amoris laetitia hat möglich gemacht, was wir jetzt auch auf dem Synodalen Weg versuchen: Liebe und Sexualität in gelingenden Partnerschaften nochmal neu auf unsere Gesellschaft hinzudenken“, sagt Holger Dörnemann. Er leitet die Abteilung „Familien und Generationen“ des Bistums Limburg und arbeitet als Experte im Forum zu Sexualität und Partnerschaft des Synodalen Wegs mit. Das Forum diskutiert unter anderem darüber, wie die Kirche in Zukunft mit homosexuellen Paaren oder wiederverheiratet Geschiedenen umgehen sollte. Ohne „Amoris laetitia“ wären viele dieser Diskussionen heute so nicht möglich, schätzt Dörnemann. „Der Papst hat viele heiße Eisen angefasst.“

Vor fünf Jahren, im Anschluss an zwei Bischofssynoden zu Ehe und Familie, veröffentlichte Franziskus das Papier, das viele als sein bis dato wichtigstes Lehrschreiben bezeichneten. Er wolle mehr Barmherzigkeit in der kirchlichen Morallehre zulassen, sagte er damals. Priester und Bischöfe sollten moralische Gesetze nicht anwenden „als seien es Felsblöcke, die man auf das Leben von Menschen wirft“.

 

In mehreren Paragraphen widmete er sich sogenannten „unvollkommenen Situationen“, also Lebensgemeinschaften, die nicht dem katholischen Ideal der Ehe entsprechen. „Er schaut auf alles, was in der persönlichen Geschichte der Menschen, der Paarbeziehung und der Familie an Wertvollem da ist – und nicht nur auf das, was zum Ideal noch fehlt“, fasst Dörnemann das Papier zusammen.

 

Zum Beispiel beim Thema Homosexualität. Zwar sei der große Schritt in Blick auf die Würdigung homosexueller Partnerschaften ausgeblieben, sagt Dörnemann. Aber das Papier sei auch revolutionär in dem, was nicht drinsteht. Denn obwohl im Katechismus steht, dass homosexuelle Partnerschaften „in sich nicht in Ordnung sind“, findet man das in Amoris laetitia nicht.

 

Das liegt auf der Linie des Papstes, der grundsätzlich findet, „dass nicht alle doktrinellen, moralischen oder pastoralen Diskussionen durch ein lehramtliches Eingreifen entschieden werden müssen“, wie er in Amoris laetitia schreibt (AL 3, vgl. AL 37). Priester und Bischöfe forderte er dazu auf „die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden“. Zum Beispiel bei der Begleitung wiederverheirateter Geschiedener. In einer Fußnote (AL 351) eröffnete der Papst die Möglichkeit, diese in Einzelfällen wieder zu Sakramenten zuzulassen; die Entscheidung darüber überließ er den Ortskirchen. Als eine der ersten habe daraufhin die Deutsche Bischofskonferenz 2017 in einem Papier die Möglichkeiten des Einbezugs von Paaren aller Art am Gemeindeleben und an der Eucharistiefeier eröffnet, sagt Dörnemann.

 

Dass Ortskirchen eigenverantwortlich abwägen und entscheiden können, das fordern auch die Befürworter des Synodalen Wegs. „Ortskirche und Weltkirche müssen ineinander spielen“, sagt Holger Dörnemann und wünscht sich, pastorale Schritte in Bezug auf Liebe und Sexualmoral in Zukunft stärker in die Weltkirche eintragen zu können. Die Offenheit von Amoris laetitia ermutigt dazu. Und die nächste Bischofssynode im Herbst 2022 in Rom. Das Thema: Synodalität.


 

*Interview für https://www.bistumspresse.de/fuenf-jahre-amoris-laetitia, veröffentlicht am 18.3.2021. Es wurde am 12.3.21 geführt, drei Tage vor der Veröffentlichung der in Form, Inhalt und Diktion aus der Zeit gefallenen und noch nicht einmal persönlich vorgetragenen Note der Glaubenskongregation, die durch den unterzeichnenden Präfekten Kardinal Luís F. Ladaria am 15.3.21 erklärte, dass die Kirche "keine Vollmacht" habe, homosexuelle Partnerschaften zu segnen, weil Homosexualität "nicht der Schöpfungsordnung" entspräche und eine sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe als "Sünde" nicht segenswürdig sei. Die Stellungnahme des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben vom 18.3.2021 schlägt hingegen wieder pastorale und an den Amoris laetitia-Wortlaut anknüpfende Töne an zum  „Thema Homosexualität - naturgemäß mit anderer Akzentsetzung als im jüngsten Dokument aus der Glaubenskongregation.“ (Vaticannews vom 18.3.2021)

 

Der für das Dikasterium für Laien, Familie und Leben und zugleich für das Amoris laetitia-Aktionsjahr verantwortliche Kardinal Kevin Farrel erklärte aus Anlass seiner Eröffnung:

"Wir sind offen dafür, alle Menschen zu begleiten… Ich habe viele Male mit Menschen zusammengearbeitet, die in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft leben, und werde das auch weiterhin tun und sie weiterhin begleiten… Niemand, niemand darf jemals von der pastoralen Fürsorge und Liebe der Kirche ausgeschlossen werden!“ (Vaticannews vom 18.3.2021)

Es zeigt sich einmal mehr – wie in diesem Blog über die zurückliegenden sieben Jahre seit den Befragungen im Vorfeld und Verlauf der Familiensynoden und Jugendsynode festgehalten –, dass das Thema der pastoralen Begleitung aller Menschen in Anerkennung ihrer sexuellen Orientierung, Lebens- und Familienform weiter eine der zentralen Herausforderungen des Aktionsjahres Amoris laetitia 2021-2022 bis zur #Synod22 sein wird.


** "Andererseits hat diese jüngste Antwort keine große Autorität: Die übliche Formulierung, der Papst habe den Text "approbiert" wurde ersetzt durch: der Papst "wurde informiert". Die Absicht, das Dokument als weniger bedeutsam zu kennzeichnen, ist klar.“ (katholisch.de vom 28.3.2021)



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Donnerstag, 5. März 2020

Sogar zwei Fußnoten! – oder: Was Querida Amazonia mit dem Synodalen Weg, seinen Arbeitsforen und dem neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz zu tun hat
Da brauchte es schon einer Lesehilfe aus Rom, um zwei Fußnoten aufzumerken, die für das Verständnis des nachsynodalen Schreibens der Amazonassynode und den Synodalen Weg gerade auch aus deutscher Sicht von Bedeutung sind. Vielleicht ist es meiner Aufmerksamkeit entgangen, aber vor dem Grußwort des Apostolischen Nuntius in Deutschland Erzbischof Dr. Nikola Eterović zu Beginn der heute zu Ende gegangenen Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Mainz (2.-5. März 2020) habe ich in keinem Kommentar den Hinweis auf die doppelte Fußnote wahrgenommen. Zweimal zitiert Papst Franziskus im vierten Kapitel in Nummer 66 von Querida Amazonia sein Schreiben an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland vom 29. Juni 2019  und zwar an der Stelle, wo es um die Inkulturation geht. 
"[D]ie Kirche hat ein vielgestaltiges Gesicht »nicht nur aus einer räumlichen Perspektive [...], sondern auch aus ihrer zeitlichen Wirklichkeit heraus« […]. Die Jahrtausende alte Tradition bezeugt das Wirken Gottes in seinem Volk und hat die Aufgabe, »das Feuer am Leben zu erhalten, statt lediglich die Asche zu bewahren«.
Genau mit diesem letzten Zitat – Überschrift meines Blog-Beitrags zum Synodenende der Amazonassynode – hatte Papst Franziskus auch in seiner Abschlussansprache ganz zum Schluss pointiert das reformorientierte Anliegen seines Pontifikates unterstrichen. Und eben darum geht es auch beim Synodalen Weg. Der auf der Vollversammlung der DBK-Frühjahrsvollversammlung neu gewählte Bischof Dr. Georg Bätzing bezieht das Anliegen des Papstes um Evangelisierung deshalb auch auf den Synodalen Weg, dem er – in Personalunion ist er mit Prof. Thomas Sternberg Präsident des Synodalen Weges – seine volle Unterstützung zusagt: 
"Dafür stehe ich ganz und gar." Er habe nicht vor, die Ausrichtung des kirchlichen Reformprozesses zu verändern, da dessen "Akzente richtig gesetzt" seien. Als durch sein Amt künftiges Mitglied des Synodalpräsidiums wolle Bätzing "zurückhaltend in Einzelpositionen" sein. Er sei überzeugt davon, dass der Synodale Weg zu "einem neuen Miteinander von Laien und Bischöfen in der deutschen Kirche" führe, betonte der neue DBK-Vorsitzende. Der Synodale Weg diene letztendlich dem Ziel, das Evangelium in die Welt hinaus zu tragen und Menschen "in einer ganz und gar von Freiheit gezeichneten gesellschaftlichen Situation" Orientierung zu bieten." (katholisch.de vom 3.3.2020)
Das in ersten Reaktionen in Deutschland meist enttäuscht und kritisch wahrgenommene nachsynodale Schreiben Querida Amazonia liest er ähnlich der Einschätzung in diesem Blog vom 12.2.2020  gerade auch bezogen auf alle Themenstellungen des Synodalen Weges – in einem anderen Licht als ein ihn dazu befragender Journalist.
"Ich lese das ganz anders als Sie", antwortet er. Was der Papst zur Inkulturation des Glaubens in die jeweilige Gesellschaft geschrieben habe, ermutige ihn. Und dass er nichts über den Zölibat und die Diakoninnenweihe gesagt habe, heiße ja nicht, dass man darüber nicht reden dürfe." (SZ vom 4.3.2020)
Neben Zölibat und der "Thematik Frau in der Kirche" für Bischof Bätzing die "dringendste Zukunftsfrage" (Ebd.) seiner Amtszeit  stehen ebenso die anderen Themen von Macht und Gewalt, Klerikalismus und die Sexualmoral für ihn oben an. Und unter diesen drängenden Fragen insbesondere die Thematisierung und Neubewertung von Sexualität und Geschlechtergerechtigkeit, bei denen bei der Befragung im Zuge der Familiensynoden der Jahre 2014 und 2015 am deutlichsten wurde, wie groß die Kluft zwischen Lebenswelt und Lehre der Kirche ist. Als Leiter des Arbeitsforums 'Leben in gelingenden Beziehungen. Liebe und Sexualität' ist er gerade auch diesen Themen eng verbunden:
"In unserem Papier, das wir bei der Synodalversammlung vorgelegt haben, sehen wir durch die "Theologie des Leibes" von Johannes Paul II. bereits Veränderungen. Die Enzyklika "Amoris laetitia" hat dann die Tür noch einmal weit geöffnet. Das heißt für mich: Es gibt Spielraum und Öffnungen in der Lehre. Wir müssen nun schauen, wie wir diese Lehre in ihrer Substanz so formulieren können, dass sie wirklich noch einmal zu einem Orientierungswissen für Menschen und nicht als diese ewige Verbotsmoral wahrgenommen wird. Und das betrifft auch den Umgang mit Homosexuellen und ihre Lebensweise. Da muss sich etwas ändern." (katholisch.de vom 3.3.2020)
Vielversprechend! Und aus meiner Sicht ebenfalls ein positiver nach viel zu langem Zaudern, das als zermürbendes Hinhalten empfunden wurde –, lang erwarteter, erster Schritt: die Vereinbarung eines verbindlichen Procederes bei der Zuerkennung jetzt deutlich erhöhter finanzieller Mittel gegenüber Betroffenen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker der katholischen Kirche  selbst wenn die infrage stehenden Beträge im Grundsatz nach den Beratungen im Plenum aller Diözesen geringer ausgefallen sind, als dies Betroffenen-Initiativen gefordert hatten. 
Dabei werde "ein unabhängiges Entscheidungsgremium eingesetzt, das die Leistungshöhe verbindlich festsetzt und für eine zentrale Auszahlung an die Betroffenen zuständig ist. Das sei eine "qualitative Verbesserung" zur Situation zuvor, so Ackermann. Außerdem würden die Zahlungen solidarisch unter den Bistümern finanziert. Ferner werde sichergestellt, dass die Leistungen steuerfrei seien und nicht mit anderen Sozialleistungen verrechnet würden. Jede Diözese müsse selbst bestimmen, aus welchen Mitteln die Zahlungen geleistet würden, heißt es in dem Grundsatzpapier." (katholisch.de vom 5.3.2020)
"Man möchte eigentlich weglaufen“, sagte der neu gewählte Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in seinem allerersten Interview angesichts der vielen Aufgaben und Drucksituationen von innen – bezogen auch auf die offenkundigen Spannungen im deutschen Episkopat – und von außen mit den Aufgaben der Inkulturation und der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals mitsamt allen seinen systemischen Faktoren. Auf der anderen Seite will man sich aber auch den Voten der Mitbrüder stellen“, fügt er im selben Atemzug an. Auch von deren Seite und damit beinahe von allen Seiten ist die Wahl des neuen Vorsitzenden auch eine Bestätigung der Ausrichtung für den Synodalen Weg eine Bekräftigung einer "Kirche im Aufbruch" (EG 20, 24, 46), die Kardinal Marx in seiner letzten Predigt in seinem Amt als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz - Papst Franziskus zitierend - für die deutsche Ortskirche einforderte. Die Synodalität ist ein inneres Moment des Reformprozesses. Mit den Worten Bischof Bätzings zum Synodalen Weg gesagt:
"Was sich nicht verändert, ist mein positiver Blick auf den Synodalen Weg. Ich halte ihn wirklich für eine große Chance des Zusammenwirkens und des miteinander Übens, wie man synodal auf dem Weg sein kann. Das will der Papst von uns." (katholisch.de vom 3.3.2020)


Dienstag, 2. April 2019

Über den 'Dialog der Kulturen' zum 'Dialog der Generationen': Die Jugendsynode als „Meilenstein auf einem synodalen Weg“ (CV 3). Zur Veröffentlichung des nachsynodalen Schreibens Christus vivit 
(Bild: Screenshot https://www.vaticannews.va/it/ vom 2.4.2019)

Anders als die Familien-Doppelsynoden der Jahre 2014 und 2015 machte die vom 3. bis 28. Oktober 2018 von Papst Franziskus einberufene XV. Generalversammlung der Bischofssynode mit dem Titel ‚Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung‘ inklusive des am 25.3.2019 unterschriebenen nachsynodalen Schreibens Christus vivit (CV) kaum die Schlagzeilen, wie das bei den vorausgegangenen beiden Synoden, der III. Außerordentlichen und der XIV. Ordentlichen Versammlung der Bischofssynode zu dem Themenkomplex Ehe, Familie, Partnerschaft der Fall war. Ein Grund dafür war sicher, dass – mit Ausnahme des Themenfeldes LGBT und Homosexualität – nicht mehr dieselbe Zahl an ‚Heiße Eisen-Themen‘ im Vordergrund standen, während zeitgleich ein anderes Thema in unvorhergesehener Weise die Nachrichten beinahe weltweit beherrschte. Denn überlagert wurde die Berichterstattung durch den gerade zuvor bekannt gewordenen Missbrauchsskandal und die Ermittlungen in sechs US-amerikanischen Diözesen und in Deutschland durch die hohe Wellen schlagende MHG-Studie über den sexuellen Missbrauch von Klerikern an über 3700, vornehmlich männlichen Minderjährigen über alle Diözesen Deutschlands und mehrere Jahrzehnte hinweg. Und so nahm auch die Jugendsynode über das Bekenntnis der Beschämung und die Verurteilung des Missbrauch Schutzbefohlener auch auf den Umgang mit und die Prävention von sexueller Gewalt Bezug – und gleichermaßen hervorgehoben auch Christus vivit (CV 95-102).
Behandelt und aufgenommen – bis in das Synodenabschlussdokument und das nachsynodale Schreiben hinein – wurden ebenso auch viele kontrovers diskutierte Themenkreise. In der Weise, wie dies geschah, kann die Synode – im Blick auf ihre Vorbereitung, Durchführung bis zur Weiterführung des nachsynodalen Prozesses in den Ortskirchen – als „Meilenstein auf einem synodalen Weg“ (CV 3), auf dem Weg zur synodalen Umgestaltung der katholischen Kirche bezeichnet werden. Und auf diesen Aspekt möchte ich in Fortsetzung meiner bisherigen Beiträge* zum synodalen Prozess unter Papst Franziskus meine folgenden Ausführungen vor allem konzentrieren.
 

Die weitere Vorgeschichte der Jugendsynode
Mit der knapp sechs Monate nach der Veröffentlichung des die Familiensynoden der Jahre 2014 und 2015 zusammenfassenden, nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia von Papst Franziskus am 6. Oktober 2016 für das Jahr 2018 einberufenen XV. Generalversammlung der Bischofssynode begann eine zweijährige Vorbereitungszeit bis zur Jugendsynode. Stationen waren das erste Vorbereitungsdokument der Bischofssynode (vom 13. Januar 2017) samt einem Brief von Papst Franziskus an die Jugendlichen, die Freischaltung einer allen Jugendlichen der Welt offenstehende Online-Umfrage (die 110.000 Jugendliche vollständig ausfüllten), ein Expertenseminar im September 2017 und schließlich die Vorsynode mit über 300 Jugendlichen (vom 19. bis 24. März 2018), deren Ergebnisdokument samt der Umfrageauswertung in das Arbeitspapier der Bischofssynode, das Instrumentum laboris geflossen ist. Was bei den Familiensynoden als Dialog der unterschiedlichen Kulturen der Ortskirchen weltweit bereits erprobt wurde, wandelt sich – so wird in dem am 6. Mai 2018 veröffentlichten Vorbereitungsdokument deutlich – auf der Jugendsynode zu einem Dialog der Generationen.

Kennzeichen des synodalen Weges - oder: Vom Dialog der Kulturen (Familiensynoden) zum Dialog der Generationen (Jugendsynode)
Dass und wie die Jugendlichen die wichtige Etappe der Jugendsynode mitbestimmt haben, bringt das Synodenabschlussdokument ins Wort, in dem die Jugend als eigener „locus theologicus“ bzw. „theologischer Ort“ (Abschlussdokument Nr. 64) bezeichnet wird.  Das „Hinhören“ der Kirche auf die Jugend wurde im Synodenverlauf als „pädagogisches Konzept“ und „theologische Kategorie“ in seiner Bedeutung hervorgehoben. Er wird aber noch einmal gesteigert in einem über das Vorbereitungsdokument hinausgehenden, grundsätzlichen Perspektivwechsel. Sie sind nicht mehr nur Objekte einer methodisch neu zu justierenden Jugendpastoral, sondern werden mehr und mehr Subjekte derselben. Als „Protagonisten“ (Abschlussdokument Nr. 52, 54, 65; vgl. CV 174) sind sie Handlungsträger der Kirche und in jeder Hinsicht einzubeziehen in die Weise, wie Kirche auf Zukunft in dieser Gesellschaft lebendig sein will. 

Die in dieser geänderten Perspektive liegende Dynamik reicht weiter, als das Thema der Jugendsynode eigentlich absteckt war und rückt auch noch einmal die grundsätzliche Perspektive in den Mittelpunkt. Noch einmal mit den Worten von Kardinal Marx im ausführlichen Wortlaut gesagt:
"Es geht nicht so sehr darum, so ist mein Eindruck, dass wir immer neue Methoden suchen für die Jugendpastoral, sondern dass die Kirche sich ändert. Kirche muss anders werden! Die Jugendliche erwarten, so haben sie in der Vorsynode zum Ausdruck gebracht, eine authentische Kirche, eine Kirche, die bereit ist zum Gespräch, eine Kirche, die zuhören kann. All das taucht natürlich in allen Dokumenten wieder auf. Aber das dürfen auch nicht nur Worte bleiben, es muss sich ja auch zeigen in Strukturen, Institutionen, in konkreten Begegnungen."  (Pressekonferenz vom 24.10.2018)
Papst Franziskus rekurriert in seinem nachsynodalen Schreiben darauf, wie sehr „es den Synodenvätern wichtig [war], die zahlreichen Unterschiede in Kontexten und Kulturen hervorzuheben, auch innerhalb eines Landes. Es gibt eine Vielzahl von Jugend-Milieus und das geht so weit, dass man in manchen Ländern dazu neigt, den Begriff „Jugend“ im Plural zu verwenden.“ (CV 76) Und er sagt sicher ebenso in Hinblick auf Christus vivit, was er in der Predigt des Synodenschlussgottesdienstes am 28.10.2018 über das Synodenabschlussdokument ausdrückte:
"Mehr als das Dokument ist es jedoch wichtig, dass eine Art und Weise des Seins und der Zusammenarbeit sich ausbreitet: von Jung und Alt, beim Zuhören und Erkennen, um zu pastoralen Entscheidungen zu gelangen, die auf die Realität reagieren." (eigene Übersetzung)

Der Anteil der synodalen Kirche am Ordentlichen Lehramt des Papstes
Der synodale Stil als Weiterführung des Dialogs der Kulturen zu einem Dialog der Generationen kann tatsächlich als das hervorstechendste Kennzeichen des zurückliegenden wie des vorausliegenden Weges der katholischen Kirche auf der Ebene der Weltkirche bezeichnet werden. Und er wird formal noch von einem wichtigen Schritt darüber hinaus begleitet: Denn mit der im Absatz Nr. 3 des Abschlussdokumentes einschließenden Aufnahme des Vorbereitungsdokumentes (Instrumentum laboris) – und damit der von den Jugendlichen aus aller Welt eingebrachten Fragen, Sicht- und Lebensweisen – und dem Auftrag, die Ergebnisse der Synode über das eigene Herz in die Welt zu tragen und in verschiedenster Weise wirksam werden zu lassen, zeigt sich die Jugendsynode als „Meilenstein auf einem synodalen Weg“ (CV 3), der nicht einfach nur durch ein „weiteres Papier“ (so drückte sich Papst Franziskus sowohl in seiner Begrüßungsansprache als auch in der Abschlussansprache aus), sondern durch eine veränderte Haltung und Praxis des gemeinsam Kircheseins gekennzeichnet ist und vor Ort weitergeführt werden soll. Der Text müsse in den Herzen aller ankommen, gären, inkorporiert und inkulturiert werden, in eine erneuerte christliche Praxis fließen.

Der synodale Prozess, den Papst mit Beginn seines Pontifikates, seinem bereits im Jahr 2013 veröffentlichten Lehrschreiben Evangelii gaudium, den Umfragen und der Beteiligung der Ortskirchen vor den Familiensynoden, der Veröffentlichung der jeweiligen Synodenergebnisse zu deren Abschluss und die Aufnahme derselben in seinem Lehrschreiben Amoris laetitia radikalisiert sich bei der Jugendsynode erstmals dahingehend, dass alle synodal Beteiligten und schlussendlich die Bischofsversammlung ‚cum et sub Petro‘ über das erarbeitete Abschlussdokument an der Lehrentwicklung der katholischen Kirche in formeller Weise direkten Anteil haben. Papst Franziskus hat zwar seinerseits in seinem nachsynodalen „Wort“ ihm besonders bedeutsame Aspekte der Synode zusammengefasst, das aber „durch die Tausenden von Stimmen der Gläubigen aus aller Welt bereichert“ (CV 4) werde, die ihrerseits zuvor in das Abschlussdokument geflossen sind. Dieses ist – nach der Annahme durch die Synodenversammlung, der Übergabe und der Annahme durch den Papst – Teil an dem vom ihm wahrgenommenen und an das Gottesvolk rückgebundenen Lehramt. Und auch ein vom 18. bis 22. Juni 2019 in Rom terminiertes internationales Jugendforum ist in Fortsetzung dieses Verständnisses Teil eines „wunderbare[n] Polyeder([s], das die Kirche Jesu Christi bilden muss“. (CV 207) Die Kirche kann für Papst Franziskus „die jungen Menschen eben deshalb anziehen, weil sie keine monolithische Einheit darstellt, sondern ein Geflecht unterschiedlicher Gaben, die der Heilige Geist unaufhörlich in ihr ausgießt.“ (Ebd.)


Die Jugendsynode als "Meilenstein auf dem synodalen Weg" (CV 3)
Die Kirchenreform wird über den Weg der zurückliegenden drei Bischofssynoden und über die darin bereits mit Leben gefüllte Synodalität hinaus auch die Kurie – ihre neustrukturierten oder -geschaffenen Dikasterien und Räte – in das synodale Selbstverständnis einbegreifen. Die Jugendsynode des Jahres 2018 kann in einer Chronologie der Ereignisse rückblickend mit vollem Recht als ein „Meilenstein“ (CV 3) für den synodalen Weg zur Kirchenreform bezeichnet werden.

Samstag, 27. Oktober 2018


***BREAKING NEWS***The Synodal Document: Part of the ordinary Magisterium of the Successor of Peter - Letter of the Youth to Pope Francis ***BREAKING NEWS***
Diese Schlagzeile würde das heute in der Synodenversammlung, Absatz für Absatz einzeln abgestimmte und mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Bischöfe angenommene Enddokument der XV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode als Agenturmeldung verdienen. Und wahrscheinlich sind sich auch einige der stimmberechtigten Synodalen gar nicht wirklich bewusst, dass sie gerade (Kirchen-)Geschichte schreiben. 


(Generalsekretär Kardinal Lorenzo Baldisseri applaudiert Papst Franziskus nach der
Übergabe des Abschlussdokumentes.Screenshot VaticanMedia vom 27.10.2018)

Tatsächlich steht die Bedeutung der heutigen Abstimmung des über 21 Tage erarbeiteten Synodendokumentes (mit 4-Min.-Statements von 240 Bischöfen und 32 Auditor*innen und weiteren spontanen, freien Reden von 69 Bischöfen und 13 Auditor*innen) und des weiteren Procederes bereits in Art. 18 ‚Übergabe des Abschlussdokuments an den römischen Papst‘, in der am 15. September 2018 von Papst Franziskus erlassenen Apostolischen Konstitution 'Episcopalis communio' – wie  im Blog-Beitrag vom 3.10.2018 bereits hervorgehoben:

„Se approvato espressamente dal Romano Pontefice, il Documento finale partecipa del Magistero ordinario del Successore di Pietro.“ 

„If the final document is expressly approved by the Roman Pope, it participates in the ordinary Magisterium of the successor of Peter.“ 

„Wenn das Abschlussdokument vom römischen Papst ausdrücklich gebilligt wird, hat es Teil am ordentlichen Lehramt des Nachfolgers Petri.“


"Noi abbiamo fatto il documento, la commissione; noi l’abbiamo studiato, l’abbiamo approvato. Adesso lo Spirito dà a noi il documento perché lavori nel nostro cuore. (Papa Francesco, 27.10.18)

"Wir haben das Dokument gemacht (bzw. die Kommission), wir haben es studiert, wir haben das Dokument angenommen. Nun bringt uns der Geist das Dokument, um in unseren Herzen zu arbeiten." (eigene Übertragung) 
"We did the document (the Commission), we studied it, we approved the document. Now the spirit brings us the document to work in our hearts." (eigene Übersetzung)

Was das bedeutet, wird vielleicht erst auf den zweiten Blick deutlich und steht im direkten Zusammenhang mit der gestern von Kardinal Schönborn erklärten Entwicklung der Kirche im Sinne einer synodalen Kirche. Der synodale Prozess, den Papst Franziskus - wie in diesem Blog seit dem Jahr 2014 verfolgt - mit Beginn seines Pontifikates, seinem bereits im Jahr 2013 veröffentlichten Lehrschreiben ‚Evangelii gaudium‘, den Umfragen und der Beteiligung der Ortskirchen vor den Familiensynoden, der Veröffentlichung der jeweiligen Synodenergebnisse zu deren Abschluss und die Aufnahme derselben in seinem Lehrschreiben ‚Amoris laetitia‘ radikalisiert sich bei dieser Synode erstmals dahingehend, dass die Bischofsversammlung ‚cum et sub Petro‘ über das erarbeitete Schlussdokument an der Lehrentwicklung der katholischen Kirche in formeller Weise direkten Anteil hat. Papst Franziskus steht es selbstverständlich weiterhin frei, das Synodenenddokument auch darüber hinaus in einem Apostolischen Schreiben aufzugreifen, doch hat dieses schon als solches nach der Annahme durch die Synodenversammlung, der Übergabe und der Annahme durch den Papst Teil an dem vom ihm wahrgenommenen Lehramt.


Papst Franziskus will eine synodale Kirche: und das nicht nur in der Vorbereitung der Bischofssynode, sondern auch und gerade als Konsequenz. Die Internationale Theologenkommission der Glaubenskongregation hat bereits in einem bislang eher wenig beachteten Papier "Synodality in the Life and Mission of the Church' vom 2. März 2018 nicht nur die theologischen Grundlagen der Synodalität reflektiert, sondern auch konkrete Vorschläge formuliert. Und einige der nun auch im Enddokument der Jugendsynode von Seiten der Synodalen vorgeschlagenen Empfehlungen (Regionalsynoden, Versammlungen…) finden sich dort auch schon als Konkretionen benannt. Und was die Synodalen als weitere 'Takeaways' im Kopf haben und nach Hause nehmen, davon war bereits gestern die Rede.

(Thomas Andonie in der Synodenaula. Screenshot VaticanNews vom 27.10.2018)
Thomas Andonie – ich hatte heute Morgen wieder Gelegenheit, ihn auf dem Weg zur Synodenaula und damit kurz vor der Abstimmung des Enddokumentes zu sprechen – ist sich der Bedeutung der Abstimmung an diesem Samstag wohl bewusst. Gestern schon schrieben die jungen Auditor*innen (s.u.) an den Papst, dass sie dankbar seien, diesen "Teil der Geschichte der Kirche" miterleben zu können. Für Thomas Andonie sind das „Zuhören Können“ und das „Im Gespräch und Dialog Sein“ und auch eine Kultur des - im guten Sinne - „Sich Streiten Könnens“ am heutigen Morgen diejenigen Herausforderungen, die in einem neu aufgenommenen und dauerhaften Dialogprozess umgesetzt werden müssen. Die Botschaft dieser Synode, „dass wir die Menschen bereits so wahrnehmen, wie Gott sie liebt“, sei vor Ort so noch nicht spürbar. Dass einige der in Deutschland unter den Nägeln brennenden Themen, die er selbst am 5.10.2018 in seinem Synodenstatement eingebracht hat, wie die der Sexualmoral, in einem universalkirchlichen Dokument, das alle Kulturen von Asien, Afrika, Europa bis Amerika umfasst, zu allgemein formuliert sein könnten, empfindet er – wie es Kardinal Marx schon am 24.10.2018 ausdrückte – als ein Kennzeichen einer synodalen Arbeit auf der Ebene der Weltkirche, die vor Ort aber anders angepackt und konkretisiert werden können und müssen.

Thomas Andonie ist es auch, dessen Name als erster unter einem von allen jungen Auditor*innen unterzeichneten Brief steht, das ich in eigener Übertragung und Übersetzung an das Ende dieses Blog-Beitrages stellen möchte: Das persönliche Dankschreiben an Papst Franziskus– gespickt mit vielen Zitaten aus dem bereits oben erwähnten ersten päpstlichen Schreiben 'Evangelii gaudium' – gehört (auch wenn es bereits gestern im Rahmen einer Gesang-, Musik, Rezitations- und Tanzveranstaltung ‚Moments of Joy‘ übergeben wurde) aus meiner Sicht auch zu den ‚Breaking news‘ dieses Tages.



XV Assembla Generale Ordinaria del Sinodo dei Vescovi

LETTERA DEGLI UDITORI GIOVANI A PAPA FRANCESCO

Carissimo Papa Francesco,

noi giovani, presenti al Sinodo, vogliamo cogliere questa occasione per esprimerti la nostra gratitudine e la nostra gioia per averci dato lo spazio di fare insieme questo piccolo pezzo di storia. Le idee nuove necessitano die spazio e tu ce l'hai dato. Il mondo di oggi, che presenta a noi giovani opportunità inedite insieme a tante sofferenze, ha bisogno di nuove risposte e di nuove energie d'amore. Ha bisogno di ritrovare la speranza e di vivere la felicità che si prova nel dare più che nel ricevere, lavorando per un mondo migliore.

Noi vogliamo affermare che noi condividiamo il tuo sogno: una Chiesa in uscita, aperta a tutti sopratutto a più deboli, una Chiesa ospedale da campo. Siamo già parte attiva die questa Chiesa e vogliamo continuare a impegnarci concretamente per migliorare le nostre città e scuole, il mondo socio-politico e gli ambienti di lavoro, diffondendo una cultura della pace e della solidarietà e mettendo al centro i poveri, in cui si riconosce Gesù stesso.

Al termine di questo Sinodo desideramo dirti che siamo con te e con tutti i vescovi della nostra Chiesa, anche nei momenti di difficoltà. Ti preghiamo di continuare il cammino che hai intrapreso e ti promettiamo il nostro pieno sostegno e la nostra preghiera quotidiana.

Vaticana, 26.10.2018

 

Lieber Papst Franziskus,

wir jungen Menschen, die bei der Synode anwesend sind, möchten diese Gelegenheit nutzen, um unsere Dankbarkeit und unsere Freude darüber zum Ausdruck zu bringen, dass Sie uns den Raum geben, diese kleine Stück Geschichte gemeinsam zu erleben. Neue Ideen brauchen Raum, und Sie haben ihn uns gegeben. Die Welt von heute, die uns jungen Menschen ungeahnte Chancen bietet, aber ebenso viele Leiden, braucht neue Antworten und neue Energien der Liebe. Sie muss die Hoffnung zurückgewinnen und das Glück leben, das darin besteht, mehr zu geben als zu empfangen, für eine bessere Welt zu arbeiten.

Wir wollen bekräftigen, dass wir Ihren Traum teilen: eine Kirche im Aufbruch, offen für alle, besonders für Schwächere, eine Kirche als Feldlazarett.

Wir sind bereits ein aktiver Teil dieser Kirche, und wir wollen uns auch weiterhin konkret dafür einsetzen, unsere Städte und Schulen, die gesellschaftspolitische Welt und das Arbeitsumfeld zu verbessern, für eine Kultur des Friedens und der Solidarität einzutreten und die Armen in den Mittelpunkt zu stellen, in denen Jesus selbst erkannt werden kann.

Am Ende dieser Synode möchten wir Ihnen sagen, dass wir mit Ihnen und mit allen Bischöfen unserer Kirche sind, auch in schwierigen Zeiten. Bitte setzen Sie den eingeschlagenen Weg fort und wir versprechen Ihnen unsere volle Unterstützung und unser tägliches Gebet.

Vatikan, am 26.10.2018


Donnerstag, 25. Oktober 2018

Synodality is the keyword - oder: über Pilger, Protagonisten und die Pseudopresse
Die Idee einer Wallfahrt war erst im Rahmen der Jugendsynode entstanden und hätte dem Ambiente die Zueinanders der Synodalen, Expert*innen und der jungen Auditor*innen wahrscheinlich schon früher gut getan, schreibt Clemens Blattert SJ in seinem persönlichen Synodenblog: “So etwas hätte es eigentlich schon nach den ersten drei Sitzungstagen gebraucht, um uns auch abseits des Protokolls besser kennen zu lernen": Der 6 km lange Weg entlang der Via Francigena, der mit einem Gottesdienst mit einer beeindruckenden Predigt Kardinal Rino Fisichellas, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung, abgeschlossen wurde:
Die Auslegung der Evangeliums-Textstelle Johannes 21,15-22 über dem Petrusgrab war zugleich eine Predigt über eine über 30 Jahre währende Berufungsentwicklung von Petrus, den in Jugendjahren die Berufung Jesu ereilte, aber erst etwa 30 Jahre später den Ruf der Letzthingabe in der Liebe ganz gehen konnte. Ohne es direkt auszusprechen, war auf die jungen Erwachsenen wie die älteren Synodalen hin gesagt, dass die Berufungsentwicklung ein Weg ist, der in jungen Jahren beginnt und auch mit ergrauten Haaren noch nicht abgeschlossen ist. Der Glaube als ein Weg. Zeugnisse der Hingabe, davon waren die synodalen Tage voll – und zuweilen schienen die Jugendlichen die Bischöfe nicht nur durch Kreativität und einen „Wasserfall“ (so Kardinal Bassetti heute) an Lebensenergie, sondern auch mit ihren Lebenszeugnissen in der Synodenaula zu beeindrucken, ja mit ihrem Lebenszeugnis tief zu berühren. Kardinal Tagle erwähnte nach Momenten einer Tränenrührung die Beispiele des 23jährigen Safa aus dem Irak (s. Blog-Beitrag vom 23.10.2018) und des 26jährigen Daniel aus Pakistan, die allen Synodenteilnehmer*innen eindrucksvoll mit ihrer bezeugten Glaubenserfahrung in Erinnerung bleiben werden. In dieser Erfahrung des ‚Gemeinsam-auf-dem-Weg-Seins‘ stand am Ende das immer wieder zu hörende ‚Wir‘, das ‚Gemeinsam‘ und ‚Zusammen‘ von Jung und Alt, Bischöfen und Auditor*innen und Expert*innen und die Erfahrung des gemeinsam voranschreitenden Volkes Gottes – wie es Kardinal Marx gestern sagte, am Ende der dreieinhalb Wochen Jugendsynode: eine Erfahrung gelebter Synodalität.
Synodalität – von der Wortbedeutung meint es ebendieses ‚Miteinander Gehen und Unterwegssein‘ – ist auch heute der meistgebrauchte Begriff in der Pressekonferenz. Kardinal Gualtiero Bassetti, Erzbischof von Perugia und Präsident der Italienischen Bischofskonferenz (CEI), den ich persönlich auf einer CEI-Tagung zur Rezeption von Amoris laetitia Ende des Jahres 2017 und auf dem diesjährigen Weltfamilientreffen in seiner weisen und theologisch-dichten Denkart schätzen gelernt habe, berichtet in seinem ersten öffentlichen Statement überhaupt während der Synode von dem „Camminare insieme‘, das die intensiven Tage dieser Synode prägte:

"Il Sinodo è stato 'una policromia di colori e una polifonia di lingue', la presenza dei giovani ci ha fatto 'sperimentare il vento della Pentecoste'”.  
"Die Synode sei 'ein Polychrom von Farben und eine Polyphonie der Sprachen' gewesen, die Anwesenheit junger Menschen hat uns 'den Wind von Pfingsten' erleben lassen." (Vatican News vom 25.10.2018; eigene Übertragung)


Synodality is a Keyword
Für den heute ebenfalls zur Pressekonferenz erschienenen Kardinal Arlindo Gomes Furtado, Erzbischof von Santiago (Kap Verde), war diese Synode eine tiefe Erfahrung von “Gemeinschaft”, eines “Zusammen Gehens’, das auch für den jungen, brasilianischen Auditor der Schönstattbewegung Lucas Barboza Galhardo als Prozess weitergehen werde. Und gleichermaßen äußert sich auch Erzbischof Hector Miguel Cabrejos Vidarte OFM (Trujillo/ Peru), der von der Erfahrung einer außerordentlichen Zusammenarbeit spricht: Das Verständnis der Kirche von Synodalität habe sich entscheidend weiterentwickelt:

"He said that synodality is a keyword and that in these days it has been a true gift of the Holy Spirit. He said that he Church must work on this and practice it more so that it grows.”

"Er sagte, dass die Synodalität ein Schüsselwort und dass sie in diesen Tagen ein wahres Geschenk des Heiligen Geistes gewesen sei. Er sagte, dass die Kirche daran arbeiten und sie praktizieren müsse, damit Sie weiter wachse. "  (Vatican News vom 25.10.2018; eigene Übertragung)


Dass Synodalität aber nicht nur ein Thema der der reflektierenden Pressekonferenzen, sondern ein Herzthema in der Synodenaula selbst gewesen ist, davon gibt auch ein Retweet des jungen amerikanischen Auditors Jonathan Lewis Zeugnis, den ich heute mehr durch Zufall eingefangen habe und davon berichtet, dass in den zurückliegenden Wochen kein Statement eines Bischofs größeren Beifall in der Synodenaula erhalten habe, als ein Bekenntnis zur Synodalität, die dieser auch als Weg zur Demokratisierung der Kirche verstand.
Synodalität ist für Papst Franziskus der „Weg der Kirche (…), den Gott von seiner Kirche im 3. Jahrtausend erwartet.“ (Vgl. Blog-Beitrag vom 17.10.2015) Und wir haben es bereits auf den vergangenen Familiensynoden erlebt – und erleben es auf dieser Jugendsynode aufgrund der neuen Geschäftsordnung bzw. der Apostolischen Konstitution Episcopalis communio noch einmal mehr –, wie der synodale Weg von dem Einbezug des Gottesvolkes und einer breit angelegten Vorbereitung, über die Synode selbst bis zur Fertigstellung des Abschlusstextes und der Annahme durch den Papst ein Voranschreiten des gesamten Gottesvolkes ist, bei dem in der gewählten Methode bis zum synodal erarbeiteten Ergebnis deutlich wird, dass der Papst „das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen“ ist und zugleich die „Notwendigkeit, in einer heilsamen 'Dezentralisierung' voranzuschreiten" (EG 16) Berücksichtigung findet. (s. Blog-Beitrage vom 17.10.2015 und 18.10.2015; vgl. den Beitrag vom 8.07.2017)




Der synodale Weg der letzten Jahre hat nicht minder einzelne Gegner und Lobbygruppen, die sich vornehmlich an Fragen der Sexualität und insbesondere dem Umgang mit dem Thema der Homosexualität verbeißen, „als wäre es der Kern der Botschaft Jesu“ (wie dies Kardinal Marx gestern ausdrückte). An einem aktuellen Beispiel festgemacht, ist es derselbe von ultrakonservativen, selbsternannten katholischen Nachrichtenmagazinen immer wieder zitierte ‚Vatikanist‘ Sandro Magister, der in unseriöser Weise nicht nur – wie bereits in diesem Blog zuletzt vor ein paar Tagen am 5.10.2018 erwähnt – einen internen Brief von Kardinälen während der Familiensynode 2015 und einen Vorentwurf der Enzyklika ‚Laudato Si‘‘ wenig zuvor ‚durchgestochen‘ hat, sondern auch während der Pressekonferenzen dieser Jugendsynode vornehmlich nur durch Fragen im Blick auf eine Änderung von Lehrmeinungen zur Homosexualität, LGBT, homosexuelle Priesteranwärter, eine gelenkte Synodenführung und heute dann im Blick auf eine Einflussnahme des Papstes auf das synodale Dokument aufgefallen ist: eine Frage, die dem Präsidenten der Kommission für die Information, Dr. Paolo Ruffini, dann auch – schon weil der Hinweis darauf bereits am Dienstag gegeben wurde – für eine Beantwortung schlicht zu dumm war. Heute wird derselbe ‚Vatikanist‘ als ‚Doyen‘ auf dem unsäglichen Magazin ‚www.katholisches.info‘ zitiert, in dem er sich auch noch erdreistet, den von ihm selbst geleakten Brief aus dem Jahr 2015 noch einmal für die Unterstellung einer gelenkten Synode zu zitieren. Dass „der Papst zurückrudere“ im Blick auf das eigentliche Thema der Homosexualität, „für das die Jugendsynode einberufen sei“, heißt es angesichts der Aussagen von Kardinal Marx gestern und Kardinal Cupich vor bald einer Woche. So bescheiden lässt sich die katholische Schattenwelt punktieren, wie sie nicht minder auf den zuletzt gestern zitierten Seiten von kath.net nachzulesen ist, wo ebenfalls Homosexualität und die Aufnahme des LGBT-Akronyms zum Gradmesser der Jugendsynode erhoben wird. Und wenn die heutige Frage Sandro Magisters im Rahmen der Pressekonferenz nicht täuscht, wird seine nächste Schlagzeile in den benannten Magazinen und Medien ähnlicher Güte lauten, dass der Papst bei seinem Besuch der Redaktion am Montag, den 23.10.2018 Einfluss auf den Entwurf des Abschlussdokumentes der Jugendsynode genommen habe.


Und dennoch: Die Synodalität, welche „der Weg der Kirche ist“ und die damit einhergehende Synodalität vor Ort und die Dezentralisierung und Inkulturierung des Glaubens in den Ortskirchen wird mit der Jugendsynode weiter voranschreiten. Und angesichts der heutigen Messfeier der Synodenversammlung am Petrusgrab möchte ich hinzufügen: "...die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. (Mt 16,18)