Fehlende
pfingstliche Anmutungen am Ende der ersten Synodenwoche – oder: Die Weltsynode
in der Frauenfrage auf der Suche nach dem „We“
Es
war schon ein Absturz gleich zu Beginn in der ersten Generalkongregation der Weltsynode am 2.10.24 abends, nachdem derselbe Kardinal und Präfekt des
Dikasteriums für die Glaubenslehre Víctor Manuel Kardinal Fernández zuvor am Vorabend in der Bußvigil wortreich
(und im Erleben der Liturgie berührend) die „Steine“ bereute, wo die Kirche (und zuvorderst ja auch seine
eigene Kurienbehörde, die früher als Heiliges Offizium verantwortlich war für
tausende von Lehrverfahren) Menschen mit einer rigide angewandten Glaubenslehre verletzt hatte, am Tag darauf im Rahmen
der Berichte der zehn von Papst Franziskus eingesetzten Arbeitsgruppen als Gruppenergebnis
einer nicht näher benannten reinen Männerrunde seines Dikasteriums berichtete,
dass das Diakonat der Frau derzeit für nicht wahrscheinlich gehalten werde und
auch nicht – Zitat – „als Trostpflaster“
herhalten solle. Auch wenn die Gleichstellung der Frauen in der Kirche –
immerhin eine satte Hälfte der Glaubenden in der der Katholischen Kirche –
sicher mehr bedeutet und bedeuten muss, als eine „Verpflasterung“ und „Korrektur“ an einer Stelle, stimmte der in
der gewählten Diktion abschätzig vorgetragene Gestus der (Männer-)Macht in
keiner Weise mehr überein mit dem im Nachhinein nurmehr als abgelesen
erscheinenden Bußbekenntnis – mit der Wirkung einer ausgehöhlten
Glaubwürdigkeit der Weltsynode an einer zentralen Stelle innerhalb von nur 24
Stunden.
Ich
muss eingestehen, dass ich dieses Bauchgefühl erst weitere 48 Stunden später
bei einer Veranstaltung „Weltsynode live – Rückblick auf vier Synodenwochen“
für die Frankfurter Rabanus Maurus Akademie durch einen Redebeitrag einer
Teilnehmerin der Online-Veranstaltung in Gänze realisierte, nachdem ich zuvor
selbst beide Redebeiträge von Kardinal Martinez in Videomitschnitten hintereinander präsentiert
hatte. Nicht, dass das in den „Grundlagen“ des Instrumentum Laboris (d.i. das erste Modul und für die erste Woche
vorgesehene des Vorbereitungsdokumentes) ausdrücklich benannte Thema der
„Stellung der Frau in der Kirche“ und die Erwägungen zur Möglichkeit des
Frauendiakonates das einzige und zentrale Thema des einleitenden Kapitels
gewesen ist, aber der Gestus der abschlägig abkanzelnden Männermacht, die sich
in der kurzgefassten Begründung einzig auf jüngste Äußerungen des Papstes
stützte und darüber alle Wahrscheinlichkeit einer möglichen Umsetzung von vornherein in Zweifel zog,
war trotz der Anerkennung und Nennung von herausragenden Frauen wie Teresa von
Avila, Katharina von Siena und Hildegard von Bingen bar einer
Überzeugungskraft. Dass der Präfekt des Glaubensdikasteriums zudem als Aufgabe der unter seiner Leitung
arbeitenden Arbeitsgruppe ankündigte, dass diese ein Dokument erarbeiten werde,
das in Rückbindung an das Synodensekretariat erstellt und schließlich Papst Franziskus
vorgelegt werde, führte zu einer breiten Ernüchterung des ja eigentlich zu beteiligenden Synodenplenums gleich zu
Beginn.
Erst
drei Tage später, heute zum Ende der Beratungen des
ersten Moduls des Instrumentum Laboris in dieser ersten Synodenwoche, reagierte der Sekretär der Bischofssynode
Kardinal Mario Grech auf die auch im Synodenplenum entstandene Irritation über
das „Zueinander von Arbeitsgruppen und Bischofssynode“, dass er einen über eine
bisherige Information hinausgehenden Austauschtermin für den 18.10.2024
nachmittags zur Abstimmung stellte, der - wie in der heutigen Pressekonferenz berichtet wurde - mit 265 Ja und gegen 74 Nein-Stimmen
angenommen wurde. Dass diese Reaktion des Synodenbüros erst so spät geschieht,
ist sicher eine späte Kurskorrektur, aber immerhin wird so das seit Mittwochabend mehr als
eingetrübte Erwartungsmanagement, dass die eigentlich – auch über das Thema des
Frauendiakonates hinausgehenden – brennenden Themen anderswo und in
männerbündischen Zirkeln erarbeitet werden, etwas revidiert und an das Selbstverständnis des Synodenplenums rückgebunden.
Dass
die Fragen rund um das Diakonat der Frau obenauf liegen, machten schließlich
auch die drei Pressekonferenzen dieser Woche – selbst in den Reaktionen von Teilnehmenden aus
dem Synodensekretariat – mehr als deutlich. Sondersekretär Giacomo Costa bemühte sich am 3.10. gleich in der ersten zu unterstreichen, dass die Frage des Frauendiakonats „weiter offen“ sei und "vertieft werden" müsse, selbst wenn Bischof Antony Randazzo aus Australien, Vorsitzender der Föderation der katholischen Bischofskonferenzen Ozeaniens tagsdrauf am 4.10.
etwas polemisch behauptete, dass sie „von mächtigen westlichen Kreisen gepusht“
werde.
Auch wenn Papst Franziskus das Abschlussdokument und die Empfehlungen der Amazonassynode in seinem nachsynodalen Schreiben Querida Amazonia nicht explizit
aufgenommen hat, ist doch das von ihm formell (nach Episcopalis communio)
angenommene Ergebnisdokument dieser Synode ausreichend Ausweis dafür, dass nicht etwa allein
die vermeintlich glaubensermüdeten europäischen Kirchen, sondern auch die
glaubensstarken Regionen an den Rändern der Katholischen Kirche mit einem
lauten Schrei Änderungen der Geschlechteranthropologie und deren
sakramententheologischen Ableitungen einfordern. Von „Trostpflastern für Frauen“ zu reden, wo
gefühllose Männerrede offene Wunden bluten oder entstehen lässt, kann nur als
zynisch, roh und menschenverachtend empfunden werden und als weiterer "Stein", mit dem Kirche Menschen heute verletzt.
Alle
Synodenteilnehmenden wissen, dass Synodalität mehr ist als nur eine Frage der
Geschlechtergerechtigkeit, aber der Generalrelator Kardinal Jean-Claude
Hollerich wird sich an seine Worte erinnert haben, dass die Synode versagt haben wird, wenn sie die Frauen enttäuschen werde. An Fragen der
Geschlechteranthropologie, die sich nicht einfach mehr auf eine vereinfachende
Metaphorik marianischer und petrinischer Anthropologie für die heutige Zeit
reduzieren lassen, entscheiden sich letztlich auch alle Fragen der Synodalität,
nicht nur weil sie mehr als Hälfte der katholischen Kirchen nicht mehr
mitnimmt, ja gar nicht mehr erreicht. Dabei geht es noch nicht einmal um ein
„Ganz oder Garnicht“, sondern zuallererst um eine Sprache, die
kulturübergreifend und sensibel Fragen der Geschlechteranthropologie in einer
Terminologie sexueller Bildung aufgreift und sich bemüht, sie theologisch zu übersetzen. Erst auf diese
Weise – ein Fortschreiben des jüngsten Dokumentes „Dignitas infinita“ über die Menschenwürde des
Dikasteriums für die Glaubenslehre wäre hier angezeigt – kann es hier zu
gereifteren Überlegungen kommen. Und insofern hat der Chef des Dikasteriums für
die Glaubenslehre sogar Recht, dass es in der derzeit bestehenden Autorengruppe nicht
wahrscheinlich ist, dass das Diakonat der Frau in Erwägung gezogen werde. Es
fehlt einfach jedes Verständnis dafür.
Dass
ich – erstmals in meinem beinahe auf den Tag genau 10-jährigen Synodenblog –
beinahe ironisch über die Agenda des Synodenbüros, der über sie
beteiligten Dikasterien und Arbeitsgruppen, das unausgereifte Nebeneinander von
z.T. nicht einmal namentlich benannten Akteuren in den Arbeitsgruppen und der
Synodalversammlung schreiben würde, hätte ich bis vor kurzem auch noch nicht gedacht. Aber wer sich und alle Glaubenden einbezieht in das Schuldbekenntnis über die als Wurfgeschoss missbrauchte, auf Menschen
zielende Lehre, muss sich an dem Maß des Schuldeingeständnisses messen lassen, sich zu "schämen für all die Zeiten, in denen wir die Würde der Frauen nicht anerkannt und verteidigt" wurde und in aller
menschenmöglichen Zartheit und gewissermaßen auf Fußsohlen erst einmal Vertrauen behutsam aufbauen – und nicht den Männern gefallen wollen, die aufgrund der Teilnahme von
Frauen an der Synodalversammlung deren Rechtmäßigkeit in Frage stellen. Es gilt Frauen wertzuschätzen, einzubeziehen und zurückzugewinnen, ohne die die Kirche
nicht nur im Westen keine Zukunft haben wird.
Der US-amerikanische Bischof Daniel Flores aus Brownsville / Texas. sagte in seinem Statement am 3.10.24 – auch in den Worten des ersten
Teils der Grundlagen des Instrumentum Laboris (Nr. 3) – im ersten Synodenbriefing, dass
das Synodenplenum auf der Suche nach dem „Wir“ sei.
"We
are searching for the 'We'."
Mit
dem Umgang mit „Frauenfrage“ stellt sich diese Frage gewissermaßen als Gretchenfrage gleich
zu Beginn der Synodalversammlung.