Sonntag, 19. Oktober 2014

Die Kirche als „liebevolle Mutter und Ausspenderin des Heils für alle Menschen“ - oder: die letzten Worte zum Abschluss der Familiensynode 2014

                         (© HolySeePress; Abschlussmesse der Bischofssynode am 19.10.14)

Den Abschluss der III. Außerordentlichen Bischofssynode, die die XIV. Ordentliche Bischofssynode des nächsten Jahres vorbereiten wollte, bildete heute der feierliche Gottesdienst auf dem Petersplatz in Rom, in dem  auch der Konzilspapst Paul VI. seliggesprochen wurde. Papst Franziskus nahm in seiner auch in deutscher Übersetzung vorliegenden Predigt auf beides Bezug:


Samstag, 18. Oktober 2014

Kirche: ein Haus mit offenen Türen, die willkommen heißt ohne auszuschließen -
oder: Was die eigentliche Botschaft am Ende der Bischofssynode darstellt
 


Wenn man allein auf die in Deutschland verbreiteten Agenturmeldungen zum Inhalt der 'Botschaft für das Volk Gottes' am Nachmittag wie zur Veröffentlichung der 'Relatio Synodi' am Abend zum Abschluss der III. Außerordentlichen Bischofssynode vertraute, würde man sich mehr als desinformiert fühlen, wenn man bei etwas tieferer Recherche gewahr wird, dass sie ohne Kenntnisnahme der heute um 13 Uhr bzw. 18:30 Uhr angesetzten Pressekonferenzen wie der vorzustellenden Dokumente publiziert wurden und den Synodenverlauf und den Gegenstand der Berichterstattung m.E. auf den Kopf stellen.

© Mazur/catholicnews.org.uk

Zur Vorstellung der am Vormittag in der Synodenaula nach Angaben von Pressesprecher Fr. Federico Lombardi - mit der überwältigenden Mehrheit von 158 von 173 anwesenden Synodalen angenommen 'Abschlussbotschaft' erschienen in der mittäglichen Pressekonferenz die Kardinäle Raymundo Damasceno Assis, Erzbischof von Aparecida (Brasilien), der Präsident des Päpstlichen Rates für die Kultur, Kardinal Gianfranco Ravasi, und Kardinal Oswald Gracias, Erzbischof von Bombay (Indien).
Dass der Publizierung der Abschlussbotschaft eine 'erste Lesung' gestern Nachmittag und die Einarbeitung von Ergänzungen und Verbesserungsvorschlägen vorausgegangen war, gehört ebenso zum Verständnis der 'relatio sinodi', des am Abend überraschender Weise ebenfalls schon veröffentlichten Abschlussdokumentes, wie die Berücksichtigung einiger formaler Aspekte, auf die Kardinal Ravasi zu Beginn der Pressekonferenz hinwies:

Zum Verständnis der 'Botschaft für das Volk Gottes' ist es wichtig zu wissen, dass sie in der Tradition aller Bischofssynoden steht und 'tröstende' (consolative) und 'ermutigende' (exhortative) Teile enthält, in der inkludierenden Wir-Form geschrieben, sich primär an die christlichen Familien richtet und ausgehend vom Lehrschreiben Evangelii Gaudium von Papst Franziskus die Botschaft in die Welt tragen will, dass 'Christus die Kirche als ein Haus mit offenen Türen will, die alle willkommen heißt und niemanden ausschließt'. Nicht von ungefähr begegnen die beiden vorgestern als hermeneutische Schlüssel zum Verständnis des Abschlussdokumentes angesprochenen Begriffe 'accompagnare' und 'accoglienza' in einem zentralen Absatz gegen Ende des ersten Teiles dieser bereits in der Endfassung vorgelegten Botschaft:
"Christo ha voluto che la sua Chiesa fosse una casa con la porta sempre aperta nell’accoglienza, senza escludere nessuno. Siamo perciò grati ai pastori, fedeli e comunità pronti ad accompagnare e a farsi carico delle lacerazioni interiori e sociali delle coppie e delle famiglie." 
"Christus hat gewollt, dass seine Kirche ein Haus mit einer immer offenen Türe sei, indem sie herzlich willkommen heißt, ohne jemanden auszuschließen. Wir sind deshalb den Hirten, Gläubigen und Gemeinschaften dankbar, die bereit sind zu begleiten und sich um die inneren und äußeren sozialen Verwundungen von Paaren und Familien kümmern." (eigene Übersetzung)

Beispiele für die Wunden und deren Heilung werden auch gegeben, denen die überwältigende Mehrheit (weit oberhalb der bei 123 Stimmen liegenden Zweidrittelmehrheit) der anwesenden Synodalen zugestimmt hat. Und dazu gehört überraschender Weise auch der Hinweis auf die Reflexion der pastoralen Begleitung ('accompagnamento pastorale') hinsichtlich der Zugangs zu den Sakramenten für die wiederverheiratet Geschiedenen. Das über den konkreten Modus der Zulassung hingegen keine Zweidrittelmehrheit unter den Synodalen der III. Außerordentlichen Bischofssynode festzustellen gewesen ist, machte am Abend die Veröffentlichung der 'Relatio Synodi' mit Bekanntgabe der einzeln – Punkt für Punkt – dokumentierten Abstimmungsergebnisse deutlich.

Wie in der abendlichen Pressekonferenz zur Vorstellung der Abstimmung des Abschlussdokumentes, der 'Relatio Synodi', bekannt wurde, hat 'nur' die einfache Mehrheit von 104 Stimmen (bei 74 Gegenstimmen in Anwesenheit von insgesamt 183 anwesenden Synodalen) einem Vorschlag zur Zulassung von wiederverheiratet Geschiedenen zu den Sakramenten zugestimmt. Ebenfalls 'nur' eine qualifizierte Mehrheit von 118 Stimmen (bei 62 Gegenstimmen) erhielt der – seit der ersten Vorstellung noch einmal auf Mehrheitsfähigkeit hin überarbeitete – Passus, den pastoralen Umgang mit homosexuellen Personen in neuer Weise zu beschreiben. Diese – in der Umstrittenheit ja vor der Synode wie während des Synodenverlaufes bekannten – Punkte, die nun auch im Abschlussdokument festgestellt werden, können aber in der perspektivischen Verengung des Blicks auf diese zwei bzw. in Hinblick auf das Abstimmungsergebnis aller 62 Einzelziffern des Abschlussdokumentes das eigentliche 'Ergebnis' bzw. die eigentliche Botschaft der III. Bischofssynode nur verdecken, verdunkeln und verzerren.

Und so trifft auch die nächste abendliche Meldung derselben Nachrichtenagentur am Verlauf der Bischofssynode voll vorbei, wenn sie als 'Ergebnis' der Synode feststellt, dass 'keine Einigung bei strittigen Themen' erzielt worden sei (wenn es doch umgekehrt ist, dass 59 Punkte mit Zweidrittelmehrheit und nur drei mit qualifizierter Mehrheit angenommen wurden). Kann man den Synodenverlauf und die Ergebnisse mehr missverstehen und geradezu auf den Kopf stellen, frage ich mich. Statt die Transparenz der Öffentlichkeitsarbeit herauszustellen, die wesentlichen Punkte (eines dem Inhalt nach gar nicht zur Kenntnis genommenen Dokumentes) und Fortschritte, den neuen Ton, die neue Sprache zu unterstreichen, wird das Verfehlen einer Zweidrittelmehrheit in wenigen Einzelpunkten einer noch nicht einmal auf konkrete Ergebnisse ausgerichteten, die nächsten synodalen Schritte vorbereitenden außerordentlichen Bischofssynode skandalisiert, wo sie doch – wie es in der abendlichen Pressekonferenz ausgeführt - als Reflexionsbasis für die weitere Bearbeitung in den Ortskirchen dienen sollen. Der Schaden in der Öffentlichkeit durch die offensichtliche Fehlinformation oder – was nicht besser ist – Unkenntnis einer Katholische Nachrichtenagentur, die doch die Botschaft der Kirche für die mediale Kommunikation übersetzen soll, könnte zum Abschluss dieser zentralen Bischofssynode kaum größer sein.

Die reißerische Botschaft erst einmal 'herausgehauen', wird es schwer sein, die wie oben schon ausgeführt – mit den beiden Begriffen zusammenhängenden Begriffen, die den hermeneutischen Schlüssel, den Verständnisschlüssel, für das Abschlussdokument dieser III. Außerordentlichen Bischofssynode auch für die mit nur einfacher Mehrheit angenommenen Punkte deutlich zu machen. Achtzehn Mal wird das Wort 'Accompagnare' in den verschiedensten Wendungen in der 'relatio sinodi' aufgenommen, zehnmal der Wortstamm von Accogliere bzw. Accoglienza. Wie die am Montag vorgestellte 'relatio post disceptationem' ist auch das Abschlussdokument durch denselben Dreischritt gekennzeichnet: das Hören auf die Lebenswirklichkeit von Ehe und Familie, das Sehen derselben im Licht der Botschaft des Evangeliums und das daraufhin mögliche unterscheidende Deuten der pastoralen Herausforderungen der Familie in der heutigen Zeit.

Papst Franziskus hat am Abend durch eine bewegende und mit fünfminütigen Applaus bedachten Abschlussrede zum Ende der III. Außerordentlichen Bischofssynode in der Synodenaula deutlich gemacht, wie sehr es ihm daran gelegen ist, den synodalen Prozess, der diese Bischofssynode kennzeichnete, in die Welt und in jede Ortskirche hinein zu tragen. Dass Papst Franziskus das Punkt für Punkt auf Mehrheitsfähigkeit abgestimmte Abschlussdokument als 'Lineamenta', als Arbeitsgrundlage für den synodalen Prozess der nächsten zwölf Monate charakterisiert und in der heute vorgestellten Abschlussfassung zur Veröffentlichung freigegeben hat: das ist die eigentlich einer Pressemeldung würdige Nachricht. Eine – in dieser Transparenz und Offenheit – Überraschung sondergleichen und eine weise Entscheidung zugleich, weil darin die Arbeit der 11 Personen umfassenden Redaktionsgruppe aus allen fünf Kontinenten um Findung eines möglichst breiten Konsenses ebenso gewürdigt wurde – und auf den Punkt zum Synodenschluss gleich einem Blitzlicht festgehalten ist – wie der Grad der Zustimmung hinsichtlich des derzeit beschriebenen Sachstandes unter den anwesenden Synodalen. Und es heißt, diese Punkte – wie es in der Pressekonferenz ausgeführt wurde – vor Ort weiter zu diskutieren, zu entwickeln, zu vertiefen.

Papst Franziskus hat den Ungeist der als Versuchung jedem Synodalen widerfahren kann und gerade auch aus ungenügenden Pressemeldungen spricht, in seiner Schlussansprache bloßgestellt, die in der deutschen Übersetzung vorliegt. Sie mögen seinen an jeden Einzelnen von uns gerichteten Appell am Ende einer synodalen Etappe und vor Beginn eines weitergehenden synodalen Prozesses nicht verdecken.
"Liebe Schwestern und Brüder, wir haben jetzt noch ein Jahr, um die hier vorgeschlagenen Ideen in einer wirklichen geistlichen Unterscheidung reifen zu lassen und konkrete Lösungen für alle Schwierigkeiten und die unzähligen Herausforderungen zu finden, welchen die Familien begegnen müssen; Antworten zu geben auf die vielen Entmutigungen, welche die Familien umgeben und einschnüren. Ein Jahr, um an der "Relatio Sinodi" zu arbeiten, welche die getreue und deutliche Wiedergabe dessen ist, was in dieser Aula und in den Arbeitskreisen gesagt und diskutiert wurde.
Der Herr begleite und leite uns auf diesem Weg".

Der synodale Prozess – wie P. Hagenkord heute Abend ebenfalls in seinem Abschlussbericht bei Radio Vatikan feststellte – ist noch nicht vorbei! Er fängt gerade erst an!

Freitag, 17. Oktober 2014

"Vielleicht werden wir in zehn Jahren sagen: Wir waren dabei!"

Dass Deutsch keine der offiziellen Synodensprachen ist, merkte jeder Beobachter auf, der sich über die vergangenen zwei Wochen mit dem Verlauf der III. Außerordentlichen Bischofssynode in Rom auseinandersetzte. Erst eine der letzten Pressekonferenzen ließ mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und Präsidenten der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft, Reinhard Kardinal Marx, auch deutsche O-Töne hören, die mit den Aussagen des Vorsitzenden der Französischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Marseille, Georges Pontier, zu einem Rück- und Ausblick wurden.

                            (© HolySeePress; Reinhard Kardinal Marx)


Donnerstag, 16. Oktober 2014

Accompagnare – Accoglienza – un regard positif: oder hermeneutische Schlüssel der relatio sinodi


          (© HolySeePress; Fr. Lombardi, Kardinal Schönborn)

Es war der Tag der Zusammenfassungen der Arbeitsgruppen, die zunächst im Synodenplenum vorgetragen und nachfolgend veröffentlicht wurden. Einem der Moderatoren eines 'Circulus Gallicus' – einer francophonen Kleingruppe -, dem Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn, fiel es in der heutigen Pressekonferenz zu, den Stand des synodalen Geschehens ins Wort zu bringen. Als Mitglied des vorbereitenden Synodenrates berichtet er, wie sehr es Papst Franziskus schon zu Beginn der Synodenplanungen ein Anliegen gewesen sei, sich der Bedeutung und der Herausforderung der Familie zuzuwenden und zu einem gemeinsamen synodalen Weg über mehrere Etappen einzuladen. Eines der von Papst Franziskus immer wieder gebrauchten Schlüsselwörter sei 'Accompagnare', das Kardinal Schönborn in verschiedensten Formulierungen immer wieder zitierte. Dazu gehörten die Begleitung der Familie in der Betonung ihrer Bedeutung und Schönheit für jede einzelne Person wie für die Gesellschaft insgesamt, die Unterstützung in ihren Gefährdungen, aber auch die Aufgabe für die Kirche, ihre gefasste Lehre mit der Botschaft der Barmherzigkeit immer wieder neu zu verbinden.


Mittwoch, 15. Oktober 2014

Die Konzentration in diesen Tagen ist fast mit Händen zu greifen...

Als wenn sich der Pressesturm von gestern über Nacht gelegt habe, vermittelten die heute zur Pressekonferenz geladenen Moderatoren zweier Kleingruppen, der Erzbischof von Barcelona, Kardinal Lluís Martínez Sistach, und Erzbischof von Louisville, Joseph Edward Kurtz, sowie der als Relator einer italienischen Sprachgruppe die Ergebnisse zusammenfassende Präsident des Päpstlichen Rates zur Neuevangelisierung, Erzbischof Rino Fisichella, den Eindruck, dass der von Pressesprecher Lorenzo Lombardi noch einmal als solcher titulierte 'Cammino sinodali' in guter Gemeinschaft und konzentrierter Auseinandersetzung voranschreitet.
                          (Kardinal Sistach, Pressesprecher Fr. Lombardi)

Dienstag, 14. Oktober 2014

Großes Interesse an Weltbischofssynode im Netz

Die Überschrift ist einer schon einen Tag alten Pressenotiz des Vatikanischen Presseamtes entnommen: Per Twitter verbreitete Links zu Dokumenten und Berichten über das Bischofstreffen seien 1,7 Millionen mal angeklickt worden. Und dem Twitter-Dienst des vatikanische Presseamts selbst folgten mittlerweile knapp 11.000 Nutzer. Wie am Sonntag vor Synodenbeginn gesagt, gehört auch dies zu einer neuen transparenten Kommunikationsstrategie des Vatikans während der Bischofssynode: Die Verfahren, die Öffentlichkeitsarbeit und die Weise der Ergebnisdokumentation ist verändert, transparenter und dynamisiert, so dass jeder interessierte Beobachter sehr nah das Geschehen verfolgen, sich direkt einbezogen fühlen kann. Eine Kirche, die sich transparent gibt und beinahe 'in Echtzeit' allen aufmerksamen Beobachtern alle Einblicke gewährt, um sich ein Bild zu machen von dem 'work in progress' einer Kirche im Aufbruch.

                          (Kardinal Napier, Pressesprecher Fr. Lombardi, Kardinal Filoni)
 
 

Montag, 13. Oktober 2014

Der Geist des 2. Vatikanischen Konzils, der Geist von 'Gaudium et spes'

So lauteten O-Töne und Eindrücke von Synodenteilnehmern, die vom Sekretär, Erzbischof Bruno Forte von Chieti-Vasto (Italien), und Synodenpräsident Kardinal Luis Antonio Tagle aus Manila (Philippinen) auf der heutigen Pressekonferenz zitiert wurden. Sie bezogen sich auf die von Kardinal Peter Erdö am heutigen frühen Vormittag in 52 Minuten vorgetragene 'Zusammenfassung nach den Diskussionen' der ersten Synodenwoche. Als 'pastorales Erdbeben' wurde sie in reißerischen Überschriften schnell medial kommuniziert. Dabei konnte diese für heute mit Spannung erwartete 'relatio post disceptationem' eigentlich nur dann überraschen, wenn man die täglichen Pressekonferenzen der ersten Synodenwoche nicht mit verfolgt hat, da sich alle Gedanken über die Tage verstreut – aber wie an einer Perlenkette gereiht – schon genauso wiederfinden; und auch in diesem Blog-Kommentar aufgemerkt wurden.

                 (Pressekonferenz mit Erzbischof Forte, Kardinal Tagle, Kardinal Erdö)



Sonntag, 12. Oktober 2014

Die Güte Gottes hat keine Grenzen und schließt niemanden aus...

Sowohl die Predigt der Sonntagsmesse im Petersdom im Gedenken an die Heiligsprechung zweier Kanadischer Missionare als auch die Ansprache zum Angelus am Mittag widmete Papst Franziskus der Auslegung des Evangeliums des heutigen 28. Sonntags im Jahreskreis aus dem Matthäusevangelium Kap. 22, 1-14. Aus der mittäglichen Ansprache möchte ich eine bewegende Passage herausheben, in der Papst Franziskus meines Erachtens auch die gestern angesprochene Zielrichtung dieser Bischofssynode pointiert und die Einladung an die Welt zum Gastmahl des Herrn ausspricht:

             (© Robert Boecker)

Samstag, 11. Oktober 2014

Aus allen Poren zu spüren ist: Kirche geht nur mit Familien!"


Diesen Satz sagte mir gestern unsere Berliner Auditrix Ute Eberl, die ebenfalls am Freitag ihre deutsche Stimme in die Synodenaula in Anwesenheit des Papstes einbrachte. Wie sehr dieser Satz für die katholische Kirche stimmt und – im wahrsten Sinn – 'in guter Tradition' steht, wurde heute auf der Pressekonferenz deutlich:


Freitag, 10. Oktober 2014

Endlich Synodengeflüster: "Eine Synode, die die Fenster öffnet!"

Mit diesem Zitat verband der honduranische Kardinal Óscar Rodríguez Maradiaga, der als Vertreter Mittelamerikas den von Papst Franziskus zur Kurienreform einberufenen Kardinalsrat koordiniert, am Ende des fünften Synodentags die Erinnerung an dieselben Worte Papst Johannes XXIII. zu Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils. Wie dieses sei diese Bischofssynode „eine Synode der Hoffnung, des Glaubens und insbesondere für die pastoralen Haltungen, die notwendiger denn je sind.“ In gleicher Weise äußerten sich der Leiter der deutschsprachigen Abteilung bei Radio Vatikan, P. Bernd Hagenkord, und der Sprecher der Synode, Fr. Thomas Rosica: Eine „Atmosphäre der Freiheit“ sei zu spüren und der „Leidenschaft, die die Kirche brauche". Ein Resümee, derer sich viele ergänzen ließen am Ende einer Woche, die mit über 180 Statements und 80 freien Debattenbeiträgen so ziemlich alle Themen und heißen Eisen angepackt hat, die sich hinter dem Synodentitel der 'Pastoralen Herausforderungen der Familien im Kontext der Evangelisierung' verbergen.


Donnerstag, 9. Oktober 2014

Dass Papst Franziskus den Friedensnobelpreis verdiente....

Papst Franziskus hätte den Friedensnobelpreis auch verdient gehabt. Frieden hat nach alter Lehre die Eigenschaft Gemeinschaft zu bewirken: Gemeinschaft durch Ausgleich verschiedener Interessen, aber vor allem durch eine Einung vermittelnde Haltung, die in der Liebe gründet und sie ausdrückt. (vgl. STh II-II 29)


                          (Bild: Papst)



Wer auf das Pressebulletin der Papst Franziskus betreffenden Termine schaut, findet die auf Ausgleich und Einung zielenden Aspekte auf allen Ebenen selbst in dieser Synodenwoche: Im vermittelnden Gespräch mit Verantwortlichen verschiedener Krisenregionen (und ich erinnere nah das Friedensgebet am Pfingstsonntag diesen Jahres in Folge der Nahostreise oder in der Syrienkrise des letzten Jahres, das ich selbst auf dem Petersplatz erlebte), in dem leidenschaftlichen Appell für die Einung der getrennten christlichen Kirchen wie auf der Generalaudienz am Mittwoch (und lässt mich gerade an das bewegende Grußvideo von Papst Franziskus an die American Pentecostal Conference denken) und in dem ausgleichenden Zulassen und Fördern der engagierten Suche nach den Wegen der Kirche angesichts der heutigen 'Pastoralen Herausforderungen der Familie'. Für alle diese auf Eintracht und Einvernehmen zielenden Felder braucht es – wie oben gesagt – einer einenden Friedenskraft, die bei Franziskus in der Botschaft von der barmherzigen, den Menschen bedingungslos suchenden Liebe Gottes besteht, die auch den Armen, Unterdrückten und mundtot Gemachten eine Stimme verleiht.

Diese Gedanken mit Rückblick auf den vierten Synodentag zu schreiben, an dem die hochsensiblen Themen von Ehe und Familie in schwierigen Lebenssituationen und der Fragen von (Homo)Sexualität bis hin zur Empfängnisregelung anstanden (auch wenn die Tagesordnung etwas im Verzug ist) macht schon deshalb Sinn, weil nichts von einem 'Krieg der Theologen' mehr wahrzunehmen und alles einer konstruktiven Atmosphäre gewichen ist, in der unter den Synodalen „kontrovers debattiert, ohne Polemik und respektvoll, aber durchaus klar und deutlich“ miteinander gesprochen wird. Die zum Teil konträren bis sich widersprechende Positionen sind in den Austausch gebracht, für den man – um den Wortsinn der Synode zu bemühen – unbedingt ''zusammenkommen' und frei sprechen muss (und nicht nur vorbereitete Redetexte zur Kenntnis gibt). Um das – wie sich zeigte weltweit unter den Nägeln brennende – Thema der Zulassung zu den Sakramenten unter einigen anderen hervorzuheben:
"Es habe [hierzu]  in der Debatte zwei Linien gegeben, erläuterte Lombardi vor Journalisten. Die eine habe mit großem Nachdruck darauf hingewiesen, dass "mit Rücksicht auf die Lehre und in Treue zum Wort Gottes" eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion nicht möglich sei. Eine andere Linie habe - "ohne die Unauflöslichkeit der Ehe" infrage zu stellen - dafür plädiert, mit Barmherzigkeit und unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls vorzugehen." (Ebd.) 
Und dennoch sind viele Änderungen schon deutlich herauszulesen und zu hören, die vielleicht in der Fixierung auf eine in dieser vorbereitenden Synode gar nicht endgültig zu klären anstehende Frage nicht richtig aufgemerkt werden. Etwa, dass der Begriff der 'irregulären Beziehungen' an dem sich bei der Kölner Umfrage beinahe alle Befragten gestoßen haben, zwar noch im 'Instrumentum laboris' aufgeführt wird, aber in der noch nicht endgültigen, aber doch einzigen Zusammenfassung des entsprechenden Nachmittags jetzt fehlt. Statt dessen wird – anders ich in meinem Beitrag vom 4.10.2014 als geltende Lehrmeinung beschrieben habe – , darauf Wert gelegt, dass es im Blick auf wiederverheiratet Geschiedene „wichtig ist, mit höchster Aufmerksamkeit zu vermeiden, kein moralisches Urteil oder von einem 'Verharren in einer Sünde' zu sprechen...“ (priv. Übersetzung). Die neue Sprache, die mehr ist als nur ein Ton, macht die Musik, ja lässt eine völlige Neukomposition erahnen, die sich nicht einfach an einem Nachmittag schreiben, komponieren oder auch schon konzertieren könnte.

Ein weiteres Beispiel für eine veränderte Sicht auf die Sexualität – ohne der gestern auf durch die vorgenannten Themen etwas in Verzug geratenen Diskussion und Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Themen Empfängnisregelung (über das Einführungsreferat des Pariser Kardinals Vingt-Trois hinaus) vorweg zu greifen kann gelten, dass der Begriff Sexualität es schon unter die 'Top 5' der ersten Synodentage gebracht hat, wie das folgende Video über die fünf Hauptthemen zeigt. Das mag dem zu nahe im Geschehen wie dem außen Stehenden nicht so auffallen. Wenn man aber weiß und auf sich wirken lässt, dass der Begriff 'Sexualität' als solcher bislang in den kirchlichen Lehrschreiben fehlt weder in der Pastoralkonstitution 'Gaudium et spes' noch in der doch das Thema wie keine zweite umkreisenden Enzyklika 'Humanae vitae' –, lässt dies doch auch hier eine neue Seite erkennen. Und was mit der am Dienstag angesprochenen 'Spiritualität der Sexualität' gemeint sein könnte, brachte das australische Ehepaar für die Konzilsaula ins Schwingen und möge über den kurzen 'Spirituellen Moment' auf der Homepage 'Familienspiritualitaet.de' kurz anklingen.

Was sich darin zeigt, was auf dieser Synode passiert ist, sagte in der heutigen Pressekonferenz der Synode Erzbischof Durocher, „dass wir einen mehr induktiven Weg der Reflexion wählen, beginnend bei den realen Situationen und darin entdeckend, dass in der gelebten Erfahrung auch schon eine theologische Quelle wahrnehmbar ist, ein Ort theologischer Reflexion.“ (Pressekonferenz vom 9.10.14, priv. Übersetzung)

Nicht ein Kampf zwischen den Menschen und Prinzipien, sagte er, sondern, dass die Bischöfe vielmehr lehren die Erfordernisse von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit enger zueinander zu bringen in Bezug auf die 'im Himmel geschlossene Ehe'. Und mit einem feinen Wortspiel sprach der Vorsitzende der Kanadischen Bischofskonferenz "von einer Hochzeit von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, die in Gott vollkommen ist, aber für uns hart zu erreichen ist, sosehr wir danach streben müssen.“ (Ebd.) 

"A marriage of justice and mercy - God is perfectly just and perfectly merciful, it's just hard for us to do the same, but we must strive to do that." (Ebd.)

Und diese bestmögliche Einung zu einem Frieden von und in Gerechtigkeit und Barmherzigkeit auf Erden wird – auf allen Seiten –  in der Person von Papst Franziskus gesehen. Dass diese Frage "gestellt und offen ist" – und zu einem 'synodalen Prozess' in den nächsten 12 Monaten einlädt, "ist schon ein gutes Ergebnis“, ist ein außerordentliches Ergebnis einer außerordentlichen Bischofssynode, für das allein schon Papst Franziskus den Friedensnobelpreis verdient gehabt hätte.



Mittwoch, 8. Oktober 2014

'Hinhorchen', 'Hinschauen', die ' Kunst der Begleitung' und die 'Medizin der Barmherzigkeit'

"Wir brauchen einen wertschätzenden Umgang mit Situationen, die nicht der vollen Realität der sakramentalen christlichen Ehe entsprechen", sagte der Kardinal Schönborn der Wiener Zeitung bereits am 29.9.2014 und ebenso, dass er diesen Gedanken in seinem Redebeitrag bei der Synode hervorheben und im Zusammenhang des Umgangs mit Situationen des Scheiterns thematisieren werde.
 

                         (Bild Synodenaula )




Auch ohne mich auf den Blog zur Familiensynode vorzubereiten, hätte ich diese Nachricht des Wiener Kardinals wahrscheinlich aufgemerkt, schon weil er mich während meiner theologischen Freisemester in Fribourg als damaliger Professor für Dogmatik in seinem weißen Dominikanerhabit auf eben die Fragestellung hingewiesen hat, die seiner Meinung nach im Mittelpunkt der Summa Theologiae des Thomas von Aquin steht und mein Leben seitdem geprägt hat: der Freundschaftsgedanke.

Er gehört dem die Familiensynode vorbereitenden Synodenrat an, hat als Redaktionssekretär an dem im Jahr 1993 erschienenen Weltkatechismus mitgewirkt und kennzeichnete seine Devise in Hinblick auf diese Bischofssynode mit den Worten „Hinschauen“ und durch „ein bisher in dieser Form nicht übliches „Hinhorchen“. (Wiener Zeitung vom am 29.9.2014). Kardinal Schönborn war es auch heute in einem Interview gegenüber Radio Vatikan, der nach seinen bis dato zwei Redebeiträgen auf der Synode das 'Prinzip der Gradualität' ausführte und dabei auch ein Stück weit mehr Einblick in das Denken von Papst Franziskus gab:
Papst Franziskus hat uns erst bei dem Besuch der österreichischen Bischöfe im Jänner im Gespräch gefragt: ‚Wie ist das bei euch, ist das ähnlich wie in Argentinien, dass viele junge Menschen zuerst einmal zusammenleben?‘ [...] „Der Papst hat uns gesagt, dass wir diese Menschen begleiten müssen, Schritt für Schritt in diese Gradualität, damit sie entdecken, was die volle Gestalt des Sakramentes ist. Was die Ehe im Plan Gottes ist. Natürlich gibt es, Gott sei Dank, mehr und mehr junge Leute, die diesen Weg bereits in frühen Jahren durch den Glauben, vielleicht auch durch das Vorbild ihrer eigenen Familien entdecken, und ihn mit ganzem Herzen und mit ganzer Bereitschaft gehen. Viele andere lernen das erst allmählich kennen. Wichtig ist, dass wir sie begleiten - und das meint, so glaube ich, die Rede von der Gradualität, nicht des Gebotes Gottes, sondern der Erfüllung des Gebotes Gottes.“ (Artikel von Radio Vatikan vom 8.10.2014)
Die 'Kunst der Begleitung' war dann auch die Redewendung, die einer der drei Synodenpräsidenten, der Erzbischof von Aparecida in Brasilien, Kardinal Raymundo Assis zu Beginn der nachmittäglichen Beratung über die 'pastoral schwierigen Situationen' ins Wort brachte und sich dabei auf Papst Franziskus und sein Lehrschreiben Evangelii gaudium“ bezog:
Die Kirche wird ihre Glieder – Priester, Ordensleute und Laien – in diese „Kunst der Begleitung” einführen müssen, damit alle stets lernen, vor dem heiligen Boden des anderen sich die Sandalen von den Füßen zu streifen (vgl. Ex 3,5). Wir müssen unserem Wandel den heilsamen Rhythmus der Zuwendung geben, mit einem achtungsvollen Blick voll des Mitleids, der aber zugleich heilt, befreit und zum Reifen im christlichen Leben ermuntert.“ (EG 169)
Dass darin nicht nur ein westeuropäisches Thema berührt ist, brachte Kardinal Assis ins Wort, als er auf die wiederverheiratet Geschiedenen zu sprechen kam. Diese erleben „ihre Erfahrungen als tiefe Wunde in ihrem eigenen Menschsein, in ihrer Beziehung zu anderen und zu Gott“. Ein südafrikanisches Ehepaar wies außerdem auf folgende Situation hin: Durch den Ausschluss von den Sakramenten fühlen sie sich wegen ihrer vergangenen Beziehungen oder Fehler ständig neu für schuldig erklärt. (Vgl.  press.vatican.va und dt. Übertragung von Radio Vatikan vom 8.10.2014)
Bereits in der mittäglichen Pressekonferenz deutete der Pressesprecher Fr. Thomas Rosaci in seiner Zusammenfassung die Hauptpunkte der zuvor geführten Debatte am Mittwoch an. Gekennzeichnet sei die Diskussion durch eine größere Wertschätzung biblischer Sprache gegenüber naturrechtlichem Denken gewesen und bezog sich insbesondere auf eine 'language of mercy' und die durch einige Beiträge ins Wort gebrachte Rede zur Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils von Papst Johannes XXIII. In der 'Medizin der Barmherzigkeit' ('medicine of mercy') werde das Heilmittel nicht nur als 'springboard' für die Wertschätzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, sondern auch für den Einbezug wiederverheiratet Geschiedener in die Gemeinschaft und Kommunion der Kirche wie auch für die Evangelisierung der Welt gesehen.

Dieser Gedanke des 'Heilmittels der Barmherzigkeit', den Papst Franziskus bezogen auf die Eucharistie schon in seinem Lehrschreiben 'Evangelii gaudium' angesprochen hatte, markierte dann - wie in einem untergründigen roten Faden - auch seine Ansprache auf der Generalaudienz am heutigen Mittwochmittag in Hinblick auf den zur Gemeinschaft führenden Weg und die Zielrichtung der Ökumene:
Liebe Freunde, lasst uns zur vollen Einheit voranschreiten! Die Geschichte hat uns getrennt, aber wir sind auf dem Weg in Richtung Wiedervereinigung und die Kommunion! Und das müssen wir verteidigen! Wir sind alle auf dem Weg zur Kommunion.” (priv. dt. Übertragung )